Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofräte Mag. Brandl sowie Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über die Revision 1. des N E, 2. der mj. H E und 3. der mj. H E, die Zweit und Drittrevisionswerberinnen vertreten durch N E als gesetzlichen Vertreter, alle vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 6/6 8, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 2. November 2023, Zlen. 1. VGW 152/019/12108/2023, 2. VGW 152/019/12109/2023 und 3. VGW 152/019/12110/2023, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Sache den Antrag des Erstrevisionswerbers vom 19. Juli 2017 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) sowie jeweils den Antrag der beiden minderjährigen Töchter des Erstrevisionswerbers, der Zweit und der Drittrevisionswerberin, auf Erstreckung der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 17 Abs. 1 Z 2 und § 18 StbG ab und sprach aus, dass die Revision unzulässig sei.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Revisionswerber seien jeweils in Österreich als Flüchtlinge anerkannte afghanische Staatsangehörige. Der Erstrevisionswerber sei seit 2013 als Taxilenker in Österreich tätig. Im Jahr 2014 sei über ihn wegen Missachtung des Rotlichtes einer Verkehrssignalanlage (Verwaltungsübertretung gemäß § 38 Abs. 5 iVm § 99 Abs. 3 lit. a der Straßenverkehrsordnung 1960 [StVO]) eine Geldstrafe in der Höhe von € 140, verhängt worden. Im Jahr 2016 sei dem Erstrevisionswerber wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 10 km/h eine Organstrafverfügung ausgestellt worden. Wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges mit defekter Kennzeichenleuchte am 13. Mai 2017 sei über den Erstrevisionswerber mit Strafverfügung der Landespolizeidirektion Wien vom 4. Juli 2017 (Verwaltungsübertretung gemäß § 102 Abs. 1 und § 14 Abs. 6 iVm § 134 Abs. 1 Kraftfahrgesetz 1967 [KFG]) eine Geldstrafe in der Höhe von € 70, (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden) verhängt worden. Mit Strafverfügung vom 22. Jänner 2019 habe der Magistrat der Stadt Wien über den Erstrevisionswerber eine Geldstrafe in der Höhe von € 98,-- (Ersatzfreiheitstrafe 23 Stunden) wegen Haltens eines Kraftfahrzeuges am Schutzweg (Verwaltungsübertretung gemäß § 24 Abs. 1 lit. c StVO iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO) am 6. Oktober 2018 verhängt. Mit Strafverfügung vom 23. September 2020 sei über den Erstrevisionswerber von der Landespolizeidirektion Wien 1. wegen Übertretung des § 106 Abs. 5 Z 2 iVm § 134 Abs. 1 KFG und 2. wegen Übertretung des § 106 Abs. 5 Z 1 iVm § 134 Abs. 1 KFG jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von € 250, (Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 3 Tage und 18 Stunden) verhängt worden. Diesen Bestrafungen sei zugrunde gelegen, dass der Erstrevisionswerber am 20. September 2020 als Lenker eines Kraftfahrzeuges die damals einjährige Drittrevisionswerberin ohne Sicherung mit einer geeigneten, der Größe und dem Gewicht der Drittrevisionswerberin jeweils entsprechenden Rückhalteeinrichtung, welche die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall verringere, befördert habe, indem sich die Drittrevisionswerberin in der Mitte der Rückbank auf dem Schoß ihrer nicht angeschnallten Mutter befunden habe. Gleichzeitig habe der Erstrevisionswerber die damals sechsjährige Zweitrevisionswerberin, die zwar bereits größer als 135 cm, aber am Sitzplatz im Kofferraum des Fahrzeuges nicht angeschnallt gewesen sei, völlig ungesichert befördert. Die beiden weiteren damals 16 Jahre alten Söhne des Erstrevisionswerbers seien ebenfalls ohne angelegten Sicherheitsgurt rechts und links von der Mutter auf der Rückbank gesessen. Schließlich sei über den Erstrevisionswerber mit Strafverfügung vom 8. Juli 2021 von der Landespolizeidirektion Wien wiederum wegen Übertretung des § 38 Abs. 5 iVm § 38 Abs. 1 lit. a StVO gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von € 140,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage 16 Stunden) verhängt worden, weil er das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug am 27. Juni 2021 trotz Rotlichts der Verkehrssignalanlage nicht an der Haltelinie angehalten habe, sondern weitergefahren sei.
Vom Erstrevisionswerber sei als Berufskraftfahrer zu verlangen, dass er bei der Einhaltung der für die Sicherheit im Straßenverkehr erlassenen Vorschriften besondere Sorgfalt an den Tag lege. Bei der wiederholten Missachtung des Rotlichts einer Verkehrssignalanlage sowie dem Verstoß gegen die Bestimmungen, die der Sicherheit von (Klein)kindern beim Transport in einem Fahrzeug im Straßenverkehr dienten, handle es sich um gravierende Rechtsverletzungen. Auf Grund dieser wiederholten Verstöße, der mangelnden Auseinandersetzung bzw. leugnenden Verantwortung des Erstrevisionswerbers zu den gravierenden Rechtsverstößen im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht und des Umstands, dass er erhebliche Verwaltungsübertretungen während des laufenden Verfahrens über seinen Verleihungsantrag begangen habe, sei ein Wohlverhalten seit der letzten hervorgekommenen Verwaltungsübertretung im Juli 2021 nicht hinreichend lang. Der Erstrevisionswerber biete daher derzeit keine Gewähr dafür, keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darzustellen bzw. andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen nicht zu gefährden. Er erfülle somit nicht die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG. Insofern komme auch keine Erstreckung der Verleihung auf die Zweit und Drittrevisionswerberin in Betracht.
3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revision enthält zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen nähere Ausführungen zu der vom Verwaltungsgericht getroffenen negativen Wohlverhaltensprognose im Hinblick auf das dem Erstrevisionswerber vorgeworfene Fehlverhalten.
8 Bei der Prüfung des Verleihungshindernisses nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG ist eine Prognose über das zukünftige Wohlverhalten des Verleihungswerbers zu treffen und im Hinblick auf das Ziel des österreichischen Staatsbürgerschaftsrechts, die Verleihung der Staatsbürgerschaft als Abschluss einer erfolgreichen Integration des Fremden in Österreich zu sehen, bei der Prüfung nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. etwa jüngst VwGH 18.9.2023, Ra 2023/01/0250, Rn. 9, mwN).
9 Bei einer Beurteilung nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG handelt es sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, die vom Verwaltungsgerichtshof im Revisionsmodell nur aufzugreifen ist, wenn das Verwaltungsgericht seinen Anwendungsspielraum überschritten oder eine krasse Fehlbeurteilung des Einzelfalles vorgenommen hat (vgl. VwGH 11.10.2023, Ra 2021/01/0196, Rn. 14, mwN).
10 Ein Abweichen des Verwaltungsgerichts von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verleihungshindernis des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG bzw. eine krasse Fehlbeurteilung des Gesamtverhaltens des Erstrevisionswerbers, von dem bei der Prüfung der Voraussetzungen dieses Verleihungshindernisses auszugehen ist (vgl. etwa VwGH 19.7.2023, Ra 2023/01/0176, Rn. 8, mwN), durch das Verwaltungsgericht zeigt die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht auf.
11 In der Revision werden vor diesem Hintergrund keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 21. Februar 2024
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