Das Landesgericht Feldkirch als Berufungsgericht hat durch die Richterin Hofrätin Dr. Kempf als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Mahuschek und den Richter Mag. Kallina als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei A* B* GmbH , vertreten durch MMMag. Dr. Franz Josef Giesinger Rechtsanwalt GmbH in Götzis, wider die beklagte Partei C* GmbH , vertreten durch Sutterlüty Klagian Brändle Gisinger Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, wegen EUR 10.710,00 sA, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Feldkirch vom 9. Oktober 2017, **-13, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen der Klagsvertreterin binnen 14 Tagen die mit EUR 1.215,48 (darin EUR 202,58 an USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei betreibt ein Unternehmen für Autohandel und Autoreparatur. Die beklagte Partei betreibt ein Unternehmen für den Verkauf und die Montage von Photovoltaikanlagen. Die klagende Partei beauftragte die beklagte Partei mit der Lieferung und Montage einer Photovoltaikanlage zum Preis von brutto EUR 47.974,68, welche Ende November 2014 geliefert und innerhalb von 3 bis 4 Tagen auf dem Dach der Betriebsstätte der klagenden Partei montiert wurde.
Mit der am 13.4.2017 beim Erstgericht eingebrachten Mahnklage begehrte die klagende Partei den Zuspruch von EUR 10.710,00 sA und brachte zusammengefasst vor, die beklagte Partei habe es auch übernommen, für die klagende Partei einen Förderantrag bei der D* E* AG zu stellen. Auf Grund verspäteter Antragstellung bzw falscher Aufklärung über die Voraussetzungen für die Förderung habe die klagende Partei die Förderung nicht erhalten, und zwar weder einen Fördervertrag über die Stromabnahme zu höheren Preisen, noch den Investitionskostenzuschuss in Höhe von EUR 10.710,00. Die beklagte Partei habe gegen ihre vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber der klagenden Partei verstoßen, indem sie im Zuge der Vertragsverhandlungen und des Vertragsabschlusses die klagende Partei nicht richtig und vollständig betreffend die Fördermöglichkeiten für die Photovoltaikanlage aufgeklärt habe. Bei richtiger und vollständiger Beratung hätte die klagende Partei mit dem Bau der Photovoltaikanlage bis zu einer Förderungszusage zugewartet und im Jahr 2016 eine Förderung in Höhe des Klagsbetrages erlangt.
Die beklagte Partei bestritt, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und wendete zusammengefasst ein, sie sei lediglich mit der Lieferung und Errichtung der Photovoltaikanlage beauftragt worden. Die Einbringung eines Förderantrags oder gar der Erhalt einer Förderung und eines höheren Stromabnahmepreises seien nicht vom Vertrag umfasst. Die beklagte Partei habe sich nach Vertragsabschluss dazu bereit erklärt, für die klagende Partei einen Antrag auf D*-Förderung einzubringen. Die beklagte Partei habe die klagende Partei mehrmals darauf hingewiesen, dass der Erhalt dieser Förderung Glückssache sei, zumal diese einmal jährlich auf Grund einer Online-Anmeldung vergeben werde, wobei Förderanträge nach dem Zeitpunkt des Einlangens bis zum Ausschöpfen des jährlichen Fördervolumens gewährt würden. Die Antragstellung sei nicht verspätet erfolgt. Dem im Jahr 2016 erneut gestellten Antrag sei zuerst vorläufig stattgegeben worden, die Förderung jedoch schließlich nicht zuerkannt worden, da die Photovoltaikanlage bei Antragstellung bereits errichtet gewesen sei.
Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Erstgericht die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei EUR 10.710,00 samt 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 31.3.2017 zu bezahlen und die mit EUR 5.866,04 bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen.
Seiner Entscheidung legte das Erstgericht die auf den Seiten 5 bis 9 der Urteilsausfertigung getroffenen Feststellungen zu Grunde, auf welche gemäß § 500a ZPO verwiesen wird. Für das Berufungsverfahren werden nachfolgende Feststellungen hervorgehoben:
… F* hat … gegenüber G* B* erwähnt, dass die beklagte Partei auch für den Kunden kostenlos die Antragstellung bei den Förderstellen übernehmen würde. ...
