Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Hofmann als Vorsitzenden und die Richter MMag. Popelka und Mag. Viktorin in der Rechtssache der klagenden Partei A* GesmbH, FN **, **, vertreten durch Dr. Peter Böck, Rechtsanwalt in Neusiedl am See, gegen gegen die beklagte Partei B* GmbH, FN **, **, vertreten durch die Kranebitter Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen Herausgabe (Streitwert EUR 20.000), über den Kostenrekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse EUR 1.207,86) gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 20.12.2024, GZ **-33, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Dem Kostenrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Kostenentscheidung wird dahin abgeändert, dass sie insgesamt lautet:
„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 9.999 (darin EUR 1.274,50 USt und EUR 2.352 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 149,95 (darin EUR 24,99 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Mit in der Hauptsache rechtskräftigem Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren auf Herausgabe zweier Fahrzeuge statt und verpflichtete die Beklagte zum Ersatz der Prozesskosten von EUR 9.113,34 (darin EUR 1.126,89 USt und EUR 2.352 Barauslagen).
Gegen die Kostenentscheidung richtet sich der Kostenrekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, ihr insgesamt EUR 10.321,20 (darin EUR 1.328,20 USt und EUR 2.352 Barauslagen) zuzusprechen.
Die Beklagte beteiligte sich nicht am Kostenrekursverfahren.
Der Kostenrekurs ist teilweise berechtigt .
1. Die Klägerin verzeichnete – soweit rekursgegenständlich – Kosten für die Intervention bei der Befundaufnahme mit dem Sachverständigen am 8.8.2024 und die Teilnahme daran am 26.8.2024, jeweils nach TP 3A mit doppeltem Einheitssatz, sowie für den Schriftsatz vom 17.5.2024 (ON 20) nach TP 3A.
Die Beklagte erhob die Kosteneinwendung, dass die Intervention bei den Befundaufnahmeterminen vom 8.8.2024 und 20.8.2024 nicht durch den Sachverständigen bestätigt und nicht mit der Beklagten abgesprochen gewesen sei. Auch sei eine anwaltliche Vertretung bei der Befundaufnahme nicht notwendig gewesen.
Das Erstgericht sprach die genannten Kosten nicht zu. Eine Honorierung für die Teilnahme an den Terminen zur Befundaufnahme gebühre nicht, weil hierzu weder die Beiziehung der Parteienvertreter noch deren Verständigung durch den Sachverständigen durch das Gericht beauftragt worden sei.
Der Schriftsatz ON 20 sei als unzulässig zurückgewiesen worden, die Kostenposition sei daher als nicht erbrachte Leistung von Amts wegen (auch unabhängig von Einwendungen des Gegners) nicht zu honorieren.
2. Die Klägerin begehrt mit ihrem Kostenrekurs die Honorierung des Schriftsatzes ON 20 nach TP 1 und die Honorierung der Intervention bei den Befundaufnahmeterminen jeweils nach TP 7/2, sodass – über die rechtskräftig bestimmten Kosten hinaus – ein weiterer Kostenersatzanspruch von (im Rekurs näher aufgeschlüsselt) EUR 1.207,86 (darin EUR 201,31 USt) bestehe.
3. Die Teilnahme an einer Befundaufnahme durch Sachverständige ist nach TP 3A.III RATG zu honorieren, sofern die Beiziehung der Parteienvertreter über ausdrücklichen Auftrag des Gerichts erfolgt. Mangels gerichtlichen Auftrags zur Beiziehung der Parteienvertreter kommt eine Entlohnung nach TP 7/2 RATG zuzüglich einfachen Einheitssatzes in Betracht (vgl 7 Ob 139/15i).
Ein solcher Auftrag ist nicht erfolgt; im Übrigen kommt es auf Fragen der Abgrenzung zwischen beiden Tatbeständen (vgl hierzu Rassi in Fasching/Konecny 3§ 388 ZPO Rz 22; Obermaier, Kostenhandbuch 4Rz 3.74) hier auch nicht an, weil die Klägerin mit ihrem Kostenrekurs ohnedies nur eine Honorierung nach TP 7/2 begehrt.
Die Befundaufnahme fand im Hinblick auf ein Kfz-technisches Gutachten zum Wert eines Fahrzeugs statt; die (jeweilige) Anwesenheit der Klagevertretung ist im Gutachten festgehalten (siehe ON 26, Seite 6 f).
