Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Thaler, über die Revision des A N, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 21. September 2021, LVwG 458 18/2020 R20, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein im Jahr 1990 geborener Staatsangehöriger der Russischen Föderation, stellte am 7. November 2018 unter Berufung auf seine im Jahr 2014 geschlossene Ehe mit einer in Österreich asylberechtigten Staatsangehörigen der Russischen Föderation einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot Weiß Rot Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 lit. c Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG).
2 Mit Bescheid vom 16. September 2020 wies die Bezirkshauptmannschaft Bregenz (belangte Behörde) diesen Antrag gestützt auf § 11 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 NAG ab. Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen zugrunde, der Revisionswerber sei laut einem Bericht des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) vom 19. Dezember 2018 ein langjähriges Mitglied der Salafistenszene in Vorarlberg, weshalb sein Aufenthalt den öffentlichen Interessen widerstreite.
3 Mit Erkenntnis vom 21. September 2021 gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung (mit zwei Tagsatzungen) keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG wurde für unzulässig erklärt.
4 Das Verwaltungsgericht stellte soweit für die vorliegende Revisionssache maßgeblich Folgendes fest: Der Revisionswerber sei im Februar 2013 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe in der Folge mehrfach Anträge auf internationalen Schutz bzw. auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels gestellt, die alle ab- bzw. zurückgewiesen worden seien. Während seines Inlandsaufenthaltes sei der Revisionswerber langjähriges Mitglied der salafistischen Szene in Vorarlberg gewesen und habe in den Jahren 2013 bis 2018 zahlreiche Kontakte zu Personen (darunter drei Cousins, mit denen er längere Zeit im selben Haushalt gelebt habe) gepflegt, die dieser Szene zuzuordnen seien (etwa aufgrund der Beteiligung an Kampfhandlungen in Syrien auf Seiten des „IS“, aufgrund einer Verurteilung gemäß § 278b Abs. 2 StGB wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung bzw. aufgrund der Beteiligung an der Koranverteilungsaktion „Lies!“). Zudem sei der Revisionswerber auf einem Lichtbild abgebildet, auf welchem er in einer Moschee gemeinsam mit mehreren Personen bete, die wiederum ein „polizeilich kontrolliertes Salafistentreffen“ besucht hätten; mehrere Teilnehmer dieses Treffens hätten sich in der Folge dem „IS“ angeschlossen, darunter auch einer der Cousins des Revisionswerbers, wobei der Revisionswerber diesen vor dessen Ausreise Richtung Syrien zum Flughafen begleitet habe. Der Revisionswerber wäre so das Verwaltungsgericht weiter in dieser Gruppe nicht beim Gebet geduldet worden, wenn er nicht die von diesen Personen vertretene salafistische Auslegung des Islam geteilt hätte.
Weiters traf das Verwaltungsgericht nähere Feststellungen zum Salafismus bzw. zur Koranverteilungsaktion „Lies!“ und hob dabei insbesondere hervor, dass Salafisten den Anspruch erheben würden, das einzig wahre und authentische Verständnis des Islam zu repräsentieren. Dieser Wahrheits- und Machtanspruch habe zur Folge, dass sie interreligiös alle anderen Religionen und intrareligiös alle anderen muslimischen Glaubensrichtungen zurückweisen und zu ihrem Feindbild erklären würden. Salafisten würden das Ziel verfolgen, Staat, Rechtsordnung und Gesellschaft nach einem salafistischen Regelwerk, das als gottgewollte Ordnung angesehen und propagiert werde, umzugestalten; damit gehe die Forderung nach vollständiger Umsetzung der Scharia einher.
Schließlich stellte das Verwaltungsgericht fest, dass der Revisionswerber keine nennenswerten Integrationsschritte in Österreich gesetzt habe und hier nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei.
5 Beweiswürdigend stützte sich das Verwaltungsgericht zunächst auf die Berichte des LVT vom 19. Dezember 2018 und vom 12. März 2021, denen zufolge der Revisionswerber langjähriges Mitglied der Salafistenszene in Vorarlberg sei. Der Revisionswerber habe seinen Wohnsitz zwei Jahre lang bei der Familie A (der Familie seines Onkels und seiner Cousins) gehabt, die eng in der Salafistenszene verfestigt sei. Er sei (auch) mit anderen Personen in engem Kontakt gestanden, die der Koranverteilungsaktion „Lies!“ zuzuordnen seien. Der Revisionswerber sei zweimal zur mündlichen Verhandlung geladen worden, jedoch ohne Bekanntgabe von Gründen nicht erschienen. Mangels Mitwirkung sei es dem Verwaltungsgericht nicht möglich gewesen, sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu machen. Den Ausführungen in den Berichten des LVT sei der Revisionswerber nicht entgegengetreten.
