Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrat Mag. Cede und Hofrätin Mag. Zehetner als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision der Mag. a E S, vertreten durch die HSP Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gonzagagasse 4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Jänner 2024, W257 2262046 1/11E, betreffend Verjährung eines Anspruchs auf Nachzahlung einer Bezugsdifferenz iZm der Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident des Verwaltungsgerichts Wien), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Die Revisionswerberin ist Richterin am Verwaltungsgericht Wien und steht in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Wien.
2 Mit an die belangte Behörde gerichteten Schreiben vom 23. August 2017 beantragte sie die Neuberechnung ihres Vorrückungsstichtages ab 1. Jänner 2004 unter Berücksichtigung ihrer Schulzeit, die sie zwischen dem 15. und dem 18. Lebensjahr zurückgelegt habe, sowie die rückwirkende besoldungsrechtliche Neueinreihung und die Nachzahlung der Bezüge.
3 Mit dem hier nicht verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 21. Februar „2017“ (offensichtlich gemeint: 2018) sprach die belangte Behörde wie folgt aus:
„1. Dem Antrag vom 23.8.2017 auf Neuberechnung des Vorrückungsstichtages ab 1.1.2004 unter Berücksichtigung der Schulzeiten, welche (die Revisionswerberin) zwischen dem 15. und 18. Lebensjahr zurückgelegt hat, sowie auf rückwirkende besoldungsrechtliche Neueinreihung wird gemäß § 14, § 115l Abs. 2 DO 1994, § 11, § 49g Abs. 1 BO 1994, jeweils idF am 31.12.2003 iVm. Art. 2 Abs. 1 und 2 lit. a und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 Folge gegeben: Die besoldungsrechtliche Stellung von (der Revisionswerberin) zum 1.1.2004 hat zu lauten: Schema II, Verwendungsgruppe A, Dienstklasse III, Gehaltsstufe 9, Vorrückungsstichtag 26.12.2003.
2. Es wird festgestellt, dass sich (die Revisionswerberin) derzeit im Schema VGW, Gehaltsstufe 3 mit dem Vorrückungsstichtag 1.1.2017 befindet.
3. Dem Antrag vom 23.8.2017 auf Nachzahlung der Bezüge wird in Ansehung des Zeitraums von 1.1.2004 bis einschließlich 31.1.2010 nur insofern Folge gegeben, als festgestellt wird, dass (der Revisionswerberin) die Differenz zwischen dem Entgelt, das sie ohne Diskriminierung erhalten hätte (1.1.2004 bis 25.12.2005: Gehaltsstufe 9; 26.12.2005 bis 25.12.2007: Gehaltsstufe 10; 26.12.2007 bis 25.12.2009: Gehaltsstufe 11; 26.12.2009 bis 31.1.2010: Gehaltsstufe 12) und dem Entgelt, das sie tatsächlich erhalten hat (1.1.2004 bis 25.12.2004: Gehaltsstufe 7; 26.12.2004 bis 25.12.2006: Gehaltsstufe 8; 26.12.2006 bis 25.12.2008: Gehaltsstufe 9, 26.12.2008 bis 31.1.2010: Gehaltsstufe 10), gebührt.
4. Soweit sich der Antrag vom 23.8.2017 auf Nachzahlung der Bezüge für die ab der am 1.2.2010 erfolgten Beförderung liegenden Zeiträume richtet, wird dieser abgewiesen.“
4 Mit Beschluss vom 1. März 2022, A 25/2021 10, wies der Verfassungsgerichtshof die Klage der Revisionswerberin vom 29. Juni 2018 gegen die Gemeinde Wien wegen € 16.371,81 s.A. zurück, weil zwar dem Grunde nach über einen Anspruch auf Auszahlung der im Bescheid vom 21. Februar 2018 hinsichtlich des Zeitraums und der Gehaltsstufe bestimmten Bezüge abgesprochen, allerdings die konkrete Höhe des zustehenden Betrages noch nicht festgesetzt worden sei.
5 Mit dem hier verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 15. September 2022 sprach die belangte Behörde wie folgt aus:
„1.) Betreffend den Antrag von (der Revisionswerberin) vom 13. April 2022 auf Feststellung der konkreten Höhe der ihr im Zeitraum vom 1. Jänner 2004 bis einschließlich 31. Jänner 2010 gebührenden Entgeltdifferenz nach dem Spruchpunkt 3. des Bescheides des Präsidenten des Verwaltungsgerichtes Wien vom 21. Februar 2017 (richtig: 2018), GZ: ..., wird festgestellt, dass die Entgeltdifferenz zwischen dem Entgelt, das (die Revisionswerberin) ohne Diskriminierung erhalten hätte und dem Entgelt, das sie tatsächlich erhalten hat, EUR 14.364,68 brutto beträgt.
2.) Der Anspruch auf die in Spruchpunkt 1. festgestellte Entgeltdifferenz in Höhe von EUR 14.364,68 brutto ist gemäß § 10 Abs. 1 Besoldungsordnung 1994 verjährt.“
6 Gegen Spruchpunkt 2. dieses Bescheides erhob die Revisionswerberin Beschwerde.
7 Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 2023, A 8/2023 4, wurde die Klage der Revisionswerberin wegen € 14.364,68 s.A. zurückgewiesen, weil zwar eine Entscheidung über die Gebührlichkeit und Bemessung der im Bescheid vom 15. September 2022 genannten Entgeltdifferenz vorliege, unter einem darin aber auch die Verjährung des Anspruches festgestellt worden sei. Bezüglich der Feststellung der Verjährung sei ein Beschwerdeverfahren beim Bundesverwaltungsgericht anhängig und somit seien die Prozessvoraussetzungen des Art. 137 B VG nicht gegeben.
8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Jänner 2024 wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen Spruchpunkt 2. des Bescheides der belangten Behörde vom 15. September 2022 (s. Rn 5 und 6) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen und die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig erklärt.
9 Das Bundesverwaltungsgericht traf dazu folgende Feststellungen:
„Die Beschwerdeführerin ist am 01.06.1976 geboren und besuchte von September 1982 bis Juni 1986 die Volkschule, daran anschließend das Gymnasium, das sie am 15.06.1994 mit Reifeprüfung abschloss.
Im Wintersemester 1994 nahm sie ihr Diplomstudium der Rechtswissenschaften auf, welches sie im Sommersemester 1999 (12.04.1999) abgeschlossen hat. Während ihres Studiums war die Beschwerdeführerin von 01.07.1998 bis 31.07.1998 als Ferialpraktikantin bei der Stadt Wien tätig. Im Zeitraum von 01.08.1999 bis 31.01.2000 hat sie die Gerichtspraxis absolviert.
Mit 01.02.2000 trat die Beschwerdeführerin in ein privatrechtliches Dienstverhältnis zur Stadt Wien ein und wurde in die Bedienstetengruppe der Rechtskundigen Bediensteten der Verwendungsgruppe A eingereiht, wobei die besoldungsrechtliche Stellung mit Schema IV, Verwendungsgruppe A, Dienstklasse III, Gehaltsstufe 3 mit dem Vorrückungsstichtag 30.11.1998 festgesetzt wurde. Bei ihrer besoldungsrechtlichen Einstufung sind jene Schulzeiten, die die Beschwerdeführerin zwischen dem 15. und 18. Lebensjahr zurückgelegt hat, unberücksichtigt geblieben.
Mit Bescheid vom 11.08.2005, Zl. ..., wurde die Beschwerdeführerin mit Wirksamkeit vom 01.09.2005 der Dienstordnung (DO 1994) unterstellt. Darin wurde sie auf ihre besoldungsrechtliche Stellung Schema II, Verwendungsgruppe A, Dienstklasse III, Gehaltsstufe 6 mit dem Vorrückungsstichtag 30.11.2004 aufmerksam gemacht. Mit Bescheid desselben Tages wurde über die Anrechnung ihrer Vordienstzeiten abgesprochen. Dabei sind jene Schulzeiten unberücksichtigt geblieben, die die Beschwerdeführerin zwischen dem 15. und 18. Lebensjahr zurückgelegt hatte.
Mit Beschluss des Stadtsenates vom 17.03.2009 wurde die Beschwerdeführerin mit Wirksamkeit 01.02.2009 in die Dienstklasse VII befördert. Ihre besoldungsrechtliche Stellung lautete ab diesem Zeitpunkt Schema II, Verwendungsgruppe A, Dienstklasse VII, Gehaltsstufe 1 mit dem Vorrückungsstichtag 01.09.2008.
Die Beschwerdeführerin weist von 20.10.2010 bis 31.01.2012 Zeiten einer Elternkarenz (gegen Entfall der Bezüge) gemäß § 53 DO 1994 auf und ist von 01.02.2012 bis 31.12.2013 einer Teilzeitbeschäftigung nachgegangen.
Mit Beschluss der Wiener Landesregierung vom 17.09.2013 wurde die Beschwerdeführerin mit Wirksamkeit vom 01.01.2014 zum sonstigen Mitglied des Verwaltungsgerichtes Wien ernannt. Mit Schreiben vom 09.12.2013 wurde sie auf ihre Einreihung in die Gehaltsstufe 1 des Schemas VGW mit dem Vorrückungsstichtag 01.01.2014 gemäß § 9 Z 2 VGW DRG hingewiesen.
Die Beschwerdeführerin stellte am 23.08.2017 einen Antrag auf Neuberechnung des Vorrückungsstichtags und Nachzahlung der Bezüge vom 01.01.2024 (gemeint: 2004) bis einschließlich 31.01.2010.
Mit Schreiben vom 13.04.2022 begehrte sie vor dem Hintergrund und unter Bezugnahme auf Spruchpunkt 3. des Bescheides der belangten Behörde vom 21.02.2018, womit die Gebührlichkeit festgestellt wurde, die Feststellung der konkreten Höhe der Entgeltdifferenz.“
10 Beweiswürdigend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, die Feststellungen ergäben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen der Revisionswerberin und seien unstrittig. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe abgesehen werden können, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lasse. Dem Entfall der Verhandlung stünden auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen. Es handle sich nicht um eine komplexe vom Verwaltungsgericht zu lösende Rechtsfrage, weil es lediglich um die Anwendung einer Verjährungsbestimmung gehe, zu der der Verwaltungsgerichtshof näher zitierte Rechtsprechung entwickelt habe.
11 In seinen rechtlichen Erwägungen führte das Bundesverwaltungsgericht insbesondere aus, die Revisionswerberin habe in ihrem Antrag vom 13. April 2022 die Feststellung der konkreten Höhe der Entgeltdifferenz, nicht aber einen Abspruch über eine allfällige Verjährung begehrt. Aufgrund näher zitierter Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes habe die Dienstbehörde nach der Feststellung der Gebührlichkeit und der Bemessung (wie mit Spruchpunkt 1. des bekämpften Bescheides vorgenommen) die Verjährung festzustellen, falls eine solche bestehe. Der Eintritt der Verjährung sei nach § 10 Besoldungsordnung 1994 von Amts wegen wahrzunehmen.
12 Dem Vorbringen der Revisionswerberin, ihr sei der Rechtsschutz entzogen worden, weil nicht bereits im Bescheid vom „23. August 2018“ (gemeint: 21. Februar 2018) über die Verjährung abgesprochen worden sei, sei entgegen zu halten, dass der Rechtsschutz über die Verjährungsfeststellung mit dem gegenständlichen Rechtszug gewährleistet sei. Zudem wäre, selbst wenn die Behörde bereits mit diesem Bescheid über die Verjährung abgesprochen hätte, der letzte Anspruchsmonat der 1. Jänner 2013 gewesen. Es wäre somit keine Änderung eingetreten, ob die Verjährungsfeststellung mit „23. August 2018“ (gemeint: 21. Februar 2018) oder mit 15. September 2022 erfolgt wäre. Nachdem die Revisionswerberin den Antrag erst am „23. Juli 2017“ (gemeint wohl: 23. August 2017) gestellt habe, seien die Ansprüche jedenfalls schon verjährt gewesen. Der „letzte Zeitpunkt, um eine Verjährung zu verhindern“, sei von der Revisionswerberin nicht bestritten worden.
13 Soweit die Revisionswerberin ausführe, dass es in vergleichbaren Fällen zu einer Geldanweisung gekommen sei, könne ein Beamter nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus einem allfälligen Fehlverhalten in einem anderen Fall keinen Anspruch auf ein gleiches Fehlverhalten für sich geltend machen.
