Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer Kober und Mag. Schindler als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision der Landespolizeidirektion Wien, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 22. März 2024, VGW 031/011/1506/2024 2, betreffend Übertretung des KFG (mitbeteiligte Partei: J Z in H), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
1 Mit Straferkenntnis der revisionswerbenden Behörde vom 5. Jänner 2024 wurde dem Mitbeteiligten als gemäß § 9 VStG Verantwortlichen der näher genannten Zulassungsbesitzerin (das Unternehmen Z) die Nichtbeantwortung der näher beschriebenen Lenkeranfrage vom 21. November 2022 gemäß § 103 Abs. 2 KFG zur Last gelegt und über ihn gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) der vom Mitbeteiligten dagegen erhobenen Beschwerde statt und stellte das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z 2 VStG mangels Tatbegehung ein. Die Erhebung einer ordentlichen Revision wurde für „ausgeschlossen“ erklärt.
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dass zwar der Mitbeteiligte im Firmenbuch seit 9. August 2002 als einer der handelsrechtlichen Geschäftsführer des Unternehmens eingetragen sei, aber wie der Mitbeteiligte auch in seinem Einspruch vom 24. Mai 2022 der Behörde bekannt gegeben habe bereits vor dem Tatzeitpunkt ordnungsgemäß die Bestellung eines nach § 9 Abs. 2 und 4 VStG bestellten Beauftragten erfolgt sei, weshalb der Mitbeteiligte nicht verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sei.
4 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Mitbeteiligte erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 Zur Zulässigkeitsbegründung führt die Amtsrevision unter näheren Darlegungen zusammengefasst aus, das Verwaltungsgericht habe seiner Entscheidung Sachverhaltsfeststellungen zugrundegelegt, die aktenwidrig und unrichtig seien. So sei einerseits die Datierung des Einspruchs falsch angenommen worden (der Einspruch sei nicht am 24. Mai 2022, sondern am 24. Mai 2023 erfolgt) und andererseits sei die Urkunde, mit der J.Z. für den fraglichen Zuständigkeitsbereich zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellt worden sei, erst am 10. Jänner 2023 ausgestellt und mit Wirksamkeit ab diesem Datum versehen worden. Angesichts der Nichterteilung der Lenkerauskunft nach § 103 Abs. 2 KFG mit 14. Dezember 2022 erweise sich die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Nachweis über die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten stamme aus der Zeit vor der Tatbegehung, weshalb den Mitbeteiligten keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung treffe und er somit nicht tatbestandsmäßig gehandelt habe, als aktenwidrig.
6 Die Revision erweist sich aufgrund der zutreffend aufgezeigten Aktenwidrigkeit als zulässig und berechtigt.
7 Das Verwaltungsgericht ist nicht nur irrtümlich davon ausgegangen, dass der Mitbeteiligte mit 24. Mai 2022 richtig: 2023 Einspruch gegen die über ihn wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG verhängte Strafverfügung vom 16. Mai 2023 erhoben habe und darin mitgeteilt habe, dass J.Z. als für den relevanten Aufgabenbereich zum verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs. 2 VStG bestellt worden sei, sondern hat auch übersehen, dass die fragliche vorgelegte Bestellungsurkunde vom 10. Jänner 2023 datiert und inhaltlich die Bestellung mit Wirksamkeit ab diesem Datum vorgenommen wurde. Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs. 2 VStG mit 10. Jänner 2023 erfolgte somit nach der Tatbegehung am 14. November 2022 (Ablauf der Frist für die Erteilung der Lenkerauskunft). Der Mitbeteiligte war somit als (ein) handelsrechtlicher Geschäftsführer zur Vertretung nach außen berufen und damit verwaltungsstrafrechtlich gemäß § 9 Abs. 1 VStG für die fragliche Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG verantwortlich.
8 Diese Aktenwidrigkeit betraf einen für den gegenständlichen Fall wesentlichen Punkt, weshalb das angefochtene Erkenntnis bereits aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit belastet ist (vgl. etwa VwGH 1.9.2022, Ra 2021/03/0095, mwN).
9 Zudem ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Begründung einer Entscheidung eines Verwaltungsgerichts auf dem Boden des § 29 VwGVG mit Blick auf § 17 leg. cit. den Anforderungen zu entsprechen hat, die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Nach dieser Rechtsprechung bestehen die drei logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elemente einer ordnungsgemäß begründeten verwaltungsgerichtlichen Entscheidung erstens in einer im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, zweitens in der Beweiswürdigung, und drittens in der rechtlichen Beurteilung (vgl. etwa VwGH 26.2.2019, Ra 2018/02/0307, mwN). Das angefochtene Erkenntnis genügt diesen Anforderungen nicht.
10 Nach dem Gesagten war das angefochtene Erkenntnis bereits gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit a VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Wien, am 12. September 2024
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