Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag. Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Strafsache gegen A* B* und einenanderen Angeklagten wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15 Abs 1, 84 Abs 4 StGB und weiteren strafbaren Handlungen über die Berufung des Angeklagten B* wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts Wels vom 26. Mai 2025, Hv*-19, nach der in Anwesenheit der Staatsanwältin Dr. Steinwender als Vertreterin des Leitenden Oberstaatsanwalts sowie des Angeklagten und dessen Verteidigers Dr. Bergthaler durchgeführten Berufungsverhandlung am 15. September 2025 zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten A* B* auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Mit dem angefochtenen Urteil (das auch den rechtskräftigen Freispruch eines Mitangeklagten und ein unbekämpft gebliebenes Einziehungserkenntnis enthält) wurde der ** geborene A* B* des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (1.) und des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15 Abs 1, 84 Abs 4 StGB (2.) schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB und des § 39 (a) Abs 1 Z 4 (iVm Abs 2 Z 3) StGB nach dem Strafsatz des § 84 Abs 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten verurteilt. Gemäß § 43 Abs 1 StGB wurde der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Nach dem Schuldspruch hat er
1. seit 2015 bis zum 21. März 2025 in C* und an anderen Orten des Bundesgebiets, wenn auch nur fahrlässig, eine verbotene Waffe (§ 17 Abs 1 Z 6 WaffG) und zwar einen etwa 38 cm langen Totschläger mit einem Handgriff aus Gummi sowie einer Verstärkung in Form einer Stahlkugel unbefugt besessen;
2. am 21. März 2025 in C* versucht den D* E* durch Schläge mit dem unter Punkt 1. genannten Totschläger auf den Kopf bzw in den Gesichtsbereich sowie am Rücken an sich schwer am Körper zu verletzen oder an der Gesundheit zu schädigen, wobei E* in Folge eines Schlages eine nicht bloß kurzzeitige Schwellung am rechten Unterarm erlitten hat.
Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen Schuld und des Ausspruchs über die Strafe vom Angeklagten angemeldete- und auch ausgeführte Berufung (ON 21, 22), mit der er als primäres Ziel die Aufhebung der Entscheidung anstrebt.
Die Berufung, zu der die Oberstaatsanwaltschaft keine Stellungnahme abgegeben hat, ist nicht berechtigt.
Der Schuldberufung ist vorauszuschicken, dass das Gericht die im Verfahren vorgekommenen Beweismittel in Ansehung ihrer Glaubwürdigkeit und Beweiskraft prüft und aufgrund des Ergebnisses dieses Vorgangs zur Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen entscheidender Tatsachen kommt, die es im Urteil feststellt. Die Beweismittel sind dabei nicht nur einzeln, sondern in ihrer Gesamtheit und ihrem inneren Zusammenhang zu würdigen (vgl RIS-Justiz RS0098314).
In diesem Sinn gelingt es A* B* nicht, hinreichende Zweifel an der Beweiswürdigung und den darauf gegründeten Feststellungen zu wecken, hat doch die Erstrichterin im Zuge ihrer äußerst umfangreichen Beweiswürdigung (dargestellt auf den Urteilsseiten fünf bis elf) nachvollziehbar argumentiert, weshalb sie davon ausging, dass der Erstangeklagte (mit qualifiziertem Verletzungsvorsatz) zumindest zwei mal gezielt in Richtung des Kopf- bzw. Gesichtsbereichs und einmal in Richtung des Rückens des Zweitangeklagten geschlagen hat (US 4f). Die Feststellungen dieses tatbildlichen Verhaltens gründete sie unter anderem auf die Beschaffenheit des verwendeten „Totschlägers“ (US 6 iVm AS 10 in ON 2.11), auf die durch Lichtbilder dokumentierte Verletzung des Zweitangeklagten (US 6 iVm ON 2.11) sowie auf die schlüssigen Schilderungen des Zweitangeklagten, der sowohl im Zuge seiner Einvernahme vor der Polizei (ON 2.8), als auch während der Hauptverhandlung (AS 5ff in ON 18), im Ergebnis keinen Zweifel darüber offen ließ, dass er einem Schlag ausweichen konnte (AS 7 in ON 18: “Ich bin mit dem Kopf ausgewichen. Ich habe ihn an meinem Ohr vorbeiziehen gehört“) und im Zuge des Versuchs einen weiteren Schlag abzuwehren, am Unterarm getroffen wurde (AS 5 in ON 18). Dass der Erstangeklagte zudem (mit qualifiziertem Verletzungsvorsatz) in Richtung des Rückens des Zweitangeklagten geschlagen hat (US 4), leitete die Erstrichtern unter anderem aus den Schilderungen des unbeteiligten Zeugen F* ab, wonach der Erstangeklagte in Richtung des Zweitangeklagten - nachdem ihm dieser den Rücken zugewandt hatte - einen Schlag ausgeführt hat (AS 4 in ON 2.10).
