Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätin sowie die Hofräte Dr. Weber, Mag. Fitz, Mag. Jelinek und MMag. Dr. Dobler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, Linke Wienzeile 18, 1060 Wien, vertreten durch Mag. Matthias Strohmayer, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei U* AG, *, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. Jänner 2025, GZ 4 R 128/24h-22, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 27. Mai 2024, GZ 57 Cg 43/23h-16, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.639,40 EUR (darin enthalten 439,90 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] DerKläger ist ein zur Verbandsklage nach § 29 Abs 1 KSchG berechtigter Verband.
[2] Die Beklagte bietet österreichischen Kunden (Verbrauchern) regelmäßig Versicherungsverträge an. Die Vertragsabschlüsse erfolgen mit Verbrauchern im Massengeschäft. Die Beklagte hat für ihre Kunden „m*“ eingerichtet, bei dem es sich um ein Kundenbindungsprogramm handelt. M* erfordert bestimmte Voraussetzungen für die Teilnahme und bietet dem Kunden im Gegenzug Begünstigungen, wie einen m* Bonus bei Schadenfreiheit während des Kalenderjahres in der Höhe von 5 % (unter 26 Jahren: 10 %) der Prämien aus Schaden-/Unfallversicherungsverträgen.
[3] Bereits vor Einrichtung von m* hatte die Beklagte für ihre Kunden den Vorteilsclub „Q*Partnerschaft“ eingerichtet, der für Schadenfreiheit einen Bonus in derselben Prozentsatzhöhe zu im wesentlichen gleichen Voraussetzungen wie m* vorsah, mit Ausnahme der Voraussetzungen der Zustimmung zur elektronischen Kommunikation, dem elektronischen Postfach und dem Prämienerfordernis. Die Q*Partnerschaft wurde von der Beklagten gegenüber ihren Kunden im Jahr 2022 mit Schreiben folgenden Inhalts beendet:
„ Sehr geehrter ...
Gerne schicken wir Ihnen ein letztes Mal die Jahresinformation zu Ihrer U* Q*partnerschaft. Der neue Vorteilsclub ist M*, er löst die U* Q*partnerschaft ab, die wir daher mit 30. Juni 2022 beenden. ...
Wir freuen uns auf Sie im neuen Vorteilsclub M*. “
[4] Der Abschluss von m* erfolgt getrennt vom Abschluss der Versicherungsverträge und den dort getroffenen Prämienvereinbarungen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen m* (in Folge „AGB“) stammen vom November 2022 sowie davor in der im Wesentlichen gleichlautenden Fassung von März 2022, die unter anderem folgende Klauseln beinhalten:
„ 1. Was ist m*?
m* ist ein Vorteilsclub für Kunden der U* Versicherungen AG (Kurzbezeichnung: U*), die unter der Marke 'U*' vertriebene Versicherungsverträge halten. Jeder m* Kunde erhält ein m* Gutschriftkonto. Auf diesem Konto können Gutschriften je nach aktuellem Angebot angesammelt und eingelöst werden.
2. Wie lauten die Teilnahmevoraussetzungen?
2.1. Der Kunde muss sich auf dem Kundenportal m* registriert haben und zum elektronischen Postfach angemeldet sein. [Klausel 1]
[…]
2.7. Ehemalige Q*- und E*Partner
(im Folgenden 'Q*- oder E*Partner'):
Kunden, welche die in den Punkten 2.2. bis 2.6. genannten Teilnahmevoraussetzungen nicht erfüllen, aber zum 30.6.2021 eine aufrechte Q*Partnerschaft oder E*Partnerschaft von U* halten, können ab 1.7.2022 ebenfalls m* beitreten. Für den m* Bonus der Q*- oder E*Partner gelten die Sonderbestimmungen in Punkt 6.2.4. Sobald die Q*- oder E*Partner, die in den Punkten 2.2. bis 2.6. genannten Teilnahmevoraussetzungen erfüllen, steht es ihnen frei, einen Antrag auf Teilnahme unter einer der dort genannten Kundengruppen zu stellen.
[…]
3. Wie und wann wird m*beendet?
[…]
3.2. U* kann m* zu jedem Monatsletzten unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 12 Wochen in geschriebener Form kündigen. [Klausel 3]
3.3. Die Teilnahme endet mit dem Zeitpunkt, ab dem die unter Punkt 2.1. geregelten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt werden oder der Kunde einer Herabsetzung des m* Bonus unter den Voraussetzungen des Punktes 8.2. widerspricht. [Klausel 2]
[…]
6. m* Bonus
6.1. Voraussetzungen für den Anspruch:
[…]
• Schadenfreiheit bedeutet, dass es im jeweiligen Jahr entweder keinen Versicherungsfall oder nur eine oder mehrere der folgenden Leistungen aus einem Versicherungsfall gab:
[…]
6.2. Höhe und Bemessungsgrundlage:
Die Höhe des m* Bonus wird als Prozentsatz der Bemessungsgrundlage berechnet, sofern die Bemessungsgrundlage eine bestimmte Schwelle überschreitet. [...]