Die D*-E* AG vergibt Förderungen unter anderem für die Errichtung von Photovoltaikanlagen. Dabei wird einerseits ein Investitionszuschuss und andererseits werden höhere Einspeisetarife für den von der Photovoltaikanlage in das allgemeine Stromnetz eingespeisten Strom gewährt. ...
Bei der Vergabe der D*-Förderung ist es so, dass jedes Kalenderjahr Anfang Jänner zu einem festgelegten Zeitpunkt die Antragstellung über das Internet erfolgen kann. Die Vergabe erfolgt dann nach dem Prinzip des zeitlichen Zuvorkommens. Das heißt, dass die Anträge in der Reihenfolge des zeitlichen Einlangens abgearbeitet werden, bis der jährliche Fördertopf ausgeschöpft ist. Es kommt dabei sogar auf Sekunden an. Im Jahr 2015 gab es ungefähr 5.000 bis 7.000 Anträge, von denen 1.500 positiv erledigt wurden.
Voraussetzung für die Gewährung einer Förderung ist jedoch, dass mit der Errichtung der Anlage nicht vor der Erstantragstellung begonnen wird. Der Gewährung einer Förderung steht es jedoch nicht entgegen, wenn nach der Erstantragstellung mit der Errichtung der Anlage begonnen wird und nachfolgend weitere Anträge gestellt werden.
F* ist davon ausgegangen, dass es für die Erlangung der D*-Förderung auch zulässig sei, bereits vor der Erstantragstellung mit der Errichtung der Anlage zu beginnen. Er hat daher G* B* nicht darüber aufgeklärt, dass für die Gewährung der D*-Förderung bei der Erstantragstellung noch nicht mit der Errichtung der Anlage begonnen werden darf.
Wenn F* über diesen Umstand aufgeklärt hätte, so hätte G* B* gesagt, dass mit der Errichtung der Photovoltaikanlage bis nach der Erstantragstellung zugewartet werden soll und wäre die Anlage auch tatsächlich erst nach der Erstantragstellung errichtet worden. …
Am 7.1.2015 ab 17.00 Uhr konnten online die Anträge für die D*-Förderung eingebracht werden. Die beklagte Partei brachte für die klagende Partei den Antrag um 17.03 Uhr ein. Dieser Antrag war nicht erfolgreich, es wurde also keine Förderung gewährt. …
Eine weitere Voraussetzung für die Gewährung der D*-Förderung ist das Vorliegen eines Bescheides des H* über die Zuerkennung als Ökostromanlage. Das Datum des Bescheides muss als spätestmöglichen Zeitpunkt den Tag der Antragstellung aufweisen. Der Bescheid des H* über die Anerkennung der Photovoltaikanlage der klagenden Partei als Ökostromanlage datiert vom 12.1.2015, der Antrag vom 7.1.2015 wäre daher keinesfalls erfolgreich gewesen. …
Anfang Jänner 2016 stellte die beklagte Partei für die klagende Partei neuerlich einen Antrag auf D*-Förderung. Diese war vorerst erfolgreich. Die D* schloss mit der klagenden Partei einen Vertrag über die Abnahme und Vergütung von Ökostrom. In weiterer Folge wurden die Unterlagen für die Gewährung des Investitionszuschusses an die D*-Förderung übermittelt. Mit Schreiben vom 18.11.2016 teilte die D* mit, dass wegen der Errichtung der Photovoltaikanlage vor der erstmaligen Antragstellung kein Anspruch auf den Fördertarif bestehe. Die klagende Partei erhielt auch keinen Investitionszuschuss.
Wenn mit der Errichtung der Photovoltaikanlage bis nach der Erstantragstellung, also nach dem 7.1.2015, zugewartet worden wäre, so hätte die klagende Partei im Jahr 2016 einen Investitionszuschuss in Höhe von EUR 10.710,00 erhalten. ...