Der Umstand, dass die Auseinandersetzung auf eine Provokation des (mehrfach vorbestraften) Zweitangeklagten zurückzuführen war, entspricht zwar dem determinierten Sachverhalt (US 4), ist aber – entgegen der Berufungsschrift – nicht geeignet, die Feststellungen zum erfüllten Tatbild in Zweifel zu ziehen oder gar eine andere rechtliche Einordnung des Sachverhalts zu bewirken. Auch mit seiner Argumentation, wonach es aus anatomischen Gründen nicht möglich sei, dass der Erstangeklagte bei Unterstellung eines gezielten Schlages gegen den Kopf bzw Gesichtsbereich des Zweitangeklagten, dessen in Brusthöhe ausgestreckten Unterarm getroffen hat, ist für den Berufungswerber nichts zu gewinnen, kann ein solcher Vorgang im Zuge einer dynamisch ablaufenden körperlichen Auseinandersetzung nicht ausgeschlossen werden. Dem gegenüber indiziert die eingetretene Verletzungsfolge viel mehr, dass ein Schlag aus kurzer Distanz von oben nach unten geführt wurde, was zum einen mit der Verantwortung des Angeklagten, er hätte mit dem „Totschläger“ bloß herumgefuchtelt, nicht in Einklang zu bringen ist und zum anderen das Vorliegen der vom Erstgericht herangezogenen Vorsatzform untermauert.
Zur Kritik an der erstgerichtlichen Beweiswürdigung insgesamt ist festzuhalten, dass bei Würdigung der Angaben von Personen, die das Gericht selbst vernommen hat, der persönliche Eindruck der erkennenden Richter entscheidend ist. Dieser unmittelbare, lebendige Eindruck, der sich auch auf das Auftreten, die Sprache, die Ausdrucksweise und die Bewegungen einer Person stützen kann, lässt sich nicht immer erschöpfend in Worte kleiden und muss daher im Urteil nicht in allen Einzelheiten dargelegt und wiedergegeben werden ( Lendl in Fuchs/Ratz, WK StPO § 258 Rz 27).
