Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofräte Dr. Fasching und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über die Revision der R G B in W, vertreten durch Mag. Dr. Sebastian Siudak, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Blütenstraße 15/5/5.13, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 3. März 2023, Zl. VGW 051/073/4172/2022 21, betreffend Übertretung nach § 63c Abs. 1 StbG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde in der Sache nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Revisionswerberin wegen Übertretung des § 63c Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) eine Geldstrafe in Höhe von € 1.500, (Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und zehn Stunden) verhängt und die Revisionswerberin zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 300, verpflichtet. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, die Revisionswerberin, eine im Zeitpunkt ihres Antrags auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft noch asylberechtigte iranische Staatsangehörige, habe im Verleihungsverfahren wissentlich falsche Angaben gemacht, um sich die Staatsbürgerschaft zu erschleichen. Sie habe in der der belangten Behörde vorgelegten Auflistung ihrer Auslandsreisen verschwiegen, dass sie sich in näher genannten Zeiträumen von Mai 2016 bis November 2019 mehrfach bzw. mehrere Monate im Iran aufgehalten habe. Außerdem habe sie angegeben, dass ihr die Beschaffung eines iranischen Strafregisterauszugs unzumutbar gewesen sei.
3 Der Tatbestand (des § 63c StbG) der Erschleichung sei erfüllt, weil die Revisionswerberin wissentlich objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung gemacht habe, um daraus einen Vorteil zu erlangen, zumal diese Angaben geeignet gewesen seien, die Entscheidungsfindung der Behörde für die Revisionswerberin positiv zu beeinflussen.
4 Nach der Aktenlage wurde der Revisionswerberin die österreichische Staatsbürgerschaft nicht verliehen.
5 Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 12. Juni 2023, E 1162/2023 7, die Behandlung der gegen das vorliegend angefochtene Erkenntnis von der Revisionswerberin erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG zur Entscheidung ab.
6 Sodann erhob die Revisionswerberin die vorliegende außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. für viele VwGH 20.4.2022, Ra 2022/01/0018, mwN).
11 Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder wie hier das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe im Sinne der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG vorliegt (vgl. für viele VwGH 10.11.2022, Ra 2022/01/0305 0306, mwN).
12 Abgesehen davon, dass sich die Revision bereits deshalb als unzulässig erweist, sei auf Folgendes hingewiesen:
13 Soweit die Revision (erstmals) den Eintritt der Verfolgungsverjährung behauptet, wird diesbezüglich weder dargelegt, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Verwaltungsgericht abgewichen wäre, noch, welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof (erstmals) zu lösen hätte.
14 Gemäß § 63c Abs. 1 StbG (idF BGBl. I Nr. 122/2009) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von € 1.000, bis zu € 5.000, , im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen, wer in einem Verfahren zum Erwerb der Staatsbürgerschaft oder in einem Verfahren zur Ausstellung von Bestätigungen oder sonstigen Urkunden vor der zuständigen Behörde wissentlich falsche Angaben macht, um sich die Staatsbürgerschaft oder die Ausstellung einer Bestätigung oder sonstigen Urkunde in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft zu erschleichen. Wer diese Tat begeht, obwohl er wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von € 5.000, bis zu € 15.000, oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Der Versuch ist strafbar.
15 Die Materialien (ErläutRV 330 BlgNR 24. GP 59) führen dazu aus:
„Mit dem neu geschaffenen § 63c sollen Verwaltungsübertretungen normiert werden.
Durch § 63c Abs. 1 wird die Erschleichung der Staatsbürgerschaft und die Erschleichung der Ausstellung von Bestätigungen und sonstiger Urkunden in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft als verwaltungsrechtlich strafbare Handlung normiert. Diese Bestimmung folgt im Wesentlichen der in § 120 Abs. 2 FPG (neu) enthaltenen Strafbestimmung zur Erschleichung eines Einreise und Aufenthaltstitels, bzw. eines Aufenthaltsrechts nach dem AsylG 2005. Konsequenterweise soll damit auch die Erschleichung der Staatsbürgerschaft einer verwaltungsrechtlichen Strafsanktion unterstellt werden, da im Vergleich zu einem Aufenthaltsrecht in diesen Fällen sogar das ‚stärkere‘ Recht erschlichen wird. ...“
16 Nach dem klaren Wortlaut des § 63c Abs. 1 StbG ist nicht die Erschleichung (der Staatsbürgerschaft bzw. der Ausstellung von Bestätigungen oder sonstigen Urkunden), sondern das wissentliche Tätigen falscher Angaben zum Erwerb der Staatsbürgerschaft oder zur Ausstellung von Bestätigungen oder Urkunden mit Erschleichungsvorsatz pönalisiert.
17 Einer solcherart am eindeutigen Gesetzeswortlaut orientierten Interpretation ist gegenüber den damit in Widerspruch stehenden auf die Strafbarkeit der Erschleichung abstellenden Materialien der Vorzug zu geben (vgl. etwa VwGH 5.11.1999, 99/19/0171, 0172; 10.6.2002, 2001/17/0206).
18 Soweit die Revision daher ein Abweichen von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, wonach von einem Erschleichen nicht gesprochen werden könne, wenn falsche Angaben gemacht würden, die die Behörde im Zuge eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens als solche hätte erkennen können, ist dem zu entgegnen, dass es für die Strafbarkeit nach § 63c Abs. 1 StbG nicht erforderlich ist, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft bzw. die Ausstellung einer Urkunde oder Bestätigung tatsächlich erschlichen wird. Das Delikt ist selbst dann vollendet, wenn es dem Täter trotz wissentlicher Falschangabe nicht gelingt, Einfluss auf die Entscheidungsgrundlagen der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichts zu nehmen (vgl. zutreffend Glaser in Plunger/Esztegar/Eberwein [Hrsg] Kommentar zum StbG 2 [2023] § 63c Rz 1, 3 und 6).
19 Dem Vorbringen, wonach die Revisionswerberin die falschen Angaben nicht in der Absicht getätigt habe, die Staatsbürgerschaftsbehörde in die Irre zu führen (um die Staatsbürgerschaft zu erschleichen), ist zu erwidern, dass die für die „Erschleichung“ notwendige Irreführungsabsicht voraussetzt, dass die Partei wider besseres Wissen gehandelt hat, um einen vielleicht sonst nicht erreichbaren Vorteil zu erlangen. Ob Irreführungsabsicht vorliegt, kann nur aus den das rechtswidrige Verhalten der Partei begleitenden Umständen geschlossen werden, die von der Behörde (und vom Verwaltungsgericht) in freier Beweiswürdigung festzustellen sind (vgl. etwa VwGH 27.9.2022, Ra 2022/22/0129, mwN). Dabei handelt es sich demnach um eine Beurteilung im Einzelfall; dass die diesbezügliche Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts unvertretbar bzw. krass fehlerhaft wäre, zeigt die Revision nicht auf.
20 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 4. April 2024
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