Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision der Bildungsdirektion für Oberösterreich gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19. September 2023, Zl. L511 2277155 1/4E, betreffend Besuch einer im Ausland gelegenen Schule (mitbeteiligte Partei: L R in W, vertreten durch die Erziehungsberechtigten R und G R in S), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
1 Mit Bescheid der Bildungsdirektion für Oberösterreich der nunmehrigen Amtsrevisionswerberin vom 28. Juli 2023 wurde über das Ansuchen des im Oktober 2012 geborenen Mitbeteiligten, eines österreichischen Staatsbürgers, vom 20. Juli 2023 auf Bewilligung des Besuchs einer im Ausland gelegenen Schule (X Schule in P. in Deutschland) im Schuljahr 2023/24 dahin entschieden, dass der Besuch einer im Ausland gelegenen Schule untersagt und ausgesprochen wurde, dass der Mitbeteiligte „ab sofort“ die Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Privatschule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen habe. Weiters wurde einer allfälligen Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Als Rechtsgrundlagen wurden die §§ 13 Abs. 1 und 11 Abs. 4 Schulpflichtgesetz 1985 (SchPflG) sowie § 13 Abs. 2 VwGVG genannt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19. September 2023 wurde einer dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde stattgegeben und diesem die Bewilligung erteilt, die Schulpflicht im Schuljahr 2023/24 durch den Besuch der X Schule in P. zu erfüllen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig sei.
3 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung zugrunde, dem seit dem Schuljahr 2019/20 schulpflichtigen Mitbeteiligten sei für das Schuljahr 2021/22 die Teilnahme an häuslichem Unterricht „bewilligt“ worden. Mit Bescheid der Amtsrevisionswerberin vom 26. Juli 2022 sei die Teilnahme des Mitbeteiligten an häuslichem Unterricht für das Schuljahr 2022/23 untersagt sowie „ohne Einschränkung auf ein bestimmtes Schuljahr oder eine bestimmte Schulstufe“ angeordnet worden, dass der Mitbeteiligte die Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer privaten Pflichtschule mit Öffentlichkeitsrecht zu erfüllen habe, weil kein Zeugnis über eine Externistenprüfung vorgelegt worden sei. Eine dagegen erhobene Beschwerde sei vom Verwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 12. Oktober 2022 abgewiesen worden. Der Mitbeteiligte habe „im Schuljahr 2022/23“ (nach dem vorgelegten Verwaltungsakt richtig: im Schuljahr 2020/21) die zweite Schulstufe an einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule erfolgreich abgelegt. Die Erziehungsberechtigten des Mitbeteiligten hätten am 20. Juli 2023 um die Bewilligung eines Schulbesuchs in der X Schule in P. angesucht. Der Unterricht an dieser Schule sei jenem an einer der in § 5 SchPflG genannten Schulen als gleichwertig anzusehen; ein erziehungs und bildungsmäßiger Nachteil für den Mitbeteiligten sei nicht erkennbar.
