Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrat Mag. Cede und Hofrätin Mag. I. Zehetner als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision des W N in W, vertreten durch die Haider/Obereder/Pilz Rechtsanwält:innen GmbH in 1080 Wien, Alserstraße 21, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Mai 2023, W213 2268181 1/2E, betreffend besoldungsrechtliche Ansprüche (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Telekom Austria Aktiengesellschaft Personalamt Wien), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und ist der Telekom Austria Aktiengesellschaft zur Dienstleistung zugewiesen.
2 Mit Wirksamkeit vom 13. September 2021 wurden ihm aufgrund einer krankheitsbedingten Dienstverhinderung nach Erreichen von 182 Kalendertagen die Monatsbezüge gemäß § 13c Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956 (GehG) gekürzt.
3 Mit Schriftsatz vom 11. Jänner 2022 stellte der Revisionswerber folgenden Antrag an die belangte Behörde (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
„... erfolgte die Kürzung zu Unrecht und werden Sie ersucht unverzüglich die Differenzen zur Nachzahlung zu bringen, ansonsten Herr N eine bescheidmäßige Erledigung verlangen muss.“
4 Mit Schriftsatz vom 18. März 2022 beantragte der Revisionswerber wie folgt:
„Sie werden aus diesem Grund nochmals ersucht die ausstehenden Zahlungen an Herrn N zu leisten.
Wenn Sie dem nicht nachkommen, so werden Sie abermals um eine bescheidmäßige Ausfertigung ersucht. Ansonsten Sie mit einer Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgericht zu rechnen haben.“
5 Mit Schriftsatz vom 8. September 2022 brachte der Revisionswerber eine Säumnisbeschwerde „hinsichtlich der mit 25.01.2022 (gemeint wohl: 11.01.2022) und 18.3.2022 begehrten bescheidmäßigen Erledigung“ bei der belangten Behörde ein.
6 Mit Bescheid vom 29. Dezember 2022 sprach die belangte Behörde wie folgt aus:
„1.) Ihre Anträge vom 11. Jänner 2022, hb einlangend am 14. Jänner 2022, Ihnen ‚die 20%ige Gehaltskürzung ab 13. September 2021 zuzuerkennen und zur Auszahlung zu bringen bzw. vom 18. März 2021 (gemeint: 2022), hb einlangend am 21. März 2021 (gemeint: 2022), darüber einen Leistungsbescheid zu erlassen‘, werden gemäß § 13c Abs. 1 ,3 ,5 und 9 Gehaltsgesetz (GehG), BGBI. Nr.54/1956 zuletzt geändert durch BGBI. I Nr.102/2018, abgewiesen.
2.) Das Verfahren über Ihre Säumnisbeschwerde vom 8. September 2022, hb einlangend am 29. September 2022 wird gemäß § 16 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz eingestellt.“
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen Spruchpunkt 1. erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und bestätigte diesen Spruchpunkt mit der Maßgabe, dass er wie folgt zu lauten habe:
„Der Antrag vom 11.01.2022 auf Nachzahlung der Differenz der zu Unrecht gekürzten Monatsbezügen ab dem 13.09.2021 gemäß § 13c GehG wird zurückgewiesen.“
8 Die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B VG erklärte das Bundesverwaltungsgericht für nicht zulässig.
9 Das Bundesverwaltungsgericht führte dazu im Wesentlichen aus, nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes würden besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten in der Regel in drei Phasen, konkret der Schaffung eines Rechtstitels, der Bemessung und der Liquidierung, verwirklicht; die letzte Phase der Liquidierung (Auszahlung) sei ein technischer Vorgang, der nur der Verwirklichung der vorangegangenen Bescheide diene, also selbst nicht durch Bescheid der Verwaltungsbehörde zu erledigen sei.
10 Der Revisionswerber habe mit Schreiben vom 11. Jänner 2022 beantragt, ihm die Differenz der zu Unrecht gekürzten Monatsbezüge ab dem 13. September 2021 gemäß § 13c GehG zur Nachzahlung zu bringen. Die belangte Behörde habe im Spruchpunkt 1. des bekämpften Bescheides über konkret diesen Antrag inhaltlich abgesprochen, indem sie diesen abwiesen habe. Diesem Antrag sei nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts eindeutig ein nach der Judikatur unzulässiges Liquidierungs bzw. Auszahlungsbegehren zugrunde gelegen, weshalb die belangte Behörde diesen unzulässigen Antrag hätte zurückweisen müssen.
11 Die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. des bekämpften Bescheides sei daher mit der Maßgabe abzuweisen, dass der Antrag des Revisionswerbers zurückzuweisen sei.
12 Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe abgesehen werden können, weil sich der unstrittige Sachverhalt aus den vorliegenden Akten ergebe und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handle.
13 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 28. Juni 2023, E 1878/2023 5, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
14 In der Folge wurde die vorliegende außerordentliche Revision eingebracht.
15 In dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren wurde keine Revisionsbeantwortung erstattet.
16 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
17 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).
18 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
19 Der Revisionswerber bringt zur Begründung der Zulässigkeit seiner Revision zunächst im Wesentlichen vor, das Bundesverwaltungsgericht sei von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es dem Antrag auf Schaffung eines Rechtstitels den Inhalt eines Liquidierungsbegehrens unterstellt habe, obschon der Revisionswerber mehrfach klar dargelegt habe, dass er die „bescheidmäßige Erledigung“ begehre.