6.2.1. Für Privatkunden, die am 31.12. des jeweiligen Jahres unter 26 Jahre alt sind, gilt:
• Der m* Bonus beträgt 10 % der Bemessungsgrundlage.
[...]
6.2.2. Für Privatkunden, die am 31.12. des jeweiligen Jahres mindestens 26 Jahre alt sind, gilt:
• Der m* Bonus beträgt 5 % der Bemessungsgrundlage.
[…]
Der m* Bonus ist für alle Kundenkategorien mit einem Maximum von 600 Euro pro Kalenderjahr begrenzt. [...]
Gutschriften aus dem m* Bonus können teilweise oder zur Gänze nach Wahl des Kunden entweder
• in einen m* Prämiengutschein in Höhe von maximal einer Jahresbruttoprämie umgewandelt werden, für den die Regeln in Punkt 7 gelten, oder
• als Barbetrag auf das vom Kunden angegebene Bankkonto überwiesen werden.
[…]
8. Änderung der Geschäftsbedingungen
[…]
8.2. U* darf den Prozentsatz der Höhe des m* Bonus in Punkt 6.2 pro Kalenderjahr um maximal 1 % im Vergleich zu dem im Vorjahr gewährten Prozentsatz absenken.
U* wird dem Kunden die beabsichtigte Herabsetzung durch Mitteilung in sein Kundenportal m* zur Kenntnis bringen und ihn darauf hinweisen, dass die Herabsetzung in Kraft tritt, wenn er ihr nicht binnen 12 Wochen widerspricht. Der Widerspruch des Kunden gilt als Beendigungsgrund (Punkt 3.3.). [Klausel 4]
[…]“
[5] Voraussetzung zur Anmeldung zum elektronischen Postfach ist die Zustimmung zur elektronischen Kommunikation, die online gesondert erfolgen muss.
[6] Bei einem Kunden mit einer Prämie von 600 EUR in der Sachversicherung und 600 EUR in der Personenversicherung mit vier Verträgen ergeben sich für die Beklagte bei m* Ersparnisse in der Kategorie elektronisches Postfach in Höhe von durchschnittlich 30 EUR in drei Jahren, bei Prämien von jeweils 1.000 EUR von durchschnittlich 45 EUR in drei Jahren.
[7] Der Kläger begehrt, der Beklagten die Verwendung der Klauseln 1 bis 4 oder sinngleicher Klauseln und die Berufung darauf zu untersagen, wenn für die Anmeldung zum elektronischen Postfach die Zustimmung der Kunden zur elektronischen Kommunikation erforderlich ist, und ihm die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung zu erteilen. Die Klauseln verstießen gegen gesetzliche Bestimmungen, gegen die guten Sitten und gegen das Transparenzgebot.
[8] Die Beklagte beantragt Klageabweisung, verteidigte die beanstandeten Klauseln als rechtskonform und wendete sich gegen das Veröffentlichungsbegehren.
[9] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, verpflichtete die Beklagte zur Unterlassung der Verwendung aller angeführten Klauseln binnen drei Monaten sowie zur Veröffentlichung des Urteils auf ihrer Website. Weiters ermächtigte es den Kläger zur Veröffentlichung des Urteils in einer Tageszeitung.
[10] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten keine Folge.
[11] Es ließ die ordentliche Revision zu, weil es auch Klauseln zu beurteilen gehabt habe, zu denen noch keine (explizite) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege, diese aber regelmäßig einen großen Personenkreis beträfen.
[12] In ihrer dagegen gerichteten Revision beantragt die Beklagte die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer Klageabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt; wiederum hilfsweise beantragt sie, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass die Verwendung sowie das Sich-Berufen auf die Klauseln binnen sechs Monaten zu unterlassen ist.
[13] Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.
[14] Die Revision ist zulässig , jedoch nicht berechtigt .
I. Allgemeines
Für sämtliche Klauseln sind folgende Grundsätze im Verbandsprozess maßgeblich:
[15]1. Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt. Das dadurch geschaffene bewegliche System berücksichtigt einerseits die objektive Äquivalenzstörung und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit“ (RS0016914). Ein Abweichen vom dispositiven Recht kann unter Umständen schon dann eine „gröbliche“ Benachteiligung des Vertragspartners sein, wenn sich für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung ergibt. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht, wenn also keine sachlich berechtigte Abweichung von der für den Durchschnittsfall getroffenen Norm des nachgiebigen Rechts vorliegt (RS0016914 [T3, T4, T6]). Die Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner gröblich benachteiligt, orientiert sich am dispositiven Recht, das als Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs für den Durchschnittsfall gilt (RS0014676 [T7, T13, T43]). Liegt kein dispositives Recht vor, kommt es auf das Vorliegen einer übermäßigen, leicht erkennbaren Äquivalenzstörung an, die nicht durch die besonderen Umstände des Falls gerechtfertigt ist (9 Ob 8/18v; 5 Ob 110/22w; 5 Ob 169/22x).