4 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen weiter aus, die Amtsrevisionswerberin habe den Besuch der im Ausland gelegenen Schule ausschließlich unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 2023, Ro 2022/10/0004, mit der Begründung untersagt, es sei mit Bescheid der Amtsrevisionswerberin vom 26. Juli 2022 eine rechtskräftige Anordnung der Erfüllung der Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht ergangen, welche für die gesamte weitere Schulpflicht gelte. Sowohl § 11 SchPflG („Besuch von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht und häuslicher Unterricht“), als auch § 12 leg. cit. („Besuch von Schulen, die keiner gesetzlich geregelten Schulart entsprechen“) und § 13 leg. cit. („Besuch von im Ausland gelegenen Schulen“) stellten Regelungen zur „Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht durch Teilnahme an einem gleichwertigen Unterricht“ (Überschrift zum Abschnitt C des SchPflG) dar. Die Untersagung von häuslichem Unterricht und Anordnung der Schulpflichterfüllung an einer Schule iSd § 5 SchPflG durch das schulpflichtige Kind für ein Schuljahr sei somit unter dem Aspekt der Erfüllung der Schulpflicht durch das schulpflichtige Kind zu betrachten (Verweis auf VwGH 24.4.2018, Ro 2018/10/0004). Der Regelungsgehalt des § 13 SchPflG bestehe darin, dass die in Österreich bestehende Schulpflicht durch den Besuch von im Ausland gelegenen Schulen erfüllt werden könne, wobei eine solche Bewilligung bei Vorliegen der Voraussetzungen jeweils für ein Schuljahr zu erteilen sei. Nach den Erläuterungen zu § 13 SchPflG werde damit Vorsorge für den Fall getroffen, dass insbesondere an den Grenzen Österreichs Kinder österreichischer oder ausländischer Staatsbürgerschaft Schulen besuchten, die jenseits der österreichischen Grenzen gelegen seien, obwohl sie sich dauernd in Österreich aufhielten und daher gemäß § 1 SchPflG der allgemeinen Schulpflicht unterlägen. Diese Ausführungen hätten als Anwendungsfall des Schulbesuchs im Ausland ausgehend von der noch eingeschränkten Mobilität von Schülern im Entwurfsjahr 1962 „insbesondere“ Schüler vor Augen, die in Grenznähe lebten und daher über die Grenze zur Schule und wieder nach Hause pendeln könnten. Mit der Verwendung des Wortes „insbesondere“ werde aber zweifelsfrei ausgedrückt, dass (schon damals) weitere Anwendungsbereiche durchaus beabsichtigt gewesen seien (Verweis auf VwGH 29.9.2017, Ra 2017/10/0044). Voraussetzung für eine Bewilligung der Erfüllung der Schulpflicht durch eine im Ausland gelegene Schule sei gemäß § 13 Abs. 1 SchPflG „nur“, dass der Unterricht an der im Ausland gelegenen Schule jenem an einer der in § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig und kein erziehungs und bildungsmäßiger Nachteil für das Kind anzunehmen sei. Weitere (einschränkende) Voraussetzungen für den Besuch einer im Ausland gelegenen Schule sehe § 13 SchPflG anders als § 11 SchPflG bei Absolvierung häuslichen Unterrichts oder einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht
5 Die Zulassung der Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, dass zur Rechtsfrage, „ob eine rechtskräftige unbeschränkt geltende Anordnung der Erfüllung der Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer privaten Pflichtschule mit Öffentlichkeitsrecht einer Bewilligung der Erfüllung der Schulpflicht“ iSd § 13 SchPflG entgegenstehe, keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestehe.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die ordentliche Amtsrevision der Bildungsdirektion für Oberösterreich.
7 Das Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor.
8 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Das Schulpflichtgesetz 1985, BGBl. Nr. 76/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 37/2023 (SchPflG), lautet auszugsweise:
„ Personenkreis
(1) Für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, besteht allgemeine Schulpflicht nach Maßgabe dieses Abschnittes.
...
Beginn der allgemeinen Schulpflicht
(1) Die allgemeine Schulpflicht beginnt mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September.
...
Dauer der allgemeinen Schulpflicht
Die allgemeine Schulpflicht dauert neun Schuljahre.
B. Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht durch den Besuch von öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen
Öffentliche und mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schulen
Unter den in den §§ 5 bis 10 genannten Schulen sind öffentliche oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schulen zu verstehen.
Schulbesuch in den einzelnen Schuljahren
(1) Die allgemeine Schulpflicht ist durch den Besuch von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen (einschließlich der land und forstwirtschaftlichen Fachschulen und der höheren land und forstwirtschaftlichen Lehranstalten) zu erfüllen.
(2) Schüler, die dem Pflichtsprengel einer Mittelschule angehören und den schulrechtlichen Aufnahmsbedingungen für diese Mittelschule genügen, können die allgemeine Schulpflicht im 5. bis 8. Schuljahr nicht durch den Besuch einer Volksschule erfüllen.