20 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes werden besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten in der Regel in drei Phasen Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung verwirklicht, wobei die letzte Phase (Liquidierung, Auszahlung) ein technischer Vorgang ist, der nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen ist, sodass (erst) für die Entscheidung eines solchen Liquidierungsbegehrens die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs gemäß Art. 137 B VG gegeben ist (vgl. etwa VwGH 7.5.2021, Ra 2020/12/0038, mwN).
21 Im vorliegenden Fall führte das Bundesverwaltungsgericht aus, der Revisionswerber habe mit Schreiben vom 11. Jänner 2022 beantragt, ihm die Differenz der zu Unrecht gekürzten Monatsbezüge ab dem 13. September 2021 gemäß § 13c GehG zur Nachzahlung zu bringen, was ein Liquidierungs bzw. Auszahlungsbegehren darstelle. Inwieweit die diesbezügliche Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich des Antrages vom 11. Jänner 2022, der darauf lautete, „die Differenzen zur Nachzahlung zu bringen“, unvertretbar wäre, legt der Revisionswerber weder dar noch ist dies aufgrund des klaren Wortlautes des Antrages ersichtlich.
22 Soweit der Revisionswerber sich auf die Formulierung im Antrag vom 11. Jänner 2022, „ansonsten Herr N eine bescheidmäßige Erledigung verlangen muss“ bezieht, ist bei einem Antrag auf Nachzahlung die Erlassung eines Leistungsbescheides begehrt worden, der nach der oben angeführten Rechtsprechung unzulässig ist.
23 Der Revisionswerber bringt zur Begründung der Zulässigkeit seiner Revision im Weiteren vor, selbst wenn das Bundesverwaltungsgericht hätte annehmen können, es liege kein hinreichend bestimmter Antrag auf Schaffung eines bescheidmäßigen Rechtstitels zur Durchsetzung besoldungsrechtlicher Ansprüche vor, wäre es diesem oblegen, nach § 13 Abs. 3 AVG eine Klärung des Antragsinhaltes herbeizuführen.
24 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde (das Bundesverwaltungsgericht) im Fall eines unklaren Anbringens nicht berechtigt, diesem eine für den Standpunkt der Partei nach Auffassung der Behörde (des Bundesverwaltungsgerichts) günstige Deutung zu geben; erst recht fehlt der Behörde (dem Bundesverwaltungsgericht) die Befugnis, einem solchen unklaren Anbringen einen ungünstigen Inhalt zu unterstellen, insbesondere, soweit die Deutung der Behörde (des Bundesverwaltungsgerichts) einen Antrag als unzulässig oder in der Sache unbegründet erweisen würde (vgl. VwGH 23.3.2023, Ra 2023/12/0018, mwN). Ein solcher Fall eines unklaren Vorbringens liegt aber aufgrund der eindeutigen Formulierung des Antrages vom 11. Jänner 2022 fallbezogen nicht vor. Dass das Bundesverwaltungsgericht gegen § 13 Abs. 3 AVG verstoßen hätte, legt der Revisionswerber daher in der Zulässigkeitsbegründung nicht dar.
25 Insoweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang vorbringt, er habe „im Rahmen der Säumnisbeschwerde und in der Bescheidbeschwerde auf die Erlassung eines entsprechenden Bescheides“ hingewirkt, wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG zur näheren Begründung auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 2025, Ra 2023/12/0162, verwiesen, mit dem über ein im Wesentlichen inhaltsgleiches Vorbringen abgesprochen wurde (soweit dieses Vorbringen auch auf das „Schreiben vom 18.03.2022“ gestützt wird, s. Rn. 30).
26 Der Revisionswerber macht im Folgenden zur Begründung der Zulässigkeit seiner Revision geltend, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verhandlungspflicht nach § 24 VwGVG abgewichen, da es im Anwendungsbereich des Art 6 EMRK und des Art 47 GRC unterlassen habe, sich mit dem Vorbringen des Revisionswerbers hinreichend auseinander zu setzen und mit diesem und seinen Rechtsvertretern nicht die komplexe Rechtslage zur Durchsetzung besoldungsrechtlicher Ansprüche erörtert habe.
27 Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen, soweit durch Bundes oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtsache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
28 Der Verwaltungsgerichtshof hat (unter Bezugnahme auf die Judikatur des EGMR zu Art. 6 EMRK) bereits ausgesprochen, dass in einer Beschwerde aufgeworfene Rechtsfragen, die nicht bloß beschränkter Natur oder von keiner besonderen Komplexität sind, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erfordern können. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ferner wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter unter den Begriff der „civil rights“ im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 EMRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl. etwa VwGH 13.2.2025, Ra 2023/12/0023, mwN).
29 Inwiefern strittige Sachverhaltsfragen vorgelegen und relevant gewesen wären, deren Erörterung einer mündlichen Verhandlung bedurft hätte, zeigt der Revisionswerber in seinem Zulässigkeitsvorbringen vor dem Hintergrund der dargelegten Ausführungen zum klaren Wortlaut seines Antrages vom 11. Jänner 2022 nicht auf, ebenso wenig wie das Vorliegen einer Rechtsfrage besonderer Komplexität. Die Zulässigkeit der Revision wird daher auch in diesem Zusammenhang nicht aufgezeigt.
30 Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis über die Beschwerde des Revisionswerbers hinsichtlich seines Antrages vom 11. Jänner 2022, nicht aber hinsichtlich seines Antrages vom 18. März 2022 abgesprochen hat; insofern hat es die Beschwerde des Revisionswerbers nicht vollumfänglich erledigt und steht eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in diesem Umfang noch aus.
31 In der Revision wird aus den dargelegten Gründen keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 28. April 2025
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