Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Funk-Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Seiler, in der Revisionssache der B A, vertreten durch die BLS Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Kärntner Straße 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Februar 2023, W144 2252152 1/2E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die Revisionswerberin, eine syrische Staatsangehörige, stellte am 15. März 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte sie vor, Syrien aufgrund des dort herrschenden Krieges verlassen zu haben. Zudem werde ihr Ehemann in Syrien gesucht, weil er seinem Neffen geholfen habe, von dessen Wehrdienst zu desertieren. Auch ihr Sohn, der sich im wehrpflichtigen Alter befinde, werde gesucht.
2 Mit Bescheid vom 17. Jänner 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Revisionswerberin auf Zuerkennung des Status der Asylberechtigen ab, erkannte ihr den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten erhobene Beschwerde der Revisionswerberin ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revision wendet sich in der Zulässigkeitsbegründung zunächst gegen die Beweiswürdigung des BVwG und bringt vor, dass sich das BVwG nicht mit dem Vorbringen der Revisionswerberin, wonach ihr eine Verfolgung durch das syrische Regime drohe, auseinandergesetzt habe. Das BVwG habe diesbezüglich jegliche Beweiswürdigung unterlassen.
8 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 5.4.2023, Ra 2023/19/0081, mwN).
9 Das BVwG ging von der fehlenden Glaubwürdigkeit der Angaben der Revisionswerberin zu ihren Fluchtgründen aus und stützte sich dabei im Besonderen darauf, dass die Revisionswerberin keine persönliche Bedrohung oder Verfolgung vorgebracht habe. Bezüglich der Behauptung, ihr Ehemann werde durch das das syrische Regime gesucht, habe sich die Revisionswerberin nicht auf eigene Wahrnehmungen, sondern lediglich auf Erzählungen ihres Ehemannes berufen. Dass dieser tatsächlich von den syrischen Behörden gesucht werde, sei wie schon in dem den Ehemann betreffenden Erkenntnis des BVwG ausgeführt nicht glaubwürdig. Auch hinsichtlich des Wehrdienstentzuges ihres Sohnes habe die Revisionswerberin keine persönliche Bedrohung vorgebracht. Eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bestehende Verfolgungsgefahr für die Revisionswerberin sei in diesem Zusammenhang nicht zu erkennen.
10 Die Revision zeigt mit ihrem pauschal gehaltenen Vorbringen nicht auf, dass diese Beweiswürdigung fallbezogen unvertretbar wäre.
11 Die Revision bringt des Weiteren vor, das BVwG habe es unterlassen, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen. Hätte das BVwG die Revisionswerberin befragt oder anderweitige Ermittlungen durchgeführt, so wäre es zu dem Ergebnis gekommen, dass Verfolgungshandlungen gegen die Revisionswerberin wahrscheinlich seien. Da diese bei einer Einreise in den Herkunftsstaat Angaben zu ihrer Identität machen müsste, würden die syrischen Behörden sofort eine Verbindung zu ihrem Ehemann herstellen, der seinem Neffen geholfen habe, vom Militärdienst zu desertieren.
12 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt es der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, ob weitere amtswegige Erhebungen erforderlich sind. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG läge in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 14.11.2022, Ra 2022/19/0206, mwN). Die Revision legt nicht dar, auf Grund welcher konkreten Umstände das BVwG gehalten gewesen wäre, von der Notwendigkeit weiterer amtswegiger Erhebungen auszugehen.
13 Soweit die Revision in diesem Zusammenhang ins Treffen führt, dass der Revisionswerberin Gefahr drohe, weil die syrischen Behörden sie in Verbindung mit ihrem gesuchten Ehemann bringen würden, übergeht sie, dass das BVwG die dahingehenden Angaben der Revisionswerberin als nicht glaubwürdig erachtet hat. Da sich die Revision mit diesem Vorbringen vom festgestellten Sachverhalt entfernt, wird insoweit schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. etwa VwGH 10.12.2020, Ra 2020/19/0302, mwN).
14 Die Revision bringt schließlich vor, das BVwG habe es unterlassen, festzustellen, dass die Revisionswerberin in Österreich ein selbstbestimmtes Leben führe und sich damit auseinanderzusetzen, wie es der Revisionswerberin ergehen würde, würde sie diesen Lebensstil in ihrem Herkunftsstaat weiterführen. Ein selbstbestimmtes Leben als Frau sei in Syrien nicht möglich.
15 Der Berücksichtigung dieses erstmals in der Revision erstatteten Vorbringens steht das aus § 41 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof entgegen. Das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht mit einem Vorbringen begründet werden, das unter das Neuerungsverbot fällt (vgl. VwGH 31.8.2022, Ra 2022/19/0185, mwN).
16 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 29. Juni 2023
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