...
C. Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht durch Teilnahme an einem gleichwertigen Unterricht
Besuch von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht und häuslicher Unterricht
(1) Die allgemeine Schulpflicht kann unbeschadet des § 12 auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.
(2) Die allgemeine Schulpflicht kann ferner durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule ausgenommen die Polytechnische Schule mindestens gleichwertig ist.
...
(4) Der zureichende Erfolg eines im Abs. 1 oder 2 genannten Unterrichtes ist jährlich zwischen dem 1. Juni und dem Ende des Unterrichtsjahres durch eine Prüfung an einer in § 5 genannten entsprechenden Schule nachzuweisen, wenn die Schülerinnen und Schüler dieser Schulen am Ende des Schuljahres beurteilt werden. Bei Teilnahme am häuslichen Unterricht gemäß Abs. 2 hat ein Reflexionsgespräch über den Leistungsstand bis spätestens zwei Wochen nach Ende der Semesterferien stattzufinden, wobei ein Rechtfertigungsgrund gemäß § 9 Abs. 3 diese Frist hemmt. Das Reflexionsgespräch ist
1. mit Kindern oder Jugendlichen, die am häuslichen Unterricht auf der Vorschulstufe oder der 1. bis 8. Schulstufe teilnehmen, an jener Schule, die bei Untersagung des häuslichen Unterrichts zu besuchen wäre, oder, wenn gemäß Abs. 3 Z 2 lit. d der Lehrplan einer allgemeinbildenden höheren Schule angegeben wurde, an einer Schule dieser Schulart, und
2. mit Kindern oder Jugendlichen, die am häuslichen Unterricht auf der 9. Schulstufe teilnehmen an einer Schule, an welcher der gemäß Abs. 3 Z 2 lit. d angegebene Lehrplan geführt wird,
durchzuführen.
Wenn das Kind gemäß Z 1 vor Ablauf dieser Frist aus dem Sprengel dieser Schule verzogen ist und bei Reflexionsgesprächen gemäß Z 2, hat das Reflexionsgespräch mit zumindest einem Mitglied der Prüfungskommission gemäß Abs. 5 zu erfolgen.
...
(6) Die Bildungsdirektion hat die Teilnahme an einem solchen Unterricht zu untersagen und anzuordnen, dass das Kind seine Schulpflicht im Sinne des § 5 zu erfüllen hat, wenn
1. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die im Abs. 1 oder 2 geforderte Gleichwertigkeit des Unterrichtes nicht gegeben ist, oder
2. gemäß Abs. 2a eine öffentliche Schule oder eine mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu besuchen ist, oder
3. das Reflexionsgespräch gemäß Abs. 4 nicht durchgeführt wurde, oder
4. eine Prüfung aufgrund der Bestimmung gemäß § 42 Abs. 6 letzter Satz des Schulunterrichtsgesetzes vor dem Ende des Unterrichtsjahres, für welche der häusliche Unterricht angezeigt wurde, nicht möglich ist, oder
5. Umstände hervortreten, aufgrund welcher mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die Teilnahme am häuslichen Unterricht gemäß Abs. 2 dem Besuch einer öffentlichen Schule nicht mindestens gleichwertig ist, oder
6. der Nachweis des zureichenden Erfolges vor dem Ende des Unterrichtsjahres nicht erbracht wurde. Treten Umstände hervor, die eine Gefährdung des Kindeswohls befürchten lassen, so sind, wenn nicht gemäß § 78 der Strafprozessordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975 vorzugehen ist, die Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung oder die Kinder und Jugendhilfe zu informieren.
...
