Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Juni 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Sadoghi sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Eißler in der Strafsache gegen DI Mag. * K* und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 25 Hv 22/24k des Landesgerichts für Strafsachen Graz, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des genannten Gerichts vom 21. Juni 2024, GZ 25 Hv 22/24k 126, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Ramusch LL.M. LL.M., des Angeklagten * A* sowie der Verteidigerin Mag. Noe Nordberg
I./ zu Recht erkannt:
Das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 21. Juni 2024, GZ 25 Hv 22/24k 126, verletzt
- in den DI Mag. * K* und * A* betreffenden Schuldsprüchen zu A./3./ und B./2./ § 32 Abs 3 zweiter Fall SMG sowie zu A./4./ und B./3./ § 32 Abs 2 zweiter Fall SMG und
- im A* betreffenden Schuldspruch zu B./5./ § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG.
Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in den DI Mag. K* betreffenden Schuldsprüchen zu A./3./ und A./4./ sowie in den A* betreffenden Schuldsprüchen zu B./2./, B./3./ und B./5./, in den Strafaussprüchen (einschließlich der jeweiligen Vorhaftanrechnung) ebenso aufgehoben wie der gemäß § 494a StPO gefasste Beschluss und es wird insoweit in der Sache selbst erkannt:
DI Mag. K* wird gemäß § 259 Z 3 StPO vom Vorwurf freigesprochen, er habe in G* und an anderen Orten des Bundesgebiets
A./3./ Drogenausgangsstoffe mit dem Vorsatz als Bestimmungstäter eingeführt, dass diese bei der vorschriftswidrigen Erzeugung von Suchtmitteln in einer die Grenzmenge (§§ 28b, 31b SMG) übersteigenden Menge, nämlich zur Herstellung der zu A./2./ genannten Mengen an 4 MMC und Methamphetamin verwendet werden, indem er im Zeitraum von Jänner 2022 bis 17. Mai 2023 größere Mengen an Schwefelsäure aus Polen und größere Mengen an BMK Glycidat (1 Phenyl 2 Propanon) im Ausland bestellte und so die Einfuhr dieser Drogenausgangsstoffe vom Ausland nach Österreich veranlasste;
A./4./ Drogenausgangsstoffe mit dem Vorsatz besessen, dass diese bei der vorschriftswidrigen Erzeugung von Suchtmitteln in einer die Grenzmenge (§§ 28b, 31b SMG) übersteigenden Menge verwendet werden, indem er am 17. Mai 2023 rund 18 Liter Salzsäure, 1 Liter Xylol-Toluol-Gemisch, 2 Liter Toluol, 1.210 ml Schwefelsäure, 524 Gramm (brutto) PMK-Glycidat (= 3,4-Methylendioxyphenylpropan-2-on), 167,9 Gramm BMK-Glycidat (1-Phenyl-2-Propanon) und 4 Liter Aceton zur Herstellung von unbekannten Mengen an 4-MMC (MDMA) und zumindest 585 Gramm reiner Methamphetamin-Base (58,5 Grenzmengen) in einer Wohnung lagerte.
DI Mag. K* wird für die ihm weiterhin zur Last liegenden strafbaren Handlungen, nämlich das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A./1./), das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A./2./) sowie die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (A./5./), unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 28a Abs 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.