In rechtlicher Hinsicht argumentierte das Erstgericht, die beklagte Partei habe es im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag über die Photovoltaikanlage übernommen, für die klagende Partei die entsprechenden Förderanträge zu stellen, was als Nebenpflicht des Kaufvertrages zu qualifizieren sei. Die klagende Partei habe davon ausgehen können, dass sie von der beklagten Partei in Bezug auf die Fördermöglichkeiten vollständig und richtig beraten und aufgeklärt werde. Die beklagte Partei sei am Maßstab des § 1299 ABGB zu messen. Bei vollständiger und richtiger Beratung hinsichtlich der Förderungsvoraussetzungen hätte die klagende Partei mit der Errichtung der Anlage bis nach der Erstantragstellung zugewartet und in diesem Fall im Jahr 2016 eine Förderung in Höhe von EUR 10.710,00 erhalten. Auf Grund des rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens habe die beklagte Partei der klagenden Partei diesen Betrag zu ersetzen. Die Kostenentscheidung stützte das Erstgericht auf § 41 ZPO.
Während der Zuspruch im Umfang von EUR 1.375,00 sA unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist, bekämpft die beklagte Partei das Urteil insoweit, als der klagenden Partei ein weiterer Betrag von EUR 9.335,00 sA zugesprochen wurde, und beantragte die Abänderung dahin, dass das den Betrag von EUR 1.375,00 samt 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 31.3.2017 übersteigende Klagebegehren abgewiesen wird und ein Kostenzuspruch in Höhe von EUR 4.704,48 (darin EUR 6,30 an Barauslagen und EUR 784,08 an USt) an die beklagte Partei erfolgt.
Die klagende Partei beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung keine Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Gestützt auf den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung macht die Berufungswerberin geltend, der von der beklagten Partei zu ersetzende Vertrauensschaden belaufe sich auf den im Rahmen der Förderung durch den I* für das Jahr 2015 erlangbaren Betrag von EUR 1.375,00. Die beklagte Partei habe keine Erfolgszusage, sondern eine Verwendungszusage abgegeben. Auch eine – allerdings nicht vorliegende – Erfolgszusage hätte sich auf die Förderung für das Jahr 2015 bezogen. Nach Scheitern der ersten Antragstellung hätte die klagende Partei sodann auf Leistung durch die beklagte Partei geklagt. Ein im Jahr 2016 letztendlich nicht zustande gekommener Fördervertrag sei daher irrelevant. Selbst bei Abgabe einer Erfolgszusage hätte sich der Schaden nur auf den 2015 erreichbaren Förderbetrag von EUR 5.712,00 belaufen. Die beklagte Partei habe auf Grund ihres Verstoßes gegen Aufklärungspflichten das Vertrauensinteresse zu ersetzen. Die klagende Partei sei so zu stellen, wie sie ohne Vertrauen auf die Verwendungszusage stünde. Hätte die klagende Partei nicht darauf vertraut, dass die beklagte Partei über alle erforderlichen Voraussetzungen für eine vorschriftsmäßige Antragstellung hinsichtlich der D*-Förderung informiert sei und den entsprechenden Antrag fehlerfei einbringe, hätte sie sich dafür entschieden, die sicher gewährte Förderung des I* zu beantragen. Nach dem Verlust des Vertrauens hätte sich die klagende Partei dafür entscheiden müssen, den Antrag entweder selbst einzubringen oder jemand anderen als die beklagte Partei damit zu beauftragen. Für die Berechnung des Vertrauensschadens spiele es deshalb keine Rolle, dass die klagende Partei mit der Errichtung der Anlage zugewartet hätte. Zudem wäre der ersatzfähige Schaden mit dem hypothetischen Erfüllungsinteresse beschränkt. Auf Grund der Beweislastumkehr sei die Negativfeststellung betreffend den Grund des Scheiterns des Erstantrags 2015 zu Lasten der beklagten Partei auszulegen und davon auszugehen, dass der Erstantrag erfolgreich gewesen wäre, hätte die beklagte Partei ihre Pflichten entsprechend wahrgenommen.
