Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz gegen das am 30. August 2023 mündlich verkündete und am 18. September 2023 (in gekürzter Form) schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark, Zl. LVwG 52.27 8505/2022 34, betreffend Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: E GmbH in L, vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 12), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid der belangten Behörde der nunmehrigen Amtsrevisionswerberin vom 2. November 2022 wurde der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Bewilligung der befristeten Rodung näher bezeichneter Waldgrundstücke in der KG J gemäß § 17 Abs. 3 und § 18 Forstgesetz 1975 (ForstG) abgewiesen.
2 Mit dem am 30. August 2023 mündlich verkündetemErkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark wurde der dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerde stattgegeben und dieser die Bewilligung zur befristeten Rodung näher bezeichneter Waldgrundstücke in der KG J im Gesamtausmaß von 27.308 m 2 zum Zweck der Rohstoffgewinnung (Trockenbaggerung mit anschließender Wiederverfüllung) unter Vorschreibung von (zwölf) näher genannter Bedingungen und Auflagen befristet bis zum 31. Dezember 2028 erteilt. Weiters wurde ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.
3 Trotz eines aktenkundigen, am 12. September 2023 beim Verwaltungsgericht eingelangten Antrages der Amtsrevisionswerberin auf schriftliche Ausfertigung dieses Erkennntisses gemäß § 29 Abs. 2a und 4 VwGVG der zufolge eines Vermerks des Verwaltungsgerichtes offenbar irrtümlich nicht der zuständigen Geschäftsabteilung weitergeleitet wurde , wurde das Erkenntnis am 18. September 2023 in gekürzter Form ausgefertigt. § 25a Abs. 4a VwGG steht der vorliegenden Revision daher nicht entgegen.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision der belangten Behörde, die sich als unzulässig erweist:
5 Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass die ergangene „gekürzte“ Ausfertigung ebenso wie das mündlich verkündete Erkenntnis laut dessen niederschriftlicher Beurkundung Entscheidungsgründe enthält und insofern auch überprüfbar ist (vgl. VwGH 29.11.2022, Ra 2021/02/0258).
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 13.9.2023, Ra 2023/10/0063; 3.3.2023, Ra 2022/10/0094; 28.10.2022, Ra 2022/10/0135). Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 14.10.2022, Ra 2022/10/0122; 29.9.2022, Ra 2022/10/0095; 31.7.2020, Ra 2020/10/0073).
10 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision wird geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf VwGH 26.4.1999, 98/10/0413; 12.11.2001, 99/10/0137; 18.6.2013, 2012/10/0133) ab, weil es diesem „an einer umfassend durchgeführten und einer der nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Interessenabwägung“ mangle. Es sei zwar „ein öffentliches Interesse an der Walderhaltung bestätigt“ worden, dieses Interesse sei „allerdings ohne fachliche Grundlage vom Landesverwaltungsgericht herabgestuft“ worden. Ebenso sei durch das „mangelhafte montangeologische Gutachten das Gewicht am Rodungsvorhaben nicht ausreichend konkret festgelegt“ worden. Das Verwaltungsgericht weiche auch von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (nochmals Verweis auf VwGH 18.6.2013, 2012/10/0133) zum besonderen öffentlichen Interesse an der Walderhaltung ab.
11 Wird eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt jenem der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Dabei reicht es nicht aus, bloß Rechtssätze zu verschiedenen hg. Erkenntnissen wiederzugeben oder hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl zu nennen, ohne auf konkrete Abweichungen von dieser Rechtsprechung hinzuweisen (vgl. VwGH 16.11.2023, Ra 2022/10/0146, mit Verweis auf VwGH 22.8.2022, Ra 2022/10/0005, 0006; 24.2.2022, Ra 2022/03/0040; 30.3.2021, Ra 2020/07/0075, 0076). Eine derartige Darstellung enthält die allein maßgebliche Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision aber nicht.
12 Darüber hinaus ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine im Grunde des § 17 Abs. 3 ForstG im Einzelfall durchgeführte Interessenabwägung vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen des Revisionsmodells dann aufzugreifen, wenn das Verwaltungsgericht die vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Leitlinien bzw. Grundsätze nicht beachtet und somit seinen Anwendungsspielraum überschritten oder eine krasse bzw. unvertretbare Fehlbeurteilung des Einzelfalles vorgenommen hat (vgl. VwGH 20.6.2022, Ra 2022/10/0038, mit Verweis auf VwGH 27.4.2021, Ra 2020/10/0186).
