IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Barbara EBNER, Bakk.phil. über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Sutterlüty, Klagian, Brändle Gisinger Rechtsanwälte GmbH, Marktstraße 4, 6850 Dornbirn gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) Landesstelle XXXX vom 29.10.2024, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen wobei der Spruch zu lauten hat wie folgt:
Frau XXXX , geb. XXXX , XXXX , XXXX , schuldet als ehemalige Geschäftsführerin von Beitragskontoinhaber(in) XXXX , XXXX , XXXX , der Österreichischen Gesundheitskasse gem. § 67 Abs. 10 Bundesgesetz vom 9. September 1955 über die Allgemeine Sozialversicherung BGBl. 189/1955 in der geltenden Fassung (in der Folge: ASVG) in Verbindung mit § 83 ASVG die zu entrichten gewesenen Beiträge samt Nebengebühren aus den Vorschreibungen für die Zeiträume November 2020 bis März 2021, Juni 2021 und November 2022 bis Februar 2022 von € 50.794,52 zuzüglich Verzugszinsen in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe, das sind ab 30.10.2024 7,88 % p.a. aus € 44.221,69.
Frau Dr. phil. Michelle Bucher ist verpflichtet, diesen Betrag binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung bei sonstigen Zwangsfolgen an die Österreichische Gesundheitskasse zu bezahlen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX , die Beschwerdeführerin (in der Folge: BF), war ehemals Geschäftsführerin der XXXX , XXXX , XXXX (im Folgenden: Primärschuldnerin). Die Primärschuldnerin wurde mit Beschluss des Landesgerichts XXXX infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst. Nach Auflösung der Gesellschaft wurde die BF mit Schreiben der Österreichischen Gesundheitskasse (im Folgenden: ÖKG, belangte Behörde) vom 18.09.2024 informiert, dass auf dem Beitragskonto der Primärschuldnerin ein Rückstand in der Höhe von € 83.572,98 aus Beiträgen samt Nebengebühren bestehe. Die BF wurde aufgefordert, die nach derzeitigen Berechnungen für die Haftung in Frage kommenden Beiträge samt Nebengebühren in Höhe von € 51.384,98 zuzüglich der gesetzlichen Verzugszinsen zu leisten. Der Haftungsbetrag ergäbe sich aus der schuldhaften Meldepflichtverletzung für die Monate November 2020 bis Januar 2023 sowie aus einer Verletzung der Gleichbehandlungspflicht in den Monaten November 2020 bis Januar 2023. Dem Schreiben war ein Rückstandsausweis (Haftungsberechnung) beigelegt. Der BF wurde Gelegenheit gegeben, die offene Forderung bis zum 02.10.2024 zu begleichen oder Tatsachen vorzubringen, die gegen eine Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG sprechen würden. Hierfür wurde der BF eine Frist von 14 Tagen eingeräumt. Das Schreiben wurde der BF nachweislich am 23.09.2024 zugestellt.
2. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der ÖGK vom 29.10.2024 wurde festgestellt, dass die BF der ÖGK gemäß § 67 Abs. 10 ASVG in Verbindung mit § 83 ASVG die zu entrichten gewesenen Beträge samt Nebengebühren aus den Vorschreibungen für die Zeiträume (diese wurden im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht genannt) in Höhe von € 50.794,52 zuzüglich Verzugszinsen in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe, das sind ab 30.10.2024 7,88 % p.a aus € 44.221,69, schulde und dass die BF verpflichtet sei, diesen Betrag binnen 14 Tagen nach Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen an die ÖGK zu bezahlen.
Die belangte Behörde führte begründend aus, die BF hafte für einen Betrag in Höhe von € 44.221,69. Aus Beitragsnachverrechnungen vom 17.05.2023 und vom 13.12.2023 ergäbe sich eine Summe von € 160,80 und würden Verzugszinsen berechnet aus € 44.221,69 bis 29.10.2024 in Höhe von € 6.412,03 aushaften. Daraus ergäbe sich die Gesamtsumme von € 50.794,52.
Das Landesgericht XXXX habe am 27.03.2023 zu Aktenzeichen XXXX ein Insolvenzverfahren über die Primärschuldnerin eröffnet. Am 30.07.2024 sei dieses wieder aufgehoben worden.
Es seien Sozialversicherungsbeiträge für den Beitragszeitraum von November 2020 bis Januar 2023 nicht ordnungsgemäß abgerechnet worden. Die BF hafte als Geschäftsführerin der Primärschuldnerin im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben der Primärschuldnerin für offene Beiträge. Die BF habe keine andere Person als Bevollmächtigte für die Einhaltung der Meldevorschriften bekanntgegeben. Das bedeute, die BF sei als Geschäftsführerin für die Einhaltung der Meldevorschriften verantwortlich. Damit hafte die BF als Geschäftsführerin für die schuldhaften Meldepflichtverletzungen.
Die Beiträge und Nebengebühren seien im relevanten Zeitraum nicht zur Gänze bezahlt worden. Die BF hafte als Geschäftsführerin der Primärschuldnerin für offene Beiträge und hätte die BF dafür sorgen müssen, dass die fälligen Beiträge aus den vorhandenen Mitteln rechtzeitig bezahlt würden. Die BF habe jedoch trotz des Schreibens vom 18.09.2024 keine Stellungnahme abgegeben. Die belangte Behörde gehe daher von einer Verletzung der Pflichten der BF aus. Die belangte Behörde nehme zudem eine Verletzung der Pflicht zur Gleichbehandlung von Gläubigern der Primärschuldnerin an, deren Forderungen zu Lasten der ÖGK befriedigt worden seien. Dies sei als Verschulden zu werten.
Die BF habe als Geschäftsführerin der Primärschuldnerin die genannten Beträge nicht termingerecht an die belangte Behörde abgeführt, obwohl dies möglich und zumutbar gewesen sei.
3. Gegen den Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 02.12.2024 fristgerecht Beschwerde erhoben und vorgebracht, die Primärschuldnerin sei im Firmenbuch des Landesgerichts XXXX als Handelsgericht zur FN XXXX eingetragen. Selbstständig vertretungsbefugte Geschäftsführer seien die BF und ihr Ehemann, XXXX , geb. am. XXXX gewesen.
Es sei richtig, dass das Landesgericht XXXX am 27.03.2023 zur GZ.: XXXX ein Insolvenzverfahren über die Primärschuldnerin eröffnet habe und dieses am 30.07.2024 wieder aufgehoben worden sei.
Der Spruch und die Begründung des angefochtenen Bescheides seien fehlerhaft. Der Spruch nehme lediglich Bezug auf „die Zeiträume“, wobei nicht erkennbar sei, um welche Zeiträume es sich handle. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides gehe nicht hervor, was mit der Formulierung „nicht ordnungsgemäß abgerechnet“ gemeint sei, insbesondere sei nicht erkennbar, welche Beträge in welchem Zeitraum aus welchen Gründen nicht ordnungsgemäß abgerechnet worden seien und für welche Beträge in Bezug auf welche Zeiträume die BF haften solle. Die belangte Behörde hätte dem angefochtenen Bescheid einen Rückstandsausweis anschließen müssen.
Zudem sei unklar, worin die belangte Behörde die Verletzung der Gleichbehandlungspflicht erblicke. Die belangte Behörde beziehe sich diesbezüglich lediglich auf das Fehlen einer entsprechenden Stellungnahme der BF. Die Abgabe einer solchen Stellungnahme sei der BF jedoch nicht möglich gewesen und könne daher keine Verletzung der Gleichbehandlung von Gläubigern abgeleitet werden.
Die BF habe mit dem zweiten Geschäftsführer, Herrn XXXX , vereinbart, dass dieser alleine für die Einhaltung der Meldevorschriften an die ÖGK verantwortlich sei. Überdies sei die XXXX bevollmächtigt worden, die Personalverrechnung zu führen. Die Aufgaben der BF seien beschränkt gewesen auf gelegentliche Ausfahrten von Waren und Mithilfe bei Engpässen in der Fertigung und war die BF vorwiegend im Verlag tätig. Die BF sei lediglich aufgrund gesundheitlicher Probleme ihres Ehegatten als Geschäftsführerin bestellt worden, um im Falle eines Ausfalles von Herrn XXXX eine Handlungsunfähigkeit der Primärschuldnerin zu vermeiden. Eine Aufforderung zu erklären, weshalb die BF nicht Sorge dafür habe tragen können, dass die Gesellschaft die fälligen Beiträge rechtzeitig bezahle, sei der BF nie zugestellt worden.
Herr XXXX habe mit der ÖGK mehrfach Stundungsvereinbarungen betreffend die vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge getroffen. Lediglich aufgrund dieser Stundungsvereinbarungen erfolgte allenfalls eine vorrangige Befriedigung von Gläubigern zu Lasten der ÖGK, wobei die Stundung einer Schuld als solche nicht gläubigerbenachteiligend sei.
Der BF sei nicht bewusst gewesen, dass sie sich in einer wirtschaftlich unsanierbaren Lage befunden habe. Die Geschäftsführer der Primärschuldnerin hätten versucht den Betrieb aufrecht zu erhalten, indem sie laufende Aufträge (wie Papierbestellungen, Kauf von Druckfarben) bedienten, wobei hierdurch das Gleichbehandlungsverbot nicht verletzt worden sei. Müsse der Geschäftsführer ex ante eine vollkommene Gleichbehandlung der Gläubiger gewährleisten, würde dies zu einer Überspannung der Sorgfaltspflichten führen (VwGH 04.09.2024, Ra 2024/08/0087). Insbesondere stellte auch die Covid-Krise die BF vor außergewöhnliche Herausforderungen. Gleichzeitig stand die BF in dieser Zeit auch vor privaten Herausforderungen aufgrund der Erkrankung ihres Ehegatten und der Pflegebedürftigkeit ihrer Eltern. Es seien jedoch im fraglichen Zeitraum alle Gläubiger quotenmäßig befriedigt worden und seien ansonsten nur Zug-um-Zug-Geschäfte abgewickelt worden.
Es seien keine Altgläubiger vor 2020 bedient worden und sei im Gegenteil die ÖGK bevorzugt worden, weil diese immer wieder Zahlungen erhalten habe und laufende Beträge in gewissen Zeiträumen vollumfänglich beglichen worden seien. Diesbezüglich würde noch ein ergänzender Schriftsatz vorgelegt werden.
Abschließend wurden die Anträge gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid aufheben und ersatzlos beheben, in eventu eine mündliche Verhandlung durchführen.
4. Die Beschwerde und der Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 27.01.2025 vorgelegt. Gleichzeitig wurde eine schriftliche Stellungnahme der belangten Behörde eingebracht und im Wesentlichen ausgeführt, dem Schreiben vom 18.09.2024 sei ein Rückstandsausweis beigelegt gewesen aus dem die Zeiträume und die Zusammensetzung der Haftungsbeträge entnommen werden konnten. Obwohl der BF eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt worden sei, habe diese weder eine Stellungnahme, noch einen Antrag auf Fristverlängerung eingebracht.
Die Primärschuldnerin sei zwei Mal einer GPLB-Prüfung unterzogen worden. Die Prüfberichte seien der Primärschuldnerin übermittelt worden und seien die Beitragsforderungen nicht bestritten und im Insolvenzverfahren anerkannt worden.
Sowohl die BF als auch ihr Ehemann, seien als Geschäftsführer für die ordnungsgemäße Buchführung verantwortlich gewesen. Voraussetzung für eine Übertragung der Verantwortung für Meldepflichten auf einen Bevollmächtigten sei, dass dieser Bevollmächtigte dem Versicherungsträger bekannt gegeben werde, was im gegenständlichen Fall nicht geschehen sei. Deshalb sei die BF gemäß § 111 ASVG für die Wahrnehmung der Melde- und Auskunftspflichten sowie für die Verpflichtung zur Abfuhr von einbehaltenen Dienstnehmerbeiträgen verantwortlich. Die Buchhaltung bzw. Personalverrechnung sei von der Steuerberatungskanzlei Daten-Treuhand-Buchführungsgesellschaft mbH geführt worden, eine Übertragung der Pflichten an einen Bevollmächtigten gemäß § 35 Abs. 3 ASVG sei der belangten Behörde jedoch nicht bekannt.
Die im konkreten Fall vorgebrachten Umständen (Pflegetätigkeiten) seien kein Grund für eine Löschung oder Abberufung aus wichtigem Grund und sei die Vertretungsbefugnis im Firmenbuch daher auch nicht gelöscht worden. Beide Ehepartner seien seit dem 22.12.2017 vertretungsbefugte handelsrechtliche Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen.
Es habe nicht die belangte Behörde nachzuweisen, dass ausreichende Mittel zur Entrichtung der Beiträge vorhanden seien, sondern hätten die BF das Fehlen ausreichender Mittel nachzuweisen gehabt. Außerdem hätte die BF darzutun gehabt, dass sie die öffentlich-rechtlichen Forderungen bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel nicht benachteiligt habe. Da die BF dieser Darlegungspflicht nicht nachgekommen sei, könne angenommen werden, dass sie ihre diesbezüglichen Pflichten nicht erfüllt habe. Die bloße pauschale Behauptung, die belangte Behörde habe immer wieder Zahlungen erhalten, sei nicht ausreichend, um eine Gleichbehandlung der Gläubiger nachzuweisen. Dies gelte ebenso für den Antrag auf Ratenzahlung. Eine Privilegierung von Gläubigern könne auch in der Barzahlung von Wirtschaftsgütern bestehen und müsse die BF nachweisen, dass alle Gläubiger gleichbehandelt worden seien.
Außerdem begründe auch der Umstand, dass Löhne der beschäftigten Dienstnehmer oder der Mietzins für die Geschäftsräumlichkeiten zur Gänze beglichen wurden, während die Sozialversicherungsbeiträge unberechtigt geblieben sind, die Annahme eines haftungsbegründenden Verschuldens bzw. die Annahme einer Pflichtverletzung des Vertreters.
Zusammengefasst wäre es die Aufgabe der BF gewesen eine Stellungnahme zu übermitteln oder persönlich vorzusprechen und hätte sie darlegen müssen, weshalb sie nicht dafür Sorge habe tragen können, dass die Gesellschaft die anfallenden Beiträge rechtzeitig entrichtet habe und in welcher Höhe die offenen Verbindlichkeiten bedient worden seien. Die BF wäre verpflichtet gewesen die entsprechende Quote sowie den Betrag zu ermitteln, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der belangten Behörde hätte gezahlt werden müssen.
5. Mit Parteiengehör vom 10.07.2025 wurde die BF vom Bundesverwaltungsgericht über ihre Rechtsvertretung aufgefordert, nachzuweisen, im fraglichen Zeitraum, in dem die Beiträge fällig geworden sind, insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet zu haben oder zwar über Mittel verfügt zu haben, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern die Beitragsschuldigkeiten - ebenso wie die Forderungen aller anderen Gläubiger - nicht oder nur zum Teil beglichen zu haben, die Beitragsschuldigkeiten also nicht in Benachteiligung des Versicherungsträgers in einem geringeren Ausmaß beglichen zu haben als die Forderungen anderer Gläubiger. Zudem wurde die Stellungnahme der ÖGK sowie der Rückstandsausweis (Haftungsberechnung) zur Aktenvorlage zur etwaigen Stellungnahme übermittelt und eine Frist von vier Wochen gewährt.
6. Mit Stellungnahme vom 23.07.2025 wurden dem Bundesverwaltungsgericht diverse Unterlagen übermittelt und ausgeführt, in den Jahren 2021 und 2022 seien Beitragszahlungen in der Gesamthöhe von rund € 74.546,00 (2021) bzw. € 55.301,00 (2022) geleistet worden. Darüber hinaus wurden die laufenden Beitragszahlungen für April und Mai 2021, Juli bis Dezember 2021 und Januar bis Oktober 2022 zur Gänze beglichen. Aus der übermittelten Aufstellung mit den Salden der Lieferantenkonten per 31.12.2020, 31.12.2021 und 31.12.2022 ergebe sich, dass die Lieferanten nicht besser, sondern wenn überhaupt schlechter gestellt wurden als die ÖGK.
In Bezug auf die größten Lieferanten wurde ausgeführt, es seien Druckmaschinen angekauft worden, wobei der Lieferant beim Zukauf vom 01.08.2022 und vom 07.07.2022 einen Eigentumsvorbehalt angemeldet habe. In Bezug auf einen Papierlieferanten sei mit Januar 2021 auf Vorauskasse umgestellt worden. Im Jahr 2019 sei eine Verbindlichkeit der XXXX über € 31.992,39 übernommen worden, wobei es sich um eine Materialfinanzierung gehandelt habe. Für die Materialbereitstellung habe die Primärschuldnerin Gutschriften erhalten, die mit dieser Verbindlichkeit verrechnet worden seien. Mit einer beauftragten Buchbinderei sei eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen worden und wurde hier vereinbarungsgemäß geleistet. Auch in Bezug auf einen weiteren Lieferanten wurde vorgebracht, es seien vereinbarungsgemäß Ratenzahlungen geleistet worden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die XXXX (Primärschuldnerin) ist eine am Sitz XXXX , XXXX zur Firmenbuchnummer XXXX am 23.11.2016 errichtete Gesellschaft mit beschränkter Haftung, über die am 27.03.2023 zur GZ.: XXXX am Landesgericht XXXX das Konkursverfahren eröffnet wurde. Mit 30.07.2024 wurde das Konkursverfahren nach durchgeführter Schlussverteilung gemäß § 139 Bundesgesetz über das Insolvenzverfahren RGBl. 337/1914 in der geltenden Fassung (in der Folge: IO) aufgehoben. Auf die ÖGK entfiel eine Quote in der Höhe von 3,523854 % zur Auszahlung. Mit Nachtragsverteilungsverfahren und -entwurf gelangte eine weitere Quote von 0,271416 % zur Auszahlung. Seit 22.12.2017 waren die BF und ihr Ehegatte, XXXX , alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Primärschuldnerin.
Die Primärschuldnerin schuldet der ÖGK Beiträge samt Nebengebühren in Höhe von € 83.572,98. In Bezug auf die BF steht eine offene Haftungssumme von € 50.794,52 zuzüglich Verzugszinsen aus.
Die von der Primärschuldnerin geschuldeten Beiträge wurden von dieser nicht fristgerecht bezahlt. Auch die zwangsweise Eintreibung der Forderung bei der Primärschuldnerin durch die belangte Behörde blieb erfolglos. Die rückständigen Beiträge sind bei der Beitragsschuldnerin uneinbringlich.
Sämtliche verfahrensgegenständliche Beitragsrückstände sind im Zeitraum entstanden, in dem die BF Geschäftsführerin der Beitragsschuldnerin war. Im Zeitpunkt des Entstehens der Rückstände war sohin die BF für die rechtzeitige und ordnungsgemäße Entrichtung der Beiträge verantwortlich.
Die BF hat weder der belangten Behörde noch dem Bundesverwaltungsgericht Unterlagen vorgelegt, aus denen ersichtlich ist, dass im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (November 2020 bis März 2021, Juni 2021, November 2022 bis Februar 2022) überhaupt keine liquiden Mittel mehr vorhanden waren oder die Forderungen der Österreichischen Gesundheitskasse und anderer Gläubiger gleichbehandelt wurden.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie in die eingebrachten Stellungnahmen im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Im erstinstanzlichen Akt finden sich folgende Beweisurkunden:
- Insolvenz-Report vom 13.01.2025 betreffend die Primärschuldnerin;
- Ratenbewilligung der belangten Behörde vom 27.10.2022, wonach die Primärschuldnerin 14 Monatsraten zu je € 2.500,00 fällig mit 20.11.2022 zu zahlen habe;
- Urgenzen betreffend die Ratenbewilligung vom 24.11.2022 und vom 23.12.2022;
- Aufhebung der Teilzahlungsvereinbarung vom 16.01.2023;
- Haftungsberechnung - Ungleichbehandlung in Form einer Excel-Tabelle mit Stand 31.12.2024 (in der gegenständlichen Entscheidung auch als Rückstandsausweis bezeichnet);
- GISA Auszug vom 13.01.2025 betreffend die Primärschuldnerin;
- Firmenbuchauszug historisch betreffend die Primärschuldnerin.
Im Anhang zur Beschwerde wurde das Anmeldungsverzeichnis der Primärschuldnerin im Verfahren des Landesgerichts XXXX zur GZ XXXX übermittelt.
Mit Stellungnahme vom 23.07.2025 übermittelte die BF dem Bundesverwaltungsgericht folgende Unterlagen:
- Kontoblätter der XXXX woraus die Beitragsrückstände per 01/2020 (Beilage 1), 01/2021 (Beilage 2) und 01/2022 (Beilage 3) hervorgehen;
- Aufstellung mit Salden der Lieferantenkonten per 31.12.2020, 31.12.2021 und 31.12.2022 (Beilage 4);
- Kontoblätter einiger ausgewählter Lieferanten (Beilagen 5 bis 9).
Die Feststellungen zur Primärschuldnerin, zur Funktion der BF und zur Quote der ÖGK im Insolvenzverfahren ergeben sich aus dem im Akt einliegenden Auszug aus dem Firmenbuch, dem GISA-Auszug bzw. der Insolvenzdatei.
Die Höhe der aushaftenden Beiträge samt Nebengebühren ergibt sich aus der im Akt befindlichen Haftungsberechnung mit Stand 31.12.2024. Die Beitragsrückstände wurden in der Beschwerde nicht substantiiert bestritten. Aus dem Vorbringen in der Beschwerde („Es sei nicht erkennbar, welche Beträge in welchem Zeitraum aus welchen Gründen nicht ordnungsgemäß abgerechnet worden seien und für welche Beträge in Bezug auf welche Zeiträume die BF haften solle.“) ergeben sich keine konkreten Einwendungen. Dass die Beitragsforderungen von der BF nicht bestritten wurden ergibt sich weiter daraus, dass ursprünglich eine Teilzahlungsvereinbarung getroffen wurde, die jedoch mangels Zahlungen wieder aufgehoben wurde und dass die Forderungen der belangten Behörde auch im Insolvenzverfahren anerkannt wurden. Es gibt daher keinen Grund, an der Richtigkeit des Rückstandsausweises der belangten Behörde zu zweifeln, zumal die Haftungsberechnung auch mit dem Parteiengehör vom 10.07.2025 an die Rechtsvertretung der BF übermittelt worden ist. Aus der Stellungnahme vom 23.07.2025 ergibt sich zudem, dass die Zeiträume in denen die Beitragsrückstände entstanden sind unstrittig sind.
Die BF hat weder der belangten Behörde noch dem Bundesverwaltungsgericht Unterlagen vorgelegt, welche eine Gläubigerungleichbehandlung ausschließen können. Dass es zu einer allgemeinen Zahlungseinstellung gekommen ist, wurde von der BF ebenfalls nicht behauptet. Sie erklärte in der Beschwerde lediglich, es seien im fraglichen Zeitraum alle Gläubiger quotenmäßig befriedigt worden und seien ansonsten nur laufende Aufträge bedient und Zug-um-Zug-Geschäfte abgewickelt worden. In einer weiteren Stellungnahme wurde ausgeführt die belangte Behörde sei, wenn überhaupt, bessergestellt worden als andere Gläubiger. Dies reicht nicht aus, um eine Gläubigergleichbehandlung nachzuweisen. Auch nach Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.07.2025, nachzuweisen, im verfahrensgegenständlichen Zeitraum insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet zu haben, oder zwar über Mittel verfügt zu haben, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern die Beitragsschuldigkeiten - ebenso wie die Forderungen aller anderen Gläubiger - nicht oder nur zum Teil beglichen zu haben, die Beitragsschuldigkeiten also nicht in Benachteiligung des Versicherungsträgers in einem geringeren Ausmaß beglichen zu haben als die Forderungen anderer Gläubiger, wurden keine aussagekräftigen Unterlagen vorgelegt.
Aus den vorgelegten Unterlagen ist nicht ersichtlich, welche insgesamt fälligen Verbindlichkeiten die Primärschuldnerin in welcher Höhe in den verfahrensgegenständlichen Monaten gehabt hat und welche dieser Verbindlichkeiten in dieser Zeit tatsächlich bezahlt worden sind. Aus den mit der Stellungnahme vom 23.01.2025 vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass die Primärschuldnerin in den Jahre 2020 bis 2022 teilweise auch Forderungen zu 100% beglichen hat (s. Salden Lieferantenkonten Beilage 4). In der erwähnten Stellungnahme führte die BF überdies selbst aus, dass mit einem Lieferanten von Druckmaschinen ein Eigentumsvorbehalt vereinbart und mit Papierlieferanten auf Vorauskasse umgestellt wurde.
Selbst wenn die BF die Meinung vertritt, sie habe in den verfahrensgegenständlichen Monaten November 2020 bis März 2021, Juni 2021 und November 2022 bis Februar 2022 alle Gläubiger zu gleichen Quoten befriedigt, so kann dies aus den übermittelten Beilage 4 (welche eine Übersicht über die Salden mehrerer Gläubiger bietet) nicht nachvollzogen werden, da dieses Dokument lediglich die Salden zu Jahresende ausweist. Die übermittelten Kontoblätter beziehen sich demgegenüber nur auf einzelne Gläubiger und kann das erkennende Gericht hieraus somit ebenfalls keine Gläubigergleichbehandlung ableiten bzw. auch nur ein stichhaltiges Indiz für die Gläubigergleichbehandlung erkennen.
Dass es zu einer allgemeinen Zahlungseinstellung gekommen ist, wurde von der BF nicht behauptet. Vielmehr hat sie vorgebracht sehr wohl Zahlungen in den fraglichen Zeiträumen geleistet zu haben.
Damit ist festzuhalten, dass die BF der Aufforderung, eine Gläubigergleichbehandlung oder allgemeine Zahlungseinstellung nachzuweisen, nicht in geeigneter Weise nachgekommen ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Nach § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Für den Eintritt der Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist also Voraussetzung, dass die rückständigen Beiträge beim Dienstgeber uneinbringlich und der Höhe nach bestimmt sind. Verfahrensgegenständlich kann die Beitragseinbringung als uneinbringlich qualifiziert werden, weil über das Vermögen der Primärschuldnerin am 27.03.2023 das Konkursverfahren eröffnet und die Gesellschaft aufgelöst wurde. Mit 30.07.2014 wurde das Konkursverfahren nach durchgeführter Schlussverteilung gemäß § 139 lO aufgehoben.
Die Uneinbringlichkeit beim Primärschuldner ist in der Regel (unter anderem) nach Abschluss eines Sanierungsplans anzunehmen, ist doch - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - davon auszugehen, dass der in der Quote nicht mehr Deckung findende Teil der Beitragsforderung uneinbringlich sein wird (vgl. VwGH vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).
Was die ziffernmäßige Bestimmtheit der Höhe des Haftungsbetrages anbelangt, so ist auf die Haftungsberechnung mit Stand 31.12.2024 zu verweisen. Der Haftungsbetrag wurde in der Haftungsberechnung näher aufgegliedert. Die Aufschlüsselung entsprach den Vorgaben des § 64 Abs. 2 ASVG, wonach der rückständige Betrag, die Art des Rückstandes samt Nebengebühren, der Zeitraum, auf den die rückständigen Beiträge entfallen, allenfalls vorgeschriebene Verzugszinsen, Beitragszuschläge und sonstige Nebengebühren anzuführen sind. Der Rückstandsausweis ist eine öffentliche Urkunde und begründet nach § 292 ZPO vollen Beweis über seinen Inhalt, also die Abgabenschuld. Aufgrund des Vorliegens des Rückstandsausweises ist sohin hinreichend bestimmt, welche ziffernmäßige Höhe der Haftungsbetrag aufweist und wie sich die Forderung konkret zusammensetzt.
Die BF war des Weiteren unstrittig seit 22.12.2017 Geschäftsführerin der Primärschuldnerin und kann somit grundsätzlich zu einer Haftung wegen Ungleichbehandlung für die gegenständliche Beitragsschuld in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen (November 2020 bis März 2021, Juni 2021, November 2022 bis Februar 2022) herangezogen werden. Somit ist zu untersuchen, ob die BF infolge schuldhafter Pflichtverletzung für die nicht einbringlichen Beitragsforderungen der ÖGK haftet.
Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Haftung des Geschäftsführers nach § 67 Abs. 10 ASVG ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung ist, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Beiträgen schuldhaft verletzt hat, wobei leichte Fahrlässigkeit genügt (vgl. etwa VwGH 25.10.2022, Ra 2021/08/0038, mwN).
Eine solche Pflichtverletzung kann u.a. darin liegen, dass der Geschäftsführer die fälligen Beiträge (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt bzw. - im Falle des Fehlens ausreichender Mittel - nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung auch der Forderungen der Gebietskrankenkasse Sorge trägt. Der Geschäftsführer wäre nur dann exkulpiert, wenn er entweder nachweist, im fraglichen Zeitraum, in dem die Beiträge fällig geworden sind, insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet zu haben, oder zwar über Mittel verfügt zu haben, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern die Beitragsschuldigkeiten - ebenso wie die Forderungen aller anderen Gläubiger - nicht oder nur zum Teil beglichen zu haben, die Beitragsschuldigkeiten also nicht in Benachteiligung des Versicherungsträgers in einem geringeren Ausmaß beglichen zu haben als die Forderungen anderer Gläubiger (vgl. aus der ständigen Judikatur etwa VwGH VwGH 11.03.2024, Ra 2022/08/0166 bis 0167, mwN).
Nach der zu § 67 Abs. 10 ASVG ergangenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs trifft den Vertreter - ungeachtet der grundsätzlich amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde - die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung seiner Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann (vgl. etwa VwGH 15.12.2023, Ra 2022/08/0056, mwN). Wenn er dabei nicht bloß ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen aufstellt, ist er zur weiteren Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern; kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht zur Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht entsprochen hat. Dabei muss der Vertreter nicht nur allgemein dartun, dass er dem Benachteiligungsverbot Rechnung getragen hat, sondern insbesondere die im Beurteilungszeitraum fälligen unberichtigten Beitragsschulden und die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten sowie die darauf jeweils geleisteten Zahlungen darlegen (vgl. etwa VwGH 26.03.2021, Ra 2021/08/0034, mwN und VwGH 19.01.2014, 2012/08/0227).
Die BF bzw. ihr Vertreter kamen dieser Verpflichtung im gegenständlichen Verfahren trotz entsprechender Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht nicht nach. Im gegenständlichen Fall wurden von der BF bzw. ihrer Rechtsvertretung keinerlei konkrete sachbezogene Behauptungen aufgestellt. Zwar wurden Kontoblätter betreffend einzelne Lieferanten übermittelt, die gesamten im Beurteilungszeitraum fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten sowie die darauf jeweils geleisteten Zahlungen wurden jedenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt. Die BF behauptete weder substantiiert die nicht vorwerfbare Unkenntnis der Rückstände noch fehlende Mittel zur Begleichung der Beitragsrückstände.
Es wäre nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH an der BF nachzuweisen, dass sie entweder im fraglichen Zeitraum insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet hat, oder zwar über Mittel verfügt hat, aber die Beitragsschuldigkeiten nicht in Benachteiligung der Gebietskrankenkasse in einem geringeren Ausmaß beglichen hat als die Forderungen anderer Gläubiger (vgl. bsp. zuletzt VwGH vom 11.03.2024, Ra 2022/08/0166).
Da die BF ihrer besonderen Mitwirkungspflicht im Verfahren trotz mehrfacher Aufforderung nicht nachgekommen ist, kann ohne weitere Ermittlungen eine schuldhafte (fahrlässige) Pflichtverletzung angenommen werden (vgl. VwGH vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).
In der Beschwerde wurde vorgebracht, die BF habe mit dem zweiten Geschäftsführer, Herrn XXXX , vereinbart, dass dieser alleine für die Einhaltung der Meldevorschriften an die ÖGK verantwortlich sei. Überdies sei die XXXX bevollmächtigt worden, die Personalverrechnung zu führen.
Der belangten Behörde ist jedoch beizupflichten, dass sowohl die BF als auch ihr Ehemann, als Geschäftsführer für die ordnungsgemäße Buchführung verantwortlich gewesen sind. Dass die BF die ihr obliegenden Pflichten gemäß § 35 Abs. 3 ASVG auf eine bevollmächtigte Person übertragen habe, wurde von dieser im gesamten Verfahren nicht behauptet.
Gemäß § 20 Abs. 1 Gesetz vom 6. März 1906, über Gesellschaften mit beschränkter Haftung RGBl. 58/1906 in der geltenden Fassung (in der Folge: GmbHG) sind Geschäftsführer einer Gesellschaft verpflichtet, alle Beschränkungen einzuhalten, die im Gesellschaftsvertrag, durch Beschluss der Gesellschafter oder in einer verbindlichen Anordnung des Aufsichtsrates für den Umfang ihrer Vertretungsbefugnis festgelegt sind. Nach Abs. 2 leg. cit. hat eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis keine rechtliche Wirkung gegenüber Dritten. Dies gilt insbesondere, wenn die Vertretung sich nur auf bestimmte Geschäfte oder Arten von Geschäften erstreckt, nur unter bestimmten Umständen oder für eine bestimmte Zeit oder an bestimmten Orten stattfinden solle oder wenn die Zustimmung der Gesellschafter, des Aufsichtsrates oder eines anderen Organs der Gesellschaft für einzeln Geschäfte erforderlich ist.