A* wird gemäß § 259 Z 3 StPO von den Vorwürfen freigesprochen, er habe in G* und an anderen Orten des Bundesgebiets
B./2./ zu der zu A./3./ näher beschriebenen Einfuhr von Drogenausgangsstoffen durch DI Mag. K* dadurch beigetragen, dass er seine Adresse für die Bestellung der Pakete mit den zu A./3./ genannten chemischen Substanzen, die für die Herstellung der zu A./2./ genannten Mengen an 4-MMC und Methamphetamin notwendig waren, zur Verfügung stellte, die Pakete entgegennahm und in die Wohnung Nr * brachte;
B./3./ Drogenausgangsstoffe mit dem Vorsatz besessen, dass diese bei der vorschriftswidrigen Erzeugung von Suchtmitteln in einer die Grenzmenge (§§ 28b, 31b SMG) übersteigenden Menge verwendet werden, indem er am 17. Mai 2023 rund 18 Liter Salzsäure, 1 Liter Xylol-Toluol-Gemisch, 2 Liter Toluol, 1.210 ml Schwefelsäure, 524 Gramm (brutto) PMK-Glycidat (= 3,4-Methylendioxyphenylpropan-2-on), 167,9 Gramm BMK-Glycidat (1-Phenyl-2-Propanon) und 4 Liter Aceton zur Herstellung von unbekannten Mengen an 4-MMC (MDMA) und zumindest 585 Gramm reiner Methamphetamin-Base (58,5 Grenzmengen) in der genannten Wohnung lagerte;
B./5./ am 17. Mai 2023 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz besessen, dass es durch gewinnbringende Verkäufe in Verkehr gesetzt werde, indem er zumindest 44,9 Gramm Amphetamin (32,8 Gramm Amphetamin-Base), 4,6 Gramm Methamphetamin, 1,8 Gramm 4-MMC und 3 Stück MDMA-haltige Ecstasy-Tabletten bis zur Sicherstellung durch die Polizei innehatte.
A* wird für die ihm weiterhin zur Last liegenden strafbaren Handlungen, nämlich das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (B./1./), das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (B./4./), die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (B./6./) und das Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (B./7./), unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 201 Abs 1 StGB und § 28a Abs 4 SMG (§ 28 Abs 1 zweiter und dritter Satz StGB) zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Die jeweilige Vorhaftanrechnung wird dem Erstgericht überlassen.
II. den
Beschluss
gefasst:
Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wird vom Widerruf der DI Mag. K* zu AZ 3 Hv 5/21v des Landesgerichts für Strafsachen Graz gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und gemäß § 494a Abs 6 StPO die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.
Gründe:
[1]Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 21. Juni 2024, GZ 25 Hv 22/24k-126, wurden – soweit hier relevant – DI Mag. * K* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A./1./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A./2./), des Verbrechens des unerlaubten Umgangs mit Drogenausgangsstoffen nach § 12 zweiter Fall StGB, § 32 Abs 3 zweiter Fall SMG (A./3./), des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Drogenausgangsstoffen nach § 32 Abs 2 zweiter Fall SMG (A./4./) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (A./5./) sowie * A* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (B./1./), des Verbrechens des unerlaubten Umgangs mit Drogenausgangsstoffen nach § 12 dritter Fall StGB, § 32 Abs 3 zweiter Fall SMG (B./2./), des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Drogenausgangsstoffen nach § 32 Abs 2 zweiter Fall SMG (B./3./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (B./4./), des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 (richtig:) zweiter Fall SMG (B./5./), der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (B./6./) und des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (B./7./) schuldig erkannt.
[2]Sie wurden hiefür jeweils in Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu nachstehenden Freiheitsstrafen verurteilt, und zwar DI Mag. K* nach § 28a Abs 4 SMG zu fünf Jahren und A* nach § 201 Abs 1 StGB und § 28a Abs 4 SMG (§ 28 Abs 1 zweiter und dritter Satz StGB) zu vier Jahren.
