Der Oberste Gerichtshof hat am 19. November 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. MichelKwapinski und Dr. Sadoghi sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel und Dr. Farkas in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Strubreiter als Schriftführerin in der Strafsache gegen * E* wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 27. Mai 2025, GZ 22 Hv 7/25g-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde* E* des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
[2]Danach hat er am 14. Oktober 2024 in N* * T* außer dem Fall des § 201 StGB mit Gewalt zur Duldung einer geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er sie festhielt und ihre Brüste berührte.
[3]Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die nicht berechtigt ist.
[4] Die Tatsachenrüge (Z 5a) soll nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Rügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RISJustiz RS0118780).
[5] Mit seiner Interpretation der Aussagen des Angeklagten, des Opfers und von Kontrollzeugen, daran anknüpfenden eigenen Beweiswertüberlegungen und mit der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz (vgl aber RISJustiz RS0102162) gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken im bezeichneten Sinn gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen zu wecken.
[6]Die Sanktionsrüge wendet sich gegen die erschwerende Wertung der Begehung einer vorsätzlichen strafbaren Handlung nach dem zehnten Abschnitt des Besonderen Teils des StGB als Volljähriger gegen eine minderjährige Person (§ 33 Abs 2 Z 1 erster Fall StGB; US 12). Sie bringt vor, das Schöffengericht habe keine Feststellungen zum Vorsatz des Beschwerdeführers im Hinblick auf das Alter des Opfers getroffen (inhaltlich Z 11 zweiter Fall).
[7] Offenbar unrichtig im Sinn dieser Anfechtungskategorie ist nur die grobe Verkennung gesetzlicher Vorgaben bei der Strafbemessung (vgl Ratz , WKStPO § 281 Rz 676 f), also die unzutreffende Heranziehung dafür irrelevanter Umstände, nicht aber ein allfälliger Irrtum bei der Einordnung als allgemeiner oder besonderer Strafzumessungsgrund (vgl RISJustiz RS0100061 [insb T8]).
[8]Gemäß § 33 Abs 2 Z 1 erster Fall StGB idF GeSchG 2019, BGBl I 2019/105, ist es ein besonderer Erschwerungsgrund, wenn ein volljähriger Täter eine strafbare Handlung der in § 33 Abs 2 StGB genannten Art gegen eine minderjährige Person begangen hat. Der Gesetzgeber brachte in den Materialien zu dieser mehrfach angepassten Bestimmung unmissverständlich zum Ausdruck, dass die darin erwähnten Opfer als besonders schutzwürdig anzusehen sind und er der dort genannten Delinquenz einen erhöhten Unwert beimisst (vgl bereits ErläutRV 1505 BlgNR 24. GP 3 f; AB 1526 BlgNR 24. GP 1 f; IA 970/A BlgNR 26. GP 33 f).
[9]Dass ein gesteigerter Unwert nicht bereits durch die Begehung solcher strafbarer Handlungen gegen eine minderjährige Person verwirklicht würde, sondern zwingend von der Feststellung eines darauf gerichteten Vorsatzes des Täters abhängen sollte, ist weder dem Gesetzestext (der insoweit auch keine Begriffe mit subjektiven Elementen wie „Ausnützung“ oder „Missbrauch“ enthält – anders zB § 33 Abs 1 Z 7, Abs 2 Z 3 und 4 StGB [vgl ErläutRV 689 BlgNR 25. GP 10; 12 Os 7/04; RIS-Justiz RS0116032 [T2]) noch den Materialien zu entnehmen.
[10]Ferner ermöglichen auch die allgemeinen Strafbemessungsgrundsätze (§ 32 Abs 2 und 3 StGB) oder andere besondere Strafzumessungsgründe (§§ 33 f StGB) die Berücksichtigung bestimmter objektiv vorliegender, etwa das Gewicht der verschuldeten Tat beeinflussender Umstände zum Vor- oder Nachteil des Täters (vgl ErläutRV 30 BlgNR 13. GP 122 ff; RIS-Justiz RS0090678, RS0091384).
[11]Danach kann keine Rede davon sein, dass die Begehung einer Sexualstraftat als Volljähriger gegen eine minderjährige Person nach dem Gesetz für die Strafzumessungsschuld nur relevant wäre, wenn ein auf die Minderjährigkeit bezogener Vorsatz des Täters festgestellt würde. Vielmehr betrifft diese Konstellation auch ohne derartige Feststellungen das für die Strafbemessung bedeutsame (vgl RIS-Justiz RS0090678; Riffelin WK² StGB § 32 Rz 95) objektive Gewicht der verschuldeten Tat und kann bei dessen Bewertung veranschlagt werden. Die behauptete Nichtigkeit liegt somit nicht vor.
[12]Das weitere Vorbringen, der Beschwerdeführer sei vom Schöffengericht zu einem altersbezogenen Vorsatz nicht befragt worden, weist keinen Bezug zu einem der in § 281 Abs 1 Z 11 StPO genannten Fälle auf (vgl RISJustiz RS0099869 [insb T10, T11]).
[13]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[14]Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
[15]Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden