Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christian Seywald in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde (ursprünglich: Berufung) vom 11. November 2009 der (damals noch nicht in Konkurs befindlichen) urpr_beschwerdeführende_Gesellschaft, FN Firmenbuchnummer, damals vertreten durch Steuerberatungsgesellschaft, gegen den Bescheid des Finanzamtes X vom 27. Oktober 2009 zu Steuernummer ***BF1StNr1***, mit welchem gemäß § 122 Abs. 1 Wirtschaftskammergesetz die Kammerumlage für 2008 mit 130.785,49 Euro festgesetzt wurde, zu Recht erkannt:
Gemäß § 279 Abs. 1 BAO wird die Beschwerde abgewiesen und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass sein Spruch lautet: "Die Bemessungsgrundlage der Kammerumlage gemäß § 122 Abs. 1 bis 6 Wirtschaftskammergesetz idF BGBl. I 153/2001 für das Jahr 2008 beträgt 43.529.528,37 €. Davon drei Promille ergeben die Kammerumlage für das Jahr 2008 in Höhe von 130.588,59 €, welche hiermit festgesetzt wird."
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Die ursprünglich berufungswerbende bzw. beschwerdeführende, damals noch nicht in Konkurs befindliche Gesellschaft (abgekürzt: ursprBf.) gab hinsichtlich des Jahres 2008 keine selbstberechneten Kammerumlage-Beträge bekannt.
Mit erklärungsgemäßem Umsatzsteuerbescheid 2008 vom 2. Dezember 2009 setzte das Finanzamt X die Umsatzsteuer der ursprBf. für das Jahr 2008 mit -13.395,89 Euro aufgrund folgender Bemessungsgrundlagen fest:
| Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und sonstige Leistungen | 1.299.908,88 € |
| Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstige Leistungen und Eigenverbrauch | 1.299.908,88 € |
| mit 20% Normalsteuersatz zu versteuernde Umsätze | 1.299.908,88 € |
| Umsatzsteuer auf die vorgenannten Umsätze | 259.981,78 € |
| Steuerschuld gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz sowie gemäß Art. 19 Abs. 1 Z 3 und Art. 25 Abs. 5 (Reverse Charge) | 43.255.900,62 € |
| Summe Umsatzsteuer | 43.515.882,40 € |
| Innergemeinschaftliche Erwerbe/Gesamtbetrag der BMGL | 2.237,67 € |
| mit 20% zu versteuernde innergemeinschaftliche Erwerbe | 855,67 € |
| mit 10% zu versteuernde innergemeinschaftliche Erwerbe | 1.382,00 € |
| Summe Erwerbsteuer | 309,33 € |
| abziehbare Vorsteuer (ohne nachfolgende Vorsteuer) | 273.318,42 € |
| Vorsteuern aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb | 309,33 € |
| Vorsteuern betreffend die Steuerschuld gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz sowie gemäß Art. 19 Abs. 1 Z 3 und Art. 25 Abs. 5 | 43.255.900,62 € |
| Berichtigungen | -59,25 € |
Die Kammerumlage für das Jahr 2008 wurde erstmals durch den angefochtenen Bescheid vom 27. Oktober 2009 mit 130.785,49 Euro aufgrund einer Bemessungsgrundlage von 43.595.163,57 Euro festgesetzt.
Mit Schreiben vom 11. November 2009 erhob die ursprBf. - hierbei vertreten durch Steuerberatungsgesellschaft - Berufung (nunmehr: Beschwerde) gegen den Bescheid zur Festsetzung der Kammerumlage für das Jahr 2008 vom 27. Oktober 2009 mit dem Begehren nach ersatzloser Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Festsetzung der Kammerumlage entsprechend § 122 Abs. 3 WKG laut beigelegten Berechnungsvorschlägen.
Aufgrund der Ergebnisse einer über die Jahre 2007 bis 2009 genannten Außenprüfung erließ das Finanzamt X einen mit 27. Jänner 2012 datierten Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2008 sowie einen gleich datierten (neuen) Umsatzsteuerbescheid 2008.
Mit Schreiben vom 27. Februar 2012 erhob die ursprBf. - hierbei vertreten durch zweiteSteuerberatungsgesellschaft - Berufung (nunmehr: Beschwerde) gegen u.a. den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2008 vom 27. Jänner 2012 und den Umsatzsteuerbescheid 2008 vom 27. Jänner 2012.
Mit Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom 7. Oktober 2021, GZ. RV/7102167/2013 wurden (u.a.)
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"der Beschwerde gegen den Bescheid zur Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2008 stattgegeben und der angefochtene Wiederaufnahmsbescheid betreffend Umsatzsteuer 2008 vom 27. Jänner 2012 gemäß ",
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"die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2008 gemäß ",
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" als gegenstandslos erklärt, weil infolge der Aufhebung des zugehörigen Wiederaufnahmsbescheides der Umsatzsteuerbescheid 2008 vom 27. Jänner 2012 nicht mehr im Rechtsbestand ist."
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}Das Bundesfinanzgericht hatte durch den damals zuständigen Richter u.a. in dem Beschwerdeverfahren betreffend Kammerumlage 2008 mit Beschluss vom 26. April 2016 beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung von § 122 Abs. 1 bis 6 Wirtschaftskammergesetz 1998 idF BGBl. I 153/2001 als verfassungswidrig beantragt. Der Verfassungsgerichtshof entschied über diesen Antrag mit Erkenntnis vom 6. März 2017, Zl. G 126/2016-12 folgendermaßen:"I. Der Antrag wird abgewiesen, soweit er sich gegen § 122 Abs. 1 bis 3 des Bundesgesetzes über die Kammern der gewerblichen Wirtschaft (Wirtschaftskammergesetz 1998 - WKG), BGBl. I Nr. 103 idF BGBl. I Nr. 153/2001, richtet.II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen."
Das Bundesfinanzgericht richtete an die ursprBf. und das Finanzamt Österreich (Rechtsnachfolger der ursprünglich belangten Behörde) einen mit 15. Dezember 2021 datierten Vorhalt. Darin wurde (u.a.) ausgeführt:"Die Beschwerden betreffend Kammerumlage 2007, 2008, 2009 und 2011 erscheinen nunmehr als entscheidungsreif. Nur betreffend Kammerumlage 2010 ist die Entscheidung des EuGH über das Vorabentscheidungsersuchen noch abzuwarten. …"Die anzuwendende Rechtslage sei einerseits durch den Verfassungsgerichtshof klargestellt worden, sodass das Bundesfinanzgericht den seitens der ursprBf. vorgebrachten verfassungsrechtlichen Argumenten nicht weiter folgen könne."Weiters ist die Rechtslage dadurch gekennzeichnet, dass das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer dem Wunsch der Beschwerdeführerin nicht entsprochen hat und nicht beschlossen hat, dass Bemessungsgrundlagen außer Betracht bleiben, damit der Beschwerdeführerin kein Wettbewerbsnachteil entstehe.Das BFG kann einen derartigen Beschluss im Sinne des § 122 Abs. 3 WKG idF BGBl. I 153/2001 nicht selbst fassen. Wenn das dafür zuständige Erweiterte Präsidium der Bundeskammer keinen Beschluss fasst, welcher dem Anliegen der Bf. entspricht, kann das BFG einen solchen Beschluss weder erzwingen noch substituieren. Das BFG kann nicht eigenmächtig Bemessungsgrundlagen außer Betracht lassen.… Die Kammerumlage wird im Sinne des § 122 Abs. 5 WKG idF BGBl. I 153/2001 kalendervierteljährlich - im Regelfall mittels Selbstberechnung und Abfuhr - erhoben. Es gibt hierfür keine Jahresveranlagung und kein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr. Jedoch kann gemäß § 201 BAO die Kammerumlage bescheidmäßig festgesetzt werden, wobei gemäß § 201 Abs. 4 BAO die Festsetzung der Kammerumlage für alle Vierteljahre (Quartale) eines Kalenderjahres in einem Bescheid erfolgen kann. Dies wurde großteils bei den angefochtenen Bescheiden so gemacht und ist auch sinnvoll, weil die Freigrenze zur Erhebung von Kammerumlage im Ausmaß von 150.000,00 € Umsatz eine Beurteilung des gesamten Kalenderjahres erfordert.… Durch das rechtskräftige Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 7. Oktober 2021, GZ. RV/7102167/2013, sind für die Umsatzsteuerveranlagungen 2007, 2008 und 1-9/2009 folgende Beträge mit Bindungswirkung fixiert, welche als Bemessungsgrundlagen Eingang in die Festsetzungen der Kammerumlage für die Jahre 2007, 2008 und 2009 finden müssten:
| 2007 | 2008 | 1-9/2009 | |
| Herkunft der nachfolgenden Beträge | [nicht relevant] | USt-Bescheid 2008vom 2.12.2009 | [nicht relevant] |
| Umsätze gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 *) | 1.299.908,88 € | ||
| Vorsteuern (ohne VSt aus igE u. Reverse Charge) **) | 273.318,42 € | ||
| Steuer aus innergemein-schaftlichem Erwerb | 309,33 € | ||
| Steuerschuld gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz sowie … (Reverse Charge) ***) | 43.255.900,62 € |
*) Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und sonstige Leistungen**) auf Grund der an das Kammermitglied von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen vom anderen Unternehmer als Umsatzsteuer geschuldete Beträge***) als Umsatzsteuerschuld … auf das Kammermitglied übergegangen… Für die Kammerumlage des Jahres 2008 ergibt sich Folgendes:Die Grenze des § 122 Abs. 5 Z 4 WKG idF BGBl. I 153/2001 (150.000,00 € Umsatz gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994) wird überschritten, weshalb die Kammerumlage für 2008 zu erheben ist.
| Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Kammerumlage 2008 | |
| Vorsteuern (ohne VSt aus igE u. Reverse Charge) | 273.318,42 € |
| Steuer aus innergemeinschaftlichem Erwerb | 309,33 € |
| Steuerschuld gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz sowie … (Reverse Charge) | 43.255.900,62 € |
| Bemessungsgrundlage für 2008 | 43.529.528,37 € |
Die Anwendung von 3 Promille auf diese Bemessungsgrundlage ergibt 130.588,59 € Kammerumlage für 2008. Die Festsetzung der Kammerumlage 2008 in dieser Höhe ist niedriger als mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. Oktober 2009 (130.785,49 €). Das Ergehen des angefochtenen Bescheides an sich ist im Sinne des § 201 Abs. 2 Z 3 BAO (kein selbstberechneter Betrag bekanntgegeben) zu bestätigen; bei der diesbezüglichen Ermessensübung spricht die Zweckmäßigkeit für die Bescheiderlassung, weil es sich um keinen geringfügigen Betrag handelt, sodass der Rechtsrichtigkeit der Vorrang einzuräumen ist; entgegenstehende Unbilligkeiten sind nicht ersichtlich. …"
Mit Schreiben vom 28. Jänner 2022 nahm die ursprBf. - hierbei vertreten durch die Rechtsanwaltsgesellschaft - zum Vorhalt des Bundefinanzgerichtes vom 15. Dezember 2021 (u.a.) folgendermaßen Stellung:"… Des weiteren ist für die Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die Beschwerden betreffend Kammerumlage 2007, 2008, 2009 und 2011 als entscheidungsreif erscheinen und führt dazu aus wie folgt:Das erkennende Gericht wendet auf die Bemessungsgrundlagen aus den Jahren 2007, 2008, 2009 und 2011 3 Promille für die Kammerumlage an.Zwar bestreitet die Beschwerdeführerin nicht, dass das erkennende Gericht einen Beschluss im Sinn des § 122 Abs 3 WKG idF BGBl. 153/2001 nicht selbst fassen kann und den Beschluss weder erzwingen noch substituieren kann, doch teilt die Beschwerdeführerin nicht die Ansicht des erkennenden Gerichts, dass dieses nicht eigenmächtig Bemessungsgrundlagen außer Betracht lassen kann.Fakt ist, dass der Beschwerdeführerin im Verfahren zur Entscheidungsfindung des Erweiterten Präsidiums der Bundeskammer keine Parteistellung zukommt. Fällt folglich das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer einen rechtswidrigen Beschluss oder unterlässt rechtswidrig die Erlassung eines Beschlusses, so führt die Unmöglichkeit der Bekämpfung der Entscheidung des Erweiterten Präsidiums der Bundeskammer in Zusammenhang mit der Unmöglichkeit des erkennenden Gerichts die Bemessungsgrundlage außer Betracht zu lassen zwangsweise zu einer Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz.Durch die Weigerung des Erweiterten Präsidiums der Bundeskammer einen Beschluss zu fassen, per welchem Teile der Bemessungsgrundlage außer Betracht bleiben, soweit dies zu einer unverhältnismäßigen Inanspruchnahme der Kammermitglieder führen würde, wird eine rechtswidrige Bemessungsgrundlage geschaffen und würde das erkennende Gericht durch die Heranziehung einer unrichtigen Bemessungsgrundlage als Entscheidungsgrundlage die eigene Entscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastenZwar hat der VfGH klargestellt, dass sich die Regelung des § 122 Abs. 1 bis 3 des Bundesgesetzes über die Kammern der gewerblichen Wirtschaft (Wirtschaftskammergesetz 1998 - WKG), BGBL I Nr. 103 idF BGBl. I Nr. 153/2001 als verfassungskonform darstellt, doch wurde nicht über die Gesetzwidrigkeit von Beschlüssen des Erweiterten Präsidiums der Bundeskammer bzw. die gesetzwidrige Unterlassung von Beschlüssen des Erweiterten Präsidiums der Bundeskammer abgesprochen. Dass die anzuwendende Rechtslage durch den VfGH klargestellt ist, wird insofern von der Beschwerdeführerin bestritten.Zu den Garantien des Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gehört die Gewährleistung, dass einem Betroffenen ein effektiver Rechtsbehelf zur Verfügung steht. In den Schutzbereich dieses Grundrechts fällt die Verletzung von (subjektiven) Rechten oder von Freiheiten, die durch Unionsrecht garantiert werden.Zu der Frage, ob die für die Einhebung der Kammerumlage zuständigen Abgabenbehörden im Einzelfall auch ohne Vorliegen entsprechender Verordnungen bzw. ohne Vorliegen entsprechender Beschlüsse des Erweiterten Präsidiums der Bundeskammer die Kammerumlage aus Gründen der Verhältnismäßigkeit herabzusetzen hätten ist letztlich die Entscheidung über das Vorabentscheidungsersuchen des EuGH abzuwarten.Zwar betrifft die Entscheidung des EuGH nur die Kammerumlage 2010, doch führt eine zustimmende Entscheidung zwangsweise zu einer Rechtslage, welche mit den nach Ansicht des erkennenden Gerichts entscheidungsreifen Kammerumlagen der Jahre 2007, 2008, 2009 und 2011 in unauflösbaren Widerspruch stehen würde.Zusammenfassend würde die Beschwerdeführerin als Kammermitglied iSd § 122 Abs. 1 bis 3 des Bundesgesetzes über die Kammern der gewerblichen Wirtschaft (Wirtschaftskammergesetz 1998 - WKG), BGBL I Nr. 103 idF BGBl. I Nr. 153/2001 durch die vom erkennenden Gericht in Aussicht gestellte Anwendung von 3 Promille Kammerumlage auf die Bemessungsgrundlage unverhältnismäßig in Anspruch genommen werden und würde dies zwangsweise zu einer vom Gesetzgeber nicht intendierten Rechtslage führen.Die Beschwerdeführerin regt aus all den oben genannten Gründen an, die Beschwerden betreffend Kammerumlage 2007, 2008, 2009 und 2011 als nicht entscheidungsreif anzuerkennen und die Entscheidung des EuGH über das Vorabentscheidungsersuchen betreffend Kammerumlage 2010 noch abzuwarten."
Der EuGH entschied über dieses Vorabentscheidungsersuchen, welches allerdings nur die Umsatzsteuer 2010 betraf und hier auch nicht indirekt relevant ist.
Mit der Ladung vom 6. Juni 2023 für die mündliche Verhandlung am 11. Juli 2023 teilte das Bundesfinanzgericht den Parteien auch Folgendes mit:"… Soweit das Ergehen der angefochtenen Bescheide durch Erfüllen eines der Tatbestände des § 201 Abs. 2 BAO zu bestätigen wäre, wird eine Ermessensentscheidung darüber nötig sein, ob das Ergehen der Bescheide zu bestätigen ist oder nicht. Dieses Thema kann in der mündlichen Verhandlung erörtert werden"
Am 11. Juli 2023 wurde in der mündlichen Verhandlung zusätzlich vorgebracht:
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"Seitens der ursprBf.: Die Höhe der Kammerumlage für das Jahr 2008 sei unverhältnismäßig, weil die ursprBf. die Dienste der Wirtschaftskammer nicht in dieser Höhe in Anspruch genommen habe. Der Gesetzestext sei so aufzufassen, dass bei einer Unverhältnismäßigkeit die Umlage auch ohne Beschluss des erweiterten Präsidiums der WKO nicht in der unverhältnismäßigen Höhe festzusetzen sei. Eine unverhältnismäßige Höhe der Kammerumlage sei durch das Ermessen im Sinne der ",
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"Seitens der Amtspartei: Die Erhebung der Kammerumlage für 2007, 2008 und 2011 sei gesetzlich vorgesehen. Die Unverhältnismäßigkeit sei durch den Verfassungsgerichtshof schon abgehandelt worden. Eine unverhältnismäßige Höhe der Kammerumlage sei nicht durch das Ermessen im Sinne der ",
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"lösbar."
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}
}Das Bundesfinanzgericht gab mit Erkenntnis vom 24. August 2023 der Beschwerde vom 11. November 2009 - soweit sie gegen den Bescheid vom 27. Oktober 2009 über die Festsetzung der Kammerumlage für 2008 gerichtet ist - statt und hob diesen Bescheid gemäß § 279 Abs. 1 BAO ersatzlos auf; im wesentlichen mit folgender Begründung: Das Ergehen des angefochtenen Bescheides sei durch die Erfüllung eines der Tatbestände des § 201 Abs. 2 BAO erfolgt. Die Formulierung in § 201 Abs. 2 BAO, wonach die Festsetzung erfolgen "kann", bedeute das Erfordernis einer Ermessensübung, um das Ergehen des jeweiligen Bescheides schließlich zu bestätigen oder den jeweiligen Bescheid aufzuheben.
Das gesamte Konzept des § 201 BAO (seit BGBl. I 97/2002) sei darauf angelegt, die Selbstbemessung einem "Bescheid des Abgabenschuldners an sich selbst" gleichzusetzen. Aus dem Vorbringen der ursprBf. in Verbindung mit Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes zu Härtefällen resultiere, dass zu untersuchen sei, ob der Fall der ursprBf. einen Härtefall darstelle bzw. darstellen würde. Denn dies wäre zutreffendenfalls ein Umstand, der gemäß dem umfassend formulierten § 20 BAO bei der Ermessensübung zu berücksichtigen wäre. Zur Härtefall-Beurteilung sei zunächst festzuhalten, dass die ursprBf. - abgesehen von den zeitweise enormen Beträgen an übergegangener Steuerschuld (Reverse Charge) - einen Kleinbetrieb mit ca. fünf Beschäftigten geführt habe. In den Körperschaftsteuerbescheiden für 2008 vom 2. Dezember 2009 bzw. vom 27. Jänner 2012 seien die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 505.996,54 € bzw. 470.081,54 € angegeben. Angesichts der Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Jahres 2008 würde die Festsetzung der für das Jahr 2008 errechneten Kammerumlage in Höhe von 130.588,59 € zu einem Härtefall führen. Die Festsetzung der Kammerumlage für 2008 in dieser materiell richtigen Höhe würde zu einer Ungleichmäßigkeit der Besteuerung führen, weshalb sie unbillig wäre und nur in geringem Ausmaß zweckmäßig wäre, denn nur die Einbringung der Abgaben - nicht aber die Gleichmäßigkeit der Besteuerung - spräche als zweckmäßig für die Abgabenfestsetzung. Insgesamt ergebe die Ermessensübung durch das Bundesfinanzgericht aufgrund der genannten Umstände, dass der Kammerumlage-Bescheid für 2008 nicht bestätigt, sondern stattgebend aufgehoben werde.
Das Finanzamt Österreich erhob Revision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 24. August 2023. Der Verwaltungsgerichtshof hob dieses Erkenntnis im angefochtenen Umfang (Kammerumlage 2008) mit seinem Erkenntnis vom 4. September 2025, Ra 2023/13/0155-8, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf. In seiner Begründung folgte der Verwaltungsgerichts der Ansicht des Bundesfinanzgerichtes bis dahin, dass die Festsetzung der Kammerumlage 2008 im Ermessen liege und dass sich die Ermessensübung am Zweck der Norm zu orientieren habe. Jedoch habe das Bundesfinanzgericht sein Ermessen aus folgenden Gründen nicht im Sinne des Gesetzes geübt:
"[24] Die Ermessensübung hat sich (wovon auch das Bundesfinanzgericht ausgeht) am Zweck der Norm zu orientieren (vgl. VwGH 13.10.2022, Ra 2022/13/0090, mwN). Bei der erstmaligen Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben ist dabei vor allem der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu berücksichtigen (vgl. VwGH 26.5.2023, Ra 2022/15/0090).[25] Nach den Gesetzesmaterialien zum AbgRmRefG (IA 666/A 21. GP) dient die Neufassung des § 201 BAO primär der Harmonisierung der Rechtswirkungen (insbesondere im Bereich des Rechtsschutzes) von Selbstberechnungen und von Veranlagungsbescheiden. Es solle ein "Gleichklang mit der bei einem durch Bescheid abgeschlossenen Verfahren geltenden Rechtslage" bewirkt werden (vgl. auch VwGH 19.10.2016, Ra 2014/15/0058, mwN).[26] Die Gesetzesmaterialien behandeln insoweit den Fall, dass kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird (§ 201 Abs. 2 Z 3 erster Fall BAO), nicht konkret. Mangels Bekanntgabe eines selbstberechneten Betrags (und somit mangels wirksamer Selbstbemessung) liegt insoweit auch keine mit einem durch Bescheid abgeschlossenen Verfahren vergleichbare Situation vor. Ermessenskriterien im Sinne der - in den Gesetzesmaterialien erwähnten - Maßnahmen nach § 299 BAO oder nach § 303 BAO können daher in dieser Situation nicht herangezogen werden.[27] Die Festsetzung einer Abgabe, die nicht der Selbstbemessung unterliegt, kann aber nach § 206 Abs. 1 BAO ganz oder teilweise unterbleiben. Wenn nach § 201 Abs. 2 Z 3 erster Fall BAO eine Festsetzung (auch) in dem Fall, in dem kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird, (nur) erfolgen "kann" (also nicht zu erfolgen hat; vgl. hingegen z.B. § 11 Abs. 3 KommStG), so sind nach dem Zweck der Norm des § 201 Abs. 2 Z 3 erster Fall BAO (hier) für die Ermessensentscheidung jene Kriterien heranzuziehen, die einer Festsetzung nach § 206 BAO entgegenstehen können.[28] Dass insoweit eine Situation vorläge, die mit den Tatbeständen des § 206 Abs. 1 lit. a oder lit. c BAO vergleichbar wäre, nimmt auch das Bundesfinanzgericht nicht an. Wenn es aber unter Hinweis auf einen "Härtefall" auf die wirtschaftliche Lage der Revisionswerberin (etwa auf die in den Körperschaftsteuerbescheiden ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in den Jahren 2007 bis 2011) und auf den Umstand verweist, dass es sich bei der Revisionswerberin um einen "Kleinbetrieb" mit nur wenigen Beschäftigten handle, so ergibt sich daraus nicht, dass (zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts) mit Bestimmtheit angenommen werden könnte, dass der Abgabenanspruch gegenüber der Revisionswerberin (vgl. zur Berücksichtigung allfälliger Haftungspflichtiger VwGH 22.10.2024, Ra 2024/13/0002) nicht durchsetzbar sein werde (§ 206 Abs. 1 lit. b BAO). Ob ein Fall einer persönlichen Unbilligkeit (iSd § 236 BAO) vorläge oder ob - wie die Darlegungen der mitbeteiligten Partei allenfalls auch zu verstehen wären - im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eingetreten wäre (vgl. dazu z.B. Ritz/Koran, BAO8, § 236 Tz 11), ist im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen."
Über die ursprBf. ist im Juni 2024 Konkurs eröffnet und bis dato nicht wieder aufgehoben worden.
Da der Verwaltungsgerichtshof der Revision im angefochtenen Umfang, d.h. betreffend Kammerumlage 2008) stattgegeben hat, muss das Bundesfinanzgericht mit den ihm "zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand" herstellen ( § 63 Abs. 1 VwGG).
Eine Ausnahme könnte nur der Fall einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage bilden (vgl. VwGH 19.1.2017, Ro 2016/06/0014, Rechtssatz 2; vgl. auch Gruber in Götzl et al., Verfahrensrecht der VwG2, § 63 VwGG Rz 1).
Die Bindung an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes ist laut Schick, Die Rechtswirkungen der Entscheidungen des VwGH in Holoubek/Lang, Das Verfahren vor dem VwGH [2015], so zu verstehen, dass § 63 Abs. 1 VwGG nur für den betreffenden Fall eine generelle Norm schaffe, die sich aus der der Rechtsanschauung des VwGH entsprechend modifizierten maßgeblichen Rechtsvorschrift ergebe. Damit werde einerseits dem Gedanken Rechnung getragen, dass das Verwaltungsgericht nicht einfach das Erkenntnis des VwGH vollziehe, andererseits werde damit das Verständnis der Grenzen der Bindungswirkung erleichtert. Die umfangreiche Judikatur des VwGH dazu, woran im einzelnen Bindung besteht (hierzu vgl. auch Zorn, Rechtswirkungen des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses im fortgesetzten Verfahren, in Holoubek/Lang, Das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Steuersachen [1999]), ist laut Schick aaO auf das neue System der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit zu übertragen. Bindung besteht
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"an die tragende Rechtsanschauung (Tenor und Begründung);"
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}Aus den zuvor zitierten Ausführungen von Schick kann geschlossen werden, dass die maßgebende Rechtsanschauung des VwGH sogar dann den Maßstab für die rechtliche Würdigung im fortgesetzten Verfahren, d.h. die nur für den vorliegenden Fall geschaffene generelle Norm darstellen würde, wenn sie dem Gesetzeswortlaut widerspräche. Dies ist hier aber ohnehin nicht der Fall, weil die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes eine Interpretation innerhalb des Wortsinnes der Gesetzestexte darstellt.
Eine Änderung der Rechtslage (d.h. rückwirkend für das Streitjahr 2008 erfolgte Gesetzesänderung) hat nicht stattgefunden.
Der vom Verwaltungsgerichtshof angenommene Sachverhalt, wonach zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes im August 2023 keine Situation vorlag, welche § 206 Abs. 1 vergleichbar gewesen wäre, entspricht der Realität. Die Aktiva in der Bilanz der ursprBf. zum 30. September 2023, welche zuletzt beim Firmenbuch eingereicht worden ist, haben 663.172,66 Euro betragen.
Für die nunmehr im November 2025 vom Bundesfinanzgericht wiederum vorzunehmende Beurteilung hat sich die Sachlage geändert: Laut Ediktsdatei / Insolvenzdatei ist über die ursprBf. im Juni 2024 der Konkurs eröffnet worden. Dies ergibt im Umkehrschluss, dass keine Abweisung des Konkursantrags mangels kostendeckenden Vermögens erfolgt ist. Im Hinblick auf § 206 Abs. 1 lit. b BAO kann daher nicht mit Bestimmtheit davon ausgegangen werden, dass die Gläubiger keine Quote erhalten werden; d.h. es kann nicht mit Bestimmtheit davon ausgegangen werden, dass der Abgabengläubiger den Abgabenanspruch bzw. auch nur einen Teil davon, nicht durchsetzen wird können. Auf die vom Verwaltungsgerichtshof angesprochene Durchsetzung des Abgabenanspruches gegenüber allfälligen Haftungspflichtigen braucht daher nicht eingegangen werden.
Die streitgegenständliche Kammerumlage 1 ist in § 122 Abs. 1 bis 6 Wirtschaftskammergesetz 1998 (WKG) in der Fassung (idF) durch BGBl. I 153/2001, welche für den Kammerumlage-Streitzeitraum 2008 anzuwenden ist, sowie in allfälligen - in diesen Gesetzesbestimmungen vorgesehenen - Beschlüssen des Erweiterten Präsidiums der Bundeskammer geregelt.
§ 122 Abs. 1 WKG idF BGBl. I 153/2001 enthält einleitend folgenden ersten Satz: "Zur Bedeckung der in den genehmigten Jahresvoranschlägen vorgesehenen und durch sonstige Erträge nicht gedeckten Aufwendungen der Landeskammern und der Bundeskammer kann von den Kammermitgliedern eine Umlage nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme eingehoben werden; die Verhältnismäßigkeit ist auch an dem Verhältnis zwischen den Umlagebeträgen und der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreisen zu messen."
Bei der im ersten Satz von § 122 Abs. 1 WKG idF BGBl. I 153/2001 angesprochenen Inanspruchnahme handelt es sich um die verhältnismäßige Inanspruchnahme der Kammermitglieder mit der Umlage. Angesichts des zweiten Halbsatzes deutet nichts darauf hin, dass die Umlage nach dem Verhältnis der Inanspruchnahme der Leistungen der Kammer durch die Mitglieder zu regeln wäre, denn eine solche Verhältnismäßigkeit wäre nicht am Verhältnis zwischen den Umlagebeträgen und der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreisen zu messen.
Der zweite Satz von § 122 Abs. 1 WKG idF BGBl. I 153/2001 betrifft Gesellschaften nach bürgerlichem Recht und ist daher hier nicht relevant.
§ 122 Abs. 1 WKG idF BGBl. I 153/2001 ab dem dritten Satz lautet: "Die Umlage ist in einem Tausendsatz zu berechnen von jenen Beträgen, die
1. auf Grund der an das Kammermitglied für dessen inländische Unternehmensteile von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen vom anderen Unternehmer, ausgenommen auf Grund von Geschäftsveräußerungen, als Umsatzsteuer geschuldet werden,
2. als Umsatzsteuerschuld auf Grund der an das Kammermitglied für dessen Unternehmen von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen auf das Kammermitglied übergegangen ist,
3. auf Grund der Einfuhr von Gegenständen für das Unternehmen des Kammermitglieds oder auf Grund des innergemeinschaftlichen Erwerbs für das Unternehmen des Kammermitglieds vom Kammermitglied als Umsatzsteuer geschuldet werden.
Der Tausendsatz beträgt für die Bundeskammer 1,3 vT und für alle Landeskammern einheitlich 1,9 vT der Bemessungsgrundlagen gemäß Z 1 bis 3. Das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer kann jeweils geringere Tausendsätze beschließen."
Die Bemessungsgrundlage gemäß § 122 Abs. 1 WKG idF BGBl. I 153/2001 ab dem dritten Satz ist im Regelfall, in welchem es keine Ausschlüsse vom Vorsteuerabzug gibt, im Ergebnis die Summe von
1) der abziehbaren Vorsteuer (ohne nachfolgend genannte Vorsteuerbeträge) und
2) der aufgrund Reverse-Charge auf den Unternehmer übergegangenen Steuerschuld bzw. der im Regelfall in gleicher Höhe abziehbaren diesbezüglichen Vorsteuer und
3a) der Einfuhrumsatzsteuer [hier nicht relevant] und
3b) der Steuer auf innergemeinschaftliche Erwerbe bzw. der im Regelfall in gleicher Höhe abziehbaren diesbezüglichen Vorsteuer.
Das Erweiterte Präsidium der Wirtschaftskammer Österreich hat am 27. November 2002 beschlossen, dass der Umlagensatz für die Bundeskammer mit 1,2 vT und der Umlagensatz für die Landeskammern einheitlich mit 1,8 vT festgesetzt wird. Folglich beträgt der Umlagensatz für die Kammerumlage (KU 1) insgesamt 3 Promille der Bemessungsgrundlage.
§ 122 Abs. 3 WKG idF BGBl. I 153/2001, auf den sich das Beschwerdebegehren u.a. stützt:"(3) Das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer kann beschließen, dass Teile der Bemessungsgrundlagen außer Betracht bleiben, soweit deren Berücksichtigung in einzelnen Berufszweigen zu einer unverhältnismäßigen Inanspruchnahme der Kammermitglieder führen würde. Dies gilt auch für die Zuordnung von einzelnen Gruppen von Kammermitgliedern zu einer Bemessungsgrundlagenermittlung im Sinne des Abs. 2, die an steuerbarem Umsatz anknüpft." [Anm.: Dieser Abs. 2 betrifft Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen.]
Es sind (zumindest bis zum Ende des Streitzeitraumes) nur derartige Beschlüsse des Erweiterten Präsidiums der Bundeskammer betreffend Mineralölwirtschaft ersichtlich.
Das Bundesfinanzgericht kann einen Beschluss im Sinne des § 122 Abs. 3 WKG idF BGBl. I Nr. 153/2001 nicht selbst fassen. Im Übrigen fällt die Wirtschaftskammer unter die (sonstige) Selbstverwaltung gemäß Art. 120a bis 120c B-VG.Wenn das dafür allein zuständige Erweiterte Präsidium der Bundeskammer keinen Beschluss fasst, welcher dem Anliegen der ursprBf. entspricht, kann das Bundesfinanzgericht einen solchen Beschluss weder erzwingen noch substituieren. Da es keinen auf die ursprBf. anwendbaren Beschluss des Erweiterten Präsidiums der Bundeskammer im Sinne des § 122 Abs. 3 WKG idF BGBl. I 153/2001 gibt, sind die Bemessungsgrundlagen der Kammerumlage für die Streitjahre nur nach dem WKG zu ermitteln.
Der einleitende erste Satz von § 122 Abs. 1 WKG idF BGBl. I 153/2001 ist nicht konkret genug, um eine Bemessungsgrundlage ermitteln zu können. Er ist weniger speziell als die Regelung ab dem dritten Satz von § 122 Abs. 1 WKG idF BGBl. I 153/2001, aufgrund welcher eine Bemessungsgrundlage konkret ermittelt werden kann. Nach der Regel, wonach die speziellere Bestimmung der allgemeineren Bestimmung vorgeht (lex specialis derogat legi generali), ist die Bemessungsgrundlage gemäß der Regelung ab dem dritten Satz von § 122 Abs. 1 WKG idF BGBl. I 153/2001 zu ermitteln. Es ist nicht möglich, gestützt auf den ersten Satz leg.cit. die Kammerumlage auf Basis einer im Einzelfall - wie auch immer - verhältnismäßigen, angemessenen - Bemessungsgrundlage zu ermitteln und festzusetzen.
Der Verfassungsgerichtshof hat den vom Bundesfinanzgericht in Sachen der ursprBf. gestellten Normprüfungsantrag mit Erkenntnis vom 6. März 2017, Zl. G 126/2016-12 abgewiesen, soweit er sich gegen § 122 Abs. 1 bis 3 WKG gerichtet hat.
In einem anderen Verfahren hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 15. März 2017, E 213/2016-14, G 73/2016-12, K I 1/2016-14 (Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde, Zurückweisung der Anträge) begründend u.a. ausgeführt:[Randzahl 24] "… Der von der antragstellenden Gesellschaft angestrebte Beschluss des Erweiterten Präsidiums der Bundeskammer gemäß § 122 Abs. 3 WKG wäre angesichts seiner Eigenschaft als von einer Verwaltungsbehörde erlassene Rechtsnorm mit generell-abstraktem Adressatenkreis als Verordnung zu qualifizieren. …"[Randzahl 12] "- Im Erkenntnis VfSlg. 14.072/1995, das noch zu § 57 HKG ergangen ist, hat der Verfassungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass es grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt, an welche Kriterien er bei der Bemessung der Umlage anknüpft, und dass es dem Gesetzgeber - auch wenn dadurch Härtefälle entstehen können - nicht verwehrt ist, den Umsatz als eine von mehreren Berechnungsgrundlagen zur Festsetzung der Kammerumlage heranzuziehen (vgl. dazu auch VfGH 6.3.2017, G 126/2016)."[Randzahl 13] "- In § 122 Abs. 3 WKG wird ein Antragsrecht auf Erlassung einer Verordnung zweifelsfrei nicht eingeräumt. Die Einräumung eines Antragsrechts, das einen den subjektiven Verfahrensrechten der Bescheiderlassung vergleichbaren Anspruch auf Verordnungserlassung gewährleistet, ist in diesem Zusammenhang verfassungsrechtlich nicht geboten. Anders als im Fall der Anerkennung einer Religionsgesellschaft …"
Somit ist die von der ursprBf. kritisierte Situation, dass ihr kein Rechtsmittel zur Erzwingung eines Beschlusses des Erweiterten Präsidiums der Bundeskammer zur Verfügung steht, nicht verfassungswidrig. Das von der ursprBf. vorgebrachte Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz besteht nach österreichischer Rechtslage nicht als explizites allgemeines Grundrecht, sondern (Traußnigg, JAP 2020/2021/9)
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}Die Kammerumlage fällt nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts. Sie fällt als Abgabe (Steuer) nicht unter civil rights (zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen) vgl. Grabenwarter/Frank, Art 6 EMRK Rz 4. Hinsichtlich Art. 13 EMRK werden keine konkreten verletzen Rechte und Freiheiten vorgebracht; es sind auch keine ersichtlich; das Recht auf Eigentum beeinträchtigt das Recht des Staates zur Sicherung der Zahlung der Steuern nicht (Art. 1 Abs. 2 des 1. ZPEMRK).
Die Kammerumlage ist laut EuGH 19.2.1998, C-318/96, nicht europarechtswidrig.
§ 122 Abs. 5 WKG idF BGBl. I 153/2001 bestimmt über die Erhebung der Umlage: "(5) Die Umlage gemäß Abs. 1 und 2 ist von den Abgabenbehörden des Bundes nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erheben:
1. Die für die Umsatzsteuer geltenden Abgabenvorschriften sind mit Ausnahme des § 20 Abs. 1 vierter Satz und des § 21 UStG 1994 sinngemäß anzuwenden.
2. Der zu entrichtende Umlagebetrag ist kalendervierteljährlich selbst zu berechnen und spätestens am fünfzehnten Tag des nach Ende des Kalendervierteljahres zweitfolgenden Kalendermonats zu entrichten. Bei der Berechnung der Umlage für das jeweils letzte Kalendervierteljahr sind Unterschiedsbeträge, die sich zwischen den berechneten Vierteljahresbeträgen und dem Jahresbetrag der Umlage ergeben, auszugleichen. Ein gemäß § 201 BAO, BGBl. Nr. 194/1961, in der jeweils geltenden Fassung, festgesetzter Umlagenbetrag hat den vorgenannten Fälligkeitstag.
3. Ist auf dem amtlichen Formular für die Umsatzsteuererklärung die Angabe des Jahresbetrages der Umlage vorgesehen, so ist dieser Jahresbetrag in der Umsatzsteuererklärung bekannt zu geben.
4. Von Kammermitgliedern, deren Umsätze gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, BGBl. Nr. 663/1994, jährlich 150 000 Euro nicht übersteigen, wird die Umlage nicht erhoben.
5. Über Rechtsmittel, mit denen die Umlagepflicht dem Grunde oder dem Umfang nach bestritten wird, hat der Präsident der Landeskammer zu entscheiden. Solche Rechtsmittel gelten als Berufungen gemäß § 128 Abs. 3."
Die Abgabenbehörden des Bundes (Finanzämter) sind lediglich mit der Erhebung der dem Grunde nach bereits festgelegten Umlage betraut. Ihnen wurde vom (Materien-)Gesetzgeber keine Möglichkeit eingeräumt, Teile der Bemessungsgrundlagen außer Ansatz zulassen bzw. Kürzungen der Kammerumlage durchzuführen (vgl. UFS 26.11.2004, RV/0603-W/04 mit Verweis auf VwGH 30.1.2003, 99/15/0112). Dies gilt auch für das Bundesfinanzgericht, welches bei seinen Entscheidungen ebenfalls an diese Rechtslage gebunden ist.
Dem Vorbringen der ursprBf., die Kammerumlage gemäß § 122 Abs. 1 erster Satz bzw. Abs. 3 WKG idF BGBl. I 153/2001 entsprechend ihren Vorschlägen festzusetzen, kann daher nicht entsprochen werden.
Aus § 122 Abs. 5 Z 1 WKG idF BGBl. I 153/2001 iVm § 20 Abs. 1 vierter Satz und § 21 Abs. 4 UStG 1994 folgt, dass die umsatzsteuerrechtlichen Bestimmungen über die Veranlagung und einen vom Kalenderjahr abweichenden Veranlagungszeitraum nicht anzuwenden sind. Die Kammerumlage ist also eine Selbstberechnungsabgabe ohne bescheidmäßige Jahresveranlagung. Gegebenenfalls ist die Kammerumlage gemäß § 201 BAO festzusetzen. Da die Kammerumlage für jedes Kalendervierteljahr selbst zu berechnen und zu entrichten ist, erfolgen allfällige Festsetzungen der Kammerumlage gemäß § 201 BAO grundsätzlich für jeweils ein Kalendervierteljahr mit folgender Ausnahme gemäß § 201 Abs. 4 BAO:"(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen."
Der angefochtene Bescheid ist ein Abgabenbescheid im Sinne des § 198 BAO. Da die strittige Kammerumlage als Selbstberechnungsabgabe ausgestaltet ist, dürfen Bescheide zur Festsetzung der Kammerumlage nur unter den Voraussetzungen des § 201 BAO erlassen werden.
Die "erstmalige" (ansonsten gäbe es bereits einen Bescheid) Festsetzung einer Selbstbemessungsabgabe kommt gemäß § 201 Abs. 1 BAO in Betracht, "wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist."
Gemäß § 201 Abs. 2 BAO "kann" - wenn kein selbstberechneter Betrag bekanntgegeben wird oder sich die Selbstberechnung als nicht richtig erweist - die erstmalige Festsetzung erfolgen, welche im Ermessen liegt,
"1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,
4. [aufgehoben durch BGBl. I Nr. 20/2009 mit Wirkung ab 1. November 2009; hatte Widersprüche zu zwischenstaatlichen Vereinbarungen oder EG-Recht betroffen]
5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden."
Gemäß § 201 Abs. 3 BAO "hat" die erstmalige Festsetzung zu erfolgen, d.h. sie liegt nicht im Ermessen, aufgrund folgender Tatbestände:"1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,2. [aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2013; hatte die sinngemäße Anwendung der Regeln für beantragte Wiederaufnahmen betroffen]3. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden."
Der erklärungsgemäße Umsatzsteuerbescheid 2008 vom 2. Dezember 2009 ist infolge der Aufhebung des Bescheides über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2008 vom 27. Jänner 2012 durch das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 7. Oktober 2021, GZ. RV/7102167/2013, wieder im Rechtsbestand. Er weist einen Umsatz iSd § 1 Abs. 1 Z 1 UStG (Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und sonstige Leistungen) iHv 1.299.908,88 € aus. Im Jahr 2008 ist folglich die Freigrenze des § 122 Abs. 5 Z 4 WKG idF BGBl. I 153/2001 (150.000,00 €) überschritten. Daher ist materiell-rechtlich die Kammerumlage für 2008 zu erheben, sofern dies verfahrensrechtlich umsetzbar ist.
Für 2008 wurden keine selbstberechneten Beträge bekanntgegeben. Daher ist der - zeitlich nur durch die (zumindest fünfjährige Verjährungsfrist) begrenzte - Tatbestand des § 201 Abs. 2 Z 3 erster Fall BAO erfüllt und der angefochtene Bescheid ist dem Grunde nach zu Recht ergangen. Es ist unmittelbar erkennbar, dass die Kammerumlage für 2008 im Jahr 2009 noch nicht verjährt war.
| Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Kammerumlage 2008: | |
| Vorsteuern (ohne VSt aus igE u. Reverse Charge) | 273.318,42 € |
| Steuer aus innergemeinschaftlichem Erwerb | 309,33 € |
| Steuerschuld gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz sowie … (Reverse Charge) | 43.255.900,62 € |
| Bemessungsgrundlage für 2008 | 43.529.528,37 € |
Die Anwendung von 3 Promille auf diese Bemessungsgrundlage ergibt 130.588,59 € Kammerumlage für 2008.
Das Ergehen des angefochtenen Bescheide über die Festsetzung der Kammerumlage für 2008 wurde auf die Erfüllung eines der Tatbestände des § 201 Abs. 2 BAO (und zwar Z 3 erster Fall) gestützt. Die Formulierung in § 201 Abs. 2 BAO, wonach die Festsetzung erfolgen "kann", bedeutet, dass die strittige erstmalige Festsetzung der Kammerumlage für 2008 "im Ermessen der Abgabenbehörde bzw. des Verwaltungsgerichtes" liegt (RN 22 von VwGH 4.9.2025, Ra 2023/13/0155 mit Bindungswirkung).
"Die Ermessensübung hat sich (…) am Zweck der Norm zu orientieren (…). Bei der erstmaligen Festsetzung von Selbstbemessungabgaben ist dabei vor allem der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu berücksichtigen (…)" (RN 25 von VwGH 4.9.2025, Ra 2023/13/0155 mit Bindungswirkung).
"Ermessenskriterien im Sinne der - in den Gesetzesmaterialien erwähnten - Maßnahmen nach § 299 BAO oder nach § 303 BAO können daher in dieser Situation nicht herangezogen werden." (RN 26 von VwGH 4.9.2025, Ra 2023/13/0155 mit Bindungswirkung).
"… so sind nach dem Zweck der Norm des § 201 Abs. 2 Z 3 erster Fall BAO (hier) für die Ermessensentscheidung jene Kriterien heranzuziehen, die einer Festsetzung nach § 206 BAO entgegenstehen können." (RN 27 von VwGH 4.9.2025, Ra 2023/13/0155 mit Bindungswirkung).
Aus RN 28 von VwGH 4.9.2025, Ra 2023/13/0155 geht mit Bindungswirkung hervor, dass die Heranziehung dieser Kriterien auf eine Vergleichbarkeit der Situation mit den Tatbeständen des § 206 Abs. 1 BAO abstellt, wobei hier keine vergleichbare Situation zu den Tatbeständen der lit. a und c leg.cit vorliegt und eine vergleichbare Situation zum Tatbestand der lit. b nur vorliegt, wenn mit Bestimmtheit angenommen werden kann, dass der Abgabenanspruch nicht durchsetzbar sein werde. Nicht geeignet ist das Abstellen auf "Härtefall", "Kleinbetrieb", "persönliche Unbilligkeit (iSd § 236 BAO)" oder ob "im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eingetreten wäre."
Der Zweck der gegenständlichen Normen (§ 122 WKG iVm § 201 BAO) ist die Erhebung der Kammerumlage. Dieser Zweck kann nur durch die bescheid-(bzw. erkenntnis-)mäßige Festsetzung der Kammerumlage erreicht bzw. zumindest angestrebt werden. Die Festsetzung in der Höhe, wie sie sich aus Gesetz und Verordnung (Beschluss des Erweiterten Präsidiums der Wirtschaftskammer Österreich vom 27. November 2002 über die Herabsetzung der Umlagesätze) ergibt, dient der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, welche anhand der zwingenden Normen und nicht anhand anderer Überlegungen zu beurteilen ist.Die Auswirkung der Festsetzung der Kammerumlage beträgt 130.588,59 €. Dies ist nicht geringfügig, sodass daraus keine Unzweckmäßigkeit resultiert.Insgesamt spricht die Zweckmäßigkeit deutlich für die Festsetzung der Kammerumlage für das Jahr 2008.
Da nicht mit Bestimmtheit davon ausgegangen werden kann, dass die Kammerumlage für das Jahr 2008 zur Gänze uneinbringlich sein wird, ist der Tatbestand des § 206 Abs. 1 lit. b BAO nicht erfüllt. Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Tatbestände des § 206 Abs. 1 lit. a oder c BAO erfüllt sein könnten. Aus § 206 Abs. 1 BAO resultieren hier folglich keine Kriterien, welche im Sinne des Verwaltungsgerichtshofes bei der Ermessensübung zu berücksichtigen wären.
Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die "Angemessenheit in bezug auf berechtigte Interessen der Partei" (Ritz/Koran, BAO8, § 20 Rz 7). Der Wunsch der ursprBf. nach Erhebung der Kammerumlage in einer niedrigeren Höhe als laut Tarif bzw. gar keiner Erhebung ist kein berechtigtes Interesse.Relevante Unbilligkeiten aufgrund der Festsetzung der Kammerumlage für 2008 nicht nicht erkennbar.
Sohin wird das Ermessen dahingehend geübt, dass die Kammerumlage für das Jahr 2008 festgesetzt wird.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. (Art. 133 Abs. 4 B-VG)
Soweit die Rechtslage nicht ohnehin durch die Bindungswirkung an das aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes determiniert ist, ist die Rechtslage klar und eindeutig. Somit war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen, weshalb die Revision nicht zulässig ist, selbst dann, wenn zu der anzuwendenden Norm noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053; VwGH 27.8.2014, Ro 2014/05/0007; VwGH 27.8.2014, Ra 2014/05/0010; VwGH 1.9.2015, Ra 2015/08/0093; VwGH 6.4.2016, Ro 2016/16/0006, RNr. 10).
Nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen sind keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. VwGH 23.9.2014, Ro 2014/01/0033; VwGH 20.12.2017, Ro 2016/10/0021). Daher ist die vorgenommene Ermessensübung, deren Grundlagen ohnehin großteils durch die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes vorgegeben sind, nicht revisibel.
Wien, am 14. November 2025
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