Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungs- und Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Mag. Koch als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Mag. Bartholner und Dr. Heissenberger in der Rechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch Dr. Christoph Schützenberger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Verband B* , **, vertreten durch Dr. Franz Schöberl, Rechtsanwalt in Wien, wegen (zuletzt) EUR 23.366,11 s.A. und Feststellung, über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 10.338) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtsachen Wien vom 21.12.2024, GZ **-44, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Erstgericht vorbehalten.
Die Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe :
Am 16.04.2023 ereignete sich in ** im Kreuzungsbereich der ** Straße mit dem ** Gürtel ein Verkehrsunfall, an welchem der von der Klägerin gelenkte und von ihr gehaltene PKW ** und der von C* (im weiteren Beklagtenlenker) gelenkte PKW ** beteiligt waren. Das Alleinverschulden des Beklagtenlenkers und die grundsätzliche Haftung des beklagten Verbandes für das Beklagtenfahrzeug sind unstrittig. Ebenfalls unstrittig ist, dass sich die Reparaturkosten für die beim Klagsfahrzeug durch die Kollision entstandenen Schäden auf EUR 12.876,36 belaufen. Der Ehemann der Klägerin wurde als Beifahrer im Klagsfahrzeug bei diesem Unfall verletzt.
Die Klägerin begehrte zunächst EUR 12.876,36 an Reparaturkosten, EUR 2.500 an merkantiler Wertminderung des Fahrzeuges und EUR 5.000 an Schmerzengeld für ihren Ehemann, gesamt EUR 20.376,36 s.A. sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Folgen ihres Ehemannes aus diesem Verkehrsunfall. Aufgrund der geringen Laufleistung und der erheblichen Beschädigung neben den Reparaturkosten, die sie angesichts deren Höhe nicht ohne weiteres vorstrecken könne, stehe ihr zusätzlich ein Wertminderungsanspruch von EUR 2.500 zu. Hätte der Beklagte die Reparaturkosten gezahlt, hätte sie die Reparatur längst durchführen lassen.
In der Folge dehnte die Klägerin das Leistungsbegehren um EUR 134,30 für die Kosten der Feuerwehr und um EUR 594 für seit 2.10.2023 bis 19.10.2023 angefallene Standgebühren á EUR 33 täglich, aus. Eine Verbringung in ein Parkhaus sei wegen der Fahrzeughöhe und der mangelnden Fahr- bzw Rolltauglichkeit nicht möglich gewesen. Jede weitere unprofessionelle mechanische Belastung hätte eventuell zu weiteren Schäden geführt, die man der Klägerin als grobe Fahrlässigkeit anlasten hätte können. Außerdem biete ein defektes Fahrzeug eine Bedarfserweckung für Diebstahl und Vandalismus.
Aufgrund der langen Stehzeit seien weitere Schäden am Fahrzeug entstanden, insbesondere an den Bremsen und der Batterie, weshalb die Klägerin ihr Leistungsbegehren um weitere EUR 1.657 ausdehnte.
Zuletzt schränkte sie das Leistungsbegehren um die erhaltene Zahlung von EUR 11.540 ein und dehnte es um weitere Standgebühren in Höhe von EUR 12.144 aus.
Der Beklagte bestritt das Klagebegehren zunächst dem Grunde nach. Die Reparaturkosten stellte er der Höhe nach außer Streit, mangels Reparaturabsicht der Klägerin stehe ihr aber nur die objektive Wertminderung zu. Eine merkantile Wertminderung sei aufgrund des Fahrzeugalters (Erstzulassung vor 4,5 Jahren) und dem Kilometerstand von 60.000km nicht eingetreten. Die erhobene Schmerzengeldforderung sei überhöht und das Feststellungsbegehren unberechtigt.
Die Forderung für die Kosten der Feuerwehr von EUR 134 anerkannte der Beklagte ausdrücklich. Die begehrten Standgebühren würden wegen fehlender Reparaturabsicht nicht zustehen. Ihre Höhe sei auch nicht angemessen. Es sei nicht verständlich, warum die Klägerin nicht spätestens mit Zustellung der Klagebeantwortung, worin die Höhe der Reparaturkosten außer Streit gestellt worden sei, einen entsprechenden Reparaturauftrag erteilt habe. Sobald die Reparaturrechnung übermittelt worden wäre, hätte der Beklagte die Reparaturkosten laut Rechnung bezahlt. Jedenfalls wäre es der Klägerin möglich gewesen, das Klagsfahrzeug vor dessen Abmeldung in einem Parkhaus zu einem monatlichen Mietpreis von höchstens EUR 200 abzustellen. Die Klägerin habe damit gegen ihre Schadenminderungsobliegenheit verstoßen. Spätestens ab 31.8.2023 habe keine Reparaturabsicht bestanden, weil die Klägerin mit diesem Datum ein neues gleichartiges Fahrzeug auf das bisherige Kennzeichen angemeldet habe.
Nach Vorliegen der Sachverständigengutachten überwies der Beklagte EUR 11.540 an den Klagevertreter, und zwar EUR 1.560 an Schmerzengeld und EUR 9.980 an objektiven Minderwert.
Mit dem angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht den Beklagten unbekämpft zur Zahlung von EUR 8.978,11 s.A. an die Klägerin, das Mehrbegehren von EUR 14.388 sowie das Feststellungsbegehren wies es ab.
Es traf die auf den Seiten 4 bis 5 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird. In rechtlicher Hinsicht ging es davon aus, dass die Klägerin ihre Reparaturabsicht ausreichend behauptet und bewiesen habe und Anspruch auf Ersatz eines Reparaturkostenvorschusses habe. Dies gelte auch für die durch die lange Stehzeit bedingten Schäden. Auch die anerkannten Kosten des Feuerwehreinsatzes und der merkantile Minderwert von EUR 900 seien zu ersetzen.
