Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Reinberg als Vorsitzende und Mag. Haidvogl, BEd, sowie den Richter Mag. Huemer-Steiner in der Strafsache gegen A* B*und andere Personen wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB, teils in Verbindung mit § 12 zweiter und dritter Fall StGB und weiteren strafbaren Handlungen über die Berufung der Staatsanwaltschaft Salzburg wegen Strafe gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 8. April 2025, Hv*-331, nach der in Anwesenheit des Ersten Staatsanwalts Mag. Holzleitner als Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts, der Angeklagten A* B* und C* D*, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten E* F* sowie deren Verteidiger Dr. Kettl (für A* B* und E* F*) und Mag. Schatzl (für C* D*) durchgeführten Berufungsverhandlung am 14. November 2025 zu Recht erkannt:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil in den A* B*, C* D* und E* F* betreffenden Strafaussprüchen dahin abgeändert, dass die Anwendung des § 43a Abs 4 StGB ausgeschaltet wird.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit für dieses Berufungsverfahren von Belang – A* B*, C* D* und E* F* wie folgt verurteilt:
A* B* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betrugs nach § 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB, teils als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB, teils als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB (zu A./I./1./); sowie
wegen der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 1, 224 StGB, teils als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB (zu B./1./a./ und B./2./);
C* D* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB, teils als Bestimmungstäterin nach § 12 zweiter Fall StGB, teils als Beitragstäterin nach § 12 dritter Fall StGB (zu A./I./3./), sowie wegen der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 1, 224 StGB, teils als Bestimmungstäterin nach § 12 zweiter Fall StGB (zu B./1./c./, B./3./ und C./);
sowie E* F* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB als Beitragstäterin nach § 12 dritter Fall StGB (zu A./I./4./).
Hiefür wurden A* B* gemäß §§ 31, 40 StGB, bedachtnehmend auf das Urteil des Bezirksgerichtes Mattighofen zu U* zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe in der Dauer von 35 Monaten verurteilt, die im Umfang von 30 Monaten bei dreijähriger Probezeit gemäß nachgesehen wurde; C* D* unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 auf das Urteil des Amtsgerichtes Passau vom 19. Juli 2024 zu ** zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe in der Dauer von 34 Monaten, die im Umfang von 31 Monaten gemäß bei dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehen wurde; sowie E* F* nach dem zweiten Strafsatz des zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 30 Monaten, davon gemäß ein Teil von 27 Monaten bei dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehen.
Das Rechtsmittel ist auch zum Teil erfolgreich. Denn während beim gegebenen Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren nach § 147 Abs 3 StGB die verhängte Freiheitsstrafe und die verhängten Zusatzfreiheitsstrafen - orientiert an den besonderen und auch allgemeinen Kriterien der Strafbemessung - täter- und tatadäquat erscheinen, weil vor allem auch die Relationen der jeweiligen Schuldaspekte ausgewogen gewichtet wurden und eine Anhebung des jeweiligen Strafmaßes mit Blick auf die mildernden Umstände nicht geboten schien, scheidet in der vorliegenden Konstellation allerdings die Anwendung des § 43a Abs 4 StGB zweifellos aus. Diese Bestimmung kommt bei zwei, nicht aber drei Jahre übersteigenden Freiheitsstrafen nur in Betracht, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Rechtsbrecher keine weiteren strafbaren Handlungen mehr begehen werde. Die Anwendung dieser Bestimmung ist daher bekanntermaßen auf extreme Ausnahmefälle beschränkt, die meist auf einmalige Verfehlungen, wie dies etwa auf Straftaten aus Konflikts- und Krisensituationen zutreffen kann, zugeschnitten ist (vgl dazu RIS-Justiz RS0092050, RS0092024).
Schon die wiederholte Tatbegehung verhindert - ungeachtet der durchaus unterschiedlichen Anteile an der Beteiligung in diesem Kriminellen Konstrukt durch die Berufungsgegner – diese erforderliche Prognose (vgl RIS-Justiz RS0092050 [T2, T3]). Abgesehen vom einschlägig getrübten Vorleben im Falle der Berufungsgegnerinnen D* und F* wurde auch in Bezug auf B* keinerlei Form der Konflikts- und Krisensituation vom Schöffengericht festgestellt. Es handelt sich vielmehr um eine von außergewöhnlich krimineller Energie getragene, planvoll und arbeitsteilig organisiert umgesetzte, damit schwerwiegende Vermögensdelinquenz, die den Vollzug der je zwei Jahre übersteigenden (Zusatz-)Freiheitsstrafen nicht nur spezialpräventiv, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der Erwartungen und Erfordernisse positiver und negativer Generalprävention gebietet.
Zudem erfolgten Vorhaftanrechnungen nach § 38 Abs 1 Z 1 StGB; die Berufungswerber wurden überdies (rechtskräftig) gemäß § 20 Abs 3 und 4 StGB zu Schadenersatzzahlungen (vgl US 83) verpflichtet (§ 369 Abs 1 StPO). Überdies wurde der Verfall hinsichtlich A* B* (EUR 70.000,00), C* D* (EUR 50.000,00) und E* F* (EUR 5.000,00) - rechtskräftig – ausgesprochen; zudem sichergestellte Personalausweise und Reisepässe nach § 26 Abs 1 (richtig:) StGB eingezogen.
