Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie den Hofrat Dr. Schwarz und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Bamer, über die Revision der M A, vertreten durch Mag. Hela Ayni Rahmanzai, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Invalidenstraße 11/2, gegen das am 15. Mai 2023 mündlich verkündete und mit 20. Juni 2023 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 20. Juni 2023, Zl. VGW 151/023/3741/2023 14, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Bescheid vom 17. Februar 2023 wies die belangte Behörde (der Landeshauptmann von Wien) den Antrag der Revisionswerberin, einer afghanischen Staatsangehörigen, vom 6. Juli 2022 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot Weiß Rot Karte plus“ (§ 46 Abs. 1 Z 2 lit. b Niederlassungs und Aufenthaltsgesetz [NAG]) ab, weil sie keinen Nachweis über Kenntnisse der deutschen Sprache auf A1 Niveau erbracht habe (§ 21a Abs. 1 NAG) und die Gefahr bestehe, dass ihr Aufenthalt zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führe (§ 11 Abs. 2 Z 4 iVm. Abs. 5 NAG).
2 Mit dem am 15. Mai 2023 mündlich verkündeten und mit 20. Juni 2023 schriftlich ausgefertigten angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin ab und bestätigte den Bescheid der belangten Behörde. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
3 Das Verwaltungsgericht stellte fest, die 1996 geborene Revisionswerberin habe sich bislang noch nie in Österreich aufgehalten. Am 2. Mai 2014 habe sie in Afghanistan mit einem im Jahr 1994 geborenen, afghanischen Staatsangehörigen die Ehe geschlossen, welcher über einen bis 7. Juli 2023 gültigen Aufenthaltstitel „Rot Weiß Rot Karte plus“ verfüge. Das Ehepaar habe sich vor ca. neun Jahren kennengelernt und drei Monate später geheiratet. Anschließend hätten die Ehegatten den Angaben des (in der mündlichen Verhandlung als Zeugen befragten) Ehemannes zufolge ein Jahr lang zusammengelebt. Nachdem der Ehegatte der Revisionswerberin wie von ihm angegeben Afghanistan im Oktober 2015 verlassen habe, habe er die Revisionswerberin sieben Jahre lang nicht gesehen. Laut seinen Aussagen habe im Sommer 2022 ein gemeinsames Treffen in Pakistan stattgefunden. Seit diesem Zeitpunkt habe es keinen persönlichen Kontakt der Eheleute mehr gegeben. Somit werde zumindest seit Oktober 2015 kein tatsächliches Familienleben mehr entfaltet.
4 Darüber hinaus traf das Verwaltungsgericht Feststellungen zur beruflichen Tätigkeit des Ehegatten der Revisionswerberin in Österreich und zu dessen Erwerbseinkommen. Weiters traf es konkrete Feststellungen zur derzeitigen Unterkunft des Ehemannes der Revisionswerberin, welche dem Ehepaar nach dem Zuzug der Revisionswerberin auch als gemeinsamer Wohnsitz dienen solle.
5 Die Feststellung, dass zwischen den Ehepartnern tatsächlich kein Familienleben entfaltet werde, gründe sich insbesondere auf die Darlegungen des Ehemannes in der mündlichen Verhandlung. Er habe zusammengefasst angegeben, die Revisionswerberin drei Monate, nachdem sie sich kennengelernt hätten, geheiratet und in weiterer Folge mit ihr in etwa ein Jahr lang zusammengelebt zu haben. Die „Trennung“ sei im Oktober 2015 erfolgt. Nach seiner „Migration“ nach Österreich habe er die Revisionswerberin ca. sieben Jahre lang nicht mehr persönlich gesehen. Im Jahr 2022 habe er die Revisionswerberin in Pakistan, wo sie sich derzeit illegal aufhalte, besucht. Seit diesem Zeitpunkt habe zwischen den Eheleuten kein persönlicher Kontakt mehr stattgefunden.
