Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht durch Senatspräsident Dr. Wolfgang Seyer als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Stefan Estl und Mag. Hermann Holzweber in der Rechtssache der klagenden Partei A* AG , **, **straße **, **, vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler, Mag. Harald Mühlleitner, Mag. Georg Wageneder ua Rechtsanwälte in St. Florian, gegen die beklagte Partei B* , geboren am **, Gastwirt, wohnhaft in der **straße **, **, vertreten durch Mag. Gregor Royer, Rechtsanwalt in Wels, wegen EUR 25.524,36 sA , über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 24. April 2025, Cg*-9, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 2.744,82 (darin enthalten EUR 457,47 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die C* GmbH versicherte das Chinalokal in der D*straße **, E*, gegen Feuergefahren bei der klagenden Partei und verpachtete dieses dann an den Beklagten. Am 23. Juli 2024 ereignete sich im versicherten Objekt ein Brand.
Die Klägerinbegehrte den Ersatz der in Folge des Brandes entstandenen Sanierungs- und Wiederbeschaffungskosten und brachte zusammengefasst vor, der Beklagte habe den Brand verursacht, da er heißes Fett am Ofen vergessen habe, welches in der Folge entflammt sei. Am versicherten Objekt seien diverse Schäden entstanden, deren Sanierung den Großteil der klagsgegenständlichen Kosten verursacht habe. Die Schadenersatzansprüche der Versicherungsnehmerin seien durch ihre Zahlung gemäß § 67 VersVG auf sie übergegangen. Daneben hätte sie an Sachverständigenkosten EUR 1.229,69 aufwenden müssen. Diese Kosten seien auch im Interesse des Beklagten aufgelaufen, um ein Ausufern der Ersatzansprüche zu vermeiden. Ein Regressverzicht in Bezug auf den Beklagten als Pächter sei im Versicherungsvertrag nicht vorgesehen. Der Verzicht auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit bedeute lediglich den Ausschluss der Leistungsfreiheit nach § 61 VersVG, bewirke aber keinen darüber hinausgehenden Regressverzicht. Da der Beklagte jedenfalls grob fahrlässig gehandelt habe, sei er verpflichtet, ihre Regressansprüche zu erfüllen.
Der Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, im Rahmen der bestehenden Feuerversicherung zwischen der Klägerin und der C* GmbH habe die Klägerin auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit verzichtet. Es sei somit von einem Regressverzicht (auch ihm gegenüber) auszugehen, sodass die Geltendmachung der Ansprüche ihm gegenüber unzulässig sei. Im Übrigen habe sich das ihm vorgeworfene Fehlverhalten im Rahmen einer seit vielen Jahren praktizierten standardisierten Abfolge von Arbeitsschritten ereignet und stelle jedenfalls kein grob fahrlässiges Verhalten dar. Zudem liege auch kein Nachweis für die tatsächliche Leistung der Klägerin an die C* GmbH vor.
Mit dem von der Klägerin angefochtenen Urteilwies das Erstgericht das Klagebegehren zur Gänze ab. Im Einzelnen traf das Erstgericht die auf den Urteilsseiten 2 bis 4 wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen, auf welche gemäß § 500a ZPO verwiesen wird. Im Wesentlichen sind für das Berufungsverfahren folgende Feststellungen zusammengefasst hervorzuheben:
Die Polizze über die zwischen der C* GmbH und der klagenden Partei abgeschlossene Gewerbeversicherung lautet auszugsweise wie folgt:
„... Feuer-Gewerbe
...
Standort: D*straße **, E*
01. Gashausgebäude...
...
19. Bargeld freiliegend auf erstes Risiko (lmG005.12) 500,00
20. Bargeld versperrt in Möbeln auf erstes Risiko (lmG005.12) 2.500,00
21. Bargeld im Safe mit geringer Sicherheitsklasse (VSÖ-Klasse IV oder 10.000,00
WO-Sicherheitsstufe ENO) auf erstes Risiko (lmG005.12)
22. Bargeld im Safe mit mittlerer Sicherheitsklasse (VSÖ-Klasse III oder 20.000,00
WO-Sicherheitsstufe ENI) auf erstes Risiko (lmG005.12)
23. Gebrauchsgegenstände der Inhaber, Dienstnehmer und Kunden auf 5.000,00
erstes Risiko (lmG007.12)
24. Wiederherstellungskosten Datenträger und Reproduktionshilfsmittel 5.000,00
auf erstes Risiko (lmG019.12)
25. Grundstückseinfriedungen und Sichtschutzanlagen inkl. Schäden
durch Anprall unbekannter KFZ auf erstes Risiko 5.000,00 (Fe5120.19)
26. Schäden an Gebäuden durch Anprall unbekannter KFZ auf erstes
Risiko bis 10.000,00 (Fe5024.19)
27. PKW Geschäftsführer in der Garage auf erstes Risiko bis (Fe3017.12) 20.000,00
...