[16]2. Gemäß § 6 Abs 2 Z 3 KSchG sind für den Verbraucher nicht einzeln ausgehandelte Vertragsbestimmungen unverbindlich, wonach der Unternehmer eine von ihm zu erbringende Leistung einseitig ändern oder von ihr abweichen kann, es sei denn, die Änderung bzw Abweichung ist dem Verbraucher zumutbar, besonders weil sie geringfügig und sachlich gerechtfertigt ist. Diese Regelung dient der Sicherung der Vertragstreue des Unternehmers und schützt das Vertrauen des Verbrauchers in die vertragliche Zusage seines Partners (RS0128730). Es soll verhindert werden, dass sich der Unternehmer das Recht auf weitgehende, den Interessen des Verbrauchers widersprechende, einseitige Leistungsänderungen vorbehält. Umfassende und vage Änderungsklauseln indizieren daher eine Unzumutbarkeit. Die Vorbehalte müssten, damit sie rechtswirksam bleiben, möglichst genau umschrieben und konkretisiert sein (RS0111807). Einseitige Leistungsänderungen müssen durch ein gerechtfertigtes Interesse des Unternehmers legitimiert sein. Besonderheiten des Leistungsgegenstands müssen die Änderung unvermeidlich machen. Die Änderungen dürfen die subjektive Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung nicht merklich stören (8 Ob 106/20a Rz 69 mwN).
[17]3. Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Das Transparenzgebot soll es dem Kunden ermöglichen, sich aus den AGB oder Vertragsbestandteilen zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren (RS0115217 [T41]). Das Transparenzgebot begnügt sich nicht mit formeller Textverständlichkeit, sondern verlangt, dass Inhalt und Tragweite vorgefasster Vertragsklauseln für den Verbraucher „durchschaubar“ sind (RS0122169). Mit dem Verbandsprozess soll nicht nur das Verbot von gesetzwidrigen Klauseln erreicht, sondern es sollen auch jene Klauseln beseitigt werden, die dem Verbraucher ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild seiner vertraglichen Position oder ein unrichtiges Bild der Rechtslage vermitteln (RS0115219 [T14, T21]; RS0121951 [T4]). Daraus kann eine Pflicht zur Vollständigkeit folgen, wenn die Auswirkungen einer Klausel für den Kunden andernfalls unklar bleiben (RS0115219). Einzelwirkungen des Transparenzgebots sind das Gebot der Erkennbarkeit und Verständlichkeit, das Gebot, den anderen Vertragsteil auf bestimmte Rechtsfolgen hinzuweisen, das Bestimmtheitsgebot, das Gebot der Differenzierung, das Richtigkeitsgebot und das Gebot der Vollständigkeit (RS0115217 [T12]).
[18]4. Im Verbandsprozess nach § 28 KSchG hat die Auslegung der Klauseln im „kundenfeindlichsten“ Sinn zu erfolgen (RS0016590). Auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Klausel kann nicht Rücksicht genommen werden, weil eine geltungserhaltende Reduktion im Verbandsprozess nicht möglich ist (RS0038205 [insb T20]). Auf die tatsächliche Geschäftsabwicklung bzw praktische Handhabung von Klauseln kommt es im Verbandsprozess nicht an (RS0121943 [T1]; RS0121726 [T4]).
II. Zu den einzelnen Klauseln
1. Klausel 1 (Art 2.1 AGB)
1.1 „ Der Kunde muss sich auf dem Kundenportal m* registriert haben und zum elektronischen Postfach angemeldet sein. “
[19] 1.2 Das Erstgerichtführte aus, die Klausel verstoße gegen § 5a Abs 1 VersVG und sei daher unwirksam. Zudem sei sie gröblich benachteiligend, weil sie den Erhalt des Schadenfreibonus ohne sachliche Rechtfertigung an eine Zustimmung zur elektronischen Kommunikation knüpfe.
[20] Das Berufungsgericht schloss sich der Beurteilung des Erstgerichts an und beurteilte die Klausel ebenfalls als gröblich benachteiligend.
[21] Die Beklagte bringt in der Revisionvor, die Vereinbarung zur Teilnahme am Kundenbindungsprogramm erfolge separat vom Abschluss des Versicherungsvertrags und der dort getroffenen Prämienvereinbarung. Kein Kunde müsse in die elektronische Kommunikation einwilligen, um einen Versicherungsvertrag mit der Beklagten abzuschließen und kein Kunde zahle eine höhere Versicherungsprämie, wenn er sich gegen die elektronische Kommunikation entscheide. § 5a Abs 1 VersVG verlange keine sachliche Rechtfertigung für eine Begünstigung von Kunden im Rahmen eines Kundenbindungsprogramms. Ein Anspruch auf die Teilnahme an einem Kundenbindungsprogramm bestehe nicht. Der Gesetzgeber des VersRÄG 2012 habe trotz entsprechender Wünsche von mehreren Stellen den Grundsatz der Kostenneutralität der gewählten Kommunikationsform nicht festgeschrieben. Die objektiv-teleologische Auslegung des § 5a Abs 1 VersVG spreche für die Zulässigkeit positiver Anreize zur elektronischen Kommunikation.
