Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Oktober 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. SetzHummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Schiener in der Strafsache gegen * R* wegen Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 11. April 2025, GZ 79 Hv 1/25s-71, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1]Mit dem angefochtenen Urteil wurde * R* jeweils mehrerer Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I C) und des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I B 1), jeweils eines Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (I B 2) und des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB (II) sowie eines Vergehens des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen nach § 207b Abs 1 StGB (I A) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er in K*
(I) mit, von oder an der * 2011 geborenen, sohin zur jeweiligen Tatzeit unmündigen J* M*
A) in der Nacht vom 29. auf den 30. Juli 2024 in der irrtümlichen Annahme, die Genannte habe das vierzehnte (nicht jedoch das sechzehnte) Lebensjahr bereits vollendet (US 4), unter Ausnützung deren mangelnder Reife sowie seiner altersbedingten Überlegenheit eine geschlechtliche Handlung vorgenommen, indem er, nachdem er zuvor wiederholt mit seiner Zunge über ihre Vulva geleckt hatte, mit einem Finger in ihre Vagina eindrang,
B) nachdem er die Genannte zuvor mit dem Beruhigungsmittel Lorazepam betäubt hatte,
1) den Beischlaf und dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen und zu unternehmen versucht (§ 15 StGB [I B 1 b und d]), und zwar
a) in der Nacht vom 29. auf den 30. Juli 2024, indem er mit einem Finger in ihre Vagina eindrang,
b) am 30. Juli 2024 durch die sinngemäße Äußerung, er gebe ihr 250 Euro, wenn sie mit ihm Sex habe, sie werde Geld fürs „Ficken“ bekommen,
c) am 30. Juli 2024, indem er, nachdem er zuvor wiederholt mit seiner Zunge über ihre Vulva geleckt hatte, mit einem Finger in ihre Vagina eindrang, sowie
d) am 29. Juli 2024 durch die Äußerung, wenn sie Geld brauche, könne sie ihm „Einen blasen“, weiters
2) am 30. Juli 2024 außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung an sich vornehmen lassen, indem er sie sinngemäß aufforderte, sie solle seinen Penis in ihre Hand nehmen und ihn befriedigen, wobei sie in der Folge an seinem Penis bis zur Ejakulation manipulierte, ferner
C) durch die zu I B 1 genannten Taten mit Gewalt, indem er ihr mehrmals ohne ihr Wissen das bewusstseinsbeeinträchtigende Beruhigungsmittel Lorazepam (sogenanntes K.O.-Mittel) verabreichte, wodurch es zur Ausschaltung ihrer Willensbildung oder Willensbetätigung kam, weil sie sediert und zeitweise bewusstlos war (US 5, 7, 16 f, 19 und 22), zur Duldung des Beischlafs und dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen genötigt und zu nötigen versucht, sowie
(II) in der Nacht vom 10. auf den 11. Juli 2024 die aufgrund starken Alkohol- und Suchtmittelkonsums bewegungsunfähige und solcherart wehrlose * O* unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er mit ihr den Beischlaf vornahm.
[3]Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider hat das Erstgericht (zum Schuldspruch I A) die Aussagen der Zeugen P* M* und J* M* sowie (zum Schuldspruch II) jene der Zeugen * P* und * S* nicht übergangen(US 10 ff, 27 und 29 f). Ebenso wenig (zum gesamten Schuldspruch) die leugnende Verantwortung des Angeklagten, die die Tatrichter mit eingehender Begründung als unglaubwürdig verworfen haben (US 8 ff [12 f]). Ein Eingehen auf jedes Detail der relevierten Aussagen war aus dem Blickwinkel des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes nicht erforderlich, es hätte vielmehr gegen das Gebot zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) verstoßen (RISJustiz RS0098778 und RS0106295).
[5] Dass das Schöffengericht aus diesen Verfahrensergebnissen nicht die vom Angeklagten gewünschten Schlüsse zog, begründet keine Nichtigkeit (RISJustiz RS0098400 und RS0099438).
[6]Der – jeweils als unerörtert reklamiert – „Aktenvermerk über die Erläuterung Dris. K* (ON 1.11,1)“ und die „Aussage von * H* (ON 37.8, Seite 3)“ sind in der Hauptverhandlung nicht vorgekommen (vgl ON 70 S 23 f) und durften solcherart gemäß § 258 Abs 1 StPO bei der Urteilsfällung gerade nicht berücksichtigt werden (RISJustiz RS0118316 [insbesondere T9 und T11]).
[7]Hinsichtlich nicht getroffener Feststellungen kommt eine Mängelrüge von vornherein nicht in Betracht (RIS-Justiz RS0128974).
[8]Indem sich die Rüge darüber hinaus darauf beschränkt, (vom Gericht ohnedies erwogene [siehe insbesondere US 16 ff und 21]) Beweisergebnisse eigenständig zu würdigen und daraus dem Angeklagten günstigere Schlussfolgerungen einzufordern als die vom Schöffengericht gezogenen, bekämpft sie bloß die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.
[9]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[10]Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
[11]Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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