Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des Mag. K L S in M, vertreten durch Mag. Kaspar Strolz, Rechtsanwalt in 6130 Schwaz, Münchner Straße 15, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 22. Dezember 2022, LVwG 2022/31/1375 2, betreffend Versagung der Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Sistrans; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 12. April 2022, mit welchem sein Ansuchen um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für Änderungen zum Baubescheid vom 18. August 2021 abgewiesen worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
5 In seiner Begründung legte das Verwaltungsgericht zunächst dar, dass das gegenständliche Bauansuchen eine Wohnnutzfläche von 369,05 m² aufweise, sodass unter Berücksichtigung einer Bauplatzgröße von 842 m² eine Wohnnutzflächendichte von 0,438 vorliege. Es sei daher davon auszugehen, dass die im maßgeblichen Bebauungsplan festgelegte Höchstzahl für die Nutzflächendichte von 0,4 durch das gegenständlich projektierte Bauvorhaben überschritten werde. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers enthalte das Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 TROG 2016 keine Rundungsmöglichkeiten bei der Berechnung von Dichtefestlegungen. Eine festgelegte „Nutzflächendichte höchst (NFD H)“ von 0,4 lege per se einen präzisen Wert, einen Punkt auf einem dezimalen Zahlenstrahl fest, der keinerlei Raum für Rundungen lasse. Somit würden durch die betreffende Festlegung all jene Werte, die den Wert von 0,4 überschritten, somit etwa auch 0,4001, als unzulässig beschrieben.
6 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision bringt der Revisionswerber vor, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage ob Gemeinden, wenn sie in einem Bebauungsplan Festlegungen über Baudichten in Form von Dezimalzahlen treffen, einen Spielraum für die Normunterworfenen in Form einer mathematischen Rundungsmöglichkeit im nicht vorgegebenen Dezimalstellenbereich einräumen können, ob Gemeinden dazu verpflichtet seien, durch hinreichende Konkretisierung der Dichteangaben in einem Bebauungsplan unerwünschte Abweichungen im Dezimalstellenbereich auszuschließen bzw. ob die Baubehörde Abweichungen im nicht konkretisierten Dezimalstellenbereich zuzulassen habe, somit ob die Zulässigkeit von Bauführungen im Einklang mit dem mathematischen Bedeutungsgehalt einer Zahl zu bewerten und eine Gemeinde sohin verpflichtet sei, eine „BMD H z.B. mit 1,500 (anstelle von 1,5) zu konkretisieren, wenn Überschreitungen im Hundertstel- und Tausendstelbereich nicht zugelassen“ werden sollen, ob die Baubehörde von einem offenkundigen Widerspruch zum Bebauungsplan ausgehen darf, wenn in diesem die Nutzflächendichte mit 0,4 beschrieben werde und die Nutzflächendichte bei Rundung auf eine Nachkommastelle 0,4 betrage, und ob die Baubehörde die allenfalls fehlerhafte Rechtsmeinung des Revisionswerbers diesem zum Nachteil gereichen lassen dürfe, wenn sich die Gemeinde in Bebauungsplänen interpretationsfähiger Vorgaben bedient und die belangte Behörde die Rechtsauffassung des Revisionswerbers durch ihr eigenes Verhalten bekräftigt habe, indem sie im Rahmen der Erteilung der Baubewilligung vom 18. August 2021 die Einhaltung der „BMD H von 1,6 bei einer rechnerischer BMD von 1,627“ bestätigt habe.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
7 Zunächst ist festzuhalten, dass dann, wenn die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht vorliegt, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. etwa VwGH 25.10.2022, Ra 2022/06/0228, mwN).
8 Dies ist hier der Fall: Weder der im Revisionsfall maßgebliche, mit Beschluss des Gemeinderates vom 31. Mai 2021 erlassene Bebauungsplan „B54 Farmachweg“ noch die zu diesem Zeitpunkt in Geltung stehende Bestimmung des § 61 TROG 2016 (nunmehr wiederverlautbart als Tiroler Raumordnungsgesetz 2022) sehen Rundungsbestimmungen in Bezug auf die Berechnung der Nutzflächendichte vor. Die Gemeinde hat somit im in Rede stehenden Bebauungsplan keinen „Spielraum für die Normunterworfenen in Form einer mathematischen Rundungsmöglichkeit“ vorgesehen, sodass sich die vom Revisionswerber aufgeworfene Frage nach der Zulässigkeit einer solchen Vorgangsweise nicht stellt. Gemäß § 61 Abs. 5 TROG 2016 ist die Nutzflächendichte das zahlenmäßige Verhältnis zwischen der Nutzfläche und der Fläche des Bauplatzes; dass das Ergebnis dieses Rechenvorganges auf ganze Zahlen oder bestimmte Nachkommastellen zu runden wäre, wird nicht normiert. Aus der Rechtslage ergibt sich somit klar und eindeutig, dass durch die Festlegung einer höchstzulässigen Nutzflächendichte von wie im Revisionsfall 0,4 alle über diesem Wert liegenden Werte unzulässig sind; eine solche Regelung ist auch ausreichend bestimmt, eine weitere Konkretisierung durch die Gemeinde demnach nicht erforderlich. Ebenso wenig kommt eine davon abweichende Interpretation durch die Baubehörde in Betracht, durch welche aufgrund einer mathematischen (Ab)Rundung des Ergebnisses der Berechnung der Nutzflächendichte auf eine Nachkommastelle die zulässige Nutzflächendichte erhöht würde (so ergibt sich im Revisionsfall bei einer dem Bauansuchen zugrundeliegenden NFD von 0,438 eine um 32,25 m² höhere Wohnnutzfläche gegenüber der bei Einhaltung einer NFD von 0,4 sich ergebenden Nutzfläche von 336,80 m²). Selbst wenn es dem Vorbringen des Revisionswerbers folgend bereits bei Erteilung der Baubewilligung vom 18. August 2021 durch ein Versehen der Baubehörde zu einer Überschreitung der höchstzulässigen Baumassendichte durch Nichtberücksichtigung der den festgelegten Wert von 1,6 überschreitenden Nachkommastellen gekommen sein sollte, ergibt sich daraus, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kein Rechtsanspruch des Revisionswerbers auf weitere Überschreitungen von Festlegungen des Bebauungsplanes.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 31. März 2023
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