[22] Eine gröbliche Benachteiligung könne nicht vorliegen, weil die Beklagte im Rahmen des Kundenbindungsprogramms den Kunden nur Vorteile gewähre, für die der Kunde keine geldwerte Gegenleistung erbringe.
[23]1.3 § 5a VersVG enthält Rechtsvorschriften, die in den Anwendungsbereich der RL 2016/97/EU über Versicherungsvertrieb fallen ( Grubmann, VersVG 9 § 5a Anm 2).
[24]Gemäß § 5a Abs 1 VersVG bedarf die Vereinbarung der elektronischen Kommunikation der ausdrücklichen Zustimmung des Versicherungsnehmers, die gesondert erklärt werden muss. Sie kann von jeder der Vertragsparteien jederzeit widerrufen werden. Auf dieses Recht ist der Versicherungsnehmer vor Einholung seiner Zustimmung hinzuweisen. Nach § 15a Abs 1 VersVG kann sich der Versicherer auf eine Vereinbarung nicht berufen, die von der Vorschrift des § 5a VersVG zum Nachteil des Versicherungsnehmers abweicht.
[25]Ob der Versicherer für die postalische Übermittlung eine Gebühr verlangen darf oder alle Zustellungsarten kostenneutral sein müssen, ist dem Wortlaut des § 5a VersVG nicht zu entnehmen und in der Literatur strittig (gegen zwingende Kostenneutralität Cap , Die Neuerungen des Versicherungsrechts-Änderungsgesetzes 2012, ÖJZ 1/2013 [17]; dafür mit Verweis auf die „freie Wahl“ des Versicherungsnehmers Fenyves in Fenyves/Perner/Riedler, VersVG zu § 5a VersVG Rz 9 mwN; Fenyves , Elektronische Kommunikation und Rücktrittsrecht des Versicherungsnehmers nach dem VersRÄG 2012, VR 5/12 [28]; Blaschek , Chancen, Risiken und Versäumnisse des neuen Entwurfs zum VersRÄG 2011 aus Konsumentenpolitischer Sicht, VR 7-8/11 [38]; Korinek , VersRÄG 2012 elektronische Kommunikation und Aufsichtsrecht, VR 10/12 [35]; offen lassend Ramharter , Die elektronische Kommunikation im Versicherungsrecht nach dem VersRÄG 2012, Zak 226 [228]; Gruber , Das Versicherungsrechts-Änderungsgesetz (VersRÄG) 2012, ZFR 2012, 150 [151]).
[26]1.3.1 Zu 6 Ob 16/01y wurde ausgesprochen, dass sogenannte Loyalitätsprogramme, bei denen dem Kunden bestimmte Leistungen „zusätzlich“ oder „gratis“ zugesagt werden, in das vertragliche Austauschverhältnis rechtlich einzubeziehen sind, wenn sie zum Vertragsabschluss gerade mit dem Unternehmen oder zur vermehrten Inanspruchnahme der – entgeltlichen – Leistungen ermuntern sollen (RS0111807 [T1]).
[27] Die AGB stellen eine enge Verknüpfung mit den – wenn auch separat abgeschlossenen – Versicherungsverträgen her, zumal die Teilnahme an eine Mindestprämienhöhe geknüpft ist und der von der Beklagten zugesagte Bonus bei Schadenfreiheit – dh wenn es keinen Versicherungsfall oder nur im einzelnen angeführte Leistungen gab – in einem bestimmten Prozentsatz (5 % oder 10 %) der Prämienhöhe gewährt wird. Das Kundenbindungsprogramm stellt somit – zumindest auch – einen Anreiz zum Abschluss von (weiteren) Versicherungsverträgen mit der Beklagten dar, führt es doch im Ergebnis dazu, dass die Kunden bei Schadenfreiheit bis zu 10 % ihrer geleisteten Prämien gutgeschrieben erhalten. Ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer wird zwar – worauf die Beklagte zutreffend verweist – nicht ausschließlich in Hinblick auf den Bonus Verträge abschließen, für die er keinen Bedarf hat. Dass er aber durch den Bonus zum Abschluss von (weiteren) Versicherungsverträgen gerade mit der Beklagten motiviert werden soll, ist angesichts der Höhe der Gutschrift, die er in seine wirtschaftlichen Überlegungen beim Abschluss von Versicherungsverträgen einbezieht, nicht von der Hand zu weisen.
