Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm und den Hofrat Dr. Faber sowie die Hofrätin Dr. in Oswald als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 4. Februar 2025, Zl. LVwG AV 66/002 2025, betreffend Auskunft aus der Zulassungsevidenz (mitbeteiligte Partei: Mag. E S in H), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Eingabe vom 5. Jänner 2025 beantragte der Mitbeteiligte bei der belangten Behörde unter Bezugnahme auf § 47 Abs. 2a des Kraftfahrgesetzes 1967 - KFG 1967, ihm die „Daten des Fahrzeughalters“ eines nach Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeuges bekannt zu geben. Der Mitbeteiligte, ein Betreiber einer Tankstelle, begründete den Antrag damit, am 4. Jänner 2025 um 10:15 Uhr habe „ein Kunde“ mit seinem PKW mit näher bezeichnetem Kennzeichen an seiner Tankstelle getankt, aber nicht bezahlt. Der Mitbeteiligte führte in seinem Antrag weiter aus, er gehe davon aus, dass der Kunde die Tankstelle nicht vorsätzlich ohne Bezahlung verlassen habe, weshalb er in diesem Fall zunächst keine Anzeige erstatten, sondern die Angelegenheit „kundenfreundlich“ regeln wolle.
2 Mit Bescheid vom 16. Jänner 2025 wies die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht und nunmehrige Revisionswerberin den Antrag des Mitbeteiligten auf Auskunft aus der Zulassungsevidenz gemäß § 47 Abs. 2a KFG 1967 als unbegründet ab.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde statt und dem Antrag des Mitbeteiligten Folge. Es sprach aus, dass die belangte Behörde die beantragten Auskünfte zu erteilen habe, und dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 In der Entscheidungsbegründung führte das Verwaltungsgericht aus, der Mitbeteiligte habe glaubwürdig angegeben, der im verfahrenseinleitenden Antrag genannte PKW sei an der von ihm betriebenen Tankstelle betankt worden, ohne dass bezahlt worden sei. Damit habe der Mitbeteiligte gemäß § 47 Abs. 2a KFG 1967 ein rechtliches Interesse an der Auskunftserteilung glaubhaft gemacht. Einem Tankstellenbetreiber bleibe zumal nur das Kraftfahrzeug durch das Kennzeichen eindeutig bestimmbar sei zur Verfolgung seiner Rechte keine andere Möglichkeit als vorerst davon auszugehen, dass der Lenker auch gleichzeitig Zulassungsbesitzer sei oder dieser den Lenker zumindest benennen könne. Auch der Eigentümer und/oder Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Kraftfahrzeuges sei durch die Betankung ohne Bezahlung bereichert. In einem etwaigen gerichtlichen Verfahren stünde es dem Zulassungsbesitzer frei, seine Lenkereigenschaft zu bestreiten. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes könne eine Eigentumsfreiheitsklage unter bestimmten Voraussetzungen auch gegen den Zulassungsbesitzer erhoben werden. Diese Überlegungen würden auch bei anderen Rechtsansprüchen gelten.
5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Der Mitbeteiligte erstattete nach Einleitung des Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nach Entscheidung des Verwaltungsgerichtes oder selbst nach Einbringung der Revision bereits geklärt, ist eine Revision wegen fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (mehr) zulässig (vgl. VwGH 22.11.2023, Ra 2021/11/0162, mwN).
10 In der für die Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung wird zunächst vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob unter „Privatperson“ in § 47 Abs. 2a KFG 1967 auch unternehmerisch tätige Personen zu verstehen seien.
11 Zu dieser Frage hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2024/11/0150, ausführlich Stellung genommen und dargelegt, dass Auskünfte nach § 47 Abs. 2a KFG 1967 natürlichen Personen, juristischen Personen und sonstigen Unternehmungen, bei denen es sich nicht um eines der in § 47 Abs. 2 KFG 1967 genannten Organe handelt, erteilt werden können. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen.
12 In der Zulässigkeitsbegründung der gegenständlichen Revision wird weiters ins Treffen geführt, das Verwaltungsgericht weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf VwGH 21.9.2010, 2007/11/0134) ab, weil es die bloße Lenkereigenschaft als ausreichende Nahebeziehung zum Zulassungsbesitzer angesehen und aus diesem Grund das rechtliche Interesse an der Auskunftserteilung bejaht habe.
13 In seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2024/11/0150, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die kraftfahrrechtliche Bestimmung des § 47 Abs. 2a KFG 1967 den Zweck hat, die Verfolgung rechtlicher Interessen, die Dritten aus der Verwendung eines Kraftfahrzeuges entstehen können, zu erleichtern bzw. erst zu ermöglichen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis auch dargelegt, dass es sich bei der Glaubhaftmachung des rechtlichen Interesses an einer Auskunft aus der Zulassungsevidenz um eine Obliegenheit des Antragstellers handelt. Die auskunftserteilende Behörde hat das Vorliegen eines glaubhaften rechtlichen Interesses an der Auskunft ausschließlich anhand des Vorbringens des Antragstellers auf der Grundlage entsprechender Sachverhaltsfeststellungen rechtlich zu beurteilen. Ob die Glaubhaftmachung in ausreichendem Maße gelungen ist, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Auch in dieser Hinsicht kann gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf die Begründung des genannten Erkenntnisses verwiesen werden.
14 Im vorliegenden Fall begründete der Mitbeteiligte sein rechtliches Interesse an der Erteilung der Auskunft nach § 47 Abs. 2a KFG 1967 mit der Verwendung (Betankung und unterlassene Bezahlung) jenes Kraftfahrzeuges, dessen Zulassungsbesitzer er ausfindig machen wollte, um seine rechtlichen Interessen weiter zu verfolgen. Der Mitbeteiligte erstattete bezogen auf das konkrete zur Auskunft beantragte Kraftfahrzeug und unter Angabe des genauen Zeitpunktes und Ortes der behaupteten Betankung ohne Bezahlung ein Vorbringen, das das spezifische geltend gemachte rechtliche Interesse an der Auskunftserteilung erkennen lässt. Die Annahme des Verwaltungsgerichtes, durch diese Angaben habe der Mitbeteiligte ein rechtliches Interesse an der Erteilung einer Auskunft aus der Zulassungsevidenz iSd § 47 Abs. 2a KFG 1967 hinreichend glaubhaft gemacht, ist fallbezogen jedenfalls vertretbar.
15 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit schließlich noch ins Treffen geführt, es fehle Rechtsprechung dazu, ob ein Antrag nach § 47 Abs. 2a KFG 1967 auch dann zulässig sei, wenn sich der Antragsteller die begehrten Informationen „auch auf anderem rechtlichen und zumutbaren Weg verschaffen kann (generelle Subsidiarität des § 47 Abs. 2a KFG 1967).“
16 Dieses Vorbringen ist schon deswegen nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen, weil nicht konkret unter Bezugnahme auf den Revisionsfall dargelegt wird, inwiefern das rechtliche Schicksal der Revision von der von den Revisionswerbern vermissten Rechtsprechung abhängt (vgl. etwa VwGH 15.10.2024, Ra 2024/11/0155, mwN). Die Revision legt in ihrer Zulässigkeitsbegründung nämlich nicht dar, welche anderen Rechtswege dem Mitbeteiligten offenstünden.
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 29. April 2025
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