Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie den Hofrat Dr. Schwarz und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Prendinger, über die Revision des B S, vertreten durch MMag. Dr. Stephan Vesco, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Taubstummengasse 17/4, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 18. Oktober 2024, Zl. VGW 151/105/6068/2023 83, betreffend Wiederaufnahme von Verfahren nach dem NAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid vom 8. Februar 2023 nahm die belangte Behörde (Landeshauptmann von Wien) das aufgrund eines Antrages des Revisionswerbers, eines indischen Staatsangehörigen, auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte vom 21. Jänner 2016 rechtskräftig positiv abgeschlossene Verfahren sowie das aufgrund von dessen Antrag vom 20. Mai 2019 (datiert mit 15. Mai 2019) mit Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot Weiß Rot Karte (plus)“ (§ 55 Abs. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz [NAG]) rechtskräftig positiv abgeschlossene Verfahren gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 3 AVG von Amts wegen wieder auf. Unter einem wies die belangte Behörde den Antrag des Revisionswerbers vom 21. Jänner 2016 in Verbindung mit der Feststellung, dass er nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts falle, (u.a.) gemäß § 54 Abs. 1 und Abs. 7 NAG zurück sowie dessen Antrag vom 20. Mai 2019 und dessen (bislang bescheidmäßig noch nicht erledigten) Antrag vom 11. November 2021 (datiert mit 9. November 2021) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot Weiß Rot Karte (plus)“ gemäß (u.a.) § 24 Abs. 1 NAG ab.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers (insbesondere mit der Maßgabe, dass dessen Antrag vom 21. Jänner 2016 in Verbindung mit der in § 54 Abs. 7 NAG vorgesehenen Feststellung u.a. nach der zuletzt genannten Bestimmung zurückgewiesen werde, dessen am 20. Mai 2019 eingelangter Antrag ebenfalls zurückgewiesen werde, das gemäß § 55 Abs. 3 NAG von Amts wegen geführte Verfahren eingestellt und ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 Abs. 5 NAG nicht erteilt werde) als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
3 Das Verwaltungsgericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass es sich bei der zwischen dem Revisionswerber und einer polnischen Staatsangehörigen im Jahr 2015 geschlossenen und im Jahr 2019 geschiedenen Ehe, auf die er sich im Zusammenhang mit den gegenständlichen Verfahren vor der belangten Behörde berufen habe, um eine Aufenthaltsehe gehandelt habe.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die sich unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B VG als unzulässig erweist.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 In der Zulässigkeitsbegründung wird zunächst eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. ein Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Vorliegen einer Aufenthaltsehe im Sinn von § 30 Abs. 1 NAG „trotz Bestehen von Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft“ geltend gemacht.
9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung einer Aufenthaltsehe die Absicht des Fremden entscheidend, wie der angestrebte Aufenthaltstitel bzw. die angestrebte Aufenthaltskarte zu nutzen ist, d.h. ob der Fremde die Führung eines gemeinsamen Familienlebens im Sinn von Art. 8 EMRK beabsichtigt (vgl. VwGH 10.9.2018, Ra 2018/22/0167; VwGH 2.11.2023, Ra 2023/22/0137; VwGH 20.2.2024, Ra 2023/22/0184; VwGH 4.3.2024, Ra 2021/22/0223; VwGH 22.10.2024, Ra 2023/22/0039, jeweils mwN). § 30 Abs. 1 NAG stellt auf das Nichtführen eines gemeinsamen Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK ab und nicht auf den „ausschließlichen“ Zweck der Erlangung einer fremdenrechtlichen Berechtigung (siehe dazu VwGH 2.11.2023, Ra 2023/22/0137; VwGH 25.5.2021, Ra 2020/22/0096).
10 Wenn daher das Verwaltungsgericht in der gegenständlichen Konstellation das Vorliegen einer Aufenthaltsehe deshalb bejahte, weil der Revisionswerber keine Absicht gehabt habe, die ihm im Frühjahr 2016 ausgestellte Aufenthaltskarte tatsächlich für die Führung eines gemeinsamen Familienlebens mit seiner polnischen Ehegattin zu verwenden, was auch alsbald dazu geführt habe, dass diese Österreich wieder verlassen habe, wirft diese Einschätzung im Revisionsfall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.
11 Was weiters die in der Zulässigkeitsbegründung bekämpfte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts betrifft, hat der Verwaltungsgerichtshof schon generell klargestellt, dass im Zusammenhang mit der Überprüfung der Beweiswürdigung eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG nur dann vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung ist nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorgangs, nicht aber um die konkrete Richtigkeit handelt, sowie wenn es darum geht, ob die in diesem Denkvorgang gewürdigten Beweisergebnisse in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt wurden (vgl. anstatt vieler VwGH 18.10.2024, Ra 2024/22/0098, Rn. 8, mwN).
12 Eine derartige Unvertretbarkeit der verwaltungsgerichtlichen Beweiswürdigung vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Fallbezogen kam das Verwaltungsgericht nach Durchführung zweier Verhandlungstermine sowie der Einvernahme des Revisionswerbers, seiner ehemaligen polnischen Ehegattin und eines Zeugen auf Basis nicht als unschlüssig zu erkennender Überlegungen zum Ergebnis, dass der Revisionswerber keine Absicht gehabt habe, mit seiner polnischen Ehegattin tatsächlich ein Familienleben zu führen.
13 Soweit der Revisionswerber darüber hinaus Ermittlungs- und Feststellungsmängel rügt, genügt der Hinweis, dass in der Zulässigkeitsbegründung die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel nicht dargelegt wird (vgl. etwa VwGH 22.2.2018, Ra 2018/22/0037, mwN).
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 5. März 2025
Rückverweise