Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Mag. Christine Mayrhofer und Dr. Gert Schernthanner in der Insolvenzeröffnungssache der Antragstellerin SVS GW , Lst. **., **straße **, **, wider den Antragsgegner A*, geboren am **, selbständiger Logopäde, **, **, über den Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 28. Juli 2025, Se*-21, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Die Antragstellerin beantragte mit Schriftsatz vom 9. Mai 2025 über das Vermögen des Antragsgegners das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Laut integriertem Rückstandsausweis schulde er für den Zeitraum 01.02.2023 bis 31.03.2025 EUR 16.190,85 an Versicherungsbeiträgen zuzüglich EUR 2.605,41 an Nebengebühren und Verzugszinsen und weiteren Verzugszinsen. Trotz anhängiger Exekutionsverfahren seien nur sehr geringe Zahlungen geleistet worden. Es liege daher Zahlungsunfähigkeit vor.
Bereits im Jahr 2022 war gegen den Antragsgegner beim Landesgericht Ried im Innkreis zu Se* ein Insolvenzeröffnungsverfahren anhängig. Schon damals gab er im Vermögensverzeichnis nach § 100a IO vom 18.7.2022 eine offene, wenngleich nach seinen Angaben geregelte Forderung des Finanzamtes in Höhe von EUR 25.000,00 sowie an sonstigen Verbindlichkeiten einen Betrag von „EUR 8.000,00, - geregelt“ an. Das Finanzamt bestätigte eine mit dem Antragsgegner bestehende Zahlungsvereinbarung. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 29. August 2022 gab das Erstgericht dem damaligen Insolvenzeröffnungsantrag nicht statt und ging von der Zahlungsfähigkeit des Antragsgegners aus.
Die im vorliegenden Verfahren durchgeführten amtswegigen Erhebungen des Erstgerichtes erbrachten mit Stichtag 13. Juni 2025 insgesamt acht offene Exekutionsverfahren, davon sieben betrieben von der Antragstellerin und eine weitere mit Einbringungsdatum 27. Mai 2025, betrieben vom Landesgericht Ried im Innkreis. Bei seiner Einvernahme gab der Antragsgegner an, es liege keine Zahlungsunfähigkeit, sondern lediglich eine Zahlungsstockung vor. Er habe bereits mit der Antragstellerin telefoniert und sei der Rückstand zu hoch angesetzt worden. Beim Finanzamt bestehe kein Rückstand. Er erkläre sein ausdrückliches Einverständnis, dass das Finanzamt dem Gericht in steuerlichen Belangen Auskunft erteile. Er werde dem Gericht bis 7. Juli 2025 bescheinigen, dass er den Rückstand bei der Antragstellerin reguliert habe und keine weiteren Verbindlichkeiten dazugekommen seien.
In seinem am 16. Juni 2025 unterfertigten Vermögensverzeichnis nach § 100a IO führt er bei den Verbindlichkeiten lediglich die Antragstellerinin der Höhe von EUR 18.700,00 an. An Vermögen ist ein Guthaben bei der B* in Höhe von EUR 4.000,00 vermerkt.
Das Finanzamt teilte über telefonische Anfrage mit, dass der fällige Rückstand des Antragsgegners EUR 30.594,11 betrage. Die letzte Zahlung sei am 13. Mai 2025 in Höhe von EUR 158,61 aufgrund einer Kontopfändung erfolgt. Die letzten Zahlungen durch den Antragsgegner selbst seien am 27. Dezember 2024 und am 18. November 2024 jeweils in der Höhe von EUR 500,00 erfolgt. Ein Ansuchen auf Zahlungserleichterung sei nicht gestellt worden.
In der Folge übermittelte das Bezirksgericht Ried im Innkreis eine zum Exekutionsverfahren E* erfolgte Eingabe des Antragstellers, worin er mitteilt, dass sich die Antragstellerin zu seinem Vorschlag zur Tilgung nicht geäußert habe. Er schlage vor EUR 3.000,00 an Sofortzahlung und danach monatlich EUR 400,00 in Raten.
