Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm und den Hofrat Dr. Faber sowie die Hofrätin Dr. in Oswald als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 30. Juli 2024, Zl. LVwG AV 614/001 2024, betreffend Auskunft aus der Zulassungsevidenz (mitbeteiligte Partei: W GmbH in S, vertreten durch die Perl Tax Law Rechtsanwalts GmbH in 1090 Wien, Ferstelgasse 1/Top 2), zu Recht erkannt:
Der Revision wird stattgegeben und das angefochtene Erkenntnis dahingehend abgeändert, dass die Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 19. April 2024, MIS1 K 247/208, abgewiesen wird.
1 1.1. Mit Eingabe vom 13. März 2024 beantragte die Mitbeteiligte die Übermittlung der Halter- und Adressdaten von vier mit Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeugen zur Vollstreckung von Rechtsansprüchen, da diese Fahrzeuge die ausgewiesene Höchstparkdauer auf ihren Parkflächen überschritten hätten.
2 Dazu wurden neben den Kennzeichen jeweils der (mit Kalenderdatum und Uhrzeit konkretisierte) Zeitpunkt und der (mit einer Adresse konkretisierte) Ort des „Vergehens“ sowie die (mit einer Ziffernkombination konkretisierte) „Parkplatz Kennung“ angegeben.
3 Mit Schreiben vom 20. März 2024 gewährte die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht und nunmehrige Revisionswerberin der Mitbeteiligten Parteiengehör und führte dabei zusammengefasst aus, sie nehme bloß ein wirtschaftliches und kein rechtliches Interesse an. Die Mitbeteiligte nahm dazu innerhalb der (erstreckten) Frist nicht Stellung.
4 1.2. Mit Bescheid vom 19. April 2024 wies die belangte Behörde den Antrag der Mitbeteiligten auf Auskunft aus der Zulassungsevidenz gemäß § 47 Abs. 2a KFG 1967 ab.
5 Begründend stellte die belangte Behörde fest, die Mitbeteiligte habe einen Liegenschaftseigentümer, für den sie eingeschritten sei, nicht angegeben und auch kein Vollmachts oder Auftragsverhältnis geltend gemacht. Die Mitbeteiligte übe näher genannte freie Gewerbe aus. Weiters stellte die belangte Behörde Einträge auf der Homepage der Mitbeteiligten über deren Tätigkeit fest.
6 Rechtlich führte die belangte Behörde aus, Sinn und Zweck des § 47 Abs. 2a KFG 1967 sei die Auskunft an Geschädigte in Einzelfällen, die eine Auskunftserteilung gemäß § 31a KHVG 1994 nicht erlangen könnten, nicht die Auskunftserteilung für sämtliche Geschäftsfälle eines Unternehmens. Deshalb stehe die Auskunftserteilung auch unter dem Vorbehalt der technischen und organisatorischen Auswertungsmöglichkeiten. Dabei sei auch „ein quantiativer Maßstab von Relevanz“.
7 Kein rechtliches Interesse an der Auskunftserteilung bestehe dann, wenn das „Geschäftsmodell“ zur Lukrierung von Einnahmen darin bestehe, gewerblich für andere in mutmaßlich rechtsmissbräuchlicher Weise Besitzstörungen zu behaupten oder Besitzstörungsklagen anzudrohen und darauf basierend Geldforderungen zu stellen. Vielmehr müsse das konkrete rechtliche Interesse des Auftraggebers glaubhaft gemacht werden, nicht das wirtschaftliche Interesse der Ausübung eines Auftrags etwa durch ein Inkassobüro.
8 Es sei nicht Aufgabe der öffentlichen Verwaltung, Privatpersonen personenbezogene Daten von Vertragspartnern (Kunden) für die Abwicklung unternehmerischer Geschäfte zur Verfügung zu stellen.
9 Auch bestehe nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 21.9.2010, 2007/11/0134) ein allfälliges rechtliches Interesse lediglich gegen den Lenker und nicht gegen den Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges. Die Zulassungsevidenz beinhalte aber nur den Zulassungsbesitzer, der nicht zwingend der Lenker sein müsse.
