IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Mag. Michael DIETRICH, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 7, gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle XXXX , vom XXXX .2025, Abt XXXX , mit dem das Verfahren über den Anspruch auf Ausgleichszulage wiederaufgenommen und der Bescheid vom XXXX .2013 hinsichtlich der Höhe der Ausgleichszulage aufgehoben wurde, nach einer am 25.08.2025 durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Mit Bescheid vom XXXX .2025, Abt./AZ: XXXX , sprach die Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle XXXX (im Folgenden: belangte Behörde oder kurz: PVA) gegenüber XXXX geb. am XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin oder kurz: BF) aus, dass 1.) das Verfahren über den Anspruch auf Ausgleichszulage wieder aufgenommen und der Bescheid vom XXXX 2025 hinsichtlich der Höhe der Ausgleichszulage aufgehoben werde und 2.) die Ausgleichszulage ab dem XXXX EUR 229,36, ab dem XXXX EUR 239,51, ab dem XXXX EUR 243,59, ab dem XXXX EUR 246,51, ab dem XXXX EUR 248,49, ab dem XXXX EUR 254,13, ab dem XXXX EUR 260,90, ab dem XXXX EUR 270,82, ab dem XXXX EUR 280,90, ab dem XXXX EUR 289,70, ab dem XXXX EUR 326,50, ab dem XXXX EUR 358,18 und ab dem XXXX EUR 374,65 betrage und sich der entstandene Überbezug an Ausgleichszulage EUR 4.166,29 betrage, der hiermit zurückgefordert werde. Der festgestellte Überbezug werde in Raten zu je EUR 63,70 von der monatlichen Leistung abgezogen.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es im Wesentlichen kurz zusammengefasst, dass dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben sei, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig sei und der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, ein falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist. Unter den gleichen Voraussetzung könne die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen erfolgen. Diese Voraussetzungen seien gegeben, weil laut Notariatsakt vom XXXX ein unentgeltliches Wohnrecht bestehe.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die bei der belangten Behörde am XXXX eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, die die BF im Wesentlichen kirz zusammengefasst damit begründete, dass sie keine der in § 69 Abs. 1 Z 1 AVG angeführten Handlungen durchgeführt habe. Insbesondere habe sie keine Urkunde gefälscht, kein falsches Zeugnis herbeigeführt bzw. sich etwas erschlichen. Sie habe mit Notariatsakt vom XXXX gemeinsam mit ihrem verstorbenen Ehegatten, DI XXXX , die Eigentumswohnung XXXX dem gemeinsamen Sohn XXXX geschenkt und sich ein Wohnungsgebrauchsrecht behalten, wobei sie die Betriebskosten zahle. Das sei ein in der Praxis gebräuchlicher Rechtsvorgang und auch keinesfalls geheim, sondern entspreche durch die Form des Notariatsakts den gesetzlichen Erfordernissen und Publizität. Die Schenkung sei als „vorweggenommener Erbanteil“ intendiert gewesen und sei ihr nicht bewusst, dass das dabei eingeräumte Wohnungsgebrauchsrecht Auswirkung auf die Ausgleichszulage haben solle, da sie dadurch keine Geldzuflüsse bezogen habe. Durch das Wohnungsgebrauchsrecht ergebe sich keine Veränderung ihrer finanziellen Situation. Stände die Wohnung weiterhin in ihrem Eigentum, müsste sie die Betriebskosten zahlen. Tatsächlich habe sie seit Ende XXXX nur mehr das Wohnungsgebrauchsrecht. Auch hier zahle sie die Betriebskosten.
3. Am XXXX brachte die belangte Behörde den Bescheid vom XXXX .2025, die dagegen erhobene Beschwerde und die Bezug habenden Akten des verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Vorlage.
4. Am 25.08.2025 wurde vor dem erkennenden Gericht im Beisein der Beschwerdeführerin, ihres Rechtsvertreters und eines Vertreters der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die am XXXX geborene Beschwerdeführerin ist nach ihrem am XXXX verstorbenen Ehegatten, DI XXXX , verwitwet.
Sie hat nie wieder geheiratet und lebt allein [PV der BF in VH-Niederschrift vom 25.08.2025, S. 4 unten].
