Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie Hofrätin Mag. a Nussbaumer Hinterauer und Hofrätin Dr. Holzinger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, in der Revisionssache des M D in L, vertreten durch Mag. Dr. Klaus Schimik, Rechtsanwalt in 1180 Wien, Anastasius Grün Gasse 23/5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 28. Februar 2023, LVwG 414114/20/RK/FE, betreffend Zurückweisung von Anträgen auf neuerliche Zustellung und Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung sowie Abweisung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich (LPD OÖ) vom 28. Oktober 2021 wurde der Revisionswerber wegen 21-facher Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1, 3. Fall iVm § 2 Abs. 1, 2 und 4 iVm § 4 GSpG schuldig erkannt. Über den Revisionswerber wurden 21 Geldstrafen in der Höhe von jeweils € 5.000, (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Weiters wurde der Revisionswerber zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von € 10.500, verpflichtet.
2 Mit Schreiben vom 5. Jänner 2022 übermittelte die LPD OÖ dem Revisionswerber eine Mahnung betreffend die Zahlung des Strafbetrages sowie der Kosten des Strafverfahrens samt einer Mahngebühr. Zur Zahlung wurde eine Frist von zwei Wochen gewährt.
3 Mit E-Mail vom 4. Februar 2022 beantragte der Revisionswerber die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung des Straferkenntnisses vom 28. Oktober 2021, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie die neuerliche Zustellung des Straferkenntnisses. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung führte der Revisionswerber begründend aus, er habe nach Erhalt der Mahnung am 5. Jänner 2022 Erkundigungen angestellt und diese Mahnung am 25. Jänner 2022 seinem Rechtsanwalt übermittelt. Dieser habe bei der LPD OÖ nachgefragt. Mit E Mail vom 26. Jänner 2022 sei dem Rechtsanwalt des Revisionswerbers unter gleichzeitiger Übermittlung des Zustellnachweises mitgeteilt worden, dass das Straferkenntnis mit 4. November 2021 durch Hinterlegung zugestellt und am 8. November 2021 vom Revisionswerber behoben worden sei. Daraufhin habe sich der Revisionswerber erinnert, dass er das Straferkenntnis persönlich von der Post abgeholt habe. Er habe jedoch seinen Reisepass verloren und vermute, dass aufgrund der Aufregung rund um den Verlust seines Reisepasses zusammen mit diesem eventuell auch das Straferkenntnis verloren gegangen sei. Der Revisionswerber könne sich nicht erklären, warum er das Straferkenntnis nicht an seinen Rechtsanwalt weitergeleitet habe, er habe bereits gegen zahlreiche Straferkenntnisse Beschwerde erhoben oder diese an seinen Rechtsanwalt weitergeleitet. Zu einem derartigen Versehen sei es noch nie gekommen.
4 Mit Bescheid der LPD OÖ vom 15. Februar 2022 wurden die Anträge auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung sowie auf neuerliche Zustellung des Straferkenntnisses vom 28. Oktober 2021 jeweils zurückgewiesen, der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde abgewiesen.
5 Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
6 Begründend verwies das Verwaltungsgericht darauf, dass im Verhalten des Revisionswerbers kein minderer Grad des Versehens erkannt werden könne. Das bloße Verlieren einer RSa Postsendung stelle kein Ereignis dar, das eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen würde. Selbst wenn man dem Revisionswerber eine momentane Aufgeregtheit wegen des Verlustes seines Passes zubillige, habe er im Verkehr mit Behörden und Gerichten keinesfalls den nötigen Aufmerksamkeitslevel eingehalten.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt die Frage, ob ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne grobes Verschulden der Partei zur Fristversäumung geführt hat oder ob ein Wiedereinsetzungsgrund ausreichend bescheinigt ist, grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes; eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn die Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise erfolgt worden wäre (vgl. etwa VwGH 8.6.2015, Ra 2015/08/0005, sowie 6.4.2016, Ro 2016/16/0007).
12 Eine solche Unvertretbarkeit wird in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht aufgezeigt. Insbesondere wird mit dem Hinweis darauf, dass es üblich sei, „derartige Schriftstücke“ erst im Büro zu öffnen und es auf dem Weg vom Postamt ins Büro zu einem Verlust kommen könne, der Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, dass eben der Verlust des Schriftstückes nicht als bloß minderer Grad des Versehens anzusehen sei, nicht entgegengetreten.
13 Soweit der Revisionswerber im Übrigen in der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision erstmals darauf verweist, er habe nach dem Verlust des Schriftstücks keine Daten mehr darüber gehabt, um welches Schriftstück von welcher Behörde es sich gehandelt habe, und deshalb nicht bei der Behörde nachfragen können, ist dies schon vor dem Hintergrund des Neuerungsverbotes des § 41 VwGG unbeachtlich. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage nicht mit einem Vorbringen begründet werden, das unter das Neuerungsverbot fällt (vgl. etwa VwGH 18.2.2021, Ra 2021/16/0006, mwN).
14 Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Revisionswerber nach der Aktenlage sehr wohl grundsätzliche Kenntnis von dem gegen ihn geführten Verwaltungsstrafverfahren hatte, da ihm vor Erlassung des Straferkenntnisses vom 28. Oktober 2021 eine Aufforderung zur Rechtfertigung über die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen durch Hinterlegung zugestellt und von ihm auch übernommen wurde.
15 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher nach § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG unter Abstandnahme von der beantragten Verhandlung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
16 Bei diesem Ergebnis ergibt sich eine Entscheidung über den Antrag auf aufschiebende Wirkung.
Wien, am 13. Juni 2023
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