6 Es widerspreche jeglicher Lebenserfahrung, dass zwei Menschen, die sich sieben Jahre lang nicht gesehen und die innerhalb der letzten acht Jahre lediglich für einen Monat persönlichen Kontakt miteinander gehabt hätten, derart miteinander verbunden seien, dass von einem intakten Familienleben auszugehen wäre. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Eheleute vor der „Migration“ des Ehegatten ein Jahr lang zusammengelebt hätten, zumal in jedem Fall anzunehmen sei, dass ein Zeitraum von sieben Jahren, in dem die Eheleute keinen persönlichen Kontakt miteinander gepflogen hätten, ein allfällig zuvor entfaltetes Familienleben zum Erliegen brächte, woran auch ein Wiedersehen, das vor ca. einem Jahr stattgefunden habe, nur schwerlich etwas ändern könne.
7 Abgesehen davon erscheine die Erzählung des Ehegatten über den Zeitpunkt der Trennung zum Zwecke seiner „Migration“ nach Österreich insofern unschlüssig, als er dargelegt habe, Ende Oktober 2015 aus Afghanistan ausgereist und bereits im November 2015 in Österreich angekommen zu sein. Eine Reisezeit von höchstens zwei Wochen (am 9. November 2015 habe er einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt) erscheine äußerst kurz. Zu seiner Reiseroute und den Gründen für die relativ kurze Dauer seiner Reise befragt, habe der Zeuge sehr verunsichert gewirkt. Konkret habe er seine Reiseroute derart geschildert, dass er von Griechenland nach Deutschland mit dem Bus gefahren und von der deutschen Grenze aus mit dem Zug nach Österreich gereist sei, wobei er sich eine Fahrkarte für den Zug besorgt habe. Die so beschriebene Reiseroute sei nicht nachvollziehbar, weil insbesondere die Behauptung absurd erscheine, dass der Zeuge zuerst mit dem Bus von Süden kommend nach Deutschland und erst danach nach Österreich gereist sei. Im Übrigen sei der deutliche Eindruck entstanden, dass der Ehegatte der Revisionswerberin mit diesen Aussagen versucht habe, vorzugeben, dass er vor seiner Ausreise aus Afghanistan für einen längeren Zeitraum mit der Revisionswerberin zusammengelebt habe. Dieser Aspekt führe in Verbindung mit den durchwegs langen Zeiträumen der räumlichen Trennung des Ehepaares nahezu zwingend zum Schluss, dass zwischen ihnen kein tatsächliches Familienleben entfaltet werde, weshalb eine Aufenthaltsehe vorliege.
8 In rechtlicher Hinsicht gelangte das Verwaltungsgericht zur Auffassung, dass fallbezogen entgegen der Annahme der belangten Behörde die Voraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 4 iVm. Abs. 5 NAG erfüllt sei. Auch den gemäß § 21a Abs. 1 NAG erforderlichen Sprachnachweis scheint das Verwaltungsgericht Näheres dazu ist der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu entnehmen im Hinblick auf das von der Revisionswerberin mit ihrer Beschwerde vorgelegte A1 Zertifikat vom 19. Februar 2023 als erbrachtet angesehen zu haben. Allerdings fehle es gegenständlich aus näher ausgeführten Gründen an einer ortsüblichen Unterkunft (§ 11 Abs. 2 Z 2 NAG).
9 Darüber hinaus liege das Erteilungshindernis des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG vor, weil die Revisionswerberin mit dem Zusammenführenden seit zumindest Oktober 2015 kein gemeinsames Familienleben mehr führe. Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht führten, dürften sich für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf diese Ehe berufen (§ 30 Abs. 1 NAG).
10 Die im Hinblick auf das Fehlen der Erteilungsvoraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z 2 NAG durchzuführende Interessenabwägung im Sinn von § 11 Abs. 3 NAG iVm. Art. 8 EMRK falle insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich gegenständlich um eine Aufenthaltsehe handle, zu Ungunsten der Revisionswerberin aus.