1.2. Seit dem Tod ihres Ehegatten, DI XXXX , am XXXX bezieht sie von der Pensionsversicherungsanstalt eine Witwenpension und eine Ausgleichszulage. Selbst stand bzw. steht sie nicht im Bezug einer eigenen Pensionsleistung [PV der BF in VH-Niederschrift vom 25.08.2025, S. 3 unten und S. 4 oben].
1.2.1. Die Höhe der Witwenpension legte die belangte Behörde mit Bescheid vom XXXX , Abt./AZ: XXXX , mit EUR 581,51 (Pension in Höhe von EUR 573,47 zzgl. Höherversicherung in Höhe von EUR 8,04) monatlich fest.
1.2.2. Die Höhe der Ausgleichszulage bestimmte die PVA mit Bescheid vom XXXX , Abt./AZ: XXXX , mit EUR 256,12 monatlich.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es, dass die Ausgleichszulage in der Höhe des Unterschiedes zwischen der Summe aus Pension, dem übrigen Nettoeinkommen und den Beträgen aus Unterhaltsansprüchen einerseits und dem in Betracht kommenden Richtsatz andererseits gebühre, solange der Berechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.
1.2.2.1. Zur Feststellung der Frage, ob ihr eine Ausgleichszulage gebührt, legte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin in den Jahren XXXX und XXXX ein als „Fragebogen Ausgleichszulage“ bundeseinheitlich gestalteter Formularfragebogen vor.
Jeder der ihr vorgelegten Fragebögen enthält folgende, wörtlich wiedergegebene Erklärung, direkt über dem für die Abgabe der Unterschrift vorgesehenen Feld:
„Ich erkläre, dass ich alle Fragen wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet habe. Ich nehme zur Kenntnis, dass mich das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz verpflichtet, jede Änderung der in diesem Fragebogen gemachten Angaben innerhalb der Meldefrist bekannt zu geben und zu Unrecht erbrachte Leistungen zurückzuerstatten.
Meldehinweis: Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und die Höhe des Erwerbseinkommens sind innerhalb von sieben Tagen (Waisen binnen zwei Wochen) zu melden. Jede andere Änderung ist binnen zwei Wochen zu melden.“
1.2.2.2. Die ihr vorlegten Formularfragebögen brachte die BF der belangten Behörde jeweils ausgefüllt und von ihr eigenhändig unterschrieben am XXXX für das Jahr XXXX , am XXXX für das Jahr XXXX , am XXXX für das Jahr XXXX und am XXXX für das Jahr XXXX ausgefüllt und von ihr selbst eigenhändig unterschrieben zur Vorlage.
1.2.2.3. In sämtlichen Formularfragebögen verneinte sie die Frage zu den „sonstigen Einkünften“ auf Seite 5.
Im dafür vorgesehenen Feld mit der Bezeichnung „sonstige Einkünfte“ hätte sie allfällige Abfindungen, Alimente und Unterhaltsvorschüsse, Ehrengaben, Kapitalerträge und Sparbuchzinsen etc., Leibrentenbezüge, private Rentenzahlungen, Deputate (Lebensmittel, Kohle etc.), Taschengeld, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, ein Wohnrecht und allfällige weitere nicht angeführte Einkünfte unter gleichzeitiger Vorlage von Verträgen und Bestätigungen deklarieren müssen.
1.3. Die BF bewohnt an der Anschrift XXXX eine ca. 76 m² Wohnfläche umfassende Zweizimmerwohnung, in der sie seit der Errichtung des Wohnhauses im Jahr XXXX wohnt [PV der BF in VH-Niederschrift vom 25.08.2025, S. 4f].
1.4. Diese Wohnung übertrug sie mit Notariatsakt vom XXXX auf ihren Sohn, XXXX , geb. am XXXX , der ihr und ihrem verstorbenen Ehegatten über deren Begehren ein lebenslanges und unentgeltliches Wohnungsgebrauchsrecht an der übergebenen Wohnung einräumte.
Im Gegenzug verpflichteten sich die Beschwerdeführerin und deren Ehegatte für die aufrechte Dauer dieses Wohnungs(gebrauchs)rechts zur Zahlung der Betriebskosten sowie der anfallenden Strom- und Heizungskosten [Pkt. 4. Wohnungsrecht des Notariatsaktes vom XXXX ].