Verzicht auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit bis 100% der vereinbarten und bei den jeweiligen Vertragspositionen angeführten Versicherungs-, Erstrisiko- und Haftungssummen gemäß AS5008.18.
...“
Nach der zwischen dem Beklagten und der C* GmbH getroffenen Vereinbarung trägt Erstgenannter 40% der Versicherungsprämie, die ihm zuletzt mit Rechnung der C* GmbH vom 5.3.2024 für den Zeitraum April 2023 bis März 2024 in Rechnung gestellt wurde.
Der Beklagte bereitete am 23. Juli 2024 gegen 12:30 Uhr in der Küche auf einem Gasherd in einer Schüssel mit Öl diverse Speisen zu. Anschließend brachte er die Lebensmittel in die Gaststube, um das Buffet aufzufüllen. Zuvor drehte der Beklagte den Gasherd zurück, jedoch nicht vollständig. Als er aus der Gaststube zurückkam, hatte sich das Öl in der Schüssel entzunden; der Beklagte konnte das Feuer mit einem Handfeuerlöscher ablöschen.
Nicht festgestellt werden kann, ob die Klägerin an ihre Versicherungsnehmerin, der C* GmbH, eine Entschädigung von EUR 29.076,60 inkl USt bezahlte.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht zusammengefasst aus, die Legalzessionsnorm des § 67 VersVG sei nicht absolut zwingend, sondern lediglich halbzwingend zugunsten des Versicherungsnehmers (§ 68a VersVG). Daher sei die Vereinbarung eines Regressverzichts des Gebäudeversicherers mit dem Eigentümer des versicherten Bestandobjekts zugunsten seiner Bestandnehmer sowie aller weiteren Nutzungsberechtigten im Rahmen eines bürgerlich-rechtlichen Vertrages zugunsten Dritter (§§ 881, 882 ABGB) zulässig. Bei der Vereinbarung eines Regressverzichts handle es sich um einen drittbegünstigenden Verzichtsvertrag im Sinn des § 1444 ABGB (Entsagung). Aus inhaltlicher Sicht sei der Abschluss des Regressverzichtsvertrags zugunsten Dritter insoweit zulässig, als Befreiungen dieser Drittbegünstigten von ihrer Schadenersatzpflicht sowohl für lediglich leicht fahrlässiges Fehlverhalten als auch für grob fahrlässige Schadenszufügungen erfolgen. Nach der Judikatur des OGH entfalte der Regressverzicht seine Wirkungen auch dann, wenn der schadenstiftende Bestandnehmer haftpflichtversichert sei. Gegenständlich sei davon auszugehen, dass sich der Regressverzicht auch auf den Bestandnehmer erstrecke, schließlich wäre diese Einschränkung angesichts der Tätigkeit der Versicherungsnehmerin als Vermieterin zum einen sinnentleert; zum anderen sei der „Mieter/Pächter“ des Gastbetriebs ohne Fremdenbeherbergung ausdrücklich in der Versicherungspolizze ausgewiesen. Hinzu komme, dass teilweise auch Risiken versichert seien, die sich im Fall der Vermietung/Verpachtung ausschließlich bei dem Bestandnehmer verwirklichen können, wie zB Bargeld oder auch der PKW des Geschäftsführers. Da im Wortlaut der Polizze auch keine Einschränkung des Regressverzichts auf den Vermieter/Versicherungsnehmer enthalten sei, könne aus all diesen Gründen nur der Schluss gezogen werden, dass diese Vereinbarung einen konkludenten Regressverzicht zugunsten des Beklagten darstelle. Zudem habe nicht festgestellt werden können, ob die klagende Partei an ihre Versicherungsnehmerin eine Entschädigung von EUR 29.076,60 inkl USt bezahlt habe, weshalb das Klagebegehren (auch aus diesem Grund) abzuweisen gewesen sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem auf Klagsstattgabe gerichteten Abänderungsantrag.
