Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Friedrich als Vorsitzenden sowie die Richterin Dr. Klammer und den Richter Mag. Melichar als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 02.10.2025, GZ **-38, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
Begründung:
Mit Strafantrag vom 15.07.2024 (ON 7) legt die Staatsanwaltschaft Innsbruck dem am ** geborenen A* die Vergehen des tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 StGB, des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB und der „teils“ schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2, 15 StGB zur Last.
Aufgrund eines Antrages des Angeklagten wurde die Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers bewilligt (ON 25) und für diesen nach Einlangen des Bescheides der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 16.04.2025 (ON 26) die Freischaltung der elektronischen Akteneinsicht am 17.04.2025 verfügt (ON 1.19).
Der Angeklagte befindet sich derzeit in Strafhaft (vgl ON 35 und 36).
Am 02.09.2025 beraumte die Erstrichterin nach Einlangen eines in Auftrag gegebenen psychiatrischen Sachverständigengutachtens eine Hauptverhandlung für 29.10.2025 an (ON 1.24). Mit Schriftsatz vom 30.09.2025 (ON 37) beantragte der Angeklagte durch seinen Verteidiger, ihm eine Kopie des Gerichtsaktes als Papierkopie zur Verfügung zu stellen, in eventu dem Verteidiger eine solche Papierkopie zur Verfügung zu stellen, damit dieser sie dem Angeklagten ausfolgen könne. Dazu wurde vorgebracht, das Anfertigen von Aktenkopien durch den Verteidiger bedürfe über das benötigte Papiermaterial hinaus auch der für den elektronischen Rechtsverkehr erforderlichen technischen Einrichtung sowie vor allem des Zeitaufwandes der Arbeitskraft, welche diese Kopien anzufertigen hätte. Soweit ersichtlich seien die dafür erforderlichen Kostenpositionen unter Barauslagen zu subsumieren.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies die Erstrichterin den Antrag des Angeklagten auf Übermittlung eines Aktendoppels in Papierform ab und führte dazu aus, dass bei einem elektronisch geführten Akt die Ausfolgung von Kopien nur durch Freischaltung im Aktensystem erfolgt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde des Angeklagten, „in eventu des Verteidigers“ (ON 39) mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahingehend, dass dem Antrag stattgegeben werde, wobei im Hinblick auf den Hauptverhandlungstermin im Sinn von Art 6 EMRK ehestens entschieden werden wolle.
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, ist nicht berechtigt.
Soweit dem Beschuldigten (Angeklagten) Akteneinsicht zusteht, sind ihm gemäß § 52 Abs 1 erster Satz StPO auf Antrag und gegen Gebühr Kopien oder Ausdrucke auszufolgen oder ist ihm nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zu gestatten, Kopien selbst herzustellen, sofern dieses Recht nicht durch einen Verteidiger ausgeübt wird (§ 57 Abs 2 StPO). Nach § 52 Abs 2 Z 1 und Abs 3 StPO hat der Verfahrenshilfeverteidiger Anspruch darauf, dass ihm Kopien aus dem Akt kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
Dem in § 52 Abs 3 erster Satz StPO normierten Gebot, dem Verfahrenshelfer unverzüglich Kopien des Aktes von Amts wegen zuzustellen, wird auch durch die Freischaltung des elektronisch geführten Aktes für den Verteidiger entsprochen. Kopien sind Ablichtungen oder andere Wiedergaben des Akteninhalts, wobei diese Begrifflichkeiten medien- und technologieneutral zu verstehen sind und daher auch im Wege elektronischer Datenübertragung erfolgen können. Mit Freischaltung des elektronisch geführten Akts für den Verteidiger wurden somit Kopien desselben an ihn ausfolgt und sohin zugestellt (RIS-Justiz RS0134433, 14 Os 57/23y).
Der Anspruch des Beschuldigten (Angeklagten) auf Akteneinsicht geht ab Bestellung eines Verteidigers auf diesen über, sodass dem vertretenen Angeklagten selbst keine weitere Aktenkopie zuzustellen ist (§ 52 Abs 1 erster Satz StPO; RIS-Justiz RS0096775, RS0124741 [T1], ;
Gegenständlich wurde dem Verfahrenshilfeverteidiger der Akteninhalt durch Freischaltung der elektronischen Akteneinsicht mit Verfügung vom 17.04.2025 zugänglich gemacht (ON 1.19).
Werden Akten in digitaler Form übermittelt, ist der mit dem Ausdrucken der digitalen Inhalte verbundene Aufwand im Übrigen auch bloß als gewöhnlicher Kanzleiaufwand zu beurteilen, der nicht gesondert zu vergüten ist, weil er einen Teil des pauschalen Honoraransatzes darstellt, den das Bundesministerium für Justiz jährlich der Rechtsanwaltskammer für erbrachte Verfahrenshilfeleistungen vergütet. Kosten für die Herstellung weiterer Kopien - etwa für den Gebrauch durch den Verfahrensbeholfenen - waren auch schon bei in Papierform geführten Akten nicht ersatzfähig, zumal dem Verfahrenshilfeverteidiger immer nur eine einzige Kopie des Aktes unentgeltlich zuzustellen war ( Mayerhofer, StPO 5 § 393 Rz 28a).
Insofern die Beschwerde moniert, das Anfertigen von Kopien, damit der Angeklagte überhaupt in Kenntnis gesetzt werde, was gegen ihn vorgebracht wird, sei nicht Aufgabe des Verteidigers, ist darauf hinzuweisen, dass der Angeklagte über die gegen ihn bestehenden Vorwürfe unterrichtet wurde (ON 5.5, 7, 12, 19).
Der Beschwerde war nicht Folge zu geben.
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