11 Aus den dargelegten Gründen sei der von der Revisionswerberin beantragte Aufenthaltstitel nicht zu erteilen gewesen.
12 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 19. September 2023, E 2368/2023 5, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
13 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision wird insbesondere geltend gemacht, das Verwaltungsgericht sei bei der Beurteilung der Frage des zwischen den Ehegatten bestehenden Familienlebens von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.
14 Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
15 Die Revision erweist sich im Hinblick auf die von ihr dargelegte Begründung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG als zulässig. Sie ist auch berechtigt.
16 Die maßgeblichen Bestimmungen des Niederlassungs und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 221/2022, lauten auszugsweise:
„Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel
§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn
...
4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
...
(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn
...
2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;
...
4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
...
(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 2a, 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl , Fremdenpolizei und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
...
Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft und Aufenthaltsadoption
§ 30. (1) Ehegatten oder eingetragene Partner, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, dürfen sich für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen.
...“
17 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert der Tatbestand des § 30 Abs. 1 NAG nicht, dass die Ehe quasi in Missbrauchsabsicht zu dem Zweck geschlossen wurde, einen Aufenthaltstitel zu erlangen, sondern dass zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde oder des Verwaltungsgerichtes kein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK (mehr) geführt wird. Ein formales Band der Ehe reicht nicht aus, um aufenthaltsrechtliche Wirkungen zugunsten des ausländischen Ehegatten abzuleiten (vgl. etwa VwGH 1.4.2021, Ra 2020/22/0214, Rn. 10, mwN). Beantragt ein Fremder wie hier einen Erstaufenthaltstitel, ist seine Absicht entscheidend, wie der angestrebte Aufenthaltstitel zu nutzen sei (siehe auch VwGH 12.12.2023, Ra 2023/22/0176, Rn. 19, mwN; vgl. weiters VwGH 6.12.2023, Ra 2023/22/0020, Rn. 17/22).
18 Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung, der zufolge für die Beurteilung einer Aufenthaltsehe die Absicht des Fremden, ob der Aufenthaltstitel zur Führung eines gemeinsamen Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK mit dem Zusammenführenden genutzt werde, maßgeblich ist, lässt das angefochtene Erkenntnis worauf die Revision zutreffend hinweist keine Auseinandersetzung mit diesem in der gegenständlichen Konstellation ausschlaggebenden Aspekt erkennen. Den Ausführungen des Verwaltungsgerichts sind auch keine konkreten und substantiierten Anhaltspunkte zu entnehmen, die nahelegten bzw. die beweiswürdigend nachvollziehbar dahin beurteilt worden wären, dass die Ehegatten im Fall des Zuzugs der Revisionswerberin kein gemeinsames Familienleben in Österreich führen würden.
19 Vielmehr stellte das Verwaltungsgericht, ohne sich mit der beabsichtigten Nutzung des Aufenthaltstitels zu befassen, primär darauf ab, dass die Eheleute einander seit der Ausreise des Ehegatten aus Afghanistan im Jahr 2015 nur einmal in Pakistan im Jahr 2022 gesehen hätten. Offensichtlich in Übernahme der diesbezüglichen Angaben des Ehegatten der Revisionswerberin legte das Verwaltungsgericht seinen Erwägungen aber auch zugrunde, dass was per se nicht für das Bestehen einer Aufenthaltsehe spräche die Eheleute nach ihrer Eheschließung ein Jahr lang in Afghanistan zusammengelebt hätten, sie anschließend aufgrund der Ausreise des Ehemannes nach Österreich voneinander getrennt gewesen seien (Asylantragstellung des Ehegatten am 9. November 2015) und im Jahr 2022 in Pakistan wieder für einen Monat persönlichen Kontakt miteinander gehabt hätten.