14 Zum Einwand der Revisionswerberin, dass Österreich die Frist zur Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 (RL 2000/78/EG) zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf versäumt habe und deswegen keine Verjährung eingetreten sei, sei anzumerken, dass diese Richtlinie mit Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union am 2. Dezember 2000 in Kraft getreten sei. Gemäß Art. 18 der Richtlinie betrage die Umsetzungsfrist 3 bzw 6 Jahre. Dass eine Verjährung im Falle der Nichtumsetzung der Richtlinie nicht eintrete, sei aus der von der Revisionswerberin genannten Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) in der Rs C 542/08, Barth , Rn 41, nicht ableitbar.
15 Die Revisionswerberin wende unter Bezug auf diese Rechtsprechung ein, dass ihr durch die Verjährungsfrist jede Möglichkeit der Rechtsdurchsetzung genommen worden sei. Das zitierte Urteil des EuGH führe jedoch aus, dass das Gemeinschaftsrecht einer nationalen Regelung nicht entgegenstehe, nach der die Geltendmachung von Ansprüchen auf besondere Dienstalterszulagen, die einem von seinen Freizügigkeitsrechten Gebrauch machenden Arbeitnehmer vor Erlass des Urteils Köbler aufgrund der Anwendung mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbarer innerstaatlicher Rechtsvorschriften vorenthalten worden seien, einer Verjährungsfrist von drei Jahren unterliege (mit weiterem Hinweis auf VwGH 30.6.2010, 2010/12/0082; sowie zur Möglichkeit, die vom Revisionswerber geltend gemachten besoldungsrechtlichen Ansprüche aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts rechtlich durchzusetzen, auf VwGH 18.2.2015, 2014/12/0004; 4.9.2012, 2012/12/0007; und zur vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 82/2010 bereits bestehenden Verpflichtung, die innerstaatliche Rechtslage unionsrechtskonform zu vollziehen, auf VwGH 16.9.2013, 2013/12/0076).
16Der Verwaltungsgerichtshof habe in diesem Zusammenhang in seiner Entscheidung vom 23. Februar 2023, Ra 2022/12/0036, ausgesprochen, dass die dreijährige Verjährungsfrist des vergleichbaren § 40 Abs. 1 Pensionsgesetz 1965 (PG 1965) gleichermaßen für jeden Beamten unabhängig davon gelte, ob er seinen Anspruch auf nationale Bestimmungen oder auf Unionsrecht stütze. Dementsprechend widerspreche die Anwendung einer dreijährigen Verjährungsfrist auf Ansprüche von Beamten nicht dem Unionsrecht. In diesem Zusammenhang habe der Verwaltungsgerichtshof explizit auf die Entscheidung des EuGH in der Rs C-542/08, Barth , verwiesen.
17 Die Beschwerde sei daher gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen gewesen.
18 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
19 Im vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren erstattete die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung.
20 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
21Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).
22Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
23 Die Revisionswerberin bringt zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision zunächst im Wesentlichen vor, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liege vor, weil es keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage gebe, ob die Dienstbehörde die Frage der Verjährung jederzeit, auch nach wiederholter Befassung, ungeachtet eingetretener Verjährung erneut aufgreifen könne; damit habe sich das Bundesverwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt. Mit der Begründung der Überschreitung des Prozessgegenstandes, der mangelnden Umsetzung der RL 2000/78/EG, der daraus resultierenden Nichtanwendbarkeit des § 10 Besoldungsordnung 1994 und der gebotenen Einhaltung des Effektivitätsgrundsatzes habe die Revisionswerberin die Verjährung der als gebührlich festgestellten Entgeltdifferenz stets bestritten. Die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Revisionswerberin den 1. Jänner 2013 als letzten Zeitpunkt, in welchem der Eintritt der Verjährung hätte verhindert werden können, nicht bestritten habe, lasse sich daraus gerade nicht ableiten. Der Umfang der konkreten Leistung sei bereits im Bescheid vom 21. Februar 2018 festgestellt worden und sohin auch bereits zu diesem Zeitpunkt dem Ausspruch der Verjährung zugänglich gewesen.
24 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes werden besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten in der Regel in drei Phasen Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung verwirklicht, wobei die letzte Phase (Liquidierung, Auszahlung) ein technischer Vorgang ist, der zur Verwirklichung vorangegangener Phasen dient und selbst nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen ist, sodass (erst) für die Entscheidung eines solchen Liquidierungsbegehrens die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art. 137 B VG gegeben ist. Einer vorangehenden bescheidmäßigen Entscheidung über einen Bezugsanspruch bedarf es dann, wenn sich die Rechtsfrage seiner Gebührlichkeit stellt, über welche im Streitfall mit (Feststellungs)Bescheid der zuständigen Dienstbehörde zu entscheiden ist (vgl etwa VwGH 24.9.2024, Ra 2023/12/0044, mwN).