Besuch von im Ausland gelegenen Schulen
(1) Mit Bewilligung des Landesschulrates können schulpflichtige Kinder österreichischer Staatsbürgerschaft die allgemeine Schulpflicht auch durch den Besuch von im Ausland gelegenen Schulen erfüllen. Das Ansuchen um die Bewilligung ist von den Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten des Kindes bei der Bildungsdirektion einzubringen. Die Bewilligung ist jeweils für ein Schuljahr zu erteilen, wenn der Unterricht an der ausländischen Schule jenem an einer der im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig und kein erziehungs- und bildungsmäßiger Nachteil für das Kind anzunehmen ist.
...
(3) § 11 Abs. 4 findet sinngemäß Anwendung. Die Bildungsdirektion hat von einer Prüfung gemäß § 11 Abs. 4 abzusehen, wenn der zureichende Erfolg durch die Vorlage von Zeugnissen öffentlicher oder diesen gleichzuhaltender Schulen glaubhaft gemacht wird.“
10 Die Amtsrevision verweist in ihrer Zulässigkeitsbegründung auf jene des Verwaltungsgerichtes und bringt ergänzend vor, die Regelungen des SchPflG erwiesen sich insofern auch nicht als klar und eindeutig.
11 In der Sache vertritt die Amtsrevisionsweberin die Ansicht, im Falle einer Anordnung der Erfüllung der Schulpflicht im Sinne des § 5 SchPflG komme vor dem Hintergrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf VwGH 26.1.2023, Ro 2022/10/0004) eine ersatzweise Erfüllung der Schulpflicht gemäß den Bestimmungen der §§ 11, 12 und 13 SchPflG und somit im vorliegenden Fall der Besuch einer im Ausland gelegenen Schule nicht mehr in Frage. Aus den unterschiedlichen Regelungsbereichen des SchPflG ergebe sich die Absicht des Gesetzgebers, dass im Falle der verpflichtenden Anordnung des Schulbesuchs im Sinne des § 5 SchPflG die Sicherstellung der Schulpflicht ausschließlich in einer von § 4 SchPflG umfassten Schule möglich sei. Ein Auslandsschulbesuch im Sinne des § 13 SchPflG sei daher ausgeschlossen.
12 Die Revision ist zulässig und begründet.
13 Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass mit Bescheid der Amtsrevisionswerberin vom 26. Juli 2022 „ohne Einschränkung auf ein bestimmtes Schuljahr oder eine bestimmte Schulstufe“ angeordnet wurde, dass der Mitbeteiligte die Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer privaten Pflichtschule mit Öffentlichkeitsrecht zu erfüllen hat. Diese behördliche Anordnung ist durch Abweisung der dagegen erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12. Oktober 2022 in Rechtskraft erwachsen. Bei der X Schule in P. einer im Ausland gelegenen Schule handelt es sich unstrittig nicht um eine derartige „öffentliche allgemeinbildende Pflichtschule oder eine private Pflichtschule mit Öffentlichkeitsrecht“ im Sinne der §§ 4 und 5 SchPflG.
14 Das Verwaltungsgericht vertritt nun allerdings die Auffassung, dass vor dem Hintergrund des Zwecks des § 13 SchPflG, die Erfüllung der Schulpflicht auch durch im Ausland gelegene Schulen zu ermöglichen, der Besuch einer Schule iSd § 13 SchPflG „im Einklang mit der bereits rechtskräftig angeordneten Erfüllung der Schulpflicht“ iSd § 5 SchPflG stehe; dazu wird auf das hg. Erkenntnis vom 24. April 2018, Ro 2018/10/0004, verwiesen.
15 Was zunächst dieses Erkenntnis anbelangt, so finden sich darin keine Aussagen dazu, dass trotz rechtskräftig angeordneter Erfüllung der Schulpflicht iSd § 5 SchPflG ein Schulbesuch gemäß § 13 Abs. 1 SchPflG zulässig (und bewilligungsfähig) sei. Diesem Erkenntnis lag auch kein Fall zugrunde, in dem bereits rechtskräftig angeordnet worden war, dass der Betreffende seine Schulpflicht iSd § 5 SchPflG zu erfüllen habe.