20 Hinsichtlich der Zeiträume der mehrjährigen Trennung der Ehegatten, die das Verwaltungsgericht hervorhob, gilt es dabei anzumerken, dass auf Basis des in den Akten befindlichen, vom Verwaltungsgericht Wien am 28. März 2023 eingeholten IZR Auszuges jedenfalls ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem vorliegenden im Jahr 2022 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad gestellten Antrag der Revisionswerberin und dem im Jahr 2021 ihrem (zuvor während eines gewissen Zeitraums subsidiär schutzberechtigten und sodann über einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 verfügenden) Ehegatten erteilten Aufenthaltstitel „Rot Weiß Rot Karte plus“ (§ 41a Abs. 9 NAG), der die Familienzusammenführung erst ermöglichte, nicht von Vornherein verneint werden kann (siehe § 35 Abs. 2 AsylG 2005 betreffend die gemäß dieser Bestimmung frühestens nach drei Jahren nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mögliche Familienzusammenführung). Dem angefochtenen Erkenntnis ist auch nicht zu entnehmen, aufgrund welcher konkreten Tatsachen davon auszugehen wäre, dass unter Berücksichtigung eines zuvor bestehenden Status des subsidiär Schutzberechtigten des Zusammenführenden und der fehlenden Aufenthaltsberechtigung der Revisionswerberin in Österreich ein persönliches Zusammentreffen der Eheleute ohne erhebliche Aufwendungen hätte organisiert werden können und dass dem Ehepaar dafür ausreichende (insbesondere finanzielle) Möglichkeiten zur Verfügung gestanden wären (vgl. VwGH 12.12.2023, Ra 2023/22/0176, Rn. 27).
21 Darüber hinaus lässt das angefochtene Erkenntnis eine Auseinandersetzung mit den Aussagen des Ehegatten der Revisionswerberin in der mündlichen Verhandlung, dass er für ihren Lebensunterhalt aufkomme und mit ihr fast täglich unter Verwendung verschiedener Kommunikationsmittel in Kontakt stehe, vermissen (siehe dazu VwGH 12.12.2023, Ra 2023/22/0176, Rn. 25).
22 Die Argumentation, auf die das Verwaltungsgericht seine Auffassung stützte, dass es sich fallbezogen um eine Aufenthaltsehe handle, erweist sich somit als nicht tragfähig.
23 Das wirkt sich auch auf die Interessenabwägung im Sinn von § 11 Abs. 3 NAG iVm. Art. 8 EMRK aus, die im angefochtenen Erkenntnis infolge des als alternativer Abweisungsgrund herangezogenen Fehlens einer ortsüblichen Unterkunft vorgenommen wurde. Auch im Rahmen der Interessenabwägung gewichtete das Verwaltungsgericht das aus den dargelegten Gründen nicht stichhaltig begründete Vorliegen einer Aufenthaltsehe maßgeblich zu Lasten der Revisionswerberin. Folglich beruht die Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts in einem zentralen Punkt auf einer Beurteilung, die keinen Bestand zu haben vermag. Somit erweist sich die Interessenabwägung im Ergebnis als nicht vertretbar (vgl. auch VwGH 17.5.2022, Ra 2021/22/0035, Rn. 15).
24 Infolgedessen erübrigt sich im Revisionsfall ein näheres Eingehen auf das für die Abweisung des Antrags der Revisionswerberin neben der Verwirklichung des Erteilungshindernisses des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG herangezogene Fehlen der Erteilungsvoraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z 2 NAG. Selbst wenn es nämlich an der zuletzt genannten Erteilungsvoraussetzung mangelte, hielte die in diesem Fall durchzuführende Interessenabwägung im Sinn von § 11 Abs. 3 NAG iVm. Art. 8 EMRK einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht stand.
25 Da das Verwaltungsgericht somit aus den dargelegten Erwägungen das angefochtene Erkenntnis mit vorrangig wahrzunehmender inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastete, war es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
26 Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 20. Februar 2024
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