[3] Danach haben sie in G* und an anderen Orten des Bundesgebiets
A./ DI Mag. K*
1./ vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er von etwa Mitte 2021 bis 23. Juni 2023 insgesamt zumindest 1.340 Gramm 4-MMC (4-Methyl-Methcathinon) mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 78,7 % (1.054,58 Gramm 4-MMC-Base in Reinsubstanz) zum Grammpreis von durchschnittlich 15 Euro, 307 Gramm Methamphetamin (Crystal Meth) mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 77,8 % (238,8 Gramm Methamphetamin-Base in Reinsubstanz) zum Grammpreis von 30 Euro und 20 Gramm Amphetamin zum Grammpreis von 10 Euro gewinnbringend an näher bezeichnete Abnehmer veräußerte;
2./ vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge erzeugt, indem er von Jänner 2022 bis 17. Mai 2023 in einem in einer Wohnung eingerichteten „Drogenlabor“ insgesamt 1.385 Gramm 4-MMC (4-Methyl-Methcathinon) mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 78,7 % und 312 Gramm Methamphetamin (Crystal Meth) mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 77,8 % herstellte;
3./ als Bestimmungstäter Drogenausgangsstoffe mit dem Vorsatz eingeführt, dass diese bei der vorschriftswidrigen Erzeugung von Suchtmitteln in einer die Grenzmenge (§§ 28b, 31b SMG) übersteigenden Menge, nämlich zur Herstellung der zu Punkt A./2./ genannten Suchtmittel, verwendet werden, indem er von Jänner 2022 bis 17. Mai 2023 größere Mengen an Schwefelsäure und BMK Glycidat ([richtig:] 1-Phenyl-2-Propanon) im Ausland bestellte und so die Einfuhr dieser Drogenausgangsstoffe vom Ausland nach Österreich veranlasste;
4./ Drogenausgangsstoffe mit dem Vorsatz besessen, dass diese bei der vorschriftswidrigen Erzeugung von Suchtmitteln in einer die Grenzmenge (§§ 28b, 31b SMG) übersteigenden Menge verwendet werden, indem er am 17. Mai 2023 rund 18 Liter Salzsäure, 1 Liter Xylol-Toluol-Gemisch, 2 Liter Toluol, 1.210 ml Schwefelsäure, 524 Gramm (brutto) PMK-Glycidat (= 3,4-Methylendioxyphenylpropan-2-on), 167,9 Gramm BMK-Glycidat (1-Phenyl-2-Propanon) und 4 Liter Aceton zur Herstellung von unbekannten Mengen „an 4-MMC (MDMA)“ und zumindest 585 Gramm reiner Methamphetamin-Base (58,5 Grenzmengen) in der genannten Wohnung lagerte;
5./ vorschriftswidrig Suchtgift besessen, indem er im Zeitraum von etwa Mitte 2021 bis 23. Juni 2023 „über die zuvor genannten Mengen hinaus“ unbekannte Mengen an Methamphetamin und 4-MMC (4-Methyl-Methcathinon) sowie auch in Haft unbekannte Mengen an Morphin und THC haltigem Cannabis ausschließlich zum persönlichen Gebrauch innehatte;
B./ A*
1./ zur vorschriftswidrigen Erzeugung von Suchtgift zu A./2./ dadurch beigetragen, dass er die zuvor bezeichnete Wohnung für die Errichtung des Drogenlabors anmietete und immer wieder Pakete mit chemischen Substanzen, die für die Herstellung von 4-MMC (4-Methyl-Methcathinon) und Methamphetamin notwendig und auf seinen Namen adressiert waren, entgegennahm und in die Wohnung brachte;
2./ zur Einfuhr von Drogenausgangsstoffen zu A./3./ dadurch beigetragen, dass er seine Adresse für die Bestellung der chemischen Substanzen zur Verfügung stellte, die Pakete entgegennahm und in die Wohnung brachte;
3./ Drogenausgangsstoffe mit dem Vorsatz besessen, dass diese bei der vorschriftswidrigen Erzeugung von Suchtmitteln in einer die Grenzmenge (§§ 28b, 31b SMG) übersteigenden Menge verwendet werden, indem er am 17. Mai 2023 rund 18 Liter Salzsäure, 1 Liter Xylol-Toluol-Gemisch, 2 Liter Toluol, 1.210 ml Schwefelsäure, 524 Gramm (brutto) PMK-Glycidat (= 3,4-Methylendioxyphenylpropan-2-on), 167,9 Gramm BMK-Glycidat (1-Phenyl-2-Propanon) und 4 Liter Aceton zur Herstellung von unbekannten Mengen „an 4-MMC (MDMA)“ und zumindest 585 Gramm reiner Methamphetamin-Base (58,5 Grenzmengen) in der genannten Wohnung lagerte;
4./ von 2020 bis 17. Mai 2023 vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, und zwar unbekannt gebliebenen Abnehmern insgesamt 900 Gramm 4-MMC (4-Methyl-Methcathinon; 708,3 Gramm 4-MMC-Base Reinsubstanz), 225 Gramm Methamphetamin (175,05 Gramm Methamphetamin-Base Reinsubstanz) und 160 Stück MDMA-haltige Ecstasy-Tabletten;
5./ am 17. Mai 2023 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz besessen, dass es durch gewinnbringende Verkäufe in Verkehr gesetzt werde, und zwar 44,9 Gramm Amphetamin (32,8 Gramm Amphetamin-Base Reinsubstanz), 4,6 Gramm Methamphetamin, 1,8 Gramm 4-MMC und 3 Stück MDMA-haltige Ecstasy-Tabletten;
6./ vorschriftswidrig Suchtgift besessen, indem er im Zeitraum von 2020 bis 17. Mai 2023 „über die zuvor genannten Mengen hinaus“ unbekannte Mengen an Methamphetamin, 4-MMC (4-Methyl-Methcathinon), MDMA und Kokain ausschließlich zum persönlichen Gebrauch innehatte;
7./ zu einem unbekannten Zeitpunkt im Sommer 2021 * P* mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er ihm die psychoaktive Substanz GBL (Gamma Butyrolacton) verabreichte, sodass er bewusstlos wurde, und mit ihm sodann den analen Geschlechtsverkehr vollzog.