1.5. Das ihr von deren Sohn XXXX an der Wohnung mit der Anschrift XXXX eingeräumte Wohnungs(gebrauchs)recht deklarierte die Beschwerdeführerin in keinem der ihr vorgelegten Formularfragebögen, obwohl sie in Kenntnis des ihr mit Notariatsakt vom XXXX eingeräumten Wohnungs(gebrauchs)rechts war [PV der BF in VH-Niederschrift vom
Erst in einem weiteren, bei der belangten Behörde geführten Verwaltungsverfahren, das mit der gegenständlichen Ausgleichszulage in keinerlei Zusammenhang stand, brachte die Beschwerdeführerin am XXXX erstmals den Notariatsakt vom XXXX zur Vorlage [BehV in VH-Niederschrift vom 25.08.2025, S. 8 Mitte und S. 9 oben].
Erst mit dieser Urkunde erlangte die Behörde erstmals Kenntnis von dem Wohnungs(gebrauchs)recht, das ihr Sohn XXXX eingeräumt hatte [PV der BF in VH-Niederschrift vom 25.08.2025, S. 5f].
2. Beweiswürdigung:
Das Bundesverwaltungsgericht geht vom oben dargelegten, unstrittigen Sachverhalt aus, der sich unmittelbar aus der Aktenlage (Verwaltungsakten und Gerichtsakten) und aus den Angaben der BF und des Behördenvertreters in der am 25.08.2025 vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung ergibt.
Beweis wurde weiter erhoben durch den Verwaltungsakt und die darin einliegenden Schriftstücke, darunter insbesondere die Formularfragebögen „Fragebogen Ausgleichszulage“ für das Jahr XXXX und XXXX und der Notariatsakt XXXX . Auf den in den Formularfragebögen enthaltenen Angaben gründet die Feststellung, dass die BF das ihr mit Notariatsakt vom XXXX eingeräumte Wohnungs(gebrauchs)recht an der von ihr bewohnten Wohnung nicht deklariert und - wie verlangt - urkundlich nachgewiesen hat.
Es waren die entsprechenden Feststellungen zu treffen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde
3.1.1. Die hier anzuwendende Bestimmung des § 69 AVG 1991 BGBl. Nr. 51/1991 idF. BGBl. I Nr. 33/2013 lautet wie folgt:
„Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 69.
(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;
4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.“
Gemäß § 70 Abs. 1 AVG ist in dem die Wiederaufnahme bewilligenden oder verfügenden Bescheid, sofern nicht schon auf Grund der vorliegenden Akten ein neuer Bescheid erlassen werden kann, auszusprechen, inwieweit und in welcher Instanz das Verfahren wiederaufzunehmen ist.
3.1.2. Gemäß § 298 Abs. 1 ASVG ist die pensionsberechtigte Person, die eine Ausgleichszulage bezieht, verpflichtet, jede Änderung des Nettoeinkommens oder der Umstände, die eine Änderung des Richtsatzes bedingen, dem Träger der Pensionsversicherung gemäß § 40 anzuzeigen.
Gemäß § 40 Abs. 1 ASVG sind Zahlungsempfänger verpflichtet, jede Änderung in den für den Fortbestand der Bezugsberechtigung maßgebenden Verhältnissen, sowie jede Änderung ihres Wohnsitzes bzw. des Wohnsitzes des Anspruchsberechtigten, soweit im Folgenden nichts Anderes bestimmt wird, binnen zwei Wochen dem zuständigen Versicherungsträger anzuzeigen. Personen, die Anspruch haben auf Kranken- oder Wochen- oder Rehabilitations- oder Wiedereingliederungsgeld (Z 1), auf Pensionen aus der Pensionsversicherung mit Ausnahme der Ansprüche auf Knappschaftspensionen und Knappschaftssold sowie Waisenpensionen (Z 2), haben während des Leistungsbezuges jede Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, sowie die Höhe des Erwerbseinkommens und jede Änderung der Höhe des Erwerbseinkommens binnen sieben Tagen zu melden, soweit dies für den Fortbestand und das Ausmaß der Bezugsberechtigung maßgebend ist. Einkommensänderungen, die auf Grund der alljährlichen Rentenanpassung in der Kriegsopfer- und Heeresversorgung bewirkt werden, unterliegen nicht der Anzeigeverpflichtung. Gemäß § 40 Abs. 2 ASVG gilt dies gilt auch für Personen, die eine Leistung aus einem Versicherungsfall des Alters, der geminderten Arbeitsfähigkeit oder des Todes beantragt haben, wenn sie vom Versicherungsträger nachweislich über den Umfang ihrer Meldeverpflichtung belehrt wurden.
