Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch die Richterin Mag. a Hagen als Vorsitzende sowie den Senatspräsidenten Mag. Dampf und die Richterin Mag. a Obwieser als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB über die Berufung des Angeklagten wegen der Aussprüche über die Schuld, Strafe und privatrechtlichen Ansprüche gegen das einzelrichterliche Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 22.5.2025, GZ **-12, sowie dessen Beschwerde gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht nach der am 16.9.2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Rp Mag. a Ölmez, des Sitzungsvertreters der Oberstaatsanwaltschaft OStA Mag. Willam, des Privatbeteiligtenvertreters RA Mag. Friedrich Hohenauer (für Längle Fußenegger Singer Rechtsanwälte Partnerschaft), des Angeklagten und seines Verteidigers RA Mag. Manuel Dietrich öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag
zu Recht erkannt:
Der Berufung wegen der Aussprüche über die Schuld und Strafe wird n i c h t , hingegen jener wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche F o l g e gegeben und das Adhäsionserkenntnis dahingehend abgeändert, dass es lautet:
Die Privatbeteiligte B* wird mit ihren Ansprüchen gemäß § 366 Abs 2 zweiter Satz StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
beschlossen:
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde A* des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 17.1.2025 in ** die ([US 4] frühere Lebensgefährtin und Mutter einer gemeinsamen Tochter) B* durch gefährliche Drohung mit der Zufügung einer Körperverletzung an einer Sympathieperson zu einer Unterlassung, nämlich der Abstandnahme davon, ihren Lebensgefährten C* aufzusuchen, zu nötigen versucht, indem er zu ihr sagte „Wehe du fährst jetzt zu C*, sonst schlage ich ihn zusammen“.
Hiefür wurde er nach § 105 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, gemäß § 366 Abs 2 erster Satz iVm § 369 Abs 1 StPO zur Zahlung eines Teilschadenersatzbetrags von EUR 150,-- samt 4 % Zinsen ab 23.5.2025 an die Privatbeteiligte B* binnen 14 Tagen sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Mit unter einem ergangenen Beschluss wurde die dem Angeklagten zu ** des Landesgerichts Feldkirch gewährte bedingte Strafnachsicht (betreffend einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten) gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO widerrufen.
Dagegen meldete der - zu diesem Zeitpunkt noch unvertretene - Angeklagte in der Hauptverhandlung „volle Berufung“ und Beschwerde an (ON 11, 8), die er jedoch in weiterer Folge jeweils nicht schriftlich ausführte. Aufgrund der leugnenden Verantwortung des Angeklagten und dessen Antrag auf Verweisung der Privatbeteiligten mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg erweist sich die angemeldete Berufung als solche wegen der Aussprüche über die Schuld, Strafe und privatrechtlichen Ansprüche (RIS-Justiz RS0101767). In der Berufungsverhandlung beantragte der nunmehr anwaltlich vertretene Angeklagte einen Freispruch, in eventu die Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht, in eventu eine geringere Strafe, die Verweisung der Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg sowie auch der Beschwerde Folge zu geben. Argumentativ bringt er vor, dass er die inkriminierte Äußerung nicht getätigt habe, in Beziehungsstreitigkeiten Dinge gesagt würden, die nicht ernst gemeint seien und sich aus dem vorgelegten und in der Berufungsverhandlung verlesenen Schreiben der B* vom 20.1.2025 ergebe, dass sie ihm wohlgesonnen sei.
Die Privatbeteiligte brachte keine schriftlichen Gegenausführungen ein, beantragte aber in der Berufungsverhandlung durch ihren Vertreter, der Berufung keine Folge zu geben.
Lediglich der Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche kommt im Ergebnis Berechtigung zu.