[4]Mit unter einem gefassten Beschluss widerrief das Erstgericht gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO iVm § 53 Abs 1 StGB die DI Mag. K* zu AZ 3 Hv 5/21v des Landesgerichts für Strafsachen Graz gewährte bedingte Strafnachsicht.
[5]Den gegen die Strafaussprüche gerichteten Berufungen der Angeklagten (ON 129 und ON 130) gab das Oberlandesgericht Graz als Berufungsgericht mit Urteil vom 5. November 2024, AZ 8 Bs 236/24b (ON 150), nicht Folge. Der vom Erstgericht gemäß § 494a StPO gefasste Beschluss auf Widerruf der DI Mag. K* zu AZ 3 Hv 5/21v des Landesgerichts für Strafsachen Graz gewährten bedingten Strafnachsicht wurde aufgehoben und vom Widerruf unter Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre abgesehen.
[6] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 21. Juni 2024, GZ 25 Hv 22/24k 126, mit dem Gesetz nicht in Einklang:
[7]1./ Beim Verbrechen des unerlaubten Umgangs mit Drogenausgangsstoffen nach § 32 Abs 3 zweiter Fall SMG, welches den deliktspezifischen Vorsatz auf vorschriftswidrigeErzeugung von Suchtmitteln in einer die Grenzmenge (§§ 28b, 31b SMG) übersteigenden Menge voraussetzt, handelt es sich im Verhältnis zum Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall SMG um ein Vorbereitungsdelikt im technischen Sinn. Dieses wird – weil sich der Unwertgehalt des Vorbereitungsdelikts im in der Erzeugung von Suchtgift gelegenen Unwert erschöpft – durch ein in Bezug auf dieselben Drogenausgangsstoffe begangenes Verbrechen nach § 28a Abs 1 erster Fall SMG als stillschweigend subsidiär verdrängt, wenn letzteres zumindest ins Stadium des Versuchs gelangt (vgl Hinterhofer in Hinterhofer , SMG 2 § 32 Rz 3, 44; Stempkowski in Leukauf/Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze 3§ 32 SMG Rz 30).
[8]Nach den erstgerichtlichen Konstatierungen „importierten“ die Angeklagten DI Mag. K* und A* (letzterer als Beitragstäter im Sinn des § 12 dritter Fall StGB durch „das Zur-Verfügung-Stellen seiner Adresse“ für die Lieferung von Drogenausgangsstoffen – US 9) ab Jänner 2022 zum Zweck der Herstellung „von größeren Mengen an Suchtgift“ Schwefelsäure und BMK-Glycidat (1 Phenyl-2-Propanon) aus dem Ausland nach Österreich (A./3./ und B./2./). Diese Drogenausgangsstoffe w urden in der Folge („durch chemische Reaktion der diversen Substanzen“) bei der (sukzessiven) Erzeugung von Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge verwendet (A./2./ und B./1./; US 8 ff iVm US 2).
[9]Die Schuldsprüche wegen des Verbrechens des unerlaubten Umgangs mit Drogenausgangsstoffen nach § 32 Abs 3 zweiter Fall SMG zu A./3./ und B./2./ erweisen sich daher infolge stillschweigender Subsidiarität als verfehlt (Z 9 lit a) und verletzen das Gesetz in dieser Bestimmung.
