Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie den fachkundigen Laienrichter Ewald VOGLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , bevollmächtigt vertreten durch Mag. Walter PIRKER, Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, vom 11.09.2025, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages vom 30.07.2025 auf Übernahme der entstandenen Behandlungskosten für die Behandlung eines Impfschadens gemäß § 2 Abs. 1 lit. a Z. 1 Impfschadengesetz beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG idgF zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit – nicht verfahrensgegenständlichem – Bescheid der belangten Behörde vom 01.08.2024 wurde aufgrund des Antrags der Beschwerdeführerin vom 10.08.2022 unter anderem unter dessen Spruchpunkt I. die Gesundheitsschädigung „Kapselfibrose eines Brustimplantates“ gemäß §§ 1b und 3 Impfschadengesetz (ImpfSchG) als Impfschaden anerkannt und unter Spruchpunkt II. ausgesprochen, dass als Entschädigung die Übernahme der Kosten für die Behandlung zur Besserung oder Heilung des Impfschadens sowie für Maßnahmen zur Rehabilitation zu leisten sind.
2. Mit einem weiteren – wiederum nicht verfahrensgegenständlichen – Bescheid vom 13.08.2024 wurden aufgrund des Antrags der Beschwerdeführerin vom 26.04.2024 gemäß § 2 Abs. 1 lit. a Z. 1 ImpfSchG die entstandenen Kosten für einen aufgrund des Impfschadens erforderlichen „Brusteingriff (Kapselsprengung links)“ im Betrag von € 650,-- übernommen.
3. Mit per E-Mail bei der belangten Behörde am 30.07.2025 eingelangter Eingabe beantragte die Beschwerdeführerin die Kostenübernahme für die Entfernung ihrer Brustimplantate und übermittelte gleichzeitig den Kostenvoranschlag, ein Ansuchen auf Kostenübernahme sowie eine Honorarnote. Die Operation werde am 22.09.2025 stattfinden.
4. Mit E-Mail vom 06.08.2025 ersuchte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin, aktuelle Befunde aus dem Kalenderjahr 2025 vorzulegen, die einen eindeutigen Zusammenhang mit der bereits im Jahr 2022 behandelten Fibrose objektivierbar machen.
5. Mit per E-Mail am 01.09.2025 eingebrachter Eingabe übermittelte die Beschwerdeführerin ein Schreiben des behandelnden Arztes, der bereits im Jahr 2022 die Kapselsprengung durchgeführt habe. Für die gänzliche Heilung ihres anerkannten Impfschadens benötige es die Entfernung der Implantate inklusive der verhärteten Kapsel an der linken Brust.
6. Gemäß einer am 03.09.2025 erstellten Stellungnahme des ärztlichen Dienstes wurde nach Wiedergabe der Aktenlage ausgeführt, dass die jetzt aufgetretene Erkrankung („Breast-Implant-Illness“) als Ursache der Beschwerden und somit auch als Grund für die Implantatentfernung zu sehen sei, da entsprechend der Einschätzung nach der Kapselsprengung 2022 keine funktionelle Einschränkung mehr vorgelegen habe.
7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.09.2025 wurde der Antrag vom 30.07.2025 auf Übernahme der entstandenen Behandlungskosten gemäß § 2 Abs. 1 lit. a Z. 1 ImpfSchG abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass die angeführten Behandlungen in keinem kausalen Zusammenhang mit dem anerkannten Impfschaden stünden und auf die Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 03.09.2025 verwiesen.
8. Am 23.10.2025 gab der genannte Rechtsanwalt die bevollmächtigte Vertretung der Beschwerdeführerin bekannt und erhob fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde.
Darin führte er im Wesentlichen aus, dass die im Oktober 2022 durchgeführte Kapselsprengung nur zu einer vorübergehenden Besserung, nicht aber zu einer vollständigen Heilung geführt habe. Im Gegenteil habe sich die Fibrose zusehends verschlimmert, sodass nach fachärztlicher Indikation im Jahr 2025 die Entfernung der Implantate samt Kapsulektomie indiziert gewesen sei. Diese Operation sei medizinisch notwendig geworden, da die Kapselfibrose trotz der Intervention nach der Kapselsprengung nach wie vor bestanden habe.