Nach dem Schuldspruch haben diese Angeklagten, soweit für das Berufungsverfahren von Relevanz und mit der Maßgabe, dass in einem Fall (A./Faktum 124) von einer versuchten Schadenssumme von EUR 50.000,00 auszugehen war, daher
A* B*, C* D* und E* F*
A./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken (mit weiteren Angeklagten) teils als Bestimmungstäter (§ 12 zweiter Fall StGB), teils als Beitragstäter (§ 12 dritter Fall StGB) in wechselnder Zusammensetzung mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, zudem in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrugshandlungen (§§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB) längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges, in einer monatlichen Durchschnittsbetrachtung den Betrag von EUR 400,00 übersteigendes, fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, wobei sie bereits zwei solche Taten begangen haben, Verfügungsberechtigte nachgenannter Geschädigter durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung falscher oder verfälschter Urkunden (§ 147 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB) bzw unter Benutzung falscher oder verfälschter Daten (§ 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall StGB) bzw unter Benützung eines Beweismittels (§ 147 Abs 1 Z 1 fünfter Fall StGB) zu einer Handlung, nämlich zur Gewährung und Auszahlung von Finanzierungsdarlehen für Kraftfahrzeuge, zur Gewährung und Auszahlung von Konsumkrediten und zum Abschluss von Mobilfunkverträgen unter Ausfolgung von Mobiltelefonen, verleitet bzw zu verleiten versucht, die diese oder einen anderen in einem EUR 300.000,00 übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten bzw schädigen hätten sollen, indem
I./ A* B*, C* D* und E* F* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem weiteren Angeklagten in arbeitsteiliger Vorgehensweise für teils ausgeforschte, teils unbekannte Mittäter überwiegend gefälschte Personalausweise bzw Reisepässe besorgten, Scheinwohnsitze anmeldeten, Lohnunterlagen, ZMR- und Kontoauszüge sowie EWR-Anmeldebescheinigungen fälschten und mit den gefälschten Datensätzen und Dokumenten Kreditanträge bei den nachangeführten Bankinstituten einreichten bzw in untergeordnetem Ausmaß in ihrem Auftrag durch weitere Mittäter einreichen ließen sowie teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit weiteren (abgesondert verfolgten) Mittätern mit den gefälschten Dokumenten und Datensätzen Mobilfunkverträge abschlossen bzw abgesondert verfolgte Mittäter mit dem Abschluss der Mobilfunkverträge beauftragten, sohin bei den Krediten über die Rückzahlungsfähigkeit und Rückzahlungswilligkeit der Darlehensnehmer sowie großteils über deren Identität bzw bei den Mobilfunkverträgen über die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit und teils wiederum über die Identität der Kunden täuschten, und zwar
1./ A* B* in den unter a./ ff (US 3 bis 28) näher konkretisierten Fällen,
3./ C* D* in den näher unter den a./ ff (US 38 bis 61) genannten Fällen, und
4./ E* F* zu den näher zu a./ ff (vgl US 61 bis 74) genannten Fällen;
sowie
B./ A* B* und C* D*
eine falsche oder verfälschte ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz einer inländischen öffentlichen Urkunde gleichgestellt ist, mit dem Vorsatz, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde, nämlich zum Nachweis der Identität gegenüber Banken und Meldebehörden, hergestellt, indem sie in ** und andernorts in den genannten Zeiträumen (vgl US 78ff:)
1./ gefälschte Personalausweise und gefälschten Führerscheine bei bislang nicht ausgeforschten serbischen Fälschern bestellten, und
2./, 3./ im Urteil genannte Führerscheine verfälschten;
C./ C* D*
eine falsche oder verfälschte ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz einer inländischen öffentlichen Urkunde gleichgestellt ist, im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht, und zwar Ende September 2023 den genannten gefälschten Personalausweis (US 79).
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht bei
B* B* mildernd das umfassende und reumütige Geständnis, den bisher ordentlichen Lebenswandel und teilweisen Versuch, erschwerend das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit mehreren Vergehen, den langen Tatzeitraum und zahlreiche Angriffe im Rahmen (gemeint offensichtlich:) der Subsumtionseinheit sowie die mehr als sechsfache Erfüllung der Wertgrenze; bei
C* D* mildernd das umfassende, wesentlich zur Wahrheitsfindung beitragende und reumütige Geständnis und teilweisen Versuch, erschwerend zwei einschlägige Vorstrafen, das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit mehreren Vergehen, einen langen Tatzeitraum [der allerdings als einen einjährigen Zeitraum nicht erreichend zu entfallen hat] und zahlreiche Angriffe im Rahmen der (gemeint:) Subsumtionseinheit des Betrugsdelikts sowie die mehr als fünffache Erfüllung der Wertgrenze; und bei
E* F* mildernd das umfassende und reumütige Geständnis, teilweisen Versuch, eine einschlägige Vorstrafe, den [ebenfalls nunmehr richtigerweise zu entfallenden habenden] langen Tatzeitraum und zahlreiche Angriffe im Rahmen der Subsumtionseinheit sowie die mehr als vierfache Erfüllung der Wertgrenze.
Das Erstgericht begründete die Anwendung der teilbedingten Strafnachsicht nach § 43a Abs 4 StGB in jedem Fall mit einer seit der Entlassung aus der Untersuchungshaft gezeigten positiven Entwicklung, teilweise zudem (D* und F*) mit begleitender Anordnung der Bewährungshilfe als prognostisch ausreichend.
Dagegen richtet sich die Berufung der Staatsanwaltschaft wegen Strafe, die unter Hinweis auf das Kontraindiz wiederholter Delinquenz und fehlender Konflikts- und Krisensituationen der Angeklagten, in den Fällen von D* und F* auch des einschlägig getrübten Vorlebens, zentral die Annahme der Bestimmung als gesetzwidrig kritisiert und davon abgesehen höhere Freiheitsstrafen einfordert. Die Angeklagten beantragten demgegenüber die Bestätigung des Ersturteils im Strafausspruch.
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