Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger sowie den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision des mj. A S in Straß im Attergau, vertreten durch C und T S, diese vertreten durch Mag. Eduard Aschauer, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Sierninger Straße 174a, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. August 2023, Zl. L524 2276412 1/3E, betreffend Zurückweisung einer Anzeige über die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bildungsdirektion für Oberösterreich), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom 29. August 2023 wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) vom 27. Juli 2023, mit welchem die Teilnahme des minderjährigen Drittrevisionswerbers am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht untersagt und die Erfüllung der Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Privatschule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung angeordnet und einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt worden war, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Anzeige betreffend die Teilnahme des Drittrevisionswerbers am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht als unzulässig zurückgewiesen wurde. Weiters erklärte das Verwaltungsgericht die Revision dagegen gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
2 In der Begründung ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Drittrevisionswerber im Schuljahr 2021/2022 an häuslichem Unterricht teilgenommen habe. Da kein Zeugnis über eine abgelegte Externistenprüfung vorgelegt worden sei, habe die belangte Behörde mit rechtskräftigem Bescheid vom 15. Juli 2022 die Teilnahme des Drittrevisionswerbers an häuslichem Unterricht für das Schuljahr 2022/2023 untersagt und die Erfüllung der Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer privaten Pflichtschule mit Öffentlichkeitsrecht angeordnet. Die der belangten Behörde am 29. Juni 2023 angezeigte Teilnahme des Drittrevisionswerbers am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht im Schuljahr 2023/2024 habe die belangte Behörde untersagt und neuerlich die Erfüllung der Schulpflicht durch den Besuch einer in § 5 Schulpflichtgesetz (SchPflG) genannten Schule angeordnet.
3 Unter Hinweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 2023, Ro 2022/10/0004, hielt das Verwaltungsgericht fest, dass eine nochmalige Beurteilung der Frage, ob der Drittrevisionswerber seine Schulpflicht im Sinne des § 5 SchPflG zu erfüllen habe, nicht mehr vorzunehmen sei, weil bereits eine rechtskräftige Anordnung mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. September 2022 (gemeint wohl: 15. Juli 2022) über die Erfüllung der Schulpflicht im Sinn des § 5 SchPflG vorliege. Der Ausspruch über die Anordnung der Erfüllung der Schulpflicht umfasse entgegen der Auffassung der Revisionswerber nicht nur das Schuljahr 2022/2023, sondern enthalte keine zeitliche Einschränkung. Aufgrund dieser Anordnung sei aber auch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht nicht mehr möglich. Es sei keine Untersagung der Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht vorzunehmen, da es sich hierbei um eine meritorische Entscheidung handle, welcher die rechtskräftige Anordnung der Erfüllung der Schulpflicht durch den Besuch einer Schule gemäß § 5 SchPflG entgegenstehe. Im vorliegenden Fall sei mit Bescheid vom 15. Juli 2022 die Erfüllung der Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer privaten Pflichtschule mit Öffentlichkeitsrecht rechtskräftig angeordnet worden, weshalb die belangte Behörde keine meritorische Entscheidung hätte treffen dürfen, sondern die Anzeige als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.
4 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird zunächst ausgeführt, mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juli 2022 sei nicht die Schulpflicht für die restliche Dauer der Schulpflicht angeordnet worden, sondern nur für das Schuljahr 2022/2023. So habe der Bescheid vom 15. Juli 2022 die Teilnahme an häuslichem Unterricht ausschließlich für das Schuljahr 2022/2023 untersagt und im gleichen Spruchpunkt die Erfüllung der Schulpflicht nach § 5 SchPflG angeordnet. Zudem sei die Anordnung der Schulpflicht für nur ein Schuljahr zum Zeitpunkt der Bescheidausstellung gängige Praxis der belangten Behörde gewesen. In Zusammenschau mit dem Schreiben der belangten Behörde vom 1. September 2022, mit welchem ausdrücklich mitgeteilt worden sei, dass der Drittrevisionswerber nur im Schuljahr 2022/2023 die Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer privaten Pflichtschule mit Öffentlichkeitsrecht zu erfüllen habe, könne gar kein anderer Schluss gezogen werden, als dass die belangte Behörde die Erfüllung der Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer privaten Pflichtschule mit Öffentlichkeitsrecht nur für das Schuljahr 2022/23 habe anordnen wollen. Das Schreiben vom 1. September 2022 könnte auch als Ergänzungs oder Konkretisierungsbescheid qualifiziert werden, weil die Erlassung innerhalb der Rechtsmittelfrist erfolgt sei und ganz klar der Wille ersichtlich sei, wonach die Erfüllung der Schulpflicht gemäß § 5 SchPflG ausschließlich auf das Schuljahr 2022/2023 eingeschränkt werde. Das Verwaltungsgericht habe daher den Sachverhalt in diesem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen bzw. hätte dieser in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedurft.