Der Beklagte beantragt in seiner Berufungsbeantwortung die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit ist zunächst auf die Rechtsrügeeinzugehen. Die Klägerin meint, es sei mangels präziser Feststellungen davon auszugehen, dass der eingeklagte Regressanspruch zumindest dem Grunde nach zu Recht bestehe, da das Erstgericht nicht festgestellt habe, dass überhaupt nichts an die Versicherungsnehmerin bezahlt worden wäre. Darüber hinaus habe der Beklagte grob fahrlässig gehandelt, sodass ein Regressanspruch gegen den Mieter gegeben sei. Ein Regressverzicht zu Gunsten des Beklagten sei nicht vereinbart worden. Vielmehr sei mit der Wendung „Mieter/Pächter: Gastbetrieb ohne Fremdenbeherbergung“ auf Seite 1 der Beilage ./1 lediglich das versicherte Risiko ausgewiesen. Dies bedeute keinesfalls, dass der Mieter oder Pächter des Gastbetriebes versicherte Person sei oder ein Regressverzicht vereinbart worden sei. Zwar nehme auch der Oberste Gerichtshof mittlerweile einen Regressverzicht zu Gunsten des Mieters in der Sachversicherung an, schränke diesen jedoch auf leicht fahrlässig handelnde Mieter ein. Darüber hinaus übersehe das Erstgericht, dass der Beklagte nicht bloßer Mieter, sondern Pächter eines Unternehmens sei. Dies sei insofern von Relevanz, als der Oberste Gerichtshof in seiner das Regressrecht der Versicherung gegen den Mieter einschränkenden Entscheidung (7 Ob 99/23v) einen konkludenten Regressverzicht ausschließlich zu Gunsten des Mieters annehme.
Der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung ist nur dann dem Gesetz gemäß ausgeführt, wenn das angefochtene Urteil unter Zugrundelegung des vom Erstgericht festgestellten Sachverhalts als unrichtig bekämpft wird (RS0041585). Indem die Berufungswerberin sinngemäß damit argumentiert, dass mangels präziser Feststellungen davon auszugehen sei, dass eine Zahlung erfolgt ist und daher der Regressanspruch zumindest dem Grunde nach zu Recht bestehe, weil das Erstgericht auch nicht festgestellt habe, dass überhaupt nichts an die Versicherungsnehmerin bezahlt worden sei (dazu Berufung ON 10, Punkt 2.1.), entfernt sie sich mit diesen Ausführungen vom Sachverhalt, in welchem diesbezüglich lediglich eine Negativfeststellung zur Frage getroffen wurde, ob die Klägerin an ihre Versicherungsnehmerin eine Entschädigung von EUR 29.076,60 inkl USt bezahlt hat. Die Rechtsrüge ist daher diesbezüglich nicht gesetzmäßig ausgeführt. Darüber hinaus kommt es im gegenständlichen Fall – wie noch zu zeigen sein wird – nicht mehr auf die erbrachte Zahlung an die Versicherungsnehmerin an.
Der Versicherer ist gemäß § 61 VersVG von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeiführt. Zur Annahme grober Fahrlässigkeit muss die Schadenswahrscheinlichkeit offenkundig so groß sein, dass es ohne weiteres nahe lag, zur Vermeidung des Versicherungsfalles ein anderes Verhalten als das tatsächlich geübte in Betracht zu ziehen (RS0030318). Bevor auf die Frage eingegangen wird, ob das gegenständlich vom Beklagten gesetzte Verhalten als grob fahrlässig anzusehen ist, muss geklärt werden, ob nicht im gegenständlichen Fall ein auch die grobe Fahrlässigkeit beinhaltender Verzicht der Klägerin zugunsten des Beklagten vorliegt, bejahendenfalls es nicht mehr auf die Unterscheidung zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit ankommt, da dann in beiden Fällen ein Rückgriff auf den Beklagten ausgeschlossen ist:
Ob der im Sachverhalt dargestellte Verzicht auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit auch auf den Beklagten durchschlägt, ist anhand der Versicherungspolizze (Beilage ./1) zu prüfen. Da die Klägerin im Rahmen ihrer Urkundenerklärung die Echtheit der Beilage ./1 zugestand (ON 7.4/S 2; vgl Brenn in Fasching/Konecny 3 II/3 § 177 Rz 40), war diese dem vollen Inhalt nach der Entscheidung zugrunde zu legen und kann diese gänzlich zur Auslegung des abgegebenen Verzichts auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit herangezogen werden.