Der Abschluss eines Vertrages lässt nicht bloß die Hauptpflichten entstehen, die für die betreffende Vertragstype charakteristisch sind, sondern erzeugt auch eine Reihe von Nebenpflichten, zu denen auch die Schutz- und Sorgfaltspflichten gehören (RIS-Justiz RS0017049). Eine Verletzung dieser Pflichten stellt eine Vertragsverletzung dar, die schadenersatzpflichtig macht (RIS-Justiz RS0017049 [T12]). Der Umfang der Aufklärungspflichten des Vertragspartners richtet sich im Einzelfall nach der Übung des redlichen Verkehrs, wobei immer entscheidend ist, ob ein Schutzbedürfnis des Vertragspartners vorliegt (RIS-Justiz [T8]).
Dass im vorliegenden Fall die beklagte Partei, die im Zuge der Vertragsverhandlungen ausdrücklich auf bestehende Förderungsmöglichkeiten hingewiesen und es – wenn auch ohne hiefür ein zusätzliches Entgelt zu verrechnen – übernommen hat, für die klagende Partei die entsprechenden Förderanträge einzureichen, eine Verpflichtung zur umfassenden und fachgerechten Aufklärung über die Voraussetzung einer Förderung getroffen hat, wird von der Berufungswerberin zutreffenderweise nicht in Abrede gestellt. Ebenso außer Zweifel steht, dass die erfolgte Aufklärung betreffend die D*-Förderung insoweit mangelhaft war, als die klagende Partei nicht über den – auch dem damaligen Geschäftsführer der beklagten Partei nicht bekannten – Umstand, dass Voraussetzung dieser Förderungsmöglichkeit ist, dass mit dem Bau der Anlage erst nach erstmaliger Antragstellung begonnen werden darf, in Kenntnis gesetzt wurde. Die Verletzung dieser vertraglichen Nebenpflicht begründet die von der klagenden Partei angesprochene Verpflichtung zum Schadenersatz. Haftungsbegründend ist damit im vorliegenden Fall die mangelhafte Aufklärung über die Förderungsvoraussetzungen. Die rechtliche Qualifikation der Einreichung des Förderantrags für die klagende Partei durch die Berufungswerberin als Verwendungszusage ist daher nicht entscheidungswesentlich.
Der Schädiger hat den Geschädigten grundsätzlich so zu stellen, wie er ohne schuldhaftes Verhalten gestellt wäre. Im Falle der Verletzung einer vertraglichen Aufklärungs- und Informationspflicht ist der Geschädigte daher so zu stellen, wie er stünde, wäre er ordnungsgemäß aufgeklärt worden (RIS-Justiz RS0016374; RS0108267; RS0030153). Der Schaden ist durch eine Differenzrechnung zu ermitteln; es ist zunächst der hypothetische heutige Vermögensstand ohne das schädigende Ereignis zu ermitteln und von diesem Betrag der heutige tatsächliche Vermögenswert abzuziehen (RIS-Justiz RS0030153).
Für den vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die Förderungsvoraussetzungen die klagende Partei mit der Errichtung der Photovoltaikanlage bis nach der (am 7.1.2015 erfolgten) Erstantragstellung zugewartet und in diesem Fall im Jahr 2016 einen Investitionszuschuss in Höhe von EUR 10.710,00 erhalten hätte. Zu diesem Zeitpunkt lag nach den Feststellungen auch die weitere Voraussetzung der Anerkennung als Ökostromanlage mit Bescheid des H* vom 12.1.2015 vor.
Ausgehend von den Feststellungen lässt sich nach der Differenzmethode der Schaden mit dem vom Erstgericht zugesprochenen Klagsbetrag von EUR 10.710,00 beziffern, zumal sich das Vermögen der klagenden Partei ohne das schädigende Ereignis der fehlerhaften Aufklärung um diesen Betrag erhöht hätte. Die Argumentation der Berufungswerberin, die klagende Partei hätte auf Grund des Vertrauensverlusts infolge der unrichtigen Aufklärung im Jahr 2015 einen Antrag auf Förderung durch den I* in Höhe von EUR 1.375,00 stellen müssen, geht am festgestellten Sachverhalt vorbei.
Zutreffend hat das Erstgericht den aus der Verletzung der nebenvertraglichen Aufklärungspflicht resultierenden Schaden der klagenden Partei mit EUR 10.710,00 beziffert.
Der Berufung ist somit ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet auf den Bestimmungen der §§ 41, 50 ZPO.
Mangels einer erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die ordentliche Revision nicht zulässig.
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