25Ganz grundsätzlich ist über die Gebührlichkeit eines strittigen Anspruchs mit Bescheid zu entscheiden. Daran ändert auch ein allfälliger Eintritt der Verjährung nichts. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt der Eintritt der Verjährung nicht zum Erlöschen eines Anspruchs, sondern bewirkt lediglich, dass sich dieser in eine Naturalobligation umwandelt. Die Gebührlichkeit eines Anspruchs darf nicht unter Hinweis auf den Eintritt der Verjährung verneint werden. Die Dienstbehörde ist nicht daran gehindert, neben der Feststellung der Gebührlichkeit eines Anspruchs auch festzustellen, dass in Ansehung desselben Verjährung eingetreten ist. Jedenfalls bedürfte es vor der Feststellung der Verjährung eines Anspruchs des Ausspruches, in welchem Umfang ein solcher Anspruch besteht. Nur in diesem Umfang kann nämlich Verjährung eintreten und der Anspruch als Naturalobligation fortbestehen. Sollte aus dem nach einem Ermittlungsverfahren festgestellten Sachverhalt in rechtlicher Beurteilung abzuleiten sein, dass kein Anspruch besteht, hätte eine Feststellung der Verjährung zu unterbleiben. Ein nicht bestehender Anspruch kann nämlich nicht verjähren; andererseits führt der Eintritt von Verjährung nicht dazu, dass die Feststellung eines Anspruchs unterbleiben könnte (vgl VwGH 3.11.2022, Ra 2022/12/0034, mwN).
26 Wie sich aus der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eindeutig ergibt, bedarf es vor der Feststellung der Verjährung eines Anspruchs des Ausspruches, in welchem Umfang ein solcher Anspruch besteht (weil nur in diesem Umfang Verjährung eintreten kann). Mit dem bekämpften Bescheid vom 15. September 2022 wurde von der belangten Behörde erstmals die konkrete Höhe der der Revisionswerberin im Zeitraum vom 1. Jänner 2004 bis 31. Jänner 2010 gebührenden Entgeltdifferenz (nämlich in der Höhe von € 14.364,68 brutto) festgestellt. Der nach § 10 Besoldungsordnung 1994 amtswegig wahrzunehmende Eintritt der Verjährung wurde von der belangten Behörde daher auch erst zu diesem Zeitpunkt (in Spruchpunkt 2. des bekämpften Bescheides vom 15. September 2022) festgestellt (s. dazu auch VfGH 27.2.2023, A 8/2023 4, den vorliegenden Fall betreffend, demgemäß die (Dienst )Behörde, bei eingetretener Verjährung, nach der Feststellung der Gebührlichkeit und der Bemessung auch den allfälligen Eintritt der Verjährung mit Bescheid festzustellen hat). Entgegen dem Vorbringen in der Revision war „der Umfang der konkreten Leistung“ im Bescheid vom 21. Februar 2018 noch nicht festgestellt worden, weil in diesem noch keine Bemessung der Ansprüche der Revisionswerberin vorgenommen worden war.
27 Die von der Revisionswerberin aufgeworfene Rechtsfrage, „ob die Dienstbehörde die Frage der Verjährung jederzeit, auch nach wiederholter Befassung, ungeachtet eingetretener Verjährung erneut aufgreifen kann“, stellt sich daher im vorliegenden Fall nicht.
28 Zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision bringt die Revisionswerberin im Weiteren zusammengefasst vor, das Bundesverwaltungsgericht stütze seine Entscheidung ausschließlich auf die Einhaltung des Äquivalenzgrundsatzes und sei damit von der Entscheidung Rs C 542/08, Barth , als auch von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, zumal es die gebotene einzelfallbezogene Prüfung auch am Maßstab des Effektivitätsgrundsatzes unterlassen habe. Aus der gebotenen einzelfallbezogenen Prüfung am Maßstab des Effektivitätsprinzips ergebe sich, dass § 10 Besoldungsordnung 1994 unangewendet zu bleiben habe, weil die innerstaatliche Umsetzung der RL 2000/78/EG unterlassen worden sei.