Eine Anfrage des Erstgerichts bei der Antragstellerin ergab, dass der Schuldner nur am 29. Jänner 2025 eine Zahlung in Höhe von EUR 500,00 geleistet habe. Der tagesaktuelle Saldo betrage EUR 24.519,85 . Ein am 13. Juni 2025 gestelltes Ratenzahlungsansuchen an die Antragstellerin sei am 17. Juni 2025 abgelehnt worden. Ein am 3. Juli 2025 neuerlich gestelltes Ratenzahlungsansuchen sei ebenfalls abgelehnt worden und ist dem Schuldner am 7. Juli 2025 zugesendet worden.
Mit dem angefochtenen Beschlusswies das Erstgericht den Antrag der Antragstellerin, über das Vermögen des Antragsgegners das Insolvenzverfahren zu eröffnen, gemäß § 71b IO mangels kostendeckenden Vermögens ab und stellte die Zahlungsunfähigkeit des Antragsgegners fest. In seiner Begründung verwies es auf die dargelegten Erhebungsergebnisse. Die Behauptung des Antragsgegners, die Antragstellerin sei die einzige Gläubigerin, treffe nicht zu, bestehe doch auch beim Finanzamt ein Rückstand in Höhe von EUR 30.594,11. Es habe sich herausgestellt, dass der Antragsgegner kein zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens hinreichendes Vermögen besitze und liege Zahlungsunfähigkeit vor.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Antragsgegners mit dem erkennbaren Antrag auf Abweisung des Insolvenzantrags. Die Antragsgegnerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung die Bestätigung des angefochtenen Beschlusses. Mittlerweile bestehe zum 20. August 2025 ein offener Beitragsrückstand in Höhe von EUR 30.208,55 .
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Der Antragsgegner macht geltend, es sei keine Zahlungsunfähigkeit gegeben, da er seine monatlichen Kosten weiterhin werde bedienen können. Die Außenstände könne er ebenfalls in monatlichen Raten abbezahlen. Er habe der Antragsgegnerin eine Ratenzahlung vorgeschlagen, aber bis zum heutigen Tag keine Antwort darauf bekommen. Die Außenstände beim Finanzamt könnten nicht so hoch sein, da er bis Ende letzten Jahres eine Abmachung von 2023 mit dem Finanzamt gehabt und seine Zahlungen geleistet habe.
Diese Argumentation ist mit der dargestellten Faktenlage nicht in Einklang zu bringen. Bei seiner Einschätzung, er werde die monatlichen Kosten weiterhin bedienen können, lässt der Antragsgegner offenkundig seine laufenden Verpflichtungen beim Finanzamt und der Antragstellerin außer Betracht. Nicht anders ist es zu erklären, dass die Verbindlichkeiten bei diesen beiden Gläubigern ständig anwachsen. Bescheinigungsmittel zu seinen eher von Hoffnung geprägten Rekursausführungen legt der Antragsgegner nicht vor. Daraus folgt rechtlich:
Gemäß § 70 Abs 1 IO ist auf Antrag eines Gläubigers das Insolvenzverfahren unverzüglich zu eröffnen, wenn er glaubhaft macht, dass er eine Insolvenzforderung hat und der Schuldner zahlungsunfähig ist. Im Gesetz findet sich keine Definition der Zahlungsunfähigkeit. § 66 Abs 2 und 3 IO hält lediglich fest, dass Zahlungsunfähigkeit insbesondere anzunehmen ist, wenn der Schuldner seine Zahlungen einstellt, aber nicht voraussetzt, dass Gläubiger andrängen. Der Umstand, dass der Schuldner Forderungen einzelner Gläubiger ganz oder teilweise befriedigt hat oder noch befriedigen kann, begründet für sich allein nicht die Annahme, dass er zahlungsfähig ist. Nach der Rechtsprechung liegt Zahlungsunfähigkeit vor, wenn der Schuldner mangels bereiter Mittel nicht bloß vorübergehend außer Stande ist, fällige Geldforderungen regelmäßig zu begleichen. Symptome einer Zahlungsunfähigkeit sind beispielsweise Nichtleistung nach Verurteilung in mehreren Verfahren, nach fruchtlosen Mahnungen und ergebnislosen Exekutionen sowie die Tilgung immer nur der tunlichsten Verbindlichkeiten (RS0084528). Anhängige Exekutionen zur Befriedigung stellen ein deutliches Indiz für das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit dar, zumal sich gewöhnlich niemand ohne finanzielle Not der Zwangsvollstreckung und den damit verbundenen Kosten aussetzt, ebenso Rückstände an Sozialversicherungsbeiträgen und Abgaben sowie die Nichtbegleichung von Löhnen und Gehältern (Dellinger in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen [1999], § 66 KO Rz 65; Schumacher in Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht4 II/2 [2004], § 66 KO Rz 67 und 69 mwN). Zahlungsunfähigkeit liegt also vor, wenn der Schuldner bei redlicher Gebarung nicht alle seine Verbindlichkeiten zum Fälligkeitszeitpunkt erfüllen kann, weil auf Dauer Zahlungsmittel fehlen. Eine bloße Zahlungsstockung setzt demgegenüber voraus, dass die erforderlichen Zahlungsmittel alsbald und mit großer Wahrscheinlichkeit beschafft werden können.Das Insolvenzgericht kann immer nur anhand darauf hinweisender Indizien beurteilen, ob Zahlungsunfähigkeit im dargelegten Sinn vorliegt. Als solche kommen in erster Linie anhängige Prozesse und Exekutionen oder sich auf andere Weise manifestierende Zahlungs- und Beitragsrückstände in Betracht. Ist aufgrund derartiger Umstände die Zahlungsunfähigkeit indiziert, liegt es am Schuldner, das Gegenteil bzw das Vorliegen einer bloß vorübergehenden Zahlungsstockung zu bescheinigen. Dazu ist es notwendig, das gesamte bestehende Obligo offenzulegen und – etwa durch Vorlage eines entsprechenden Finanz- bzw Tilgungsplans – das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Begleichung aller fälliger Verbindlichkeiten bzw die Möglichkeit der raschen Rückkehr zu einer pünktlichen Zahlungsweise gegenüber allen Gläubigern zu dokumentieren (Mohr 11 [2012], § 70 E 235ff).Nach können in Rekursen neue Tatsachen, soweit sie bereits zur Zeit der Beschlussfassung in erster Instanz entstanden waren, und neue Beweismittel angeführt werden. Maßgeblich ist daher die Sachlage im Zeitpunkt der Beschlussfassung erster Instanz und die Bescheinigungslage im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel. Demnach ist es der Instanz zwar verwehrt, erst nach Beschlussfassung erster Instanz entstandene neue Tatsachen (nova producta) zu berücksichtigen; von ihr verwertet werden können hingegen bisher nicht bekannte, aber zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Beschlussfassung bereits eingetreten gewesene Tatumstände (nova reperta) sowie neue Beweise für zu berücksichtigende Tatsachen (RIS-Justiz [T1] und [T2]).
Wie bereits erwähnt, ergibt sich gegenüber der Beurteilung durch das Erstgericht keine neue Bescheinigungslage. Eine nachvollziehbare Offenlegung des gesamten Obligos und Präsentation eines entsprechenden Finanz- und Tilgungsplans ist ebenfalls nicht erfolgt. Angesichts der sich immer weiter verschlechternden Vermögenslage des Antragsgegners kann daher nicht mehr von einer bloßen Zahlungsstockung gesprochen werden.
Abgesehen davon, dass sich auch der Rekurswerber nicht darauf bezieht, kann kein nachhaltiger Anhaltspunkt für das Vorhandensein kostendeckenden Vermögens, dass die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ermöglicht hätte, erblickt werden. Es steht angesichts der immer weiter steigenden Verbindlichkeit bei der Antragstellerin gerade nicht fest, dass das im Vermögensverzeichnis vom 16. Juni 2025 angegebene Guthaben bei der B* in Höhe von EUR 4.000,00 angesichts der erwähnen Pfändungen seitens des Finanzamtes zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Erstgerichtes vom 28. Juli 2025 noch vorhanden war.
Der Rekurs bleibt daher erfolglos.
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