Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Richter Mag. Redtenbacher als Vorsitzenden, den Richter Mag. Wieland sowie die Richterin Mag a. Schwingenschuh in der Strafsache gegen A* und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB, über die Berufung des Angeklagten A* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 7. Juli 2025, GZ **-57, nach der am 7. November 2025 in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Dr. Kirschenhofer, des Angeklagten A* und seiner Verteidigerin Mag a . Pichler, durchgeführten öffentlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A* – soweit hier relevant – des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 23. April 2025 in ** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit B* und weiteren bislang unbekannten Tätern den C* schwer am Körper zu verletzen versucht, indem sie ihm wuchtige Tritte und Schläge in den Kopf-, Nacken- und Gesichtsbereich versetzten.
A* wurde hiefür in Anwendung des § 5 Z 4 JGG nach § 84 Abs 4 StGB zu zwölf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt sowie zum Kostenersatz verpflichtet (§ 389 Abs 1 StPO). Mit gleichzeitig gefassten Beschluss sah das Erstgericht zu den Verfahren AZ ** und AZ **, jeweils des Landesgerichts für Strafsachen Graz, vom Widerruf der bedingten Strafnachsichten ab.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Angeklagten (ON 65) wegen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 5 iVm § 489 Abs 1 erster Satz StPO) und wegen der Aussprüche über die Schuld und die Strafe (§ 464 Z 2 erster und zweiter Fall iVm § 489 Abs 1 erster Satz StPO).
Dem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu.
Zur Reihenfolge bei der Behandlung der Berufungspunkte und Nichtigkeitsgründe ist voranzustellen, dass eine wegen des Ausspruchs über die Schuld erhobene Berufung einer Rüge wegen der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO iVm § 489 Abs 1 erster Satz StPO nachgeht ( Ratz in WK-StPO § 476 Rz 9).
In Bezug auf alle fünf Fehlerkategorien ist die Mängelrüge nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (11 Os 53/07i, SSt 2007/68; RIS-Justiz RS0119370). Diesem Kriterium wird die nominell einen inneren Widerspruch und offenbar unzureichende Begründung behauptende Mängelrüge großteils nicht gerecht. Zum übrigen Teil sei erwidert:
Der Ausspruch über entscheidende Tatsachen ist nur dann im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 dritter Fall StPO mit sich selbst im Widerspruch, wenn entweder zwischen den Feststellungen (in den Entscheidungsgründen) und deren zusammenfassender Wiedergabe im Urteilsspruch oder zwischen zwei oder mehreren Feststellungen (in den Entscheidungsgründen) oder zwischen Feststellungen und den dazu in der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen oder zwischen in der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen ein Widerspruch besteht (RIS-Justiz RS0119089). Der behauptete Widerspruch (Z 5 dritter Fall) besteht jedoch nicht, wenn Feststellungen (hier das im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit B* und weiteren bislang unbekannten Tätern erfolgte Versetzen von wuchtigen Tritten und Schlägen gegen den den Kopf-, Nacken- und Gesichtsbereich des C*) in einem – vermeintlichen – Widerspruch zu einzelnen Verfahrensergebnissen (hier den Angaben der Zeugen C*, D* und des weiteren unmittelbaren Täters B*) oder deren Interpretation durch den Berufungswerber stehen (RIS-Justiz RS0119089 [T7]).
Die relevierte tatrichterliche Beurteilung der Überzeugungskraft von Personalbeweisen (also die Glaubhaftigkeit der Angaben von Zeugen und Angeklagten) kann nicht mit Mängelrüge als offenbar unzureichend begründet bekämpft werden (zur Anfechtungsmöglichkeit RIS-Justiz RS0106588 [T13]). Auch der „Zweifelsgrundsatz“ (in dubio pro reo) kann niemals Gegenstand des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO sein (RIS-Justiz RS0102162). Schließlich hat das Erstgericht – entgegen den Berufungsausführungen – auch die leugnende Verantwortung des Angeklagten mit eingehender Begründung als unglaubwürdig verworfen (US 8).
Auch die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld hat keinen Erfolg.
Gegen die vom Erstgericht festgestellten schulderheblichen Tatsachen und die dazu angestellte Beweiswürdigung bestehen keine Bedenken (zum Prüfungsumfang des Berufungsgerichts RIS-Justiz RS0132299; Ratzin WK StPO § 476 Rz 7/1).