[10]2./ Wer mit Inverkehrsetzungsvorsatz Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge besitzt, verwirklicht das Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG. Dieses wird als Vorbereitungsdelikt im technischen Sinn von Suchtgifthandel nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG als stillschweigend subsidiär verdrängt, wenn der Täter in weiterer Folge dieses Suchtgift (in einer die Grenzmenge übersteigendenMenge) einem anderen überlässt (oder dies versucht; 14 Os 81/24d [Rz 11], 15 Os 110/24a [Rz 10]).
[11]Nach dem Urteilssachverhalt zu B./4./ überließ A* von 2020 bis 17. Mai 2023 unbekannten Abnehmern Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge durch gewinnbringenden Verkauf, wobei sein Vorsatz auf Tatbildverwirklichung in Teilmengen und kontinuierliche Tatbegehung über einen längeren Zeitraum sowie den daran geknüpften Additionseffekt gerichtet war (US 12; RIS-Justiz RS0112225).
[12]Betreffend den ihm überdies (mit darauf bezogenem Inverkehrsetzungsvorsatz) angelasteten Besitz von Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge am 17. Mai 2023 (B./5./; US 12, 25) lassen die Entscheidungsgründe deutlich genug erkennen, dass sich dieser Vorwurf auf (Rest)Mengen jener Suchtgiftquanten bezog, in Ansehung derer das dem Angeklagten zur Last gelegte Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (B./4./) bereits begonnen hatte. Der Schuldspruch zu B./5./ erweist sich daher infolge stillschweigender Subsidiarität ebenso als verfehlt (Z 9 lit a).
[13]3./ Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof (§§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall, 292 StPO), dass dem angefochtenen Urteil ein weiterer Rechtsfehler anhaftet:
[14]Voranzustellen ist, dass das Vergehen des Besitzes von Drogenausgangsstoffen mit erweitertem Vorsatz nach § 32 Abs 2 zweiter Fall SMG als Vorbereitungsdelikt durch ein in Bezug auf dieselben Drogenausgangsstoffe begangenes Verbrechen nach § 28a Abs 1 erster Fall SMG ebenso als stillschweigend subsidiär verdrängt wird, wenn letzteres zumindest ins Stadium des Versuchs gelangt (vgl erneut Hinterhofer in Hinterhofer, SMG 2 § 32 Rz 3, 44; Stempkowski in Leukauf/Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze 3§ 32 SMG Rz 30). Auch in einer solchen Konstellation bleibt für die Annahme selbständiger Strafbarkeit des Besitzes einer „Restmenge“ der ursprünglich erworbenen und besessenen Drogenausgangsstoffe, welche (zumindest teilweise) bei der vorschriftswidrigen Erzeugung von Suchtgift verwendet wurden, kein Raum (ähnlich 14 Os 81/24d [Rz 11], 12 Os 132/24i [Rz 21 f]).
[15] Nach den erstgerichtlichen Feststellungen handelt es sich bei jenen Drogenausgangsstoffen, die am 17. April 2023 in näher bezeichneter Wohnung sichergestellt wurden und deren Besitz sowohl DI Mag. K* als auch A* (jeweils in unmittelbarer Täterschaft) angelastet wird (A./4./, B./3./; US 11, 26), um eine Teilmenge (einen verbliebenen Teil) der zuvor mit erweitertem Vorsatz besessenen Drogenausgangsstoffe, die in der Folge der (sukzessiven) Erzeugung von Suchtgift dienten (A./2./, B./1./; US 11, 25).
[16] Damit waren die (mit dem Vorsatz auf Verwendung bei dervorschriftswidrigen Erzeugung von Suchtgiften in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge) besessenen Drogenausgangsstoffe, auf deren Restmenge sich die Schuldsprüche A./4./ und B./3./ bezogen, (zumindest teilweise) Tatobjekt des (in Form tatbestandlicher Handlungseinheit) begangenen Verbrechens des Suchgifthandels nach (§ 12 dritter Fall StGB,) § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A./2./, B./1./). Die Schuldsprüche A./4./ und B./3./ sind zufolge stillschweigender Subsidiarität mit einem Rechtsfehler behaftet (Z 9 lit a).
[17]Die aufgezeigten Gesetzesverletzungen gereichen den Angeklagten zum Nachteil, weshalb sich der Oberste Gerichtshof veranlasst sah, deren Feststellung mit konkreter Wirkung zu verbinden (§ 292 letzter Satz StPO) und – auf die im Spruch ersichtliche Weise – in der Sache selbst zu erkennen.