29Der EuGH hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass bei unterbliebener unionsrechtlicher Regelung der Verjährung für den betroffenen (nicht harmonisierten) Bereich ein Verstoß gegen das Unionsrecht (Äquivalenzprinzip) bei Vorliegen unterschiedlicher Verjährungsbestimmungen im nationalen Recht nur dann vorläge, wenn die im nationalen Recht für den konkreten Fall vorgesehene Verjährungsbestimmung nur dann anwendbar wäre, wenn der Anspruch auf Unionsrecht gestützt wird (vgl VwGH 23.2.2023, Ra 2022/12/0036, mit Hinweis auf etwa EuGH, 15. September 1998, C 260/96, Spac , und 16. Jänner 2014, C 429/12, Pohl , sowie 15. April 2010, C 542/08, Barth , mwN).
30Derartiges trifft im Revisionsfall allerdings nicht zu. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 10 Besoldungsordnung 1994 gilt nämlich gleichermaßen für jeden Beamten unabhängig davon, ob er seinen Anspruch auf nationale Bestimmungen oder auf Unionsrecht stützt. Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass die Anwendung einer dreijährigen Verjährungsfrist auf Gehaltsansprüche von Beamten in vergleichbaren Fällen nicht dem Unionsrecht widerspricht, weil diese Verjährungsfrist nicht nur für auf Unionsrecht gestützte Ansprüche gilt (vgl nochmals VwGH 23.2.2023, Ra 2022/12/0036, mit Hinweisen auf VwGH 30.6.2010, 2010/12/0082; und 6.10.2020, Ra 2020/12/0039; jeweils unter Berufung auf das bereits zitierte Urteil des EuGH, Barth, und jeweils zu § 13b GehG; vgl auch VwGH 11.1.2023, Ra 2021/12/0045, mwN).
31 Eine Verletzung des Effektivitätsgrundsatzes und daraus folgend eine Nicht Anwendbarkeit des § 10 Besoldungsordnung 1994 ist nicht zu erkennen, weil die Anwendung einer Verjährungsfrist nicht ohne Weiteres das Recht der Revisionswerberin auf Nachzahlung der Bezüge, die ihr unter Verstoß gegen das Unionsrecht nicht gewährt worden waren, nimmt (vgl das bereits zitierte Urteil des EuGH, Barth , Rn 35, hinsichtlich des Rechts auf Erlangung einer Zulage). Konkrete Umstände im Sinne dieser Rechtsprechung, die die Geltendmachung dieses Rechts der Revisionswerberin erschwert hätten, legt sie mit dem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision, sie habe nicht quasi antizipatorisch den gesamten EU Rechtsbestand kennen sowie iSd einer in der Zukunft liegenden EuGH Judikatur interpretieren und davon ausgehend Unionsrechtswidrigkeiten innerstaatlicher Rechtsvorschriften zu einem Zeitpunkt weit vor der Erlassung entsprechender EuGHEntscheidungen vorweg nehmen müssen, nicht dar. Bereits nach Ablauf der Umsetzungsfrist bestand die Verpflichtung, die innerstaatliche Rechtslage unionsrechtskonform zu vollziehen und es gab die Möglichkeit, die von der Revisionswerberin geltend gemachten besoldungsrechtlichen Ansprüche aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts rechtlich durchzusetzen (vgl im Zusammenhang mit vergleichbaren Ansprüchen von Bundesbediensteten VwGH 6.10.2020, Ra 2020/12/0039; mit Hinweis auf VwGH 16.9.2013, 2013/12/0076; 18.2.2015, 2014/12/0004; 4.9.2012, 2012/12/0007).
32 Die Frist für die Umsetzung der RL 2000/78/EG endete gemäß Art. 18 der Richtlinie am 2. Dezember 2003, mit der Möglichkeit einer Zusatzfrist von drei Jahren ab diesem Datum. Die Antragstellung der Revisionswerberin erfolgte jedoch erst am 23. August 2017, demnach über zehn Jahre nach Ende der Umsetzungsfrist. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 10 Besoldungsordnung 1994 war demnach jedenfalls abgelaufen.
33 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
34Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 15. September 2025
Rückverweise