Der - nunmehr in der Berufungsverhandlung ausgeführten - Schuldberufung gelingt es nicht, Bedenken des Oberlandesgerichts an der Richtigkeit der entscheidenden erstrichterlichen Sachverhaltsannahmen zur objektiven und subjektiven Tatseite, dabei insbesondere auch der Richtigkeit der Feststellungen zur Ernstlichkeit der inkriminierten Äußerung, zu erwecken. Das Erstgericht konnte sich sowohl vom Angeklagten als auch der Zeugin B* einen persönlichen Eindruck verschaffen und begründete ausgehend davon und unter Erörterung sämtlicher erheblicher Verfahrensergebnisse, weshalb es der leugnenden Verantwortung des Angeklagten nicht zu folgen vermochte, sondern dem Opfer Glaubwürdigkeit zuerkannte und ausgehend davon von der Schuld des Angeklagten überzeugt war. Die Beweiswürdigung des Erstgerichts ist widerspruchsfrei, lebensnah und auch subjektiv überzeugend, weshalb sie vom Oberlandesgericht ausdrücklich geteilt wird. Im Übrigen räumte auch der Berufungswerber ein, dass ihm seine frühere Lebensgefährten „wohlgesonnen“ sei, weshalb kein Grund ersichtlich ist, wieso sie ihn dennoch vor der Kriminalpolizei und dem Erstgericht zu Unrecht falsch belasten sollte. Auch stehen die vom Berufungswerber ins Treffen geführten „Beziehungstreitigkeiten“ den Feststellungen zur Ernstlichkeit keineswegs im Wege.
Mangels Bedenken an deren Richtigkeit hatte es daher bei den erstrichterlichen entscheidenden Sachverhaltsannahmen zu bleiben. Diese tragen im Übrigen auch den Schuldspruch, weshalb amtswegiges Einschreiten (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) nicht notwendig war.
Zur Strafberufung:
Bei der Strafbemessung ging das Erstgericht von einem Strafrahmen von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder bis zu 720 Tagessätzen aus und berücksichtigte die Beschränkung der Tat auf den Versuch mildernd; erschwerend hingegen die einschlägigen Vorstrafen, „die Tatwiederholung“, die Tatbegehung zum Nachteil einer Angehörigen, nämlich der Mutter des gemeinsamen Kindes und der ehemaligen Lebensgefährtin und im Rahmen allgemeiner Strafzumessung die Tatbegehung während aufrechter Probezeit. Beim besonderen Erschwerungsgrund der einschlägigen Vorstrafenbelastung (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB) fiel für das Erstgericht besonders ins Gewicht, dass der Angeklagte bereits einmal wegen Drohungen gegen B* verurteilt wurde.
Zutreffend zeigt die Oberstaatsanwaltschaft zunächst auf, dass die vom Erstgericht als erschwerend gewertete Tatwiederholung zu entfallen hat, weil dem Schuldspruch lediglich eine Tat zugrunde liegt.
Entgegen der weiteren Ansicht der Oberstaatsanwaltschaft liegt aber der besondere Erschwerungsgrund des § 33 Abs 2 Z 1 zweiter Fall StGB nicht vor, weil aufgrund der Feststellungen des Erstgerichts, wonach das Opfer am Parkplatz in ** aus ihrem Fahrzeug ausstieg und in weiterer Folge das Fahrzeug verriegelte, da sich darin die gemeinsame Tochter befand und der Angeklagte die inkriminierte Äußerung sodann vor dem Fahrzeug gegenüber dem Opfer ausstieß, trotz der Angaben der Zeugin B* in der Hauptverhandlung, wonach ihre Tochter im Auto gesessen und es sehr laut gewesen sei und die Tochter das alles mitbekommen habe (ON 11, 5), nicht mit einer im Strafverfahren notwendigen Sicherheit festgestellt werden kann, dass die verbale Drohung des Angeklagten für die im verschlossenen Auto sitzende gemeinsame zweijährige Tochter tatsächlich wahrnehmbar war.