Gemäß § 298 Abs. 2 ASVG hat der Träger der Pensionsversicherung, beginnend mit dem Jahre 1976, jede pensionsberechtigte Person, die eine Ausgleichszulage bezieht, innerhalb von jeweils drei Jahren mindestens einmal zu einer Meldung seines Nettoeinkommens und seiner Unterhaltsansprüche sowie aller Umstände, die für die Höhe des Richtsatzes maßgebend sind, zu verhalten; bestehen begründete Zweifel am gewöhnlichen Aufenthalt der pensionsberechtigten Person im Inland, so hat dies mindestens einmal jährlich zu geschehen. Kommt die pensionsberechtigte Person der Aufforderung des Versicherungsträgers innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung nicht nach, so hat der Pensionsversicherungsträger die Ausgleichszulage mit dem dem Ablauf von weiteren zwei Monaten folgenden Monatsersten zurückzuhalten. Die Ausgleichszulage ist, sofern sie nicht wegzufallen hat, unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 296 nachzuzahlen, wenn der Pensionsberechtigte seine Meldepflicht erfüllt oder der Pensionsversicherungsträger auf andere Weise von der maßgebenden Sachlage Kenntnis erhalten hat.
3.2. Anlassbezogen hat die belangte Behörde den Bescheid vom XXXX .2025, mit dem sie das mit Bescheid vom XXXX XXXX abgeschlossene Verfahren wiederaufgenommen hat, erkennbar auf die Bestimmung des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG gestützt. Demnach kann ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist.
Das Gesetz verlangt nur, dass der Bescheid der Verwaltungsbehörde durch eine strafbare Handlung herbeigeführt wurde und muss diese Handlung während des Verfahrens begangen worden sein und dafür kausal sein (VwGH vom 22.03.2012, Zl. 2011/07/0228). Dabei kommt es nicht darauf an, wer die Straftat begangen hat (VwGH vom 18.10.2012, Zl. 2009/22/0084; Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, § 69 AVG, Rz. 9 mwH). Sie kann auch von einem Dritten begangen worden sein und muss nicht auf die Verfahrenspartei, zu deren Lasten das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren wiederaufgenommen werden soll, verursacht worden sein.
Die Wiederaufnahme des Verfahrens in den Fällen, in denen die Entscheidung der Behörde durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder einer anderen gerichtlich strafbaren Handlung herbeigeführt worden ist, zählt zu den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens. Der Wiederaufnahmetatbestand des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG ist Ausdruck des Grundsatzes, dass in jenen Fällen, in denen bei der Erzeugung eines Rechtsaktes ein besonders schwerwiegender Fehler unterlaufen ist, der auf strafgesetzlich verpöntem Handeln beruht, dem öffentlichen Interesse an der objektiven Rechtmäßigkeit des Zustandekommens von Rechtsakten der Vorrang vor der Rechtsbeständigkeit des betreffenden Aktes einzuräumen ist (Hengstschläger/Leeb, Ebda mit Hinweis auf VwSlg. 15606 A/2001).
Das Vorliegen einer gerichtlich strafbaren Handlung muss nicht durch ein gerichtliches Urteil erwiesen und festgestellt worden sein (VwGH vom 08.05.1998, Zl. 97/19/0132 und vom 18.02.2002, 99/10/0238). Wenn es bislang zu keiner Verurteilung durch ein Gericht gekommen ist, hat die wiederaufnehmende Behörde selbst als Vorfrage zu prüfen und zu beurteilen, ob es sich um ein gerichtlich strafbares Verhalten handelt, durch das der Bescheid herbeigeführt wurde (VwGH vom 18.02.2002, Zl. 99/10/0238). Die Begehung der Straftat muss freilich von der das Verfahren wiederaufnehmenden Behörde auf Grund der ihr vorliegenden Unterlagen als erwiesen angenommen werden, ein bloßer Verdacht, dass eine gerichtlich strafbare Handlung vorliegt, reicht nicht aus (VwGH vom 24. 03. 1988, Zl. 87/08/0298; vom 19. 4. 1994, Zl. 93/11/0271). Es muss feststehen, dass die objektive und subjektive Tatseite der gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt sind (VwGH vom 24.03.1980, 810/79 und vom 05.12.1966, 351/66) und kein Rechtfertigungsgrund vorliegt (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, § 69 Rz. 11).