Die Auslegung von Versicherungsbedingungen hat sich am Verständnis eines verständigen durchschnittlichen Versicherungsnehmers zu orientieren – ein Maßstab, der den Kriterien der §§ 914 f ABGB weitgehend entspricht (RS0112256). Die nach objektivem Gesichtspunkt als unklar aufzufassenden allgemeinen Versicherungsbedingungen müssen dabei so ausgelegt werden, wie dies der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer verstehen musste, wobei Unklarheiten zu Lasten des Versicherers gehen (RS0017960). Dies muss gleichsam für Versicherungspolizzen gelten. Die Frage, ob das Sachersatzinteresse des Bestandnehmers in die Sachversicherung des Bestandgebers einbezogen wurde und daher auch von einem Verzicht zugunsten des Beklagten ausgegangen werden kann, ist somit durch einfache Auslegung des Vertrags nach § 914 ABGB zu klären und entscheidet diesbezüglich die erkennbare Interessenlage des Eigentümers des versicherten Objekts (7 Ob 99/23v).
Die allgemeine Interessenlage eines Eigentümers ist regelmäßig dadurch geprägt, dass der Eigentümer grundsätzlich Auseinandersetzungen mit einem Besitzer, dem er die Sachherrschaft eingeräumt hat, vermeiden will. Wäre das Sachersatzinteresse des Bestandnehmers nicht geschützt, so wäre der Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalls genötigt, den Versicherer bei der Durchsetzung der auf diesen übergegangenen Ansprüche zu unterstützen, was zu einer erheblichen Belastung des Verhältnisses zum Bestandnehmer führen kann. Zudem kann ihm am Schutz des Bestandnehmers gelegen sein, wenn er die Prämie (anteilig) auf diesen abgewälzt hat. Schließlich ist in diesem Sinn – vor allem bei Dauerschuldverhältnissen – das Interesse des Eigentümers hervorzuheben, eine Beeinträchtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Sachnutzers durch einen Regress des Versicherers zu vermeiden. Jedenfalls, wenn diese genannten Gesichtspunkte (Dauerschuldverhältnis, Abwälzung der Prämie) vorliegen, wird von einem angestrebten Regressverzicht auszugehen sein (7 Ob 99/23v).
Ausgehend von diesen Grundsätzen, findet sich in der gegenständlichen Versicherungspolizze (Beilage ./1) neben dem Verzicht auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit bis 100% der vereinbarten und bei den jeweiligen Vertragspositionen angeführten Versicherungs-, Erstrisiko- und Haftungssummen eingangs die Bezeichnung der Versicherungsnehmerin „C* GmbH“ samt dem Tätigkeitsbereich „Vermietung und Verpachtung“. Weiter unten wird dann dieser Tätigkeitsbereich der genannten Versicherungsnehmerin weiter konkretisiert und ausgeführt: „Betrieb: Vermietung von Gebäuden und Räumlichkeiten“. Weiters wird sodann auf den konkreten Mieter bzw Pächter Bezug genommen, indem dieser als „Gastbetrieb ohne Fremdbeherbergung“ umschrieben wird. Darüber hinaus wird klargelegt, dass es sich um eine Feuerversicherung im gewerblichen Bereich handelt und wird sodann das gegenständliche Gasthausgebäude in der D*straße ** genannt. Im Rahmen der aufgelisteten versicherten Risiken finden sich dabei weiters Positionen, die sich naturgemäß auf den jeweiligen Pächter/Mieter beziehen, wie etwa „05. Waren und Vorräte“, „19. Bargeld freiliegend auf erstes Risiko“, sowie etwa „23. Gebrauchsgegenstände der Inhaber, Dienstnehmer und Kunden auf erstes Risiko“.