10 1.3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der dagegen von der Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung statt und dem Antrag der Mitbeteiligten Folge. Es sprach aus, dass die belangte Behörde die beantragten Auskünfte zu erteilen habe, und dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
11 Das Verwaltungsgericht stellte fest, die Mitbeteiligte habe ihren Antrag auf Auskunft aus der Zulassungsevidenz mit der Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche (Vertragsstrafen) auf Grund der Überschreitung der Höchstparkdauer auf den Parkflächen begründet. Die Mitbeteiligte übe das freie Gewerbe „Halten von Räumen und Flächen zum Abstellen von Kraftfahrzeugen“ und das freie Gewerbe „Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik“ aus. Sie sei auch die Betreiberin der Parkplätze, auf denen die gegenständlichen Fahrzeuge abgestellt worden seien. Sämtliche Parkplätze verfügten über eine automatische Kennzeichenerkennung bei der Ein- und Ausfahrt. Auf den Parkplätzen sei eine Höchstparkdauer ausgewiesen, bei deren Überschreitung eine Vertragsstrafe in Aussicht gestellt werde. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht habe die Mitbeteiligte konkretisiert, dass ein Großteil der Kunden sich an die Parkplatzordnung und die Höchstparkdauer halte. Lediglich ein kleiner Teil überschreite die Parkdauer. Diese Fahrzeuge blockierten dadurch auch Parkmöglichkeiten für andere Kunden.
12 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, die Mitbeteiligte habe den Antrag gemäß § 47 Abs. 2a KFG als Betreiberin der Parkflächen im eigenen Namen gestellt und darin die Kennzeichen genannt. Ein rechtliches Interesse sei, wenn auch erst in der mündlichen Verhandlung, dargelegt und somit glaubhaft gemacht worden. Die Ausforschung der Zulassungsbesitzer bzw Lenker zur Verfolgung des Anspruchs auf die Vertragsstrafe und das Interesse, die Parkflächen für andere Kunden freizuhalten, seien rechtliche Interessen iSd § 47 Abs. 2a KFG 1967.
13 Die belangte Behörde habe argumentiert, dass der Zulassungsbesitzer nicht zwangsläufig auch der Lenker des Fahrzeuges sein müsse. Da nur das Kraftfahrzeug durch das Kennzeichen eindeutig bestimmbar sei, habe ein Liegenschaftseigentümer zur Verfolgung seiner Rechte jedoch keine andere Möglichkeit, als vorerst davon auszugehen, dass der Lenker auch der Zulassungsbesitzer sei. In einem weiteren gerichtlichen Verfahren könne dann der Zulassungsbesitzer bestreiten, dass er der Lenker gewesen sei.
14 Die belangte Behörde habe sich weiters darauf berufen, dass Sinn und Zweck des § 47 Abs. 2a KFG 1967 die Auskunft in Einzelfällen sei, nicht die Auskunftserteilung für sämtliche Geschäftsfälle eines Unternehmens. Deshalb stehe § 47 Abs. 2a KFG 1967 auch unter dem Vorbehalt der technischen und organisatorischen Auswertungsmöglichkeiten, und sei auch ein quantitativer Aspekt von Relevanz.
15 Die Mitbeteiligte benötige die Auskunft aus der Zulassungsevidenz jedoch nur für einen sehr geringen Anteil ihrer Geschäftsfälle, da sich die meisten Kunden an die Parkordnung und die Parkdauer hielten. Die Formulierung „nach Maßgabe der technischen und organisatorischen Auswertungsmöglichkeiten“ stelle nicht auf die Antragstellungen der Mitbeteiligten ab, sondern betreffe die Kapazitäten der Behörde. Ein Vorbringen, dass im konkreten Fall die Kapazitäten der belangten Behörde aus technischen oder organisatorischen Gründen erreicht oder überschritten worden seien, sei nicht erstattet worden.
16 1.4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision der belangten Behörde. Die Mitbeteiligte erstattete im Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
17 2. Die Revision ist zulässig, weil sie zutreffend vorbringt, das Verwaltungsgericht habe in Abweichung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 13.12.2001, 2001/11/0358) die Glaubhaftmachung eines rechtlichen Interesses an der Auskunftserteilung aus der Zulassungsevidenz bejaht, obwohl ein solches Interesse nicht im konkreten Einzelfall glaubhaft gemacht worden sei.
18 3. Die Revision ist auch begründet.
19 3.1. Zunächst ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des Erkenntnisses vom heutigen Tag, Ra 2024/11/0150, zu verweisen.
20 Darin führte der Verwaltungsgerichtshof zur Glaubhaftmachung eines rechtlichen Interesses an einer Auskunft aus der Zulassungsevidenz gemäß § 47 Abs. 2a KFG 1967 aus, der Auskunftswerber habe im Antrag konkret darzulegen, welche öffentlichen oder privaten rechtlichen Interessen an der Kenntnis von Namen und Anschrift des Zulassungsbesitzers bestehen. Stützt er sein rechtliches Interesse etwa auf die Störung seines Besitzes oder auf die Verletzung von vertraglichen Vereinbarungen, hat er sowohl die Besitz- oder Vertragsverhältnisse als auch den behaupteten Eingriff zu konkretisieren und den Grundsätzen der Glaubhaftmachung (Bescheinigung) von Tatsachen im Verwaltungsverfahren folgend von sich aus (initiativ) Bescheinigungsmittel vorzulegen, die für seine Behauptung sprechen. Dabei werden bloß allgemein gehaltene Behauptungen in der Regel nicht ausreichen. Bei der Glaubhaftmachung des rechtlichen Interesses an einer Auskunft aus der Zulassungsevidenz handelt es sich um eine Obliegenheit des Antragstellers.