Im Falle eines falschen Zeugnisses (zB eines falschen Gutachtens eines Sachverständigen) ist es für die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG erforderlich, dass die unrichtige Aussage auf Vorsatz beruht (VwGH vom 25. 09. 1990, Zl. 86/07/0071 und vom 28. 02. 2008, Zl. 2007/06/0276). Es muss sich um - iSd Strafrechts - gefälschte oder nachgemachte Urkunden (oder andere Beweismittel) handeln.
Im Gegensatz zur gerichtlich strafbaren Handlung kann vom Erschleichen eines Bescheides nur dann gesprochen werden, wenn der Bescheid seitens der Partei durch eine vorsätzliche (also schuldhafte), verpönte Einflussnahme auf die Entscheidungsunterlagen veranlasst wird (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, § 69 Rz 12 mit Verweis auf VwGH vom 08.09.1998, Zl. 98/08/0090 und vom 07.09.2005, Zl. 2003/08/0171).
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs kann eine Erschleichung nur von der Partei selbst oder von ihrem Vertreter vorgenommen werden, da im Tatbestand des „Erschleichens“ ein „Sichzuwenden“ liegt, wofür die Behörde oder ein Dritter nicht in Betracht kommt (unter vielen VwGH vom 28.09.2000, Zl. 99/09/0063; Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, § 69 AVG Rz. 12 mwH).
Das Verschweigen wesentlicher Umstände ist dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen (VwGH vom 08.06.2006, Zl. 2004/01/0470; vom 22.03.2012, Zl. 2011/07/0228; vom 23.11.2017, Ra 2017/22/0185). Dabei muss die Behörde auf die Angaben der Partei angewiesen sein und ihr nicht zugemutet werden können, von Amts wegen noch weitere, die Feststellung der Richtigkeit der Angaben dienliche Erhebungen zu pflegen. Macht die Behörde von der ihr möglichen Sachverhaltsermittlung keinen Gebrauch, schließt dieser Mangel aus, auch objektiv unrichtige Parteiangaben als ein Erschleichen des Bescheides iSd. § 69 Abs. 1 Z 1 AVG zu werten (unter vielen VwGH vom 22.03.2011, Zl. 2008/21/0428). Um den Wiederaufnahmetatbestand iSd § 69 Abs. 1 Z 1 AVG zu erfüllen, muss die Partei im Verfahren vor der Behörde das Zustandekommen der Entscheidungsgrundlagen absichtlich, d.h. vorsätzlich und nicht bloß fahrlässig (VwGH vom 28.09.2000, Zl. 99/09/0063; vom 07.09.2005, Zl. 2003/08/0171), entweder durch objektiv unrichtige Angaben oder durch Verschweigen entscheidungswesentlicher Umstände oder Tatsachen (VwGH vom 22.03.2012, Zl. 2011/07/0228) beeinflusst haben (vgl. VwGH vom 08.11.1995, Zl. 93/12/0178), um daraus einen Nutzen, sohin eine vorteilhafte Entscheidung zu lukrieren (vgl. VwGH vom 23.03.2004, Zl. 2003/01/0594).
Das Verschweigen wesentlicher Umstände ist dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen (VwGH vom 08.06.2006, Zl. 2004/01/0470 und vom 22.03.2012, Zl. 2011/07/0228), wobei von einem Verschweigen von Tatsachen nur dann gesprochen werden kann, wenn die Partei zu deren Bekanntgabe verpflichtet war, sie aber absichtlich geheim hält (VwSlg. 5812 A/1962; VwGH vom 10.04.1985, Zl. 83/09/0159).
Hat die Partei einen amtlichen Fragebogen unrichtig oder unvollständig ausgefüllt und sind dadurch der Behörde Tatsachen zunächst verborgen geblieben, bei deren Kenntnis ein anderer Bescheid ergangen wäre, kann die Behörde prima vista allein aus dem unrichtigen Ausfüllen des Fragebogens darauf schließen, dass Irreführungsabsicht vorliegt, wenn nicht Begleitumstände, wie etwa die Schwierigkeit der zu beantwortenden Frage, ihre rechtliche Komplexität oder die Uninformiertheit oder Hilflosigkeit der Partei die Vermutung nahelegen, dass sie falschen oder lückenhaften Angaben nicht wider besseren Wissens gemacht hat (VwGH vom 25.02.1988, Zl. 88/08/0027; vom 16.02.1999, Zl. 96/08/0270 und vom 18.10.2000, Zl. 98/09/0098; Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, § 69 Rz. 14).