[28] Unabhängig vom getrennten Abschluss sind das Kundenbindungsprogramm und die in dessen Rahmen zugesagten Leistungen daher in das vertragliche Austauschverhältnis zwischen der Beklagten und ihren Versicherungsnehmern einzubeziehen.
[29]1.3.2 Ob es nach § 5a VersVG zulässig ist, dass der Versicherungsnehmer bei Zustimmung zur elektronischen Kommunikation eine dadurch bewirkte Ersparnis erhält, muss nicht beurteilt werden. Hier hat der Versicherungsnehmer, wenn er sich gegen die elektronische Kommunikation entscheidet, allein dadurch keine Möglichkeit einen Anspruch auf den Schadenfreibonus von bis zu 600 EUR pro Jahr zu erlangen. Diese Höhe übersteigt die nach den Feststellungen durch die Zustimmung zur elektronischen Kommunikation erwirkte Ersparnis der Beklagten erheblich.
[30] In welcher durchschnittlichen Höhe und Häufigkeit der Bonus tatsächlich zur Auszahlung gelangt, ist im Verbandsverfahren ohne Bedeutung.
[31]Damit verbleibt dem Versicherungsnehmer kein Wahlrecht hinsichtlich der bevorzugten Kommunikationsform, sondern ihm werden in kundenfeindlichster Sicht wirtschaftlich unverhältnismäßige Folgen für die Verweigerung der elektronischen Kommunikation auferlegt, weshalb ein Verstoß gegen § 5a Abs 1 VersVG vorliegt.
[32]1.3.3 Die in der Revision zitierten Entscheidungen 10 Ob 27/14i sowie Oulun Sähkönmyynti Oy/Energiavirasto ( C-294/18 ) des EuGH und IV ZR 215/12 des BGH, sprechen nicht gegen dieses Ergebnis:
[33] 1.3.3.1 Zu 10 Ob 27/14i wurde eine Klausel untersagt, die ein Bearbeitungsentgelt von 3 EUR bei einer Zahlung über Zahlschein oder Telebanking vorsah, weil sie gegen § 27 Abs 6 ZaDiG idF BGBl I Nr 66/2009verstieß. Dies steht mit der hier zu beurteilenden Klausel und den in § 5a VersVG geregelten Voraussetzungen für die elektronische Kommunikation in keinem Zusammenhang.
[34] 1.3.3.2 Die Entscheidung des BGH zu IV ZR 215/12 betraf die freie Anwaltswahl in der Rechtsschutzversicherung. Nach der dortigen Bedingungslage unterblieb eine Rückstufung, wenn ein Rechtsanwalt aus dem Kreis der vom Versicherer empfohlenen Rechtsanwälte beauftragt wurde. Wurde hingegen ein frei gewählter Anwalt beauftragt, war eine Rückstufung vorgesehen, die keine Auswirkung auf die Regulierung des aktuellen Versicherungsfalls hatte, sondern zu einem Selbstbehalt (oder dessen Erhöhung) um 150 EUR beim nächsten Versicherungsfall führte. Der finanzielle Anreiz bestand daher ausschließlich in einer Belastung mit 150 EUR für den Fall eines weiteren Schadeneintritts bevor neuerlich eine höhere Schadenfreiheitsklasse erreicht werden konnte, die wiederum zu einem Entfall des Selbstbehalts führte.
[35] Hier besteht der finanzielle Anreiz für die Zustimmung zur elektronischen Kommunikation hingegen in einem jährlich zu gewährenden Bonus von bis zu 600 EUR.
[36] 1.3.3.3 Zu C-294/18 hatte der EuGH zu beurteilen, ob ein Preisnachlass auf die Grundgebühr, der Endkunden gewährt wurde, die sich für die Zustellung der Energieverbrauchsabrechnungen auf elektronischem Wege entschieden haben, als eine tatsächliche, den anderen Endkunden vorgeschriebene Zahlung anzusehen ist.
[37] Abgesehen davon, dass auch in dieser Entscheidung eine grundsätzlich andere Frage zu beurteilen war, sprechen die darin angeführten wesentlichen Argumente gegen den Standpunkt der Beklagten, zumal der EuGH darauf abstellt, dass die Kunden, die sich gegen die Zustellung auf elektronischem Weg entschieden haben, auch nach Einführung des Preisnachlasses ihre Abrechnungen kostenfrei erhielten. Hier haben aber die Versicherungsnehmer der Beklagten, die nach der Umstellung des Kundenbindungsprogramms die Zustimmung zur elektronischen Kommunikation nicht erteilt haben, den ihnen zuvor im Rahmen der Q*- und E*Partnerschaft gewährten Anspruch auf den Schadenfreibonus verloren. Ihnen wird also eine Leistung, die sie bislang erhalten haben, mangels Zustimmung zur elektronischen Kommunikation verwehrt.
