Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Hon. Prof. PD Dr. Rassi als Vorsitzenden sowie die Senatspräsidentin Dr. Hofer Zeni Rennhofer, den Hofrat Mag. Painsi, die Hofrätin Mag. Istjan, LL.M. und den Hofrat Dr. Thunhart als weitere Richter in der Verfahrenshilfesache des Antragstellers *, den
Beschluss
gefasst:
Das Verfahren über den Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe wird an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien überwiesen.
Begründung:
[1] Der Antragsteller war Geschäftsführer und Alleingesellschafter der * GmbH, in deren Namen er einen Kaufvertrag über mehrere Immobilien abschloss. Noch vor Durchführung des Kaufvertrags wurde über das Vermögen der Gesellschaft ein Insolvenzverfahren eröffnet.
[2] Der Antragsteller beantragt Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Aufhebungsklage gegen einen Schiedsspruch, mit dem er gegenüber dem Käufer zur Zahlung von 1.182.816,10 EUR verpflichtet wurde. Nach dem Vorbringen des Antragstellers sei der Käufer der Immobilien damals Student gewesen und habe den Kaufpreis von seinem Vater erhalten. Ein Unternehmen habe er nicht gehabt.
[3] Das Schiedsgericht ging davon aus, dass der Antragsteller und der Käufer vereinbart hätten, dass der Käufer Geldmittel zur Verfügung stelle, damit die Insolvenz abgewendet und der Kaufvertrag doch noch durchgeführt werden könne, woraufhin der Antragsteller beim Weiterverkauf der Immobilien eine Gewinnbeteiligung erhalten hätte sollen. Später hätten der Käufer und der Antragsteller eine Schiedsvereinbarung für alle Streitigkeiten aus den zwischen ihnen abgeschlossenen Verträgen getroffen. Die Haftung des Antragstellers ergebe sich aus der widmungswidrigen Verwendung der Gelder und der Nichteinhaltung seiner Zusagen. Der Sitz des Schiedsgerichts lag in Wien.
[4] Der Oberste Gerichtshof ist nicht zuständig.
[5]1. Nach § 615 ZPO ist für die Klage auf Aufhebung eines Schiedsspruchs der Oberste Gerichtshof zuständig. Jedoch ist in Schiedsverfahren, in denen ein Verbraucher Partei ist, für die Klage auf Aufhebung des Schiedsspruchs – soweit keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde – nach § 617 Abs 8 ZPO das die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen ausübende Landesgericht zuständig, in dessen Sprengel der Sitz des Schiedsgerichts liegt. Ist die dem Schiedsspruch zugrundeliegende Rechtsstreitigkeit eine Handelssache iSd § 51 JN, so entscheidet nach § 617 Abs 9 ZPO das Landesgericht in Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen, in Wien das Handelsgericht Wien.
[6]2. Die Unzuständigkeit des Obersten Gerichtshofs nach § 617 Abs 8 ZPO gilt für den Fall, dass ein Verbraucher an einer Schiedsvereinbarung beteiligt ist, und zwar unabhängig davon, ob es sich beim anderen Vertragspartner um einen Verbraucher oder einen Unternehmer handelt ( Hausmaninger in Fasching/Konecny 3 § 617 ZPO Rz 21; Plavec in Kodek/Oberhammer, ZPO ON § 617 ZPORz 4). Der Verbraucherbegriff richtet sich nach den Vorschriften des KSchG (6 Ob 43/13m Pkt 6.1 ; Oberhammer , Entwurf eines neuen Schiedsverfahrensrechts [2002] 49; Zeiler / Siwy / Herbst, Schiedsverfahren [2025] § 617 ZPO Rz 8; Rechberger / Hofstätter in Rechberger / Klicka 5 § 617 ZPORz 1). Da der Käufer im Zeitpunkt des Ankaufs der Immobilien über kein Unternehmen iSd § 1 Abs 2 KSchG verfügte, ist er im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Schiedsverfahren als Verbraucher zu qualifizieren. Selbst wenn der Käufer diese Immobilien später unternehmerisch nutzen hätte wollen, gehören Geschäfte, die eine natürliche Person vor Aufnahme des Betriebs ihres Unternehmens zur Schaffung der Voraussetzungen dafür tätigt, nach § 1 Abs 3 KSchG noch nicht zum Betrieb ihres Unternehmens. Die vom Antragsteller angestrebte Aufhebungsklage fällt damit nicht in die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs.
[7]3. Nach § 65 Abs 1 ZPO ist die Verfahrenshilfe beim Prozessgericht erster Instanz zu beantragen, sodass der Oberste Gerichtshof auch für den gegenständlichen Verfahrenshilfeantrag nicht zuständig ist. Ein an ein unzuständiges Gericht gerichteter Verfahrenshilfeantrag ist in sinngemäßer Anwendung des § 44 JN dem zuständigen Gericht zu übermitteln (RS0131152). Der Antragsteller ist kein im Firmenbuch eingetragener Unternehmer iSd § 51 Abs 1 Z 1 JN. Streitigkeiten aus einer vom Antragsteller im eigenen Namen eingegangenen Verpflichtung, mit welcher er keine Verbindlichkeit der Gesellschaft übernehmen wollte, fallen auch nicht unter § 51 Abs 1 Z 6 JN, sodass eine Zuständigkeit der Handelsgerichte zu verneinen ist ( RS0046405 ; Simotta in Fasching / Konecny 3 § 51 JN Rz 109; Kustor/Prossinger in Kodek/Oberhammer, ZPO ON § 51 JN Rz 49).
[8] 4. Der Verfahrenshilfeantrag war daher an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu überweisen.
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