Soweit ausgeführt worden sei, dass nach der Kapselsprengung 2022 keine funktionelle Einschränkung mehr vorgelegen und somit die Implantatentfernung als Operation nicht im Zusammenhang mit dem anerkannten Impfschaden zu sehen sei, liege eine offenkundige fehlerhafte rechtliche Beurteilung des Sachverhalts vor. Die vorübergehende Linderung sei nicht nachhaltig gewesen und habe sich die Kapselfibrose an der linken Seite nicht vollständig zurückgebildet, sondern habe fortbestanden. Letztlich habe sich der Grad der Erkrankung noch verschlechtert. Auch die Einschätzung, dass nach der Kapselsprengung keine funktionelle Einschränkung mehr vorgelegen habe, widerspreche den vorliegenden Befunden. So halte auch das Gutachten von Dr. XXXX vom 05.02.2024 unmissverständlich fest, dass durch die Kapselsprengung lediglich eine vorübergehende Besserung erzielt worden sei, zumal eine Kapselsprengung im Sinne einer geschlossenen Kapsulotomie in der Regel keine dauerhafte Beseitigung der Kapselfibrose bewirke. Nur bei einer vollständigen Kapsulektomie entfalle das Risiko einer neuerlichen Kapselfibrose vollständig. Es handle sich um die kontinuierliche Fortdauer des bereits anerkannten Impfschadens und entspreche dem typischen Verlauf einer chronischen Kapselfibrose. Keinesfalls könne eine neue Erkrankung angenommen werden.
In rechtlicher Hinsicht bestehe nach dem Impfschadengesetz Anspruch auf eine zweckmäßige Heilbehandlung, solange und soweit diese erforderlich sei, um die Folgen eines anerkannten Impfschadens zu beseitigen. Da die Kapselfibrose mit Bescheid vom 01.08.2024 als Impfschaden anerkannt sei und die Erkrankung seither ununterbrochen fortbestanden habe, sei dem Antrag auf Kostenübernahme stattzugeben, in eventu der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
9. Am 29.10.2025 ist der Verfahrensakt hiergerichtlich eingelangt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin und hat ihren Wohnsitz im Inland.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 01.08.2024 wurde aufgrund des Antrags der Beschwerdeführerin vom 10.08.2022 unter dessen Spruchpunkt I. die Gesundheitsschädigung „Kapselfibrose eines Brustimplantates“ gemäß §§ 1b und 3 Impfschadengesetz (ImpfSchG) als Impfschaden anerkannt und unter Spruchpunkt II. ausgesprochen, dass als Entschädigung die Übernahme der Kosten für die Behandlung zur Besserung oder Heilung des Impfschadens sowie für Maßnahmen zur Rehabilitation zu leisten sind.
Mit Bescheid vom 13.08.2024 wurden weiters aufgrund des Antrags der Beschwerdeführerin vom 26.04.2024 gemäß § 2 Abs. 1 lit. a Z. 1 ImpfSchG die entstandenen Kosten für einen aufgrund des Impfschadens erforderlichen „Brusteingriff (Kapselsprengung links)“ im Betrag von € 650,-- übernommen.
Mit Eingabe vom 30.07.2025 begehrte die Beschwerdeführerin die Übernahme nachstehender Kosten für folgende ärztliche Leistungen:
Im übermittelten Arztbrief des plastischen Chirurgen Prim. Univ. Doz. Dr. XXXX wurde wie folgt ausgeführt:
„Befund:
Bei der Patientin findet sich eine ausgeprägte Kapselfibrose an der linken Brust nach Brustvergrößerung 2010 und manueller Kapselsprengung 2022. Neben der optischen Deformierung gibt die Patientin stechende Schmerzen in der Brust an. Darüber gibt sie typische Symptome der Breast Implant Illness (BII) wie chronische Müdigkeit, Gliederschmerzen, Muskelschwäche, Aufmerksamkeitsstörungen, etc. an.