[38]1.4 Da die Klausel gegen den dem § 5a Abs 1 VersVG immanenten Grundsatz der Wahlfreiheit der Kommunikationsmittel verstößt, ist sie unzulässig.
[39] 1.5 Der Anregung der Beklagten auf Einleitung eines Vorabentscheidungsersuchens war nicht zu folgen, weil die von ihr relevierte Judikaturdivergenz nicht vorliegt, zumal die für die Entscheidung des BGH IV ZR 215/12 maßgeblichen Grundlagen gravierend von den hier zu beurteilenden abweichen.
2. Klausel 2 (Art 3.3 AGB)
2.1 „ Die Teilnahme endet mit dem Zeitpunkt, ab dem die unter Punkt 2.1. geregelten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt werden oder der Kunde einer Herabsetzung des m* Bonus unter den Voraussetzungen des Punktes 8.2. widerspricht. “
[40] 2.2 Nach dem Erstgerichtist die Klausel unzulässig, weil sie auf die unwirksame Klausel 1 verweise. Zudem bestehe die Unzulässigkeit aus den zu Klausel 1 angeführten Gründen. Außerdem verstoße die Klausel gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG, weil sie der Beklagten eine sachlich nicht gerechtfertigte Beendigung der Bonusvereinbarung ermögliche, welche bewirke, dass Kunden im Falle der Schadenfreiheit im Ergebnis eine höhere jährliche Gesamtbelastung treffe.
[41] Das Berufungsgericht führte aus, die Klausel 2 regle zwei unterschiedliche Konstellationen, in denen die Teilnahme ende, nämlich bei Nichterfüllung der Voraussetzungen nach Punkt 2.1. [Klausel 1] und Widerspruch des Kunden gegen die Mitteilung auf Herabsetzung nach Punkt 8.2. [Klausel 4]. Da ein Verweis auf unzulässige Bestimmungen im Klauselwerk zwingend die Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung selbst zur Folge habe und sowohl die Klausel 1 als auch 4 unzulässig seien, könnten beide Konstellationen gemeinsam als unzulässig beurteilt werden.
[42] Dagegen wendet sich die Revisionder Beklagten, in der sie vorbringt, die Klauseln 1 und 4 seien zulässig, die Klausel 2 verweise somit nicht auf unzulässige Bedingungen. Ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG scheide aus, weil es im Rahmen des Kundenbindungsprogramms zu einer Begünstigung des Versicherungsnehmers komme, die gänzlich unabhängig vom Abschluss des Versicherungsvertrags und der dort synallagmatisch vereinbarten Leistungen (Entgelt gegen Versicherungsschutz) sei. Ein etwaiger Wegfall der Begünstigung führe daher zu keiner Erhöhung des Entgelts.
[43]2.3 Wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, hat ein Verweis auf unzulässige Bestimmungen im Klauselwerk zwingend die Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung selbst zur Folge (RS0122040 [T31]).
[44] Da die Klauseln 1 und 4 unzulässig sind, muss daher auf die weiteren Punkte nicht mehr eingegangen werden.
3. Klausel 3 (Art 3.2 AGB)
3.1 „ U* kann m* zu jedem Monatsletzten unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 12 Wochen in geschriebener Form kündigen. “
[45] 3.2 Das Erstgerichtführte aus, die jederzeitige Möglichkeit zu kündigen stelle einen Verstoß gegen § 5a VersVG dar, weil es der Beklagten damit gestattet sei, die Bonusvereinbarung grundlos, sohin insbesondere im Fall des Widerrufs der Zustimmung zur elektronischen Kommunikation durch den Kunden zu beenden. Außerdem sei die Klausel aus den zu Klausel 1 angeführten Gründen auch gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.
[46] Das Berufungsgericht vertrat hingegen, dass zwar grundsätzlich mangels einer gegenteiligen Vereinbarung die freie Kündbarkeit eines nicht auf bestimmte Zeit eingegangenen Dauerschuldverhältnisses unter Setzung einer angemessenen Frist die Regel sei. Bei kundenfeindlichster Auslegung würde die Klausel der Beklagten aber die Möglichkeit eröffnen, m* mit Kunden, welche – auch im Hinblick auf den zu gewährenden Bonus – Versicherungsverträge mit entsprechend hohen Jahresprämien abgeschlossen haben, ohne jeglichen sachlichen Grund und unabhängig allfälliger Kündigungsmöglichkeiten der Versicherungsverträge umgehend zu kündigen.
[47] Die Beklagte bringt in der Revision vor, bei Abwägung der dem Kunden bzw der Beklagten zustehenden Rechtspositionen unter der m* Vereinbarung stehe das Recht der Beklagten, die einseitige Begünstigung jederzeit zu beenden, in keinem auffallenden, sachlich nicht gerechtfertigten Missverhältnis zur vergleichbaren Position des Kunden, der für diese einseitige Begünstigung keine geldwerte Leistung erbringe. Die entrichtenden Prämien der Versicherungsnehmer seien nicht „Gegenleistung“ für die Teilnahme am Kundenbindungsprogramm, sondern für den von der Beklagten gewährten Versicherungsschutz.
