Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. M. Mayr als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Stüger, in der Rechtssache der Revision des M A, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. April 2024, W184 22860551/3E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der im Jahr 1989 geborene Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebietam 8. September 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit Bescheid vom 24. November 2023 ab. Im Übrigen wurde dem Revisionswerber der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte mit der Gültigkeit für die Dauer eines Jahres erteilt.
3 Die gegen die Versagung der Gewährung von Asyl erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wurde vom Bundesverwaltungsgericht ohne Durchführung einer Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen. Unter einem sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4Dagegen richtet sich der Revisionswerber mit der vorliegenden Revision. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorverfahren gemäß § 36 VwGG eingeleitet. Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Der Revisionswerber wendet sich zur Begründung der Zulässigkeit der Revision gegen den Entfall der Verhandlung.
9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind zur Beurteilung, ob im Sinn des hier maßgeblichen § 21 Abs. 7 erster Satz BFA Verfahrensgesetz (BFA VG) „der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ und die Durchführung einer Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich:
10 Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFAG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018, sowie aus der jüngeren Rechtsprechung etwa VwGH 26.2.2024, Ra 2023/20/0221, mwN).
11Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht das Aufzeigen weiterer, von der Verwaltungsbehörde nicht aufgegriffener und somit erstmals thematisierter Aspekte der Abstandnahme von der Durchführung einer Verhandlung nur dann entgegen, wenn damit die tragenden verwaltungsbehördlichen Erwägungen nicht bloß unwesentlich ergänzt werden (vgl. VwGH 29.12.2023, Ra 2023/20/0471, mwN). Derartige Ergänzungen sind aus dem Zulässigkeitsvorbringen der Revision nicht ersichtlich.
12 Zudem unterliegt das erstmalig in der Zulässigkeitsbegründung der Revision erstattete Vorbringen, dem Revisionswerber drohe wegen seiner ehemaligen freiberuflichen Tätigkeit für das syrische Fernsehen seitens des syrischen Regimes asylrelevante Verfolgung bei seiner Rückkehr in den syrisch verwalteten Teil Idlibs, dem Neuerungsverbot. Vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und in der an das Bundesverwaltungsgericht gerichteten Beschwerde brachte der Revisionswerber nämlich demgegenüber (allein) vor, wegen seiner Tätigkeit als Journalist „von der Al Nusra“ also von einer gegen das syrische Regime kämpfenden salafistischen Terrororganisationverfolgt zu werden. Ein Vorbringen, wonach ihm aus demselben Grund (auch) eine Verfolgung durch das syrische Regime drohe, hat der Revisionswerber erstmals in der Revision erstattet (vgl. VwGH 25.3.2024, Ra 2024/20/0090, mwN, wonach das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht mit einem Vorbringen begründet werden kann, das unter das nach § 41 VwGG im Revisionsverfahren geltende Neuerungsverbot fällt).
13Wenn der Revisionswerber im Zusammenhang mit der Frage, ob er sich vom Militärdienst freikaufen könne, in der Zulässigkeitsbegründung weiters vorbringt, er habe erfahren, dass er zur Reserve eingezogen worden sei und er einen Zusammenhang zwischen der (vorgebrachten) Einberufung und dem Aufgeben seiner Tätigkeit für das syrische Fernsehen herzustellen versucht, genügt es darauf hinzuweisen, dass sich das Bundesverwaltungsgericht jenen Ausführungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, wonach der Revisionswerber keinen Einberufungsbefehl erhalten habe und es nie zu konkreten Rekrutierungsversuchen gekommen sei, angeschlossen hat (vgl. zum Nichtvorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, wenn sich das Zulässigkeitsvorbringen vom festgestellten Sachverhalt entfernt, VwGH 29.11.2022, Ra 2022/20/0340 bis 0341, mwN).
14 Dem Revisionswerber gelingt es nicht darzulegen, dass das Bundesverwaltungsgericht von den oben wiedergegebenen Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofes, wenn von der Durchführung einer Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG abgesehen werden darf, abgewichen wäre.
15Der Revisionswerber vertritt im Zusammenhang mit seinem Vorbringen betreffend die Ableistung des Reservedienstes und der seiner Ansicht nach fehlenden Möglichkeit des Freikaufes von diesem erkennbar die Ansicht, dass sich schon aus den Länderberichten zu Syrien eine asylrechtlich relevante Verfolgung durch Zwangsrekrutierung zum Reservedienst ergebe. Abgesehen davon, dass dem Revisionswerber nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Zwangsrekrutierung durch syrische Streitkräfte (oder oppositionelle Milizen) drohe, steht diese Ansicht auch im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich (neuerlich) ausführlich in seinem Erkenntnis vom 14. Oktober 2024, Ra 2024/20/0491, mit den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 für die Asylgewährung wegen Verfolgung aufgrund der Weigerung, Militärdienst (für staatliche Kräfte einerseits und für sonstige Bürgerkriegsparteien andererseits) zu leisten, befasst. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird insoweit auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses, in dem auch eine Auseinandersetzung mit jener Berichtslage zur Situation in Syrien erfolgte, wie sie auch hier maßgeblich war, verwiesen.
16 Der Revisionswerber bringt zusammengefasst weiters vor, aus den vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie dem Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderberichten gehe eine Verfolgung bei Rückkehr wegen illegalen Verlassens Syriens „direkt hervor“ und zitiert dabei Passagen aus den Länderberichten. Der Revisionswerber zeigt damit aber nicht auf, dass die vom Bundesverwaltungsgericht gestützt u.a. auf einen vom Revisionswerber ebenfalls in Treffen geführten Bericht (DIS, Syria. Treatment upon return, S. 8)getroffene Feststellung, wonach die Tatsache, einen Asylantrag gestellt zu haben, alleine nicht zu Misshandlungen führe und es dem syrischen Regime bewusst sei, dass Syrer auch deshalb im Ausland um Asyl ansuchten, weil dies die einzige Möglichkeit sei, im Ausland einen legalen Status zu erreichen, an einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel litte (zum Maßstab an die Überprüfung der Beweiswürdigung im Revisionsverfahren vgl. VwGH 24.4.2024, Ra 2024/20/0111, mwN). Dies gilt ebenso für das Vorbringen, aus dem genannten Bericht DIS, Syria. Treatment upon return, S. 10) gehe hervor, dass 48% der Rückkehrer „über Schwierigkeiten“ berichtet hätten.
17 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 10. Dezember 2024
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