Die Probleme an der Brust traten einige Tage nach COVID-19 Schutzimpfung auf, wobei primär eine starke Schwellung bestand, welche dann schlussendlich in einer hochgradigen Kapselfibrose endete. Eine Koinzidenz zwischen COVID-19 Schutzimpfung und SARS-CoV-2 ist auf immunologische Ebene kausal nachvollziehbar und wird in der Literatur mehrfach beschrieben.
Therapievorschlag: Implantatentfernung, Kapselektomie, Kapsulotomie, partielle Kapselektomie.
Der Eingriff findet in der XXXX Privatklinik XXXX statt. Vollnarkose mit zumindest einer Nacht Aufenthalt.
Im Arztbrief wurden mehrere wissenschaftliche Quellen angegeben, die unter anderem entzündliche sowie immunologische Prozesse nach COVID-Impfungen und -Infektionen und Auswirkungen von COVID-Impfungen auf Implantate sowie insbesondere Brustimplantate zum Gegenstand hatten.
In der Stellungnahme des ärztlichen Dienstes wurde nach Wiedergabe der maßgeblichen Verfahrensunterlagen wie folgt ausgeführt:
„Da entsprechend der Einschätzung nach der Kapselsprengung 2022 keine funktionelle Einschränkung mehr vorgelegen hat, ist die jetzt aufgetretene Erkrankung, die in beiden Befunden angeführt wird, als Ursache der Beschwerden und somit auch als Grund für die Implantatentfernung zu sehen.
Somit ist die Operation nicht im Zusammenhang mit dem anerkannten Impfschaden zu sehen.“
Ein Befund wurde nicht erhoben. Eine weitere Auseinandersetzung oder eine sonstige Begründung sind nicht erfolgt.
Mit Bescheid vom 11.09.2025 wurde der Antrag vom 30.07.2025 mit nachstehender Begründung abgewiesen:
„Die angeführten Behandlungen stehen in keinem kausalen Zusammenhang mit dem anerkannten Impfschaden. Siehe dazu Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes vom 03.09.2025“
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus der Aktenlage. Insbesondere die von der Beschwerdeführerin übermittelten Unterlagen liegen im Verfahrensakt auf.
Die Feststellungen zu ihrer Staatsbürgerschaft und zu ihrem Geburtsdatum gründen auf den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister mit Stichtag 03.11.2025.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 3 Abs. 3 des Impfschadengesetzes in Verbindung mit § 88a Abs. 1 des Heeresversorgungsgesetzes, in der bis 30.06.2016 gültigen Fassung, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht gegen Bescheide nach diesem Bundesgesetz durch einen Senat, dem ein fachkundiger Laienrichter angehört. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.
Zu A) Zur Zurückverweisung der Beschwerde
Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (in der Folge VwGVG) hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,
1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm. 11.).
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 2. Satz ausgeführt hat, ist vom prinzipiellen Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auszugehen. Nach der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG kommt bereits nach ihrem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht (vgl. auch Art. 130 Abs. 4 Z 1 B-VG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) in der Sache selbst zu entscheiden.
Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im oben angeführten Erkenntnis ausgeführt hat, wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Eine Zurückverweisung ist im Einzelfall aber insbesondere dann vertretbar, wenn das Gesetz zwingend die Einholung eines Sachverständigenbeweises vorsieht und ein solcher entweder nicht eingeholt wurde (vgl. zur unterbliebenen Einholung eines nach § 8 AlVG gesetzlich vorgesehenen Sachverständigengutachtens VwGH 22.01.2024, Ra 2023/08/0159) oder der eingeholte Sachverständigenbeweis auf gänzlich untauglichen Grundlagen aufbaut (vgl. zu einem gänzlich untauglichen lärmmedizinischen Gutachten VwGH 08.08.2019, Ra 2018/04/0115).
Ein solcher Fall liegt auch im gegenständlichen Verfahren vor.
