Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofräte Mag. Samm und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der revisionswerbenden Partei Wverein in V, vertreten durch Dr. Alexander Pflaum, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rechte Bahngasse 10/19D, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 10. August 2023, Zl. KLVwG 1204/4/2023, betreffend eine Angelegenheit nach dem K JG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen die Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 24. Jänner 2023, Zl. 10 JAG 2859/2 2022, LGBl. Nr. 6/2023, mit der die Verordnung der Landesregierung betreffend die vorübergehende Ausnahme von der Schonzeit für den Wolf (Canis lupus), LGBl. Nr. 8/2022, geändert wurde, als unzulässig zurückgewiesen; die ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.
2 Dem legte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen Folgendes zu Grunde:
3 Bei der revisionswerbenden Partei handle es sich um eine anerkannte Umweltorganisation. Nach Veröffentlichung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Juni 2023, Ra 2021/10/0162, mit der der Verwaltungsgerichtshof dargelegt habe, dass anerkannten Umweltorganisationen grundsätzlich ein Recht auf Teilnahme an behördlichen Verfahren zukomme, soweit der Schutz von Normen des Unionsumweltrechts auf dem Spiel stehe, weshalb ein an die Behörde gerichteter Antrag auf inhaltliche Überprüfung einer geltenden Verordnung (dort betreffend den Fischotter) zulässig sei, habe die revisionswerbende Partei die an das Verwaltungsgericht gerichtete Beschwerde gegen die im Spruch genannte Verordnung erhoben.
4 Diese Beschwerde sei jedoch unzulässig, weil sie sich gegen eine Erledigung richte, der keine Bescheidqualität zukomme.
Auf Basis des durch das B VG vorgegebenen Rechtsquellensystems stehe die Prüfung einer Verordnung grundsätzlich ausschließlich dem Verfassungsgerichtshof zu. Zwar habe im Lichte der zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs gegebenenfalls die verordnungserlassende Behörde selbst die Kompetenz zur Prüfung und Änderung einer Verordnung, gemäß Art. 89 Abs. 1 iVm Art. 135 Abs. 4 B VG komme dem Verwaltungsgericht die Prüfung der Gültigkeit einer gehörig kundgemachten Verordnung aber nicht zu.
Die ordentliche Revision sei unzulässig, weil der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung Ra 2021/03/0162 „den Rechtsschutzweg für anerkannte Umweltorganisationen betreffend umweltrelevante Verordnungen eindeutig aufgezeigt“ habe.
5 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 In der demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebenden Zulässigkeitsbegründung der Revision wird nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte:
10 Mit dem nicht näher konkretisierten Vorbringen, es lägen „Verfahrensmängel [vor], deren Relevanz für den Verfahrensausgang bei einem mängelfreien Verfahren zu einer anderen für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage geführt“ hätte, kann schon mangels näherer Darstellung der behaupteten Verfahrensmängel samt deren Relevanz keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt werden.
11 Gleiches gilt für das ebenfalls pauschal und unsubstantiiert gebliebene Vorbringen, mit der angefochtenen Entscheidung habe das Verwaltungsgericht „verschiedentliche völkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen Österreichs und/oder EU Rechtsakte, so die Aarhus Konvention, der Charta der Grundrechte der EU (GRC), der FFH Richtlinie, aber auch landesgesetzliche Bestimmungen, wie das Kärntner Naturschutzgesetz 2002, verletzt.“
12 Ebensowenig zielführend ist das Vorbringen, die angefochtene Entscheidung weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (zitiert wird VwGH 13.6.2023, Ra 2021/10/0162) ab, weil die Behörde angehalten gewesen wäre, den Antrag inhaltlich zu prüfen, weshalb das Verwaltungsgericht zu Unrecht den Rechtsschutz des Revisionswerbers verhindert habe.
Dies gilt auch für das damit zusammenhängende Vorbringen, es sei die grundsätzliche Rechtsfrage zu lösen, auf welche Weise österreichische Verwaltungsgerichte anerkannten Umweltorganisationen den rechtlich zu gewährenden Zugang zu Gerichten sicherstellen können:
13 In der zitierten Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof mit näherer Begründung dargestellt, dass einer anerkannten Umweltorganisation, soweit der Schutz von Normen des Unionsumweltrechts auf dem Spiel steht, grundsätzlich ein Recht auf Teilnahme (bereits) am behördlichen Verfahren zusteht. Er hat weiter dargelegt, dass die Legitimation einer solchen Organisation zur Stellung eines Antrags auf Verordnungserlassung gegebenenfalls zu bejahen ist, und dass ungeachtet des Rechtstypenzwangs nach der österreichischen Rechtsordnung Konstellationen auftreten können, in denen die Verwaltung zur Erlassung einer Verordnung verpflichtet und ein entsprechendes Antragsrecht von Parteien zu bejahen ist. Da die österreichischen Gerichte und Behörden verpflichtet sind, für einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu sorgen, stelle die Bestätigung der behördlichen Zurückweisung des Antrags einer anerkannten Umweltorganisation auf inhaltliche Überprüfung einer Unionsumweltrecht umsetzenden Verordnung (dort: der NÖ Fischotter-Verordnung) die Verweigerung der Sachentscheidung und damit eine Rechtsverletzung dar (im Übrigen wird gemäß § 43 Abs. 2 iVm Abs. 9 VwGG auf das genannte Erkenntnis verwiesen).
14 Mit diesem Erkenntnis wurde dem Zulässigkeitsvorbringen der Revision zuwider bereits ein Weg gewiesen, wie anerkannten Umweltorganisationen (im Anwendungsbereich von Unionsumweltrecht) gerichtlicher Rechtsschutz auch bei der Überprüfung von Unionsumweltrecht umsetzenden Verordnungen gewährt werden kann.
15 Von der Revision wird auch nicht dargelegt, dass die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts von diesem Erkenntnis abwiche: Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt schon deshalb nicht vor, weil der gegenständlichen Beschwerde nicht ein (zurückweisender) Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu Grunde liegt, sondern sie sich unmittelbar gegen eine Verordnung richtet. Dass die Behörde gegebenenfalls verpflichtet gewesen wäre, einen Antrag der revisionswerbenden Partei auf Überprüfung bzw. Abänderung der in Rede stehenden Verordnung inhaltlich zu prüfen, ändert nichts daran, dass es nach dem Grundsatz der nationalen Organisations und Verfahrensautonomie Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten ist, die für den indirekten Vollzug des Unionsrechts zuständigen Behörden zu bestimmen und die Modalitäten des Verfahrens zu regeln, sofern dabei der Äquivalenz und der Effektivitätsgrundsatz gewahrt werden (vgl. nur etwa VwGH 18.10.2016, Ro 2015/03/0029, mwN aus der Rechtsprechung des EuGH). Vor dem Hintergrund der verfassungsgesetzlich vorgegebenen Kompetenzen des Verwaltungsgerichts konnte dieses also zur Recht seine Zuständigkeit zur Entscheidung über die Beschwerde gegen diese Verordnung verneinen, zumal von der Revision nicht einmal ansatzweise dargelegt wird, dass die aufgezeigte Zuständigkeitsverteilung dem Erfordernis von Äquivalenz und Effektivität nicht genügen würde.
16 In der Revision werden nach dem Gesagten keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 8. November 2023
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