Dass das Gericht (unter Berücksichtigung und Würdigung der teils entlastenden Aussagen des Zeugen G* F* [AS 4 in ON 2.10, AS 10 in ON 18]) im Zuge seiner äußerst umfangreichen und akribischen (auch die Angaben des Zeugen H* B* sowie deren Widersprüche zur Einlassung des Angeklagten wurden kritisch hinterfragt [vgl US 6f]) Beweiswürdigung letztlich zum (nachvollziehbar dargestellten) Ergebnis kam, dass - im Gegensatz zu der Verantwortung des Erstangeklagten - der vorgeworfene Tatbestand erfüllt wurde, ist Vorgang der freien Beweiswürdigung, handelt es sich dabei doch um einen kritisch-psychologischen Vorgang, bei dem durch Subsumierung der Gesamtheit der durchgeführten Beweise in ihrem Zusammenhang unter allgemeine Erfahrungssätze logische Schlussfolgerungen zu gewinnen sind (RIS-Justiz RS0098390). Demgemäß berechtigen nicht nur zwingende, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse das Gericht zu Tatsachenfeststellungen (vgl RIS-Justiz RS0098362; Kirchbacher, StPO 15 § 258 Rz 8), sodass der Grundsatz „in dubio pro reo“ keine negative Beweislastregel darstellt und gerade nicht bedeutet, dass sich das Gericht bei mehreren denkbaren Schlussfolgerungen durchwegs für die dem Angeklagten günstigste Variante entscheiden müsste (vgl Kirchbacher, aaO Rz 11). Weil zudem die Feststellungen des Erstgerichts zur subjektiven Tatseite, das vom äußeren Tatablauf auf den deliktspezifischen Vorsatz schloss (vgl RIS-Justiz RS0116882), nicht korrekturbedürftig waren (US 10f), bleibt entgegen der Ansicht des Angeklagten kein Raum für den Zweifelsgrundsatz ( Lendl in Fuchs/Ratz, WK StPO § 258 Rz 36f), sodass der Schuldspruch insgesamt (jener zu Spruchpunkt 1. ergab sich bereits aus der geständigen Verantwortung und blieb unter Schuldaspekten unbekämpft) Bestand hatte.
Bei der Strafbemessung wertete die Erstrichterin als mildernd die bisherige Unbescholtenheit, das teilweise Geständnis sowie dass die Tat zu Spruchpunkt 2. beim Versuch blieb (dieser Milderungsgrund ist in Ansehung der beim Opfer eingetretenen tatsächlichen Verletzung entsprechend zu relativieren [ Riffel in Höpfel/Ratz,WK2 StGB § 34 Rz 30f]), erschwerend hingegen das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, den langen Tatzeitraum in Bezug auf Spruchpunkt 1. sowie die Verwendung einer Waffe zur Tatausführung in Bezug auf Spruchpunkt 2. Damit wurde der Strafzumessungskatalog vollständig zur Darstellung gebracht. Eine fehlerhafte Gewichtung der Strafzumessungsgründe zulasten des Angeklagten, ist – insgesamt betrachtet – nicht auszumachen.
Eine außerordentliche Strafmilderung nach § 41 Abs 1 StGB kommt als Korrektiv von im Einzelfall zu hohen Mindeststrafdrohungen nur bei untergeordneten Beteiligungsformen oder in Fällen atypisch leichter Verwirklichung schwerer und deshalb mit strengen Mindeststrafdrohungen versehener Straftatbestände in Frage (RIS-Justiz RS0102152). Dabei sind nicht allein die Milderungsgründe des § 34 StGB zu berücksichtigen, sondern auch der Unrechtsgehalt der Tat und alle nach den Grundsätzen für die Strafbemessung gemäß § 32 Abs 2 und 3 StGB bedeutsamen Momente, welche die Tat für sich allein allenfalls als derart weit unter der Norm liegend ausweisen können, dass selbst die gesetzliche Mindeststrafe als überhöht angesehen werden müsste ( Tipold/Leukauf/Steininger, StGB 4§ 41 Rz 4). Mit Blick auf das Gewicht von Milderungs- und Erschwerungsgründen einerseits und den vom Angeklagten verwirklichten Handlungs- und Erfolgsunwert andererseits (tatsächlich ist es durch die Verwendung einer äußerst gefährlichen Schlagwaffe zu einer – wenn auch bloß geringfügigen – Verletzung gekommen) kann von einem atypisch leichten Fall nicht mehr die Rede sein, weshalb die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 Abs 1 StGB nicht in Betracht kommt.
Bei Abwägung der Strafzumessungslage und der allgemein im Sinn des § 32 Abs 2 und Abs 3 StGB anzustellenden Erwägungen erweist sich ausgehend von einem unter Anwendung des § 39a Abs 2 Z 3 StGB erhöhten Strafrahmen von einem bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe die vom Erstgericht gefundene Sanktion mit Blick auf den Unrechts- und Schuldgehalt der begangenen Tat daher keineswegs als zu streng bemessen.
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