9 Die Zulässigkeitsbegründung führt weiter aus, das Beschwerdeersuchen um einen Termin vor Ort, um den Sachverhalt darzulegen, bevor er an die nächste Instanz weitergeleitet werde, sei aufgrund des Umstandes, dass ein solcher Termin nicht stattgefunden habe, als Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu werten. Das Verwaltungsgericht hätte den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung behandeln und diesem stattgeben müssen. Hätte das Verwaltungsgericht die beantragte mündliche Verhandlung durchgeführt, hätte dieses zu einem anderen Erkenntnis kommen müssen, weil das Schreiben bzw. der Ergänzungsbescheid der belangten Behörde vom 1. September 2022 Eingang in die Verhandlung gefunden hätte.
10 Schließlich wird vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis sei auch mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet, da dieses die Beschwerde nicht als unbegründet hätte abweisen dürfen. Das Verwaltungsgericht weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 2023, Ro 2022/10/0004, ab, weil es einen Unterschied mache, ob seitens der Behörde die Erfüllung der Schulpflicht gemäß § 5 SchPflG „expressis verbis“ nur für ein bestimmtes Schuljahr rechtskräftig angeordnet werde oder für die gesamte restliche Dauer der Schulpflicht. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht auch „die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 1956 der Beilagen XXVII. GP“ außer Acht gelassen, in denen ausdrücklich klargestellt werde, dass unter anderem im Falle der nicht fristgerechten Beibringung der Externistenprüfung nur die Erfüllung der Schulpflicht im folgenden Schuljahr an einer Schule gemäß § 5 SchPflG angeordnet werden könne. Die Revision sei zulässig, weil eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG vorliege.
11 In der gesonderten Zulässigkeitsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe im Sinne der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG vorliegt (vgl. etwa VwGH 25.10.2023, Ra 2023/10/0390; 24.1.2022, Ra 2021/10/0164; 28.7.2021, Ra 2021/10/0091).
12 Diesen Anforderungen entspricht das vorliegende Zulässigkeitsvorbringen schon deshalb nicht, weil die darin enthaltenen Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen. Weder wird damit aufgezeigt, zu welchen konkreten Rechtsfragen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle oder eine solche uneinheitlich sei, noch, aus welchen Gründen das angefochtene Erkenntnis von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche.
13 Sollten die Revisionswerber mit dem in Rn 10 wiedergegebenen Vorbringen zum Ausdruck bringen wollen, der vorliegende Sachverhalt sei mit dem der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 2023, Ro 2022/10/0004, zugrundeliegenden nicht vergleichbar, weil seitens der Behörde die Erfüllung der Schulpflicht gemäß § 5 SchPflG „expressis verbis“ nur für ein bestimmtes Schuljahr rechtskräftig angeordnet worden sei, so widerspricht dies der auf der Aktenlage basierenden Feststellung des Verwaltungsgerichtes, die belangte Behörde habe mit Bescheid vom 15. Juli 2022 die Erfüllung der Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten privaten Pflichtschule nicht nur auf das Schuljahr 2022/2023 beschränkt angeordnet (siehe den 2. Absatz des Spruchteils 1. des genannten Bescheides). Entfernt sich der Revisionswerber bei der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, kann schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen (vgl. VwGH 16.11.2023, Ra 2022/10/0146; 28.2.2023, Ra 2022/10/0164, mwN).
14 Weiters sind die Revisionswerber darauf zu verweisen, dass die Auslegung eines konkreten Bescheides grundsätzlich nur den Einzelfall betrifft und nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG darstellt, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares, die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Auslegungsergebnis erzielt wurde (vgl. VwGH 5.7.2023, Ra 2023/10/0339; 30.6.2022, Ro 2021/07/0010, mwN). Der Frage, ob besondere Umstände des Einzelfalls allenfalls auch eine andere Auslegung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. im Zusammenhang mit der Auslegung von Erklärungen etwa VwGH 7.5.2020, Ra 2020/16/0037; 15.4.2019, Ra 2018/02/0087, mwN). Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht den maßgeblichen Spruchpunkt 1. des Bescheides der belangten Behörde vom 15. Juli 2022 dahingehend ausgelegt, dass damit die Erfüllung der Schulpflicht nicht nur für das Schuljahr 2022/2023 angeordnet worden sei, weil der betreffende zweite Absatz in Spruchteil 1. anders als der erste Absatz dieses Spruchteils über die Untersagung der Teilnahme an häuslichem Unterricht nach seinem Wortlaut keine zeitliche Einschränkung auf ein bestimmtes Schuljahr enthalte. Dass diese Auslegung unvertretbar wäre, zeigt die Revision, die auf die konkrete Begründung des Verwaltungsgerichtes nicht Bezug nimmt, nicht auf.
15 Den Entfall einer mündlichen Verhandlung stützte das Verwaltungsgericht auf § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG, wonach eine Verhandlung entfallen kann, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, sowie unter Hinweis auf hg. Judikatur darauf, dass schulrechtliche Angelegenheiten weder von Art. 6 EMRK noch von Art. 47 GRC erfasst seien. Das Zulässigkeitsvorbringen zeigt auch in diesem Zusammenhang keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, weil nicht konkret dargelegt ist, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. oben Rn 11).
16 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 15. März 2024
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