Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und den Hofrat Dr. Faber als Richter sowie die Hofrätin Dr. in Sabetzer als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des J B in G, vertreten durch Mag. Dr. Johann Hausbauer, Rechtsanwalt in 8200 Gleisdorf, Neugasse 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 24. Jänner 2024, Zl. LVwG 70.9 8320/2022 21, betreffend Verhängung eines Waffenverbots (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Weiz), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Mit (Vorstellungs-)Bescheid vom 3. Oktober 2022 verhängte die belangte Behörde über den Revisionswerber gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) ein Waffenverbot.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.
3Begründend legte das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung im Wesentlichen zugrunde, es sei am 1. Juni 2022 im Wohnhaus, das in unterschiedlichen Wohntrakten der Revisionswerber mit seiner Lebensgefährtin sowie der Sohn des Revisionswerbers mit dessen Lebensgefährtin bewohnten, zu einer tätlichen Auseinandersetzung gekommen, als die Lebensgefährtin des Sohnes ihre zweijährige Tochter, die sich zu diesem Zeitpunkt im Wohntrakt des Revisionswerbers befunden habe, abholen habe wollen. Im Zuge dieser Auseinandersetzung habe der Revisionswerber die (in der Verhandlung als Zeugin befragte) Lebensgefährtin seines Sohnes in den „Schwitzkasten“ genommen und gewürgt, sodass diese eine leichte Schwellung bzw. eine leichte Kratzwunde davongetragen habe, währenddessen diese sich gewehrt habe. Der Revisionswerber habe „von sich aus“ die Polizei verständigt, die gegenüber dem Revisionswerber ein Betretungsverbot sowie ein Annäherungsverbot ausgesprochen habe. Bereits vor diesem Vorfall sei es zwischen dem Revisionswerber und der Zeugin zu „Schupfereien“ bzw. „Rangeleien“ gekommen. In der Strafsache gegen den Revisionswerber wegen § 83 StGB sei die Staatsanwaltschaft Graz am 5. September 2022 vorläufig von der Verfolgung zurückgetreten. Im Rahmen eines außergerichtlichen Tatausgleiches hätten sich die Konfliktparteien wechselseitig für ihr Fehlverhalten entschuldigt. Ersatzansprüche seien nicht geltend gemacht worden. Gemäß den Angaben des Revisionswerbers und der Zeugin in der Verhandlung sei das Familienverhältnis nunmehr „beruhigt und gut im Vergleich zu früher“.
4 Bis zum Zeitpunkt des Vorfalls am 1. Juni 2022 sei der Revisionswerber im Besitz von zwei Langwaffen und mehreren Patronen für diese Waffen gewesen. Die Waffen benötige er zur Selbstverteidigung, und er nehme auch an Sportschießveranstaltungen teil.
5 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, die Prognoseentscheidung der belangten Behörde sei hinsichtlich einer befürchteten zukünftigen missbräuchlichen Verwendung von Waffen plausibel und begründet und im Sinne (näher zitierter) höchstgerichtlicher Judikatur entsprechend belegt. Schon vor dem anlassgebenden Vorfall sei es zwischen den Konfliktparteien zu wörtlichen und auch tätlichen Auseinandersetzungen gekommen, die am 1. Juni 2022 in einer nicht unerheblichen Tätlichkeit gegipfelt hätten. Wenngleich die Verletzungsfolgen der Zeugin keine schwerwiegenden seien, sei dennoch in der Handlungsweise des Revisionswerbers ein nicht vertretbares Aggressionspotenzial zu sehen. Die Verhaltensweisen ließen auch wenn aktuell die gegenständliche Wohnsituation als befriedet anzusehen sei das Persönlichkeitsbild in einem Licht erscheinen, das nicht gerade jene Bedachtheit und Überlegtheit und jenes Verantwortungsbewusstsein ausstrahle, welches von einem Waffenbesitzer jedenfalls zu verlangen sei. Eine in familiärem Zusammenhang bewiesene Aggressionsbereitschaft sei auch nach allfälliger Bereinigung des zugrundeliegenden familiären Konfliktes oder einer aufgrund einer Meinungsverschiedenheit hervorgerufenen Aggression in waffenrechtlicher Hinsicht bedeutsam, zumal derartige Ausbrüche in ähnlichen Situationen aus gänzlich anderen Anlässen wirksam werden könnten (Hinweis auf VwGH 19.3.2013, 2012/03/0180). Insbesondere von Waffenpassbesitzern wie auch Jägern sei ein in jeder Hinsicht besonnenes, gewaltfreies und überlegtes Verhalten zu erwarten. Diesen Anforderungen habe der Revisionswerbers schon mehrfach nicht entsprochen.
6 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit ein Abweichen von (näher angeführter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht, da das Verwaltungsgericht die beantragte Bestellung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Neurologie und Psychiatrie nicht von Amts wegen vorgenommen habe. Wäre dem Beweisantrag entsprochen worden, hätte sich in Verbindung mit dem vom Revisionswerber bereits eingeholten (psychiatrischen) Befundbericht vom 25. Oktober 2022 gezeigt, dass beim Revisionswerber keine psychische Störung oder psychiatrische Erkrankung vorliege.
7 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11Gemäß § 12 Abs. 1 WaffG hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
12Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient die Verhängung des Waffenverbotes der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger („missbräuchlicher“) Gebrauch gemacht und dadurch eine Gefährdung im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG herbeigeführt werden könnte. Hierbei ist nach dem dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Schusswaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG setzt voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen (nämlich durch gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauch) zu befürchten ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 21.11.2022, Ra 2022/03/0262, mwN).
13In seiner Rechtsprechung zu Situationen familiärer Gewalt hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt festgehalten, dass nach den Umständen des Einzelfalls auch schon ein einmaliger Vorfall (Gewaltexzess) ungeachtet eines untadeligen Vorlebens die Verhängung eines Waffenverbots gemäß § 12 Abs. 1 WaffG 1996 rechtfertigen kann (vgl. z.B. VwGH 27.1.2022, Ra 2021/03/0330, mwN).
14 Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen, dass das Verwaltungsgericht, das nicht nur auf den Vorfall vom 1. Juni 2022, sondern auch auf vorangegangene körperliche Auseinandersetzungen Bedacht genommen hat, fallbezogen von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre.
15 Wenn die Revision ausschließlich argumentiert, bei Bestellung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Neurologie und Psychiatrie hätte sich gezeigt, dass beim Revisionswerber keine psychische Störung oder psychiatrische Erkrankung vorliege und auch keine psychopharmakologische oder psychotherapeutische Therapie erforderlich sei, ist ihr zu erwidern, dass das Verwaltungsgericht die gefahrbegründende Aggressionsbereitschaft auf die (unbestrittene) tätliche Auseinandersetzung zwischen dem Revisionswerber und der Zeugin am 1. Juni 2022 sowie auf frühere (von der Revision ebenfalls nicht bestrittene) Geschehnisse, wie etwa „Schupfereien“ bzw. „Rangeleien“ zwischen den Konfliktparteien, gestützt hat.
16 Dass die vom Verwaltungsgericht angenommene Aggressivität des Revisionswerbers im Zusammenhang mit einer psychischen Störung oder psychiatrischen Erkrankung des Revisionswerbers stünde, ist dem angefochtenen Erkenntnis hingegen nicht zu entnehmen. Schon deshalb vermag die Revision mit ihrem Vorbringen keinen relevanten Verfahrensmangel des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens darzutun.
17Im Übrigen ist die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG nicht mit der waffenrechtlichen Verlässlichkeitsprüfung nach § 8 WaffG, in deren Zusammenhang gegebenenfalls eine psychische Erkrankung zu prüfen wäre (§ 8 Abs. 2 Z 2 WaffG), gleichzusetzen. Die Rechtsfrage, ob Tatsachen iSd § 12 Abs. 1 WaffG vorliegen, ist auch nicht von einem Sachverständigen zu beantworten. Dieser könnte allenfallsbei der Ermittlung dieser Tatsachen behilflich sein. Ob diese vorliegen und unter die genannte Bestimmung zu subsumieren sind, ist vielmehr eine im Rahmen der rechtlichen Beurteilung von der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht vorzunehmende Beurteilung (vgl. z.B. VwGH 17.4.2024, Ra 2023/03/0173, mwN).
18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 6. Dezember 2024
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