[48] 3.3 Wie bereits ausgeführt, ist das Kundenbindungsprogramm aufgrund des (ua) damit geschaffenen Anreizes, Versicherungsverträge mit der Beklagten abzuschließen, in das vertragliche Austauschverhältnis einzubeziehen, die Versicherungsverträge und das Kundenbindungsprogramm sind somit als Einheit zu betrachten.
[49] 3.3.1 Das in der Klausel 3 enthaltene Kündigungsrecht ist an keine Bedingungen geknüpft und ermöglicht es der Beklagten, das Kundenbindungsprogramm grundlos und unabhängig von den Versicherungsverträgen, in deren Austauschverhältnis es aber einbezogen ist, zu kündigen.
[50] 3.3.2 Eine Kündigung des Kundenbindungsprogramms führt zum Wegfall des Bonus und damit zu einer Änderung der von der Beklagten – hier im Fall der Schadenfreiheit – ihren Versicherungsnehmern zu erbringenden Leistung. Die Klausel gewährt der Beklagten somit in Hinblick auf die als Einheit zu betrachtende Gesamtvertragsbeziehung ein einseitiges Leistungsänderungsrecht, ohne die hierzu berechtigenden Gründe anzuführen. Eine sachliche Rechtfertigung für dieses einseitige Leistungsänderungsrecht ist nicht ersichtlich und wird von der Beklagten nicht aufgezeigt.
[51]3.3.3 Dass den Kunden selbst auch eine Kündigungsmöglichkeit eingeräumt wird, ändert nichts an der fehlenden Äquivalenz, ist doch für den Kunden mit der Kündigung allein der Verlust des Schadenfreibonus verbunden. Er wird daher davon in der Regel keinen Gebrauch machen. Da demgegenüber das Kündigungsrecht der Beklagten in ihr freies Ermessen gestellt wird, wird dieses zum Willkürakt (vgl 7 Ob 84/16b).
[52]3.3.4 Die Klausel verstößt gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB und ist unzulässig.
4. Klausel 4 (Art 8.2 AGB)
4.1 „ U* darf den Prozentsatz der Höhe des m* Bonus in Punkt 6.2 pro Kalenderjahr um maximal 1 % im Vergleich zu dem im Vorjahr gewährten Prozentsatz absenken.
U* wird dem Kunden die beabsichtigte Herabsetzung durch Mitteilung in sein Kundenportal m* zur Kenntnis bringen und ihn darauf hinweisen, dass die Herabsetzung in Kraft tritt, wenn er ihr nicht binnen 12 Wochen widerspricht. Der Widerspruch des Kunden gilt als Beendigungsgrund (Punkt 3.3.). “
[53] 4.2 Das Erstgerichtvertrat, die Klausel verstoße gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG, weil sie der Beklagten eine Beendigung der Bonusvereinbarung im Falle des Widerspruchs des Kunden oder auch die – sachlich nicht gerechtfertigte – Reduktion der Bonuszahlungen durch eine Reduktion um maximal 1 % pro Jahr ermögliche, womit sich eine Erhöhung der jährlichen Gesamtbelastung des Kunden im Falle der Schadenfreiheit in Höhe von ca 1 % der gesamten Prämiensumme pro Jahr ergebe. Sie ermögliche damit der Beklagten eine einseitige Erhöhungsmöglichkeit der jährlichen Gesamtbelastung. Sie sei außerdem gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, weil die Erhöhung mit Zustimmungsfiktion durchgeführt werden solle, und intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG.
[54]Das Berufungsgericht vertrat hingegen, dass die Klausel gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG verstoße, weil sie der Beklagten die Möglichkeit einräume, ihre Hauptleistungspflicht aus dem Kundenbindungsprogramm, nämlich die Gewährung des Bonus, einseitig ohne jegliche sachliche Rechtfertigung zu ändern.
[55] Die Beklagte bringt in der Revisionvor, die Klausel enthalte kein einseitiges Vertragsänderungsrecht iSd § 6 Abs 2 Z 3 KSchG, weil die Herabsetzung nur erfolge, wenn der Kunde zustimme. Der Kunde könne jederzeit ohne Grund der Anpassung widersprechen. Ein Widerspruch berechtige die Beklagte bloß zur Kündigung. Dem Wesen nach handle es sich daher um eine zulässige Änderungskündigungsklausel. Es liege auch kein Anwendungsfall des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG vor, weil das Kundenbindungsprogramm getrennt von den Versicherungsverträgen abgeschlossen werde.
