Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Funk-Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des M T, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 10, gegen das am 24. August 2023 mündlich verkündete und am 2. Oktober 2023 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, W222 2227241 2/29E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Bangladeschs, stellte erstmals am 27. Juni 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er aufgrund seiner politischen Tätigkeit verfolgt werde.
2 Mit Erkenntnis vom 17. Juni 2020 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) diesen Antrag im Beschwerdeverfahren ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Am 21. Dezember 2020 stellte der Revisionswerber einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Er brachte vor, es gebe in Zusammenhang mit seiner politischen Tätigkeit weitere Anzeigen gegen ihn, weswegen er weiterhin Schutz suche.
4 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Folgeantrag mit Bescheid vom 2. März 2021 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei, wobei keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe, und erließ gegen den Revisionswerber ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot.
5 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das BVwG mit Erkenntnis vom 2. Juni 2021 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die Dauer des befristeten Einreiseverbotes auf ein Jahr herabgesetzt werde.
6 Mit Erkenntnis vom 5. Juli 2023, Ra 2021/18/0270, gab der Verwaltungsgerichtshof der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision Folge und hob das Erkenntnis des BVwG vom 2. Juni 2021 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.
7 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das BVwG die Beschwerde gegen den Bescheid vom 2. März 2021 - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Die Revision führt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst eine unwirksame Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung an den Revisionswerber ins Treffen. Dem Revisionswerber sei nicht bewusst gewesen, dass die Ladung zur Verhandlung an die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) ergehen würde und nicht an ihn. Es sei fraglich, ob die BBU vertretungsbefugt gewesen sei. Jedenfalls habe die BBU den Revisionswerber nicht über die Ladung zur mündlichen Verhandlung informiert.
12 Nach § 8 Abs. 1 Zustellgesetz (ZustG) hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Auch die Aufgabe einer Abgabestelle (selbst bei anschließender Obdachlosigkeit) stellt eine solche Änderung dar (vgl. VwGH 11.6.2015, Ra 2014/20/0184, mwN). Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist gemäß § 8 Abs. 2 ZustG, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann (vgl. VwGH 25.5.2020, Ra 2018/19/0708).
13 Aus dem vom BVwG vorgelegten Verwaltungsgerichtsakt ergibt sich, dass das BVwG die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 24. August 2023 an den Revisionswerber - nach Zurücklegung der Vertretungsbefugnis durch die BBU und aufgrund der Aufgabe einer Abgabestelle durch den Revisionswerber - gemäß § 8 Abs. 2 iVm § 23 ZustG durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch zustellte.
14 Die Revision zeigt mit ihrem Vorbringen, das auf die Voraussetzungen einer Zustellung nach § 8 Abs. 2 ZustG keinen Bezug nimmt, nicht auf, dass das BVwG bei der Zustellung der Ladung zu mündlichen Verhandlung an den Revisionswerber von eben diesen Voraussetzungen abgewichen wäre.
15 Die Revision macht zur Begründung ihrer Zulässigkeit überdies weitere Verfahrensmängel geltend, indem sie vorbringt, das BVwG sei seiner Ermittlungspflicht nicht nachgekommen, habe die Darlegung der tatsächlich herangezogenen Rechtsquellen unterlassen und seiner Entscheidung keine vollständigen Länderberichte zugrunde gelegt. Das BVwG sei auch auf die UNHCR Richtlinien zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Volksrepublik Bangladesch fliehen, nicht eingegangen.
16 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. für viele etwa VwGH 19.9.2023, Ra 2023/19/0317, mwN). Eine solche Darstellung enthält die Revision nicht.
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 16. Jänner 2024