Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofräte Dr. Schwarz und Dr. Terlitza als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der S K in W, vertreten durch Mag. Nikolaus Rast und Mag. Mirsad Musliu, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Alser Straße 23/14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. August 2023, W275 2104560 5/6E, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die Revisionswerberin, eine indische Staatsangehörige, stellte am 17. Jänner 2014 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, der verbunden mit einer Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) im Beschwerdeweg abgewiesen wurde.
2 Die Revisionswerberin verblieb im Bundesgebiet und stellte am 3. Dezember 2019 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, der wiederum verbunden mit einer Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen mit Erkenntnis des BVwG vom 14. Oktober 2021 abgewiesen wurde.
3 Die Revisionswerberin kam weiterhin ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach und stellte am 7. März 2022 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 18. Jänner 2023 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen wurde.
4 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom BVwG mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen. Das BVwG sprach weiters aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 In der Revision wird zur Zulässigkeit vorgebracht, dass von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verblieb der Revisionswerberin in Österreich auszugehen sei. Vielmehr könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Revisionswerberin die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genutzt habe, um sich sozial und familiär zu integrieren (Hinweis auf VwGH 26.1.2017, Ra 2016/21/0168).
10 Hinsichtlich dieses Vorbringens ist die Revisionswerberin zunächst darauf hinzuweisen, dass die „Sache“ des Beschwerdeverfahrens auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung durch das BFA beschränkt war (vgl. zum Verfahrensgegenstand von Beschwerden in Fällen, in denen die Behörde einen Antrag gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen hat, ohne eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, etwa VwGH 6.6.2023, Ra 2023/17/0083, mwN).
11 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der vom BFA unter dem Gesichtspunkt „entschiedene Sache“ vorgenommenen Antragszurückweisung nach § 58 Abs. 10 AsylG 2005 jener der Erlassung des behördlichen Bescheides. Zudem ergibt sich schon aus dem Gesetzeswortlaut des § 58 Abs. 10 AsylG 2005, dass für das BFA maßgebliche Beurteilungsgrundlage nur das „Antragsvorbringen“ ist und dass das BVwG bloß die Richtigkeit der vom BFA auf dieser Basis ausgesprochenen Zurückweisung zu prüfen hat (VwGH 28.2.2022, Ra 2021/22/0240, mwN).
12 Soweit die Revision davon ausgeht, dass die Revisionswerberin bereits mehr als zehn Jahre in Österreich sei, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt, zumal bereits im gegenständlichen Bescheid des BFA ausgeführt ist, dass die Revisionswerberin „am 17.01.2014, von Indien kommend über Italien, illegal, in das österreichische Bundesgebiet“ eingereist sei und noch am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Diese Feststellungen wurden im gesamten Verfahren und auch in der Revision nicht bestritten.
13 Es gelingt der Revisionswerberin nicht darzulegen, dass auf Basis ihres Antragsvorbringens davon auszugehen gewesen wäre, dass sich seit der (zuletzt aus Anlass der Zurückweisung ihres zweiten Folgeantrages auf internationalen Schutz) erlassenen Rückkehrentscheidung (rechtskräftig seit Erlassung des Erkenntnisses des BVwG vom 14. Oktober 2021) bis zur Erlassung des Bescheides vom 18. März 2023 die für die Interessenabwägung nach § 9 BFA VG maßgeblichen Verhältnisse entscheidend geändert hätten und damit der Zurückweisungsgrund nach § 58 Abs. 10 AsylG 2005 nicht gegeben gewesen wäre (vgl. etwa VwGH 29.3.2021, Ra 2017/22/0196).
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 10. November 2023
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