21 3.2. Im Revisionsfall steht außer Streit, dass die Mitbeteiligte eigene rechtliche Interessen geltend macht.
22 Die Mitbeteiligte führte in ihrem Auskunftsantrag zwar die Kennzeichen der Kraftfahrzeuge an und konkretisierte die Vorfälle, auf welche sie ihr rechtliches Interesse stützte, jeweils örtlich (unter Angabe einer genauen Adresse sowie eines konkreten Parkplatzes) und zeitlich (unter Angabe eines Kalendertages und einer bestimmten Uhrzeit). Als rechtliches Interesse brachte sie in allgemeiner Form die Verfolgung von Rechtsansprüchen wegen der Überschreitung der ausgewiesenen Höchstparkdauer vor. In vergleichbarer (allgemeiner) Weise beschrieb sie in ihrer Beschwerde das geltend gemachte Interesse an der beantragten Auskunft mit der Verfolgung und gegebenenfalls gerichtlichen Durchsetzung von Vertragsstrafen, die bei einem Verstoß gegen die ausgehängten Parkbedingungen geschuldet würden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht legte die Mitbeteiligte allgemein ihr Geschäftsmodell in Österreich und in Deutschland dar. Zum konkreten Auskunftsbegehren führte sie wiederum nur in allgemeiner Form aus, „alle Fahrzeuge“ hätten auf verschiedenen Parkplätzen die zulässige Parkdauer überschritten. Dazu legte sie die jeweiligen Verträge mit den Verfügungsberechtigten der verfahrensgegenständlichen Parkplätze sowie Fotos von Beschilderungstafeln über die Benützungsbedingungen vor, die so die Niederschrift der mündlichen Verhandlung nur „beispielhaft anzusehen sind und nicht die im Verfahren betroffenen Parklätze betreffen“.
23 Die Mitbeteiligte hat somit im gesamten Verfahren nicht auf die einzelnen zur Auskunft beantragten Kraftfahrzeuge bezogen von sich aus dargetan, welche vertraglichen Vereinbarungen für die Benützung des jeweiligen Parkplatzes konkret bestanden. Ebenso wenig hat sie unter Angaben der jeweiligen Parkdauer ein Vorbringen dazu erstattet, welches die Verletzung der vereinbarten Benützungsbedingungen erkennen ließe, und dazu auch keine Bescheinigungsmittel (etwa über den Aushang dieser Vertragsbedingungen bei den gegenständlichen Parkplätzen) vorgelegt. Auch genügt die Angabe bloß eines Zeitpunktes des „Vergehens“ für die Beurteilung, ob eine vereinbarte Benützungsdauer überschritten wurde, im Revisionsfall nicht. Wenn die Mitbeteiligte in ihrer Beschwerde ausführt, jeder einzelne „Verstoß“ könne durch Beweisbilder zum Zeitpunkt der Ein und Ausfahrt belegt werden, ohne aber solche Bilder von sich aus vorzulegen, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie mit einem solchen bloßen Anbot ihrer Obliegenheit, initiativ die entsprechenden Bescheinigungsmittel vorzulegen, nicht entsprochen hat.
24 Im Ergebnis hat die Mitbeteiligte ein rechtliches Interesse an der Erteilung einer Auskunft aus der Zulassungsevidenz iSd § 47 Abs. 2a KFG 1967 zu den genannten Kennzeichen nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
25 3.3. Da das Verwaltungsgericht dies verkannte, hat es sein Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
26 4. Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt.
27 Die Voraussetzungen für eine Entscheidung gemäß § 42 Abs. 4 VwGG liegen im Revisionsfall vor. Auch insoweit kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des Erkenntnisses vom heutigen Tag, Ra 2024/11/0150, verwiesen werden.
28 Das angefochtene Erkenntnis war daher in Stattgabe der Revision dahingehend abzuändern, dass die Beschwerde der Mitbeteiligten gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 19. April 2024 abgewiesen wird.
29 Von der von der Mitbeteiligten in ihrer Revisionsbeantwortung beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 29. April 2025
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