W186 2297746-1/6E W186 2297748-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Judith PUTZER über die Beschwerden der 1.) XXXX , geb. XXXX und 2.) XXXX , geb. XXXX , beide StA. Somalia, beide vertreten durch die BBU GmbH, gegen die Spruchpunkte I. der angefochtenen Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zlen. 1.) XXXX und 2.) XXXX , zu Recht:
A)
Den Beschwerden wird stattgegeben und 1.) XXXX sowie 2.) XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status von Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass 1.) XXXX und 2.) XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerinnen stellten am XXXX die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz. Die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin wurde dabei von ihrer Mutter, der Erstbeschwerdeführerin, als gesetzliche Vertreterin vertreten.
Am selben Tag gab die Erstbeschwerdeführerin vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen ihrer niederschriftliche Erstbefragung sowohl für sich selbst als auch die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin an, keine eigenen Fluchtgründe zu haben. Die Erstbeschwerdeführerin habe ihren gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz alleine deswegen gestellt, da sie denselben Schutzstatus wie auch ihr Ehemann erhalten wolle.
Mit den im Spruch genannten Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX wurden die Anträge der Beschwerdeführerinnen auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), ihnen gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihnen gemäß § 8 Abs. 5 iVm Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).
Gegen die Spruchpunkte I. dieser Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerinnen im Fall einer Rückkehr nach Somalia als alleinstehende Frauen anzusehen seien und ihnen eine (erneute) Genitalverstümmelung drohe.
Die Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und sind am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX wurde der am XXXX geborenen Tochter der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 3 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt und es wurde festgestellt, dass ihr gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Die Beschwerdeführerinnen ersuchten aufgrund dieser Asylzuerkennung im Zuge eines am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht eingelangten Schreibens darum, den von ihnen gestellten, gegenständlichen Anträgen auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten stattzugeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerinnen sind Staatsangehörige von Somalia, gehören dem Clan der Sheikhal an und bekennen sich zum Islam.
Die Beschwerdeführerinnen reisten am XXXX mit dem Flugzeug und im Besitz eines österreichischen Visums über Äthiopien legal nach Österreich ein und stellten am XXXX die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.
Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter ihrer am XXXX geborenen minderjährigen Tochter, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX gemäß § 3 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde. Zugleich ist die Erstbeschwerdeführerin auch die Mutter der minderjährigen ledigen Zweitbeschwerdeführerin.
Die Beschwerdeführerinnen sind in Österreich subsidiär schutzberechtigt und strafgerichtlich unbescholten.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit ergeben sich aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin in der Erstbefragung, aus den Beschwerdeausführungen sowie aus den im Akt einliegenden Kopien der somalischen Reisepässe der Beschwerdeführerinnen.
Die Feststellungen zur Ausreise aus Somalia ergeben sich ebenso aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin in der Erstbefragung und aus den Beschwerdeausführungen. Das Datum der Antragstellung ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zur familiären Situation der Beschwerdeführerinnen sind aufgrund der Angaben der Erstbeschwerdeführerin in der Erstbefragung, den Beschwerdeausführungen, der im Akt einliegenden Kopien der somalischen Reisepässe der Beschwerdeführerinnen sowie des im Zuge des am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht eingelangten Schreibens vorgelegten Auszugs aus dem Geburtseintrag der am XXXX geborenen Tochter der Erstbeschwerdeführerin zu treffen. Es sind zudem im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin nicht ledig ist, sodass die entsprechende Feststellung zu ergehen hat.
Die Feststellung dazu, dass die am XXXX geborene Tochter der Erstbeschwerdeführerin asylberechtigt ist, beruht auf dem entsprechenden Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .
Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit der Erstbeschwerdeführerin ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister. Die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin ist aufgrund ihres Alters strafunmündig. Dass die Beschwerdeführerinnen subsidiär schutzberechtigt sind, geht aus dem Akteninhalt hervor.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zur Zuerkennung des Status der Asylberechtigten der Erstbeschwerdeführerin:
Die Behörde hat gemäß § 34 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG 2005 aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist. Diese Bestimmung ist gemäß § 34 Abs. 5 AsylG ebenso auf Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht anzuwenden.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger der Elternteil eines minderjährigen Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten; der Ehegatte oder eingetragene Partner eines Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten, sofern die Ehe oder eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat; ein zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten und der gesetzliche Vertreter eines minderjährigen ledigen Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten sowie ein zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind, für das einem Asylwerber, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten die gesetzliche Vertretung zukommt, sofern die gesetzliche Vertretung jeweils bereits vor der Einreise bestanden hat.
Der am XXXX geborenen minderjährigen Tochter der Erstbeschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX gemäß § 3 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Die Erstbeschwerdeführerin als Mutter und sohin Elternteil dieser ist Familienangehörige einer minderjährigen Asylberechtigten gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005.
Da der minderjährigen Tochter der Erstbeschwerdeführerin der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde, ist gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 auch der Erstbeschwerdeführerin als deren Mutter der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen, zumal keine Sachverhaltselemente, die unter einen der Tatbestände des § 34 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG 2005 zu subsumieren wären, erkennbar sind.
Zur Zuerkennung des Status der Asylberechtigten der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin:
Die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin ist – im Gegensatz zur Erstbeschwerdeführerin – zwar nicht von der Legaldefinition gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 als Familienangehörige ihrer am XXXX geborenen Schwester bzw. der am XXXX geborenen Tochter der Erstbeschwerdeführerin umfasst.
§ 34 Abs. 6 Z 2 AsylG 2005 sieht jedoch vor, dass die Ableitung des Asylstatus im Wege des Familienverfahrens nicht anzuwenden ist auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten im Rahmen eines Familienverfahrens zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind. Dies ist im vorliegenden Fall gegeben, da es sich bei der Zweitbeschwerdeführerin um das minderjährige ledige Kind der Erstbeschwerdeführerin, der mit diesem Erkenntnis der Status der Asylberechtigten im Wege des Familienverfahrens zuerkannt wurde, handelt.
Ebenso ist dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 24.10.2018, Ra 2018/14/0040, hinsichtlich einer solchen Konstellation zu entnehmen, dass gemäß § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG 2005 eine nach den Bestimmungen des Familienverfahrens erfolgte Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an einen Elternteil nicht ausschließt, dass auch dessen (zumindest im Antragszeitpunkt) minderjährigen Kindern wiederum im Weg des Familienverfahrens der Status eines Asylberechtigten in Ableitung von diesem Elternteil zuerkannt werden kann.
Auch der minderjährigen ledigen Zweitbeschwerdeführerin ist daher in Ableitung von ihrer Mutter gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen, zumal keine Sachverhaltselemente, die unter einen der Tatbestände des § 34 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG 2005 zu subsumieren wären, erkennbar sind.
Soweit die Beschwerdeführerinnen in der Beschwerde auch eigene Fluchtgründe vorbringen, ist auf diese nicht näher einzugehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu bereits festgehalten, dass sich aus den Materialien zu § 34 AsylG 2005 (RV 952, 22. GP, 54) ergibt, dass § 34 AsylG 2005 der Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband dient. Ist daher einem Familienangehörigen – aus welchen Gründen auch immer – ohnedies der Status des Asylberechtigten zu gewähren, so kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe darüber hinaus vorgesehen, dass auch in diesem Fall eigene Fluchtgründe zu prüfen wären. Dies würde der vom Gesetzgeber ausdrücklich angeführten Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband entgegenstehen. Ein Recht auf originäre Zuerkennung des Status des Asylberechtigten besteht nicht (VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418).
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder aufgrund eines Antrages auf internationalem Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Den Beschwerden ist daher gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 stattzugeben und festzustellen, dass den Beschwerdeführerinnen kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 kommt einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung zu. Diese Aufenthaltsberechtigung verlängert sich kraft Gesetzes nach Ablauf dieser Zeit auf eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Aberkennungsverfahrens nicht vorliegen oder ein Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Dementsprechend verfügen die Beschwerdeführerinnen nun über eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung.
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Das ist im vorliegenden Fall gegeben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
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