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass sich der Verzicht auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit auch auf den Beklagten erstreckt, war doch die dargestellte Interessenlage der Vermieterin (Versicherungsnehmerin der Klägerin) bei Abschluss des Versicherungsvertrags angesichts der Ausgestaltung der Versicherungspolizze klar erkennbar. Angesichts der Tätigkeit der Versicherungsnehmerin als „bloße“ Vermieterin wäre eine gegenteilige Auffassung, wonach lediglich der Versicherungsnehmerin selbst zuzurechnende Schäden von der Feuerversicherung umfasst seien, nicht nachvollziehbar, wäre die gegenständliche Versicherung aufgrund der faktischen Sachnutzung durch den Beklagten sodann doch sinnentleert. Im Rahmen der Feuerversicherung als Sachversicherung besteht neben dem Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers auch ein erkennbares Interesse der Personen, die mit der Sache in Berührung kommen (insbesondere Sachnutzer), nicht wegen der Beschädigung oder Zerstörung haftpflichtig zu werden (Sachersatzinteresse; vgl 7 Ob 99/23v zur Leitungswasserschadenversicherung). In der Versicherungspolizze ist darüber hinaus – wie soeben dargestellt – ausdrücklich angeführt, dass sich die Versicherungsnehmerin mit der Vermietung und Verpachtung von Gebäuden beschäftigt, es sich bei dem versicherten Gebäude um ein Gasthausgebäude samt „Gastbetrieb ohne Fremdenbeherbergung“ handelt und sich gewisse soeben beschriebene versicherte Positionen naturgemäß auf den jeweiligen Pächter/Mieter beziehen. Ein redlicher Erklärungsempfänger, bezogen auf den durchschnittlichen rechtstreuen Versicherungsnehmer, durfte daher angesichts der Ausgestaltung der Versicherungspolizze darauf vertrauen, dass die Klägerin jedenfalls auf Regressansprüche wegen grober Fahrlässigkeit auch gegen jene Mieter oder Pächter, auf die ihre Versicherungsnehmerin ihre Prämien (typischerweise – vgl § 21 MRG; nach dem unbestrittenen Sachverhalt übernahm der Beklagte 40 % der diesbezüglichen Versicherungskosten) überwälzt und die das versicherte Objekt im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses bewirtschaften, verzichtet (7 Ob 99/23v).
Im Übrigen steht die höchstgerichtliche Entscheidung 7 Ob 99/23v, wonach die Auslegung des Sachversicherungsvertrages eine Einbeziehung des Sachersatzinteresses eines Mieters in Form eines konkludenten Regressverzichts des Versicherers für Fälle der leichten Fahrlässigkeit ergeben könne, der soeben dargestellten Ansicht nicht entgegen, liegt doch im gegenständlichen Fall ein Verzicht auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit vor. Zwar ist in Zweifelsfällen davon auszugehen, dass ein stillschweigend getroffener Regressverzicht lediglich leicht fahrlässige Schädigungen durch drittbegünstigte Bestandnehmer erfasst ( Uitz , wobl 2024, 433), gegenständlich kann jedoch nicht von einem derartigen Zweifelsfall gesprochen werden. Vielmehr wird in der Versicherungspolizze ausdrücklich auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit verzichtet, sodass in gegenständlicher Situation auch grobe Fahrlässigkeit vom Verzicht mitumfasst ist. Der Umstand, ob der Beklagte im konkreten Fall als Mieter oder Pächter zu qualifizieren ist, ist im Ergebnis unerheblich, da die Versicherungspolizze nach dem eindeutigen Wortlaut sowohl von Mieter als auch von Pächter spricht und daher der Verzicht auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit aus den oben dargestellten Gründen auch für den Bestandnehmer gilt, unabhängig davon, ob dieser als Mieter oder Pächter zu qualifizieren ist.
Da letztlich der in der Versicherungspolizze angeführte Verzicht auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit auch auf den Beklagten durchschlägt, muss nicht mehr näher auf die Frage eingegangen werden, ob das Verhalten des Beklagten als leichte oder grobe Fahrlässigkeit einzustufen ist. Vielmehr kann die Klägerin aufgrund des genannten Verzichts den Beklagten nicht in Anspruch nehmen.
Die bekämpfte rechtliche Ansicht des Erstgerichts ist daher ausgehend von den soeben dargestellten Grundsätzen nicht korrekturbedürftig.
Die Rechtsrüge ist damit unbegründet.