Hinsichtlich der Standgebühren habe der Beklagte eine Verletzung der Schadensminderungspflicht eingewandt. Um eine nachteilige Veränderung des eigenen Vermögens hintanzuhalten, hätte ein Durchschnittsmensch angesichts der Höhe der von der Werkstatt verrechneten Standgebühren und dem Hinweis des Beklagten, dass für eine Garage lediglich monatlich Kosten von höchstens EUR 200 anfallen, diese anderweitige Möglichkeit in Anspruch genommen und sein Fahrzeug spätestens Anfang November 2023 zu einer Garage abschleppen lassen und dort eingestellt. Die Klägerin habe daher Anspruch auf Standgebühren von EUR 33 pro Tag im Zeitraum 2.10.2023 bis 31.10.2023, danach für November 2023 bis 23. Oktober 2024 nur im Ausmaß von monatlich EUR 200.
Gegen den abweisenden Teil des Urteils im Ausmaß von EUR 10.338 betreffend die Standgebühren richtet sich die Berufung der Klägerin wegen unrichtiger Tatsachenfeststellungen infolge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Ersturteil dahingehend abzuändern, dass dem Leistungsbegehren mit einem Betrag von EUR 19.316,11 stattgegeben werde. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt .
1. Beweisrüge
Um die Beweisrüge im Sinne der ständigen Rechtsprechung „gesetzmäßig“ auszuführen, muss der Rechtsmittelwerber angeben (zumindest deutlich zum Ausdruck bringen), welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung begehrt wird und auf Grund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre ( Kodek in Rechberger / Klicka, ZPO 5 § 471 Rz 15 mwN).
Die Klägerin bekämpft folgende Feststellung: „Die von der Firma D* GmbH veranschlagte Standgebühr liegt im oberen Bereich der üblicherweise verrechneten Beträge. Es wäre jedenfalls möglich gewesen, das bereits abgemeldete Klagsfahrzeug nach einiger Zeit, zumindest ab Novem be r 2023, mittels Abschleppfahrzeug in einer Tiefgarage oder einer überdachten Garage abzustellen. Hierfür wären im Monat ungefähr € 150,00 an Miete angefallen.“
Sie begehrt stattdessen folgende Ersatzfeststellung:
„Die von der Firma D* GmbH veranschlagte Standgebühr liegt im oberen Bereich der üblicherweise verrechneten Beträge. Es wäre jedenfalls nicht möglich gewesen, das bereits abgemeldete Klagsfahrzeug nach einiger Zeit, zumindest ab November 2023, mittels Abschleppfahrzeug in einer Tiefgarage oder einer überdachten Garage abzustellen, da die finanziellen Mittel der Klägerin zur Tragung dieser Fixkosten nicht ausgereicht hätten. Von der beklagten Partei wurde kein diesbezüglicher Kostenvorschuss geleistet.“
Die Klägerin übersieht, dass sie in erster Instanz kein entsprechendes Vorbringen erstattet hat.
Sie hat in erster Instanz lediglich vorgebracht, dass eine Verbringung in ein Parkhaus ob des Schadens nicht so einfach möglich sei, da das Fahrzeug weder fahr- noch rolltauglich sei, die Einbringung wegen der Fahrzeughöhe in ein Parkhaus nicht möglich wäre und jegliche weitere unprofessionelle mechanische Belastung eventuell zu weiteren Schäden geführt hätte, die man der Klägerin als grobe Fahrlässigkeit anlasten hätte können. Außerdem biete ein defektes Fahrzeug eine Bedarfserweckung für Diebstahl und Vandalismus.
Die Klägerin hat hingegen nicht vorgebracht, dass ihre finanziellen Mittel zur Tragung dieser Fixkosten nicht ausgereicht hätten, sodass das Erstgericht auch keine entsprechende Feststellung dazu treffen hätte dürfen.
Ihr nunmehriges Vorbringen widerspricht daher dem Neuerungsverbot und ist unbeachtlich. Eine gesetzmäßige Beweisrüge liegt nicht vor.
2. Rechtsrüge
Die Klägerin verweist auch in ihrer Rechtsrüge darauf, dass es ihr nicht möglich gewesen wäre, zusätzliche Fixkosten von EUR 200 im Monat zu tragen und sie nicht verpflichtet gewesen sei, in Vorleistung zu treten. Vielmehr wäre vom Beklagten ein Kostenvorschuss zu leisten gewesen.
Wie bereits bei Behandlung der Beweisrüge dargelegt, widerspricht dieses Vorbringen der Klägerin dem im Berufungsverfahren geltenden Neuerungsverbot (RS0041965, RS0108589) und ist daher unbeachtlich.
Dies gilt auch für ihr weiteres Vorbringen, wonach die durchschnittlichen Kosten einer Abschleppung in Höhe von EUR 350-450 zugesprochen werden hätten müssen. Dass diese Kosten entstanden wären, hat sie in erster Instanz nicht vorgebracht. Auch diesbezüglich liegt ein Verstoß gegen das Neuerungsverbot vor.
3. Der Berufung der Klägerin kommt daher insgesamt keine Berechtigung zu.
4.Da das Erstgericht in seinem Urteil einen Kostenvorbehalt bis zur rechtskräftigen Erledigung der Rechtssache iSd § 52 Abs 2 ZPO anordnete, war gemäß § 52 Abs 3 ZPO auch im weiteren Rechtsgang keine Kostenentscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens zu treffen.
5.Die Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen. Eine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität war nicht zu lösen.
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