[56] 4.3 Der Begriff Prozentsatz gibt den Anteil eines Werts an einem Grundwert an. Prozentpunkte bezeichnen den absoluten Unterschied zwischen zwei Prozentsätzen, während Prozent die relative Änderung beschreibt, also wie stark sich der Wert im Verhältnis zum ursprünglichen Wert verändert.
[57] Die Parteien und die Vorinstanzen sind übereinstimmend davon ausgegangen, die Klausel ermögliche es der Beklagten, den Bonus zum Beispiel von 5 % der Bemessungsgrundlage auf 4 % zu reduzieren.
[58] Es bleibt daher unklar, ob die Klausel – wie im bisherigen Verfahren angenommen – eine Prozentpunktreduktion (zB von 5 % auf 4 % der Bemessungsgrundlage) oder – wofür der eigentliche Wortlaut der Klausel durch die Verwendung des % Zeichens statt des Begriffs Prozentpunkt spräche – bloß eine prozentuale Reduzierung des Bonus um 1 % (zB von 5 % auf 4,95 %) ermöglicht.
[59]Die Klausel verstößt daher gegen § 6 Abs 3 KSchG und ist unzulässig.
4.4 Bei Heranziehung des übereinstimmenden Verständnisses im bisherigen Verfahren käme hinzu:
[60] 4.4.1 Für die Versicherungsnehmer der Beklagten besteht nur die Möglichkeit, die Herabsetzung zu akzeptieren oder nicht mehr am Kundenbindungsprogramm teilzunehmen und den Anspruch auf den Schadenfreibonus zu verlieren, zumal nach Punkt 3.3 der AGB (Klausel 2) die Teilnahme am Kundenbindungsprogramm im Fall des Widerspruchs endet.
[61]Die Klausel ermöglichte es der Beklagten in kundenfeindlichster Auslegung gegenüber einzelnen Versicherungsnehmern den Bonus (schrittweise) zu reduzieren, obwohl anderen Versicherungsnehmern der Bonus in voller Höhe erhalten blieben. Warum es der Beklagten überlassen sein sollte, zwar den Schadenfreibonus anzubieten, dann aber dem Versicherungsnehmer keinen Anspruch darauf zuzugestehen, wäre angesichts dessen, dass die Vertragsverhältnisse als Einheit zu betrachten sind, nicht nachvollziehbar. Um am Kundenbindungsprogramm teilzunehmen, muss der Versicherungsnehmer diverse Voraussetzungen erfüllen (zB bestimmte Prämienhöhe). Es trifft daher nicht zu, dass er selbst keine Gegenleistung erbringt (vgl 4 Ob 102/23p).
[62] 4.4.2 Durch die Klausel ist es der Beklagten möglich, ohne die hierfür maßgeblichen Gründe anzuführen, den Prozentsatz der Höhe des Bonus jährlich zu reduzieren, ihre Leistung also in diesem Umfang einseitig zu ändern. Bei einer – von den Parteien als vom Klauselwortlaut gedeckt erachteten – Reduzierung von 5 % auf 4 % der Bemessungsgrundlage entspräche die Reduzierung 20 % des Leistungsversprechens bei Schadenfreiheit, was nicht als geringfügig angesehen werden könnte.
[63] 4.4.3 Die Klausel ist daher unzulässig.
III. Leistungsfrist
[64] 1. Das Erstgericht erachtete eine Leistungsfrist von drei Monaten in Anbetracht des Umstands, dass bei der Beklagten einige Monate zur Überprüfung, ob das Kundenbindungsprogramm mit Möglichkeit der postalischen Kommunikation weiter aufrecht erhalten werden kann sowie der allfälligen Umstellung des Programms und der Verständigung der Kunden notwendig sind, für angemessen.
[65] Das Berufungsgerichtverwies darauf, dass von der Rechtsprechung eine Leistungsfrist von drei Monaten zur Umgestaltung des Klauselwerks als grundsätzlich angemessen erachtet wird (RS0041265 [T5]) und die Beklagte nicht aufzeige, warum dies im konkreten Fall nicht ausreiche.
[66] Die Beklagte verweist in ihrer Revision darauf, dass die Frist von drei Monaten viel zu knapp sei.
[67] 2. Die Beklagte zeigt – wie schon in der Berufung – keine konkreten Gründe auf, warum die Frist von drei Monaten zu kurz ist. Aus der Feststellung des Erstgerichts, die Umsetzung würde bei der Beklagten einige Monate in Anspruch nehmen, folgt dies nicht, zumal der Beklagten ohnedies eine Frist von einigen – konkret drei – Monaten gewährt wird.
IV. Veröffentlichungsbegehren
[68] Obwohl die Beklagte das Berufungsurteil im gesamten Umfang angefochten hat, erstattet sie in ihrer Revision kein Vorbringen zum Veröffentlichungsbegehren, sodass auf diesen Punkt nicht einzugehen ist.
V. Ergebnis und Kostenentscheidung
[69] 1. Die Revision der Beklagten ist erfolglos.
[70]2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.
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