Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision der J I in W, vertreten durch Dr. Thomas Majoros, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Walfischgasse 12/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. März 2024, W269 2287234 1/5E, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice Baden), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeweg ergangenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 38 iVm § 10 AlVG aus, dass die Revisionswerberin ab dem 27. November 2023 für 42 Tage ihren Anspruch auf Notstandshilfe verloren habe.
2 Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass sich die Revisionswerberin aus eigener Initiative bei der Firma S. in Vösendorf für eine Stelle als Verkäuferin beworben habe. In der Folge sei als Beginn des Dienstverhältnisses der 27. November 2023 vereinbart worden.
3 Die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) habe vom Dachverband der Sozialversicherungsträger eine Überlagerungsmeldung erhalten, wonach die Revisionswerberin ab 27. November 2023 vollversicherungspflichtig angemeldet worden sei.
4 Am Wochenende vor dem beabsichtigten Beschäftigungsbeginn habe die Revisionswerberin eine Nachricht an die Dienstgeberin geschickt, wonach sie auf Grund einer Übersiedlung nach Gänserndorf die Stelle nicht antreten werde, weil ihr der Anfahrtsweg zu weit sei.
5 Am 28. November 2023 habe ein Mitarbeiter der Firma S. dem AMS bekannt gegeben, dass die Revisionswerberin die Stelle als Verkäuferin nicht angetreten habe. Daraufhin habe das AMS ein Verfahren gemäß § 10 AlVG eingeleitet. Die Revisionswerberin habe dem AMS eine Einstellungszusage der C. KG in Perchtoldsdorf übermittelt, wonach sie am 15. Jänner 2024 als Sekretärin eingestellt werde. Die Revisionswerberin habe diese Beschäftigungsmöglichkeit auf Grund der höheren Entlohnung im Vergleich zur Beschäftigung bei der Firma S. als attraktiver erachtet.
6 In einer am 11. Dezember 2023 mit dem AMS aufgenommenen Niederschrift habe die Revisionswerberin erklärt, dass sie den Arbeitsbeginn bei der Firma S. „storniert“ habe, weil sie für Jänner 2024 eine Übersiedlung nach Gänserndorf geplant habe und ihr der Anfahrtsweg nach Vösendorf dann zu weit gewesen wäre. Der Umzug komme nun doch nicht zustande, weil sie am 15. Jänner 2024 bei der Firma C. in Perchtoldsdorf zu arbeiten beginnen werde.
7 Die Beschäftigung bei der C. KG sei in weiterer Folge nicht zustande gekommen. Die Revisionswerberin habe während der Ausschlussfrist auch keine andere vollversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen.
8 Die Fahrzeit von Traiskirchen, dem Wohnort der Revisionswerberin, zur Arbeitsstätte in Vösendorf betrage mit dem Zug etwa 17 Minuten.
9 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revisionswerberin eine „sonst sich bietende Arbeitsmöglichkeit“ nicht angenommen habe, wofür die Rechtsfolge des Anspruchsverlusts nach § 10 AlVG gelte. Die Bedingungen der Beschäftigung bei der Firma S. in Vösendorf seien bereits vollständig vereinbart gewesen und die Revisionswerberin sei sogar schon zur Sozialversicherung angemeldet worden. Es wäre somit nur mehr an der Revisionswerberin gelegen, dass das Beschäftigungsverhältnis zustande komme.
10 Die Beschäftigung sei auch zumutbar gewesen. Zum Zeitpunkt des vereinbarten Arbeitsbeginns habe die Revisionswerberin in Traiskirchen mit einer Fahrzeit von ca. 17 Minuten zum Arbeitsort gewohnt. Die geplante Übersiedlung an einen weiter entfernten Ort sei nicht geeignet, eine Unzumutbarkeit zu begründen.
11 Berücksichtigungswürdige Gründe im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG für eine Nachsicht des Anspruchsverlusts lägen nicht vor.
12 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
13 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
16 Unter diesem Gesichtspunkt rügt die Revision, dass das Bundesverwaltungsgericht zu Unrecht von der in der Beschwerde beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen habe.
17 Es war aber zumindest nicht unvertretbar, dass das Bundesverwaltungsgericht im Sinn des § 24 Abs. 4 VwGVG von einem auf Grund der Aktenlage hinreichend geklärten Sachverhalt ausgegangen ist.
18 Dass die Wegzeit zwischen dem Arbeitsplatz und dem zum Zeitpunkt der vereinbarten Beschäftigungsaufnahme aktuellen Wohnort der Revisionswerberin zumutbar war, war nämlich unstrittig. Die bloß in Aussicht genommene Übersiedlung an einen weiter entfernten Wohnort konnte an der Zumutbarkeit ebenso wenig etwas ändern wie die behauptete Einstellungszusage (vgl. dazu ausdrücklich § 9 Abs. 4 AlVG).
19 Es war auch unstrittig, dass die Revisionswerberin die Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vor dem vereinbarten ersten Arbeitstag abgesagt hatte. Insoweit konnte an einem Handeln mit Vorsatz der sich nicht auf die bewusste Verwirklichung eines Tatbestands nach § 10 AlVG, sondern nur auf das Nichtzustandekommen eines zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses beziehen muss kein Zweifel bestehen. Darauf, ob die Revisionswerberin davon ausgegangen ist, im rechtlichen Sinn eine Vereitelung zu begehen, ist es entgegen dem Vorbringen in der Revision nicht angekommen.
20 Die Umstände des Falles lassen selbst auf Basis der Behauptungen der Revisionswerberin auch keine berücksichtigungswürdigen Gründe im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG erkennen. Solche wären allenfalls anzunehmen gewesen, wenn die Einstellungszusage tatsächlich zu einem Beschäftigungsverhältnis geführt hätte, wozu es aber was ebenfalls unstrittig ist nicht gekommen ist.
21 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung der Revision noch gesetzwidrige Inhalte des Ausgangsbescheides des AMS im vorliegenden Verfahren geltend gemacht werden, genügt es, darauf hinzuweisen, dass dieser Bescheid durch eine Beschwerdevorentscheidung ersetzt wurde, die die beanstandeten Spruchbestandteile nicht enthält.
22 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 16. Juli 2024
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