Die Teilnahme an einer Befundaufnahme ist schon zur Wahrung des rechtlichen Gehörs zweckentsprechend. In diesem Sinn sehen auch die Standesregeln der Gerichtssachverständigen im Pkt 2.10.3 vor, dass bei der Befundaufnahme den Verfahrensparteien Gelegenheit zur Anwesenheit zu geben ist, soweit dies von den Umständen her möglich ist und die Aufnahme des Befundes oder berechtigte Interessen von Personen nicht gefährdet ( Obermaier, aaO Rz 3.74; https://www.gerichts-sv.at/fileadmin/hv/Standesregeln_2014.pdf).
Davon ausgenommen sind medizinische Untersuchungen im Hinblick auf die Achtung der Intimsphäre (vgl Neumayr in Neumayr/Reissner, ZellKomm 3§ 75 ASGG Rz 11), sodass diesfalls auch eine Honorierung nach TP 7 RATG verneint wird (vgl OLG Wien 10 Rs 95/23y; 10 Rs 132/19h). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.
Dass die Verrichtung durch einen Rechtsanwalt bzw Rechtsanwaltsanwärter erfolgt, sodass die Entlohnung nach dem zweiten Honorarsatz der TP 7 RATG gebührt, ist bei der Teilnahme an Beweisaufnahmen durch Sachverständige in der Regel (vgl Rassi, aaO Rz 22) – so auch hier – erforderlich.
Die Teilnahme an der Befundaufnahme vom 26.8.2024ist somit nach TP 7/2 RATG zu honorieren.
Zum Befundaufnahme- Termin vom 8.8.2024ist im Gutachten festgehalten, dass sich das Fahrzeug nicht am Ort befand und daher ein neuer Termin koordiniert wurde. Da es somit nicht zur Vornahme des nach TP 7/2 RATG honorierbaren Geschäfts kam, ist eine Entlohnung nach dieser Bestimmung nicht vorzunehmen (wie etwa auch im Fall des frustrierten Erscheinens zu einer dann nicht stattfindenden Tagsatzung nur ein deutlich geringeres Honorar als bei deren Verrichtung zusteht - vgl Anm 3 zu TP 2 und Anm 3 zu TP 3 sowie TP II Z 1 lit e bei unterbliebener Beweisaufnahme infolge Nicht-Erscheinens der zu vernehmenden Person).
Konkret gebührt allerdings für die (bereits in erster Instanz in Form der Verzeichnung des doppelten Einheitssatzes geltend gemachte) auswärtige Zeitversäumnis „außer der für die Vornahme des Geschäftes selbst erforderlichen Zeit“ eine Honorierung nach TP 9 Z 4 RATG, somit von EUR 40,68 (darin EUR 6,78 USt).
4. In der Tagsatzung vom 7.5.2024 erklärte die Klägerin im Zuge einer Erörterung der Rechtslage und ihres Beweisanbots durch das Gericht, sie werde weitere Urkunden vorlegen (siehe ON 19.2, Seite 2). Daraufhin legte sie mit Schriftsatz ON 20 mehrere Urkunden vor und erstattete zugleich Vorbringen. Mit Beschluss vom 17.5.2024 (ON 21) wies das Erstgericht den Schriftsatz mit Ausnahme der Urkundenvorlage zurück. In der Begründung des Beschlusses führte es aus, dass die von der Klägerin zuvor in Aussicht gestellte Urkundenvorlage zuzulassen sei.
Im Hinblick auf die erst in der Tagsatzung vom 7.5.2024 erfolgte Klarstellung der Beklagten, dass auch das von der Klägerin vorgebrachte Vorliegen eines Eigentumsvorbehalts bzw der dem Eigentumsvorbehalt zugrunde liegenden Tatsachen bestritten werde, ist eine Entlohnung der (zugelassenen) Urkundenvorlage jedenfalls nicht mit dem Argument zu versagen, dass die (auch) zu diesem Beweisthema vorgelegten Urkunden schon früher vorzulegen gewesen wären. Auf die Frage, inwieweit auch ohne entsprechende Kosteneinwendungen des Gegners gegebenenfalls von Amts wegen der Umstand aufzugreifen wäre, dass eine verzeichnete Leistung zur Rechtsverfolgung nicht zweckentsprechend und notwendig war (zur Diskussion vgl Obermaier, aaO Rz 1.72; Schindler/Schmoliner in Kodek/Oberhammer,ZPO-ON § 54 ZPO Rz 16; RW0000817 [T1]), braucht daher nicht eingegangen zu werden.
Die Urkundenvorlage ist daher nach TP 1.I.a RATG zu honorieren.
5. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf §§ 50, 43 Abs 1 ZPO.
Die Klägerin war mit ihrem Rekursbegehren zu rund drei Vierteln erfolgreich. Die Beklagte hat ihr daher die Hälfte der Kosten des Rekurses zu ersetzen.
6. Gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.
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