Gemäß § 3 Abs. 3 in Verbindung mit § 86 Abs. 1 des Heeresversorgungsgesetzes (HVG), in der bis 30.06.2016 gültigen Fassung sind nämlich, soweit die Berechtigung von Versorgungsansprüchen von der Beantwortung von Vorfragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen Fachwissens fallen, die laut Verzeichnis des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen bestellten ärztlichen Sachverständigen zu befragen. Im Anwendungsbereich des Impfschadengesetzes ist sohin zur Beurteilung medizinischer Vorfragen die Mitwirkung ärztlicher Sachverständiger zwingend vorgeschrieben.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss ein Sachverständigengutachten jedoch einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund besteht in der Angabe der tatsächlichen Grundlagen, auf denen das Gutachten aufbaut, und der Art, wie sie beschafft wurden. Mit anderen Worten: Befund ist die vom Sachverständigen – wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden – vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteils (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen beschafft wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht. Der Sachverständige muss also, damit eine Schlüssigkeitsprüfung seines Gutachtens vorgenommen werden kann, auch darlegen, auf welchem Wege er zu seinen Schlussfolgerungen gekommen ist. Sind andere Gutachten oder Befunde Bestandteile des Sachverständigengutachtens geworden, so müssen sie insoweit den eben dargelegten Anforderungen entsprechen, die an ein Sachverständigengutachten zu stellen sind (vgl. bereits VwGH 19.02.1992, 90/12/0140).
Das Gutachten des ärztlichen Sachverständigen darf sich nicht darauf beschränken, den ursächlichen Zusammenhang bloß zu verneinen. Der ärztliche Sachverständige hat vielmehr sein Urteil zu begründen (VwGH 18.12.2001, 2000/09/0069).
Nach den dargelegten Grundsätzen handelt es sich bei der Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 03.09.2025 um kein ärztliches Sachverständigengutachten, da dieses keinen Befund aufweist und auch nicht begründet, worauf die gezogenen Schlussfolgerungen gründen. Wird lediglich angegeben, dass aufgrund der anerkannten Gesundheitsschädigung nach der erfolgten Kapselsprengung keine funktionellen Einschränkungen vorgelegen sind, ist insbesondere nicht ersichtlich, weshalb nicht von einem – grundsätzlich denkbaren – Wiederauftreten der Erkrankung oder entsprechend dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei von einem chronischen Fortschreiten ausgegangen wurde. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass im Sachverständigengutachten von Dr. XXXX noch davon ausgegangen wurde, dass die Kapselsprengung lediglich zu einer „Besserung“ geführt hat und wurde schließlich auch in den vorgelegten Unterlagen eine „BII“ als Verdachtsdiagnose erwähnt, jedoch primär und eindeutig eine Kapselfibrose diagnostiziert. Wenn der ärztliche Dienst sohin zu einem gänzlich anderen Ergebnis gelangt, so kann dies in medizinischer Hinsicht selbstverständlich völlig zutreffend sein, doch fehlt schlicht jedwede Grundlage, um den gezogenen Schluss nachvollziehen zu können.
Gerade im Hinblick darauf, dass von der beschwerdeführenden Partei eine umfassende ärztliche Stellungnahme eingebracht wurde, welche für sich nahezu ausreichend erscheint, um dem Antrag dem Grunde nach stattgeben zu können, wird hierin doch unter Verweis auf einschlägige wissenschaftliche Literatur dargelegt, dass es sich bei der vorliegenden Erkrankung nach wie vor um das Bild eines möglichen Impfschadens handelt, die überdies innerhalb der passenden Inkubationszeit aufgetreten ist, wäre eine nachvollziehbare Auseinandersetzung jedoch umso erforderlicher gewesen.
Wenngleich zwar sicherlich nicht jeder Antrag auf Kostenübernahme eine Untersuchung der Antragsteller erfordert und zur Erledigung derartiger Anträge regelmäßig auch eine Stellungnahme des ärztlichen Dienstes ausreichend sein wird, so müssen die hierin gezogenen Schlussfolgerungen doch zumindest nachvollziehbar sein. Da dies vorliegend nach Ansicht des erkennenden Senates nicht der Fall ist, hat die belangte Behörde ihre Pflicht zur Einholung eines Sachverständigenbeweises verletzt, sodass eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG gerechtfertigt erscheint.