16 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zum SchPflG (in der Fassung vor der Novellierung mit BGBl. I Nr. 232/2021) allerdings bereits darauf hingewiesen, dass sich der Umstand, dass der Gesetzgeber die Wiederholung einer Schulstufe im Rahmen der Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht oder an häuslichem Unterricht nicht vorgesehen hat, auch aus § 11 Abs. 4 SchPflG (in der Fassung vor der genannte Novelle) ergibt, wonach für den Fall, dass der zureichende Erfolg dieses Unterrichts für eine Schulstufe nicht nachgewiesen wird, die Erfüllung der Schulpflicht im Sinn des § 5 leg. cit. anzuordnen ist, und somit der weitere Besuch einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht bzw. die Teilnahme am häuslichen Unterricht nicht mehr in Betracht kommt (VwGH 29.5.2020, Ro 2020/10/0007). Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof darauf verwiesen, dass im Falle einer rechtskräftigen bescheidmäßigen Anordnung, dass der Betreffende gemäß § 11 Abs. 4 SchPflG (in der Fassung vor der genannten Novelle) seine Schulpflicht „an einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht auf Dauer ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung“ zu erfüllen hat, das Verwaltungsgericht infolge der Rechtskraft dieses Bescheides ungeachtet der Frage seiner Rechtmäßigkeit an dessen Anordnung gebunden ist und eine Teilnahme des Betreffenden an häuslichem Unterricht schon deshalb nicht in Betracht kam (VwGH 26.1.2023, Ro 2022/10/0004).
17 Der Verwaltungsgerichtshof vermag nun nicht zu erkennen, dass im Fall einer rechtskräftigen Anordnung, dass die Schulpflicht im Sinne des § 5 SchPflG hier: durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer privaten Pflichtschule mit Öffentlichkeitsrecht zu erfüllen ist, eine nochmalige Beurteilung dahin, ob die Schulpflicht durch Teilnahme an einem gleichwertigen Unterricht im Sinne des Abschnitts C des SchPflG hier: durch den Besuch einer im Ausland gelegenen Schule gemäß § 13 Abs. 1 SchPflG erfüllt werden kann, stattzufinden hat. Diese Frage wurde nämlich bereits rechtskräftig dahin entschieden, dass die Schulpflicht im Sinne des § 5 SchPflG (und somit durch den Besuch von öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen im Sinne des Abschnitts B des SchPflG also durch den Besuch von bestimmten in Österreich gelegenen Schulen) zu erfüllen ist. Der bloße Verweis des Verwaltungsgerichtes auf den Zweck des § 13 SchPflG, die Erfüllung der Schulpflicht auch durch im Ausland gelegene Schulen zu ermöglichen, legt nicht dar, weshalb dem Gesetzgeber des SchPflG der die behördliche Anordnung der Erfüllung der „Schulpflicht im Sinne des § 5 SchPflG“ seit der Stammfassung des Schulpflichtgesetzes 1962 (das mit dem SchPflG wiederverlautbart wurde) im Kern unverändert beibehalten hat , zu unterstellen wäre, dass er der genannten behördlichen Anordnung keine bindende Wirkung im Hinblick auf eine Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht durch Teilnahme an einem gleichwertigen Unterricht im Sinne des Abschnitts C des SchPflG beimessen habe wollen. Vielmehr ist bei der Norminterpretation nicht zu unterstellen, dass der Gesetzgeber hier: mit der rechtskraftfähigen behördlichen Anordnung, dass die Schulpflicht im Sinne des § 5 SchPflG zu erfüllen ist inhaltsleere oder überflüssige Anordnungen getroffen hat (vgl. VwGH 3.3.2023, Ra 2022/10/0094, mit Verweis auf VwGH 28.2.2018, Ra 2016/10/0055, mwN).
18 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 3. Oktober 2024