Ausgehend von den geringfügig korrigierten, ansonsten aber zutreffenden, vollständigen und vom Berufungswerber nicht kritisierten Strafzumessungsgründen des Erstgerichts sowie unter weiterer Berücksichtigung allgemeiner Strafbemessungskriterien nach § 32 StGB und der Strafbefugnis (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen) ist die vom Erstgericht über den Berufungswerber verhängte Freiheitsstrafe von drei Monaten, die damit den Strafrahmen ohnehin nur zu einem Viertel ausschöpft, vor allem mit Blick auf die drei einschlägigen Vorstrafen keinesfalls zu streng, sondern ohnehin äußerst moderat ausgefallen. Das Oberlandesgericht sah sich daher zu einer Herabsetzung nicht veranlasst. Weil über den Berufungswerber schon zweimal Geldstrafen und insgesamt dreimal Freiheitsstrafen verhängt wurden und er vor der nunmehrigen Tat bereits einmal eine Freiheitsstrafe bis zu seiner bedingten Entlassung teilweise verbüßt hatte, erfordert die Spezialprävention die Verhängung einer Freiheitsstrafe und reicht demgegenüber die neuerliche Verhängung einer (alternativ angedrohten) Geldstrafe nicht mehr aus, um ihn in Hinkunft von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten. Dasselbe trifft auf eine bedingte Strafnachsicht nach § 43 Abs 1 StGB zu, weil nur der Ausspruch einer unbedingten Freiheitsstrafe spezialpräventiven Erfordernissen genügt.
Berechtigung kommt hingegen der Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche zu.
Die Privatbeteiligte bezifferte ihr Begehren in der Hauptverhandlung mit EUR 150,-- zzgl 4 % Zinsen ab 23.5.2025, legte eine Bestätigung über Termine beim D* vor (vgl Beilage ./I) und führte durch ihre Vertreterin zum Begehren lediglich aus, sie habe die Beratungen im Zusammenhang mit dem Vorfall in Anspruch nehmen müssen (ON 11, 5). Auch in der Berufungsverhandlung erfolgte im Übrigen keine Klarstellung, weshalb der Geldbetrag samt Zinsen gefordert wird.
Soweit daher das Erstgericht konstatierte, B* seien aufgrund der von ihr in Anspruch genommenen Beratungsleistungen „Kosten in nicht feststellbarer Höhe (Fahrtkosten, Zeitverlust, Telefonkosten)“ entstanden, entfernt es sich vom Vorbringen der Privatbeteiligten, die Derartiges nie behauptete.
Dass die Privatbeteiligte im Übrigen aufgrund der Tat eine psychische Beeinträchtigung mit Krankheitswert erlitten hätte, behauptet sie ebenfalls nicht und ergeben sich dafür auch keine Anhaltspunkte aus dem Akt. Aus der Terminbestätigung des D* vom 6.5.2025 (Beilage ./I) ergibt sich vielmehr, dass die Beratungen schon seit 16.4.2024 und zum Thema „Kontaktrecht/Umgang mit dem Kindesvater“ erfolgten, weshalb sich auch daraus keine tatkausale Behandlung einer krankheitswertigen psychischen Beeinträchtigung ergibt.
Ausgehend davon war (letztlich lediglich) der Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche (im Ergebnis) Folge zu geben und die Privatbeteiligte mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg zu verweisen (§ 366 Abs 2 zweiter Satz StPO).
Die Kostenentscheidung ist Folge des Ausgangs des Berufungsverfahrens. Sie gründet in der angeführten Gesetzesstelle.
Zur Beschwerde:
Der einschlägige und unter anderem auch gegen dasselbe Opfer gerichtete Rückfall innerhalb der offenen Probezeit zu ** des Landesgerichts Feldkirch erfordert trotz des Berichts der - zu ** des Landesgerichts Feldkirch (Anmerkung des Oberlandesgerichts: Der Beschwerdeführer verbüßte von 10.3.2025 bis zur bedingten Entlassung zum Hälftestichtag am 10.7.2025 eine Strafhaft von acht Monaten zu ** des Landesgerichts Feldkirch) angeordneten - Bewährungshilfe vom 9.9.2025 zusätzlich zur nunmehr verhängten Freiheitsstrafe den Widerruf der bedingten Strafnachsicht betreffend die dreimonatige Freiheitsstrafe (der im genannten Verfahren verhängten Strafenkombination nach § 43a Abs 2 StGB), um den Beschwerdeführer in Hinkunft von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten (§ 53 Abs 1 StGB).
Die Beschwerde musste daher erfolglos bleiben.
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