Im Übrigen unterlag die Behörde offenbar auch einem Rechtsirrtum, da sie davon ausging, bloß aufgrund der Verneinung eines Zusammenhanges mit der anerkannten Gesundheitsschädigung „Kapselfibrose eines Brustimplantates“ den verfahrensgegenständlichen Antrag abweisen zu dürfen. Selbst falls ein Zusammenhang mit dieser Gesundheitsschädigung nicht gegeben sein sollte, wäre nämlich zu überprüfen gewesen, ob die diesfalls vorliegende Gesundheitsschädigung, möglicherweise im Sinne eines „Breast-Implant-Syndroms“, nicht dennoch durch eine Impfung iSd §§ 1, 1a oder 1b Impfschadengesetz verursacht wurde, wurde doch im Bescheid vom 01.08.2024 lediglich über die Gesundheitsschädigung „Kapselfibrose eines Brustimplantates“ und nicht über weitere Gesundheitsschädigungen – weder stattgebend noch abweisend – abgesprochen.
Da die in diesem Falle erforderlichen Ermittlungen aufgrund einer irrigen Rechtsansicht unterblieben sind, liegt ein sekundärer Feststellungsmangel vor. Dieser Mangel, welcher zur Folge hatte, dass sämtliche Ermittlungen im Hinblick auf einen dennoch möglichen Zusammenhang unterlassen wurden, rechtfertigt ebenso die ausgesprochene Zurückverweisung.
Aus den dargelegten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte somit gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der Bescheid aufzuheben war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Es entspricht zwar der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine erforderliche Ergänzung eines Gutachtens bzw. Befragung von Sachverständigen (vgl. VwGH 26.3.2015, Ra 2014/07/0077; 9.9.2015, Ra 2014/04/0031) oder überhaupt die Notwendigkeit der Einholung eines (weiteren) Gutachtens (vgl. VwGH 30.5.2017, Ro 2015/07/0005) im Allgemeinen nicht die Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG rechtfertigen.
Die einzelfallbezogene Anwendung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG berührt unter Berücksichtigung der vom Verwaltungsgerichtshof vorgegebenen Auslegung dieser Bestimmung jedoch dann keine grundsätzliche Rechtsfrage, wenn sich das vom Verwaltungsgericht solcherart erzielte Ergebnis als vertretbar erweist (vgl. VwGH 27.4.2017, Ra 2016/12/0071, mwN). Insbesondere wenn die Einholung eines Sachverständigenbeweises gesetzlich vorgesehen ist, kann sich eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 als vertretbar erweisen (vgl. VwGH 08.08.2019, Ra 2018/04/0115 sowie 22.01.2024, Ra 2023/08/0159). Da der Sachverständigenbeweis im vorliegenden Fall nicht den grundlegendsten Ansprüchen genügte, erweist sich die ausgesprochene Zurückverweisung nach Ansicht des erkennenden Senates im vorliegenden Fall als nicht unvertretbar.
Da zudem aufgrund eines sekundären Feststellungsmangels jegliche Ermittlungen im Hinblick auf einen Zusammenhang mit einer Impfung iSd §§ 1, 1a oder 1b Impfschadengesetz unterlassen wurden, erweist sich die Zurückverweisung auch aus diesem Grund als gerechtfertigt, sodass ohnedies eine tragfähige Alternativbegründung vorliegt. Die Revision ist aber unzulässig, wenn das angefochtene Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung beruht und dieser keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu Grunde liegt (vgl. VwGH 21.10.2021, Ra 2021/04/0188, mwN)
Weder weicht somit die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Einer etwaigen Revision der beschwerdeführenden Partei stünde zudem bereits der Umstand entgegen, dass der angefochtene Bescheid antragsgemäß aufgehoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen wurde, sodass es ihr bereits an der erforderlichen Beschwer fehlt.
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