3.3. Die Beschwerdeführerin hat nach dem Tod ihres Ehegatten, DI XXXX , am XXXX bei der belangten Behörde eine Witwenpension beantragt, deren Höhe die Behörde mit Bescheid vom XXXX mit damals monatlich EUR 581,5 festsetzte. Weiters beantragte sie die Gewährung einer Ausgleichszulage, deren Höhe die belangte Behörde mit Bescheid vom XXXX mit (damals) monatlich EUR 256,12 festsetzte.
Zur Erlangung und für den Fortbezug der Ausgleichszulage musste die Beschwerdeführerin im XXXX , sowie in der Folge alle drei Jahre ( XXXX ) einen Formularfragebogen „Fragebogen Ausgleichszulage“ ausfüllen und diesen unterfertigt an die belangte Behörde retournieren.
Beim Ausfüllen sämtlicher Formularfragebögen ließ sie den Umstand unerwähnt, dass sie mit Notariatsakt vom XXXX ihrem Sohn XXXX die seit XXXX bis laufend von ihr bewohnte und in ihrem Eigentum gestandene Eigentumswohnung an der Anschrift XXXX übergeben und er ihr gemäß Punkt 4. des Notariatsakts ein Wohnungs(gebrauchs)recht an dieser Wohnung eingeräumt hatte, dies obwohl sie genau wusste, dass sie von ihrem Sohn ein Wohnungs(gebrauchs)recht eingeräumt bekommen hatte.
Dieser Umstand hatte zur Folge, dass das der BF eingeräumte Wohnungs(gebrauchs)recht nicht als „sonstige Einkünfte“ von der belangten Behörde berücksichtigt werden konnte, was schließlich eine höhere Ausgleichszulagengewährung an sie zur Folge hatte.
Alle von der BF ausgefüllten und von ihr unterfertigten Formularfragebögen, die Ausgleichszulage betreffend, enthalten eine anzukreuzende, leicht zu findende Position „Wohnrecht“.
Erst nachdem die BF am XXXX in einem anderen, bei der belangten Behörde anhängigen Verwaltungsverfahren den Notariatsakt vom XXXX über die Schenkung der Wohnung an den Sohn vorgelegt hatte, erlangte die belangte Behörde von dieser Urkunde und der Einräumung eines Wohnungs(gebrauchs)rechts zu Gunsten der Beschwerdeführerin Kenntnis. Der Beschwerdeführerin wäre es ein Leichtes gewesen, die ihr in regelmäßigen Intervallen von der belangten Behörde zugemittelten, einfachst gestalteten Fragebögen vollständig und korrekt auszufüllen. Da sie es unterließ, in der Rubrik „sonstige Einkünfte“ das Wort „Wohnrecht“ anzukreuzen und sie sich sehr wohl bewusst war, dass ihr und ihrem verstorbenen Ehegatten mit Notariatsakt vom XXXX ein Wohnungs(gebrauchs)recht eingeräumt wurde und was dieses bedeutet, durfte die belangte Behörde schon aus dem Umstand des unvollständigen Ausfüllens der Formularfragebögen und weil anlassbezogen nichts Gegenteiliges hervorkam, auf eine Irreführungsabsicht der BF schließen. Zwar ist der BF zuzugestehen, dass es sich bei ihr um eine rechtsunkundige Person handelt, allerdings sind die in den Formularfragebögen enthaltenen Fragen so einfach und deutlich gestaltet, dass eine Beantwortung derselben weder schwierige rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts erfordern, noch für einen Rechtsunkundigen schwer zu bewerkstelligen wäre.
Hinzu kommt, dass sämtliche Fragebögen eine Belehrung über die Verpflichtung zum wahrheitsgemäßen und vollständigen Befüllen und über die gesetzlichen Folgen bei Nichtbefolgung enthalten, namentlich auch eine einfache Darstellung der sich aus § 298 Abs. 1 und § 40 ASVG ergebenden Meldepflichten enthalten, sodass die hinter den Fragebögen zur Ausgleichszulage stehende Intention für Jedermann leicht erkennbar ist.
3.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
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