Das Erstgericht hat sämtliche relevanten Beweismittel vollständig ausgeschöpft und eine an allgemeinen Erfahrungssätzen und den Denkgesetzen der Logik orientierte Beweiswürdigung vorgenommen. So hat es alle für und wider den Berufungswerber sprechenden Beweisergebnisse, wie auch dessen leugnende Verantwortung, einer nachvollziehbaren, widerspruchsfreien und der Lebenserfahrung entsprechenden Würdigung unterzogen und mit schlüssiger Begründung – der sich das Berufungsgericht im Rahmen der Prüfung der Beweise anschließt – dargelegt, wie es zu den entscheidenden Feststellungen gelangte. Lebensnah ist fallbezogen auch die erstgerichtliche Ableitung der subjektiven Tatseite aus dem äußeren Geschehen. Ohnedies ist der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wissen oder Wollen bei – wie hier – leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0098671 und RS0116882; Fabrizy/Kirchbacher, StPO 14§ 258 Rz 5/2). Dem Berufungswerber gelingt es nicht, daran Bedenken auszulösen, indem er zusammen gefasst – unter isolierter Betrachtung einzelner Verfahrensergebnisse und Außerachtlassung der gesamten erstrichterlichen Beweiswürdigung zu den einzelnen genannten Personalbeweisen – darauf verweist, dass in der Hauptverhandlung keine der einvernommenen Personen gesicherte Wahrnehmungen zu seinen Tathandlungen wiedergeben konnte. Dabei verkennt er, dass – mit Bezug auf die unterschiedlichen Deponate des Mitangeklagten B* – schon dem grundsätzlichen Argument nicht gefolgt werden kann, eine unter „Wahrheitspflicht in der Hauptverhandlung getätigte Aussage“ habe „höheres Gewicht als frühere, widerrufene Angaben“. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass B* auch in der Hauptverhandlung nach § 245 StPO als Angeklagter einvernommen wurde und dementsprechend keine Rechtspflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage bestand. Darüber hinaus setzte sich das Erstgericht mit den relevierten Deponaten der Zeugen C*, D* und E* samt darin enthaltenen Abweichungen auch unter Berücksichtigung einer zur Tatzeit bestehenden Alkoholisierung nachvollziehbar und schlüssig auseinander. Im Ergebnis vermag daher die Berufung des Angeklagten weder bei isolierter noch bei gesamthafter Betrachtung die ausgewogene und intersubjektiv überzeugende Beweiswürdigung des Erstgerichts zu erschüttern.
Ausgehend von den solcherart unbedenklichen Feststellung erfolgte die Subsumtion unter den Tatbestand des § 84 Abs 4 StGB rechtskonform.
Strafnormierend ist – in Anwendung des § 5 Z 4 JGG – § 84 Abs 4 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu zweieinhalb Jahren. Erschwerend ist, dass der Angeklagte bereits zweimal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten (Delikte gegen Leib und Leben) verurteilt worden ist (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB). Schuldaggravierend ist weiters die Tatbegehung in Gesellschaft (RIS-Justiz RS0118773) und während zwei offener Probezeiten (RIS-Justiz RS0090597, RS0090954 [T1] und RS0090969 [T13, T16]) und anhängigem Strafverfahren (vgl Pos 5 der Strafregisterauskunft) sowie der rasche Rückfall durch Tatbegehung weniger als drei Monate nach einer Verurteilung und dem Vollzug einer Freiheitsstrafe (Pos 4 der Strafregisterauskunft). Mildernd ist hingegen, dass es beim Versuch blieb (§ 34 Abs 1 Z 13 zweiter Fall StGB). Allerdings setzt das Gesetz bei einer bloß versuchten Tat den Nichteintritt eines Schadens voraus (RIS-Justiz RS0091302 [T3]), weshalb die vom Opfer erlittene (leichte) Verletzung (vgl US 5) nach § 32 Abs 3 StGB beachtlich ist und die mildernde Wirkung des Versuchs abschwächt (vgl RIS-Justiz RS0091271 [T2]; Riffel, WK² StGB § 34 Rz 31).
Unter Zugrundelegung dieser Strafzumessungstatsachen und der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung ist die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe von zwölf Monaten tat und schuldangemessen. Für die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht bleibt kein Raum. Auch mit Blick auf das relativ geringe Alter des Angeklagten zeigt sich vor dem Hintergrund bislang durchwegs frustrierter Versuche, ihn auf andere Art und Weise von neuerlicher Straffälligkeit abzuhalten, die Notwendigkeit des Verspürens eines zwölfmonatigen Freiheitsentzugs.
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden