Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj in der Beschwerdesache ***1***, gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich, GZ. 2024-0.191.509, vom 28.5.2024, betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung des Zuzugsfreibetrages gemäß § 103 Abs. 1a EStG, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Mit Eingabe vom 22.2.2024 beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) die Zuerkennung des pauschalen Zuzugsfreibetrages gemäß § 103 Abs. 1 a EStG 1988. Er sei seit 8.1.2024 bei der ***2*** AG als "Senior Project Leader R&D Methodology" beschäftigt. Im Hinblick darauf, dass er im Rahmen dieser Anstellung überwiegend in Forschung und experimenteller Entwicklung tätig sei, die an ihn von seinem Dienstgeber seit 8.1.2024 ausgezahlten Vergütungen prämienbegünstigte Forschungsaufwendungen iSd. § 108c Abs. 1 EStG 1988 darstellen und das für den Erhalt der Blauen Karte EU erforderliche Bruttojahresgehalt übersteigen würden, sei sein Zuzug jedenfalls im öffentlichen Interesse Österreichs gemäß § 2 Abs. 2 Z3 ZBV 2016 gelegen.
Mit Bescheid vom 28.5.2024 wies die belangte Behörde den Antrag auf Gewährung des Zuzugsfreibetrages gemäß § 103 Abs. 1 a EStG 1988 ab. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem vorgelegten Tätigkeitsnachweis vom 29.4.2024 zu entnehmenden Aufgaben des Bf. nicht überwiegend dem Bereich Forschung und experimenteller Entwicklung zuzuordnen seien und somit die an den Bf. zu bezahlenden Vergütungen keine prämienbegünstigten Forschungsaufwendungen iSd. § 108c Abs. 1 EStG 1988 darstellen würden. Insgesamt liege daher keine überwiegend wissenschaftliche Tätigkeit iSd. § 2 Abs. 1 Z 1 ZBV 2016 vor.
Mit der gegen diesen Bescheid rechtzeitig eingebrachten Beschwerde legte der Bf. einen weiteren Tätigkeitsnachweis seines Arbeitgebers vom 19.6.2024 vor und führte ergänzend aus, dass sein Zuzug nach Österreich unter der im § 103 Abs. 1a genannten Voraussetzungen einer "zugesicherten Zuzugsbegünstigung" erfolgt sei sowie dass seine Tätigkeit bei der ***2*** AG den hierfür notwendigen Voraussetzungen entspreche.
Mit Beschwerdevorentscheidung wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.
Mit Eingabe vom 9.12.2024 beantragte der Bf. die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und brachte ergänzend lediglich vor, dass die ***2*** AG in der Forschung und Entwicklung weltweit eines der führenden Unternehmen in der elektronischen Chip Entwicklung sei, an welcher der Bf. einen essentiellen Teil mittrage. Forschungsergebnisse wie die erste 300-mm-Galliumnitrid (GaN)-Wafer-Technologie für die Leistungselektronik würden diese hohe Forschungsentwicklung beweisen. Da aufgrund der Bestätigung der ***2*** AG feststehe, dass die zu bezahlenden Vergütungen Aufwendungen iSd. § 108c Abs. 1 EStG darstellten, entspreche die Vorgangsweise, mit welcher die Tätigkeit des Bf. im Hinblick auf ihre Zuordenbarkeit zu Forschung und experimentellen Entwicklung in Frage gestellt werde, nicht der ZBV 2016, welche nach Ansicht des Bf. der Verfahrensbeschleunigung diene.
Die belangte Behörde legte dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde zur Entscheidung vor.
Der Bf. ist im Sinne des § 103 EStG 1988 am 22.12.2023 nach Österreich zugezogen.
Die arbeitsvertraglich vorgesehene Tätigkeit des Bf. (vgl. Punkt 4 des Dienstvertrages mit der vom 24.10.2023) besteht in der Position eines "Senior Project Leader R&D Methodology" in der ***2*** AG.
Der Bf. ist für die Leitung von Entwicklungsprojekten im Bereich der Halbleiterchipentwicklung verantwortlich. Er beschäftigt sich insbesondere mit Methodikentwicklungen in diesem Bereich, die zu weiteren Verbesserung der automatisierten Messdatenverarbeitung führen sollen. Zudem leitet der Bf. Projekte im Bereich der modularen Schaltungsentwicklung.
In seiner Rolle ist der Bf. mit folgenden Aufgabenbereichen betraut (vgl. Tätigkeitsnachweis der ***2*** AG vom 29.4.2024):
Projektinitialisierung, Kundenmanagement, Projektplanung, Risikomanagement, operative Kostenanalyse, Abweichungsmanagement, Projektteamführung von diversen und interkulturellen Projektgruppen, internationale Kommunikation und projektstatusreporting an unterschiedliche Managementhierarchien.
Darüber hinaus ist er mit der Beobachtung von bestehenden Ineffizienzen, der Formulierung von Lösungsansätzen, der Durchführung von kontrollierten Experimenten und Pilotstudien, der Datenerhebung und -analyse sowie Datenauswertung sowie der Dokumentation und Kommunikation der Ergebnisse verantwortlich und beschäftigt sich mit der Software-Entwicklung für Forschung und experimentelle Entwicklung, die zur weiteren Verbesserung der automatisierten Messdatenverarbeitung führen soll (vgl. Tätigkeitsnachweis der ***2*** AG vom 19.6.2024).
Der Bf. war nach seinem Zuzug nach Österreich nicht überwiegend wissenschaftlich tätig.
Die Feststellungen betreffend Zuzugszeitpunkt ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und sind insoweit unstrittig. Die Feststellungen zur Tätigkeit des Bf. ergeben sich insbesondere aus dem Sideletter zum Dienstvertrag vom 24.10.2023, dem Tätigkeitsnachweis vom 29.4.2024 sowie dem Tätigkeitsnachweis vom 16.6.2024 und sind ebenfalls unstrittig.
Zur Feststellung, dass der Bf. nicht überwiegend wissenschaftlich tätig war:
Aus dem vorgelegten Tätigkeitsnachweis 29.4.2024 lässt sich in keiner Weise ableiten, dass die Tätigkeit des Bf. bei der ***2*** AG tatsächlich überwiegend wissenschaftlich ist. Vielmehr sind die die darin beschriebenen Tätigkeiten des Bf. überwiegend dem Bereich des Managements zuzuordnen.
Im weiteren Tätigkeitsnachweis vom 19.6.2024 wird erstmals ausgeführt, dass der Bf. sich mit Software-Entwicklung für Forschung und experimentelle Entwicklung, die zur weiteren Verbesserung der automatisierten Messdatenverarbeitung führen soll, beschäftigt.
Dabei zeichnet sich die Software-Entwicklung nach den Angaben des Bf. dadurch aus, dass Prototypen gebaut und Pilotstudien durchgeführt werden müssen, um die theoretischen Ansätze in praktische Anwendungen überführen zu können. Wenn der Bf. nun ausführt, eine solche Pilotstudie durchgeführt zu haben, bei der er eine technische Umstrukturierung der Komponenten einer nicht kritischen Softwareanwendung vorgenommen hat, um das Wissen über die Kompatibilität mit der internen Infrastruktur zu erweitern und notwendige Änderungen während der Produktentwicklung zu klären und damit Datenbankmigration zu optimieren, so zeigt er damit weder das vom Verwaltungsgerichtshof für das Vorliegen von Forschung und Entwicklung geforderte Hervorkommen signifikanter Neuerungen noch die Beseitigung wissenschaftlicher und technologischer Unsicherheiten auf (vgl. VwGH 30.9.2018, Ro 2014/15/0018). Vielmehr gibt er damit zu erkennen, dass es sich lediglich um Änderungen an einer intern bereits bestehenden Software handelt, welche mit dem Ziel vorgenommen wurden, Prozessabläufe zu optimieren und die Kompatibilität mit bereits existierender Software zu gewährleisten. Softwareentwicklung hingegen muss zu Problemlösungen beitragen, die einen wissenschaftlichen und/oder technologischen Fortschritt darstellen, um der Forschung und experimentellen Entwicklung zugerechnet werden zu können. Die routinemäßige Herstellung von Software stellt keine Forschung und experimentelle Entwicklung dar.