§ 25 Abs. 2 GmbHG normiert den Grundsatz der Gesamtverantwortung. Dieser gilt für eine Gesellschaft mit mehreren Geschäftsführern unabhängig von der Ausgestaltung der Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis. Die gesamtschuldnerische Haftung hat zur Folge, dass jeder Geschäftsführer der Gesellschaf für den gesamten Schaden aufkommen muss.
Ein Geschäftsführer ist verpflichtet bei Behinderung seiner Vertreterfunktion entweder im Rechtsweg die Möglichkeit der unbehinderten Ausübung seiner Funktion zu erzwingen oder seine Funktion niederzulegen und als Geschäftsführer auszuscheiden. Blieben Geschäftsführer weiterhin tätig, obwohl sie sich in ihrer Pflichterfüllung behindert sehen würden, verletzen sie dadurch ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Meldung und Entrichtung von Beiträgen (VwGH 26.11.2008, 2005/08/0200).
Die im konkreten Fall vorgebrachten Umständen (Arbeitsteilung der BF mit dem zweiten Geschäftsführer, Pflegetätigkeiten etc.) sind keine Gründe die BF aus der dargestellten Verantwortung als Geschäftsführerin zu entlassen.
Soweit in der Beschwerde ein Verschulden der BF bestritten wurde, da die XXXX bevollmächtigt worden sei die Personalverrechnung zu führen, ist festzuhalten, dass eine Auslagerung der Personalverrechnung nicht von den Pflichten als Geschäftsführerin entbindet. Zusammengefasst ist ein Verschulden der BF im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung zu bejahen, als sie zumindest verpflichtet gewesen wäre, die ordnungsgemäße Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge zu überprüfen.
Was die Kausalität der Nichtentrichtung der Beiträge für deren Uneinbringlichkeit betrifft, so liegt sie auf der Hand und bedarf keiner besonderen Begründung.
Für die Nichtentrichtung der fälligen bzw. rückständigen Beiträge ist die BF verantwortlich. Die Beiträge können infolge schuldhafter Verletzung der der BF auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden.
Da im Falle der Nichterbringung eines Nachweises der Gläubigergleichbehandlung der Vertreter der Beitragsschuldnerin konsequenterweise auch für die von der Haftung betroffenen Beitragsschulden zur Gänze haftet (vgl. nochmals VwGH, 04.10.2001, Zl. 98/08/0368), besteht die Haftung der BF für die zur Nachverrechnung gelangten Beiträge im vorliegenden Fall sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht.
Gemäß § 83 ASVG gelten die Bestimmungen über die Haftung auch für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze. Weil die Pflichtverletzung des Vertreters dafür ursächlich ist, dass der Sozialversicherungsträger die Beitragszahlungen nicht ordnungsgemäß erhalten hat, hat dieser Vertreter auch die (anteiligen) Verzugszinsen als wirtschaftliches Äquivalent für die verspätete Zahlung - wie im vorliegenden Fall - zu tragen (vgl. Derntl a.a.O., § 67 Rz 104a).
Zusammenfassend ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass die BF für die nicht abgeführten Beitragsrückstände im festgestellten Ausmaß gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haftet. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
II. 4. Absehen von der mündlichen Verhandlung:
Nach § 24 Abs. 1 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte BGBl. I. 33/2013 in der geltenden Fassung (in der Folge: VwGVG) hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Von der mündlichen Verhandlung kann im gegenständlichen Beschwerdefall gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der beteiligten Parteien, der feststehende Sachverhalt und der dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegte Akt der belangten Behörde erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem auch Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. die Entscheidung des EGMR vom 02.09.2004, Zl. 68087/01 (Hofbauer/Österreich), wo der Gerichtshof unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt hat, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jeglicher Anhörung (im Originaltext „any hearing at all“) erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder „technische“ Fragen betrifft, und in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise verwiesen hat).
Die BF hat im Rahmen des Beschwerdeverfahrens keine Unterlagen vorgelegt, die einer Beurteilung durch das Gericht und allenfalls Erörterung bedurft hätten. Die Vorlage von Kontoblättern zu einzelnen Lieferanten und Listen in denen Salden per Jahresende aufscheinen und aus denen die zumindest teilweise gänzliche Bezahlung von Verbindlichkeiten hervorgehen, stellen für das erkennende Gericht - in Zusammenschau mit der dargestellten Rechtsprechung zu den Verantwortlichkeiten der BF - keine brauchbaren Unterlagen bzw. kein derart substantiiertes Vorbringen dar, welches in einer mündlichen Verhandlung erörtert hätte werden müssen. Weiter wurde der maßgebliche Sachverhalt – nämlich die aushaftenden Beiträge - nicht substantiiert bestritten. Von einer mündlichen Verhandlung konnte daher in Anwendung von § 24 Abs. 1 und 4 VwGVG abgesehen werden.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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