Zur Strafneubemessung betreffend DI Mag. K*:
[18]Bei diesem war nach § 28a Abs 4 SMG von einem Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe auszugehen.
[19]Als erschwerend wertete der Oberste Gerichtshof das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und den langen Tatzeitraum (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB), die einschlägige Vorstrafe (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB) und den raschen Rückfall (RIS-Justiz RS0091041), als mildernd hingegen die (teil-)geständige Verantwortung des Angeklagten (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB).
[20]Im Rahmen der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 Abs 2 und 3 StGB) fielen die Tatbegehung innerhalb offener Probezeit (RIS-Justiz RS0090597), während offenen Strafvollzugs (vgl 14 Os 110/20p) sowie anhängigen Strafverfahrens (A./5./; RISJustiz RS0091048 [T6]) und das Gewinnstreben (A./1./; 12 Os 82/20f) zum Nachteil des Angeklagten ins Gewicht, die Sicherstellung von Drogenausgangsstoffen (A./4./; vgl Riffelin WK² StGB § 34 Rz 33) war hingegen als schuldmindernd zu berücksichtigen.
[21] Davon ausgehend entsprach unter Berücksichtigung des Handlungs-, Gesinnungs- und Erfolgsunwerts der Taten die im Spruch genannte Freiheitsstrafe dem Unrechts- und Schuldgehalt derselben sowie der Täterpersönlichkeit.
Zur Strafneubemessung betreffend A*:
[22]Bei diesem war nach § 201 Abs 1 StGB und § 28a Abs 4 SMG (§ 28 Abs 1 zweiter und dritter Satz StGB) von einem Strafrahmen von zwei bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe auszugehen.
[23]Als erschwerend wertete der Oberste Gerichtshof das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen sowie den langen Tatzeitraum (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB), als mildernd hingegen das reumütige und wesentlich zur Wahrheitsfindung beitragende teilweise Geständnis des Angeklagten (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) sowie den bisher ordentlichen Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB).
[24] Im Rahmen allgemeiner Strafbemessungserwägungen fieldas Gewinnstreben (B./4./; 12 Os 82/20f) zum Nachteil des Angeklagten, die Sicherstellung von Drogenausgangsstoffen und Suchtgiften (vgl Riffelin WK² StGB § 34 Rz 33) hingegen zu dessen Gunsten ins Gewicht.
[25] Davon ausgehend entsprach unter Berücksichtigung des Handlungs-, Gesinnungs- und Erfolgsunwerts der Taten die im Spruch genannte Freiheitsstrafe dem Unrechts- und Schuldgehalt derselben sowie der Täterpersönlichkeit.
[26]Wenngleich die zeitlichen Voraussetzungen einer bedingten Entlassung des A* aus der Freiheitsstrafe gemäß § 46 Abs 1 StGB vorlagen (§ 265 Abs 1 StPO), standen einer solchen general- und spezialpräventive Erwägungen entgegen.
[27] Die Anrechnung der Vorhaft wird dem Erstgericht überlassen ( Lässig , WKStPO § 400 Rz 3).
[28]Einem Widerruf der DI Mag. K* mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 4. Februar 2021, AZ 3 Hv 5/21v, gewährten bedingten Strafnachsicht stand (mit Blick auf die vom Oberlandesgericht Graz zu AZ 8 Bs 236/24b verfügte Probezeitverlängerung) bereits das Verschlechterungsverbot entgegen (RIS-Justiz RS0100700 [insb T10]). Zur nachhaltigen Verhaltenssteuerung war jedoch die diesbezüglich festgesetzte Probezeit abermals gemäß § 494a Abs 6 StPO auf fünf Jahre zu verlängern.
[29]Rechtslogisch abhängige Verfügungen und Entscheidungen (etwa das Urteil des Berufungsgerichts [mit Ausnahme der Entscheidung über die gegen den Verfallsausspruch gerichtete Berufung des Angeklagten DI Mag. K*] und der von diesem gemäß § 494a StPO gefasste Beschluss) gelten gleichfalls als beseitigt (RISJustiz RS0100444).
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