Darüber hinaus kommt auch dem Umstand besondere Bedeutung zu, ob die aus einer angewandten Forschung neu gewonnenen Erkenntnisse/Lösungen von allgemeiner Gütligkeit und insbesondere für mehr als nur eine Organisation von Interesse sind (vgl. VwGH 30.9.2018, Ro 2014/15/0018).
Im Hinblick auf den Dienstvertrag und die Tätigkeitsnachweise sowie mangels Vorlage konkreterer Nachweise für eine überwiegende Tätigkeit im Bereich der Forschung und experimentellen Entwicklung geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass der Bf. entsprechend seines Aufgabenbereiches bei der ***2*** AG in der Position des "Senior Project Leader R&D" nicht überwiegend wissenschaftlich im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 ZBV 2016 tätig war.
1. Gesetzesgrundlage
§ 103 Abs. 1a EStG 1988 in der idgF lautete:
"Bei Personen, deren Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft oder Forschung dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist, kann der Bundesminister für Finanzen, unabhängig von der Gewährung einer Begünstigung gemäß Abs. 1 aufgrund des Zuzugs für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt des Zuzugs einen Freibetrag in Höhe von 30% der zum Tarif besteuerten Einkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit festsetzen. Wird der Freibetrag gewährt, können daneben keine weiteren Betriebsausgaben, Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen, die im Zusammenhang mit dem Zuzug stehen, geltend gemacht werden."
2. Zuzugsbegünstigungsverordnung
§ 2 der Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016 (ZBV 2016), BGBl. II Nr. 261/2016, lautet auszugsweise:
"Wissenschaft und Forschung
§ 2. (1) Der Zuzug hochqualifizierter Personen aus dem Ausland dient der Förderung von Wissenschaft und Forschung und ist aus diesem Grund im öffentlichen Interesse gelegen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
1. Die Tätigkeit der zuziehenden Person im Bereich der Wissenschaft und Forschung besteht überwiegend in einer wissenschaftlichen Tätigkeit (einschließlich der universitären Erschließung und Entwicklung der Künste). Eine Tätigkeit ist als wissenschaftlich anzusehen, wenn sie auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten (Forschung und experimentelle Entwicklung).
[…]"
Voraussetzung für die Gewährung einer Begünstigung gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 iVm " § 2 Abs. 1 Z 1 ZBV 2016 ist daher, dass die Tätigkeit der zuziehenden Person überwiegend eine wissenschaftliche Tätigkeit darstellt.
Danach ist eine Tätigkeit als wissenschaftlichen anzusehen, "wenn sie auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten". Diese Definition der wissenschaftlichen Tätigkeit deckt sich mit der Definition von Forschung und experimenteller Entwicklung in der Forschungsprämienverordnung.
Gemäß den Feststellungen schloss der Bf. am 29.4.2024 einen Dienstvertrag mit der ***2*** AG ab, wonach der Bf. als "Senior Project Leader R&D Methodology" eingestellt wurde. Den übermittelten Tätigkeitsnachweisen vom 29.4.2024 und 19.6.2024 lässt sich keine überwiegend wissenschaftliche Tätigkeit des Bf. entnehmen. Auch mit den ergänzenden Ausführungen zu den vorgelegten Tätigkeitsnachweisen gelingt dem Bf. kein Nachweis für die Zuordnung seiner Tätigkeit in den Bereich der Forschung und experimentellen Entwicklung.
Gemäß dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt lag daher keine überwiegend wissenschaftliche Tätigkeit vor, weswegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 schon aus diesem Grund nicht vorlagen.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da entscheidungswesentlich die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes war, liegen die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor.
Wien, am 3. Juli 2025
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