Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulzbacher sowie den Hofrat Dr. Schwarz und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Thaler, über die Revision der M S, vertreten durch Mag. Klemens Mayer und Mag. Stefan Herrmann, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Baumannstraße 9/8, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 13. April 2023, VGW 151/091/15314/2022 18, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die Revisionswerberin, eine iranische Staatsangehörige, verfügte zunächst ab 27. Februar 2018 über eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende, die zuletzt bis 2. September 2020 verlängert wurde.
2 Am 27. August 2020 stellte die Revisionswerberin einen Verlängerungsantrag, wobei dieser Antrag während des Verfahrens unter Berufung auf ihre am 22. Oktober 2020 geschlossene Ehe mit K, einem österreichischen Staatsbürger um einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ ergänzt wurde; der beantragte Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ wurde der Revisionswerberin dann mit Gültigkeit bis 3. September 2021 erteilt. Bereits am 29. April 2021 wurde diese Ehe wieder geschieden.
3 Am 28. Juni 2021 stellte die Revisionswerberin einen Verlängerungsantrag sowie einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer „Rot Weiß Rot Karte plus“.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 13. April 2023 wurde im Beschwerdeweg das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren betreffend den Antrag der Revisionswerberin vom 27. August 2020 auf Zweckänderung von einer Aufenthaltsbewilligung für Studierende auf einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 3 AVG von Amts wegen wiederaufgenommen (Spruchpunkt 1). Weiters wurden dieser Zweckänderungsantrag gemäß § 47 Abs. 2 NAG sowie der Verlängerungsantrag vom 27. August 2020 betreffend die Aufenthaltsbewilligung „Student“ gemäß § 64 Abs. 1 NAG abgewiesen (Spruchpunkt 2). Zudem wurden der Zweckänderungsantrag der Revisionswerberin vom 28. Juni 2021 auf Erteilung einer „Rot Weiß Rot Karte plus“ gemäß § 27 Abs. 1 NAG (Spruchpunkt 3) und der unter einem gestellte Verlängerungsantrag betreffend den Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ gemäß § 47 Abs. 2 NAG abgewiesen (Spruchpunkt 4). Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
5 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung zugrunde, dass es sich bei der zwischen der Revisionswerberin und K geschlossenen und mittlerweile wieder geschiedenen Ehe um eine Aufenthaltsehe gehandelt habe. Zu dieser Auffassung war das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der sowohl die Revisionswerberin als auch ihr früherer Ehegatte vernommen worden waren, infolge diverser (schlüssiger) Überlegungen gelangt, die es in seiner Beweiswürdigung näher darlegte. Weiters stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die Revisionswerberin die erforderlichen Prüfungen nicht bestanden habe und auch kein Studium betreibe.
6 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen, durch die Vorlage der Heiratsurkunde im Aufenthaltstitelverfahren sei vorsätzlich der Eindruck erweckt worden, dass die Revisionswerberin mit K eine aufrechte Ehe im Sinn des Art. 8 EMRK führen würde. Die Revisionswerberin habe K lediglich in der Absicht geheiratet, den beantragten Aufenthaltstitel zu erlangen. Ein gemeinsames Familienleben sei nie geführt worden. Somit sei vom Vorliegen einer Aufenthaltsehe auszugehen und demzufolge seien die Voraussetzungen zur amtswegigen Wiederaufnahme des Verfahrens über den Zweckänderungsantrag vom 27. August 2020 gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 3 AVG erfüllt sowie aus näher angeführten Gründen die Anträge vom 27. August 2020 und vom 28. Juni 2021 abzuweisen.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende nach Ablehnung der Behandlung und Abtretung einer vor dem Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde (VfGH 28.6.2023, E 1649/2023 5) fristgerecht ausgeführte außerordentliche Revision, die sich unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B VG als unzulässig erweist.
8 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
10 Die Revision führt zur Begründung ihrer Zulässigkeit lediglich aus, das Verwaltungsgericht habe keine Feststellungen getroffen, dass die Revisionswerberin die Ehe „zum ausschließlichen Zweck“ geschlossen habe, eine fremdenrechtliche Berechtigung zu erhalten.
11 Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht das Vorliegen einer Aufenthaltsehe angenommen hat; insbesondere stellte es fest, dass die Ehe von der Revisionswerberin geschlossen wurde, um ihr einen Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen, und führte damit ohnehin ausreichend den (illegitimen) Zweck der Eheschließung an (siehe überdies VwGH 23.1.2020, Ra 2019/21/0384, Rn. 13, wonach es für die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Berufens auf eine Scheinehe bzw. Aufenthaltsehe nur auf die diesbezügliche Absicht des Fremden ankommt). Zudem stellt § 30 Abs. 1 NAG auf das vom Verwaltungsgericht festgestellte und in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht bestrittene Nichtführen eines gemeinsamen Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK ab, und nicht auf den „ausschließlichen“ Zweck der Erlangung einer fremdenrechtlichen Berechtigung (vgl. zum Ganzen VwGH 25.5.2021, Ra 2020/22/0096, Rn. 11, mwN).
12 In der Revision, die keine Ausführungen zu den vorgenommenen Antragsabweisungen enthält, wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
13 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 2. November 2023
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