2. In der Verfahrensrüge moniert die Klägerin zusammengefasst, dass das Erstgericht Beweisanträge übergangen und sich mit Urkunden nicht auseinandergesetzt habe. Zum Beweis dafür, dass die Klägerin sämtliche Rechnungen bezahlt habe, habe sie die Einvernahme des Zeugen Ing. F* beantragt. Dieser Beweisantrag sei vom Erstgericht ignoriert worden. Ohne in der Urteilsbegründung dazulegen, warum dieser Beweis nicht aufgenommen worden sei, habe das Erstgericht vielmehr im Gegensatz zum Vorbringen der Klägerin dazu eine Negativfeststellung getroffen. Zumal das Klagebegehren auch aufgrund dieser Negativfeststellung abgewiesen worden sei, sei ein wesentlicher Verfahrensmangel gegeben. Weiters habe das Erstgericht den Beweisantrag der Klägerin auf Einvernahme des Zeugen G* ohne jede weitere Begründung ignoriert. Dieser Zeuge sei zum Vorbringen geführt worden, dass sich zum einen der Beklagte längere Zeit vom Ofen entfernt haben müsse und zum anderen, dass auch davon auszugehen sei, dass der Beklagte vergessen habe, die Flamme zurückzudrehen. Schließlich sei von der Klägerin das Sachverständigengutachten des Sachverständigenbüros Ing. G* als Beilage ./H vorgelegt, vom Erstgericht allerdings ignoriert worden. Dieses Gutachten enthalte auch Ausführungen dazu, wie es zum Brand gekommen sei. Konkret sei darin festgehalten, dass der Beklagte vermutlich beim Kochen vergessen habe, die Flamme zurückzudrehen. Die Relevanz der beiden zuletzt aufgezeigten Verfahrensmängel liege darin, dass das Erstgericht, wenn es nicht die erwähnten Beweisanträge bzw die Urkunde ignoriert hätte, zu anderen Feststellungen gelangt wäre, die ein grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten ergeben hätten.
Zwar hat das Erstgericht die unterbliebene Einvernahme des Zeugen F* entgegen der Ankündigung in der mündlichen Verhandlung am 1. April 2025 „aus den im Urteil darzustellenden Gründen“ (ON 7.4/S 2 vorletzter Absatz), nicht begründet, ein relevanter Verfahrensmangel liegt aber nicht vor. Ein Verfahrensmangel hat nur dann Auswirkungen, wenn er einen Einfluss auf die Sachentscheidung haben konnte (Relevanz des Mangels; s dazu nur etwa Rechberger/Simotta, ZPO 9Rz 1090). Der Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist nur dann gegeben, wenn der Verstoß gegen ein Verfahrensgesetz abstrakt geeignet war, eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern (RS0043049). Im gegenständlichen Fall kam es allerdings nicht mehr darauf an, ob die Klägerin entsprechende Zahlungen tätigte, da das Klagebegehren schon aufgrund des auch gegenüber dem Beklagten wirksamen Verzichts auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit abzuweisen war (dazu bereits oben). Das Übergehen des genannten Beweisantrages vermochte daher keinen Einfluss mehr auf die Entscheidung zu haben, sondern war vielmehr letztlich unerheblich.
Auch die unbegründete Außerachtlassung des Beweisantrages auf Einvernahme des Zeugen G* stellt ausgehend von den soeben dargestellten Grundsätzen letztlich keinen erheblichen Verfahrensmangel dar, zielt dieser Beweis nach dem Vorbringen der Klägerin doch darauf ab, dass der Beklagte grob fahrlässig gehandelt haben soll, es allerdings auch darauf aufgrund des Verzichts auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit auch in Hinblick auf den Beklagten (dazu bereits oben) im Ergebnis nicht mehr ankommt.
Letztlich stellt die unterbliebene Würdigung der Passage im Privatgutachten (Beilage ./H), wonach der Gutachter ausführte, der Beklagte habe vermutlich beim Kochen vergessen, die Flamme zurückzudrehen, keinen Verfahrensmangel dar. Eine Befassung mit dieser Passage konnte seitens des Gerichts schon deshalb unterbleiben, da auch diese Passage nach dem Vorbringen des Klägers auf die etwaige grobe Fahrlässigkeit abzielte, es allerdings auf eine solche im Ergebnis nicht mehr ankommt. Im Übrigen handelt es sich dabei um bloße Vermutungen des Gutachters zum Tatgeschehen, die keiner näheren Befassung bedürfen und im Ergebnis unerheblich sind, da Privatgutachten nicht mehr als Urkunden sind, die die bloße Meinung ihres Verfassers wiedergeben (vgl nur etwa 17 Ob 21/10b).
Die Verfahrensrüge ist damit unbegründet.
Der Berufung der Klägerin kommt somit keine Berechtigung zu.
Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Die ordentliche Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig, weil zwar – soweit ersichtlich – höchstgerichtliche Rechtsprechung im Hinblick auf einen angenommenen Regressverzicht in Bezug auf leichte Fahrlässigkeit gegenüber einen Mieter, nicht jedoch in Bezug auf grobe Fahrlässigkeit gegenüber einen Pächter vorliegt und der Prüfung bzw Wirkung der gegenständlichen Vertragsbestimmung zum Verzicht der Einrede auf grobe Fahrlässigkeit eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.
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