13 Derartiges wird in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht aufgezeigt: Zum einen geht das Verwaltungsgericht wie in der Zulässigkeitsbegründung ohnehin zugestanden wird selbst davon aus, dass die belangte Behörde zutreffend vom Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses an der Walderhaltung ausgegangen sei und eine hohe Wohlfahrtswirkung der Rodungsfläche vorliege, woraus sich ein erhöhtes öffentliches Walderhaltungsinteresse ergebe. Zum anderen beruhen die in diesem Zusammenhang als „Herabstufung“ des öffentlichen Interesses an der Walderhaltung in der Zulässigkeitsbegründung kritisierten Ausführungen des Verwaltungsgerichtes, wonach sich weder aus der (geringen) Schutzwirkung noch aus der (mittleren) Erholungswirkung ein erhöhtes öffentliches Walderhaltungsinteresse ableiten lasse und dem zur Rodung beantragten Wald im Hinblick auf seine Schutz- sowie Erholungsfunktion jeweils keine ausreichende Wirkung zukomme, welche ein erhöhtes öffentliches Walderhaltungsinteresse zu begründen vermögen, in sachverhaltsmäßiger Hinsicht auf den Ausführungen des beigezogenen forstfachlichen Amtssachverständigen. Ein Abweichen vom hg. Erkenntnis 2012/10/0133 wird mit der Bezugnahme auf Ausführungen in diesem Erkenntnis dazu, wann ein besonderes, einer Rodungsbewilligung nach § 17 Abs. 2 ForstG entgegenstehendes öffentliches Interesse an der Walderhaltung gegeben ist, nicht dargelegt. Ebensowenig wird mit den Darlegungen in der Zulässigkeitsbegründung zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes, wonach der Stellungnahme des forstfachlichen Amtssachverständigen „keine ausnehmend starke Gewichtung“ der - auch vom Verwaltungsgericht (dem Sachverständigen folgend) als hoch bewerteten - Wohlfahrtsfunktion zu entnehmen sei, eine krasse bzw. unvertretbare Fehlbeurteilung aufgezeigt.
14 Soweit sich die Zulässigkeitsausführungen schließlich gegen die vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Stellungnahme des montangeologischen Amtssachverständigen richten, ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde im vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheid - aufgrund einer von der Behörde eingeholten Stellungnahme dieses Amtssachverständigen vom 18. Mai 2021 - selbst davon ausgegangen ist, dass diese Stellungnahme in der Lage gewesen sei, den „Rodungszweck hinsichtlich des öffentlichen Interesses an der Rohstoffgewinnung und damit Sicherstellung der Versorgungssicherheit durchaus zu stärken“. Zu der in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom montangeologischen Amtssachverständigen erstatteten ergänzenden Stellungnahme hat die belangte Behörde - die an der Verhandlung nicht teilgenommen hat - weder inhaltlich Stellung genommen noch auf eine nähere Präzisierung gedrängt. Vor diesem Hintergrund wird mit der nunmehrigen Bezugnahme darauf, dass dieses Gutachten „nicht tauglich“ bzw. „nicht ausreichend konkret“ sei, nicht konkret dargetan, dass dem insofern ins Treffen geführten Verfahrensmangel Relevanz zukommt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird. Der Revisionswerber hat daher die Entscheidungswesentlichkeit des Mangels konkret zu behaupten. Er darf sich nicht darauf beschränken, einen Verfahrensmangel (bloß) zu relevieren, ohne die Relevanz für den Verfahrensausgang durch ein konkretes tatsächliches Vorbringen aufzuzeigen. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise, also fallbezogen, darzulegen (vgl. VwGH 30.8.2023, Ro 2022/10/0010, mit Verweis auf VwGH 18.5.2022, Ro 2021/10/0008). Eine derartige konkrete Relevanzdarstellung ist der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision aber auch diesbezüglich nicht zu entnehmen.
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 16. August 2024
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