Die Zugehörigkeit zur salafistischen Szene ergebe sich auch daraus, dass der Revisionswerber auf einem Lichtbild abgebildet sei, auf welchem er gemeinsam mit anderen Personen aus der salafistischen Szene bete. Laut den nachvollziehbaren Ausführungen im Bericht des LVT könne ausgeschlossen werden, dass der Revisionswerber als unbeteiligte Person gemeinsam mit den auf dem Lichtbild erkennbaren Personen gebetet hätte, wenn er nicht im inneren Kreis dieser Personen salafistischer Auslegung gewesen wäre. Das Vorbringen des Revisionswerbers, aus seinem Kontakt zu Personen aus der salafistischen Szene ließen sich keine Rückschlüsse auf seine eigene Gesinnung ziehen, verkenne die mit dem Salafismus verbundene Ablehnung von Personen anderer Gesinnungen. Der Revisionswerber und seine Ehegattin hätten zwar bestritten, dass es sich bei der fraglichen Person auf dem Lichtbild um den Revisionswerber handle. Jedoch habe sich aus einem (vom Verwaltungsgericht eingeholten und in der mündlichen Verhandlung näher erörterten) forensisch anthropometrischen Gutachten ergeben, dass auf dem Bild „wahrscheinlich bis sehr wahrscheinlich“ der Revisionswerber abgebildet sei (dies entspreche einer Wahrscheinlichkeit von 70 95% bzw. von 95 99%). Zum Vorbringen des Revisionswerbers, auf dem Lichtbild sei sein Schwager abgebildet, sei in einem Ergänzungsgutachten festgehalten worden, dies sei höchstwahrscheinlich nicht der Fall (was einer Wahrscheinlichkeit von 1 5% entspreche). Den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen im Sachverständigengutachten sei der Revisionswerber nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Dem Antrag auf Einräumung einer Frist zur Vorlage eines Gegengutachtens sei nicht stattzugeben gewesen, weil der Revisionswerber mehr als fünf Wochen Zeit gehabt habe, sich darum zu bemühen. Weiters legte das Verwaltungsgericht dar, dass und aus welchen Erwägungen es den Aussagen zweier Zeugen sowie der Ehegattin des Revisionswerbers keinen Glauben schenke.
Dass der Revisionswerber auch in den Jahren 2017 und 2018 regelmäßige Kontakte zur salafistischen Szene in Vorarlberg gehabt habe, ergebe sich neben den Berichten des LVT auch aus der Einsichtnahme des Verwaltungsgerichtes in die Ermittlungsergebnisse, die diesen Berichten zugrunde lägen. Zu dieser Einsichtnahme sei seitens des Verwaltungsgerichtes ein Aktenvermerk erstellt worden, der in der mündlichen Verhandlung mit dem Rechtsvertreter des Revisionswerbers erörtert worden sei. Die Zusammenfassung der Ermittlungsergebnisse selbst sei von der Akteneinsicht auszunehmen gewesen, weil so das Verwaltungsgericht in seiner Interessenabwägung nach § 17 Abs. 3 AVG eine Offenlegung die polizeilichen Ermittlungen nach dem Polizeilichen Staatsschutzgesetz und die ermittelnden Personen gefährden würde. Zudem habe das Gericht seine Feststellung zum Naheverhältnis des Revisionswerbers zur salafistischen Szene nicht allein auf diese Ermittlungsergebnisse, sondern auf eine Reihe weiterer Beweise gestützt, zu denen der Revisionswerber Stellung nehmen habe können. Dem Antrag des Revisionswerbers auf Einvernahme eines informierten Vertreters des LVT sei nicht stattzugeben gewesen, weil das LVT angegeben habe, dass keine Entbindung von der Amtsverschwiegenheit bestehe und daher nur die Inhalte der beiden Berichte wiederholt würden. Dem Antrag auf Zustellung des Aktenvermerks (über die Einsichtnahme in die Ermittlungsergebnisse) sei ebenfalls nicht stattzugeben gewesen, zumal dieser in der Verhandlung verlesen worden sei und nur aus drei Sätzen bestehe.
6 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, dass es sich bei Anhängern des Salafismus um eine extremistische Gruppierung handle und der Revisionswerber somit ein Naheverhältnis zu einer Gruppierung im Sinn des § 11 Abs. 4 Z 2 NAG aufweise. Dass er diesbezüglich nicht öffentlich in Erscheinung getreten sei, schade für die Annahme eines solchen (nach näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weit auszulegenden) Naheverhältnisses nicht. Da er über mehrere Jahre hinweg zahlreiche Kontakte zur salafistischen Szene in Vorarlberg unterhalten habe und keine Integration in andere Kreise nachweisen habe können, sei auch zu erwarten, dass er im Fall der Erteilung eines Aufenthaltstitels die Kontakte zur salafistischen Szene wieder aufnehmen würde. Der Aufenthalt des Revisionswerbers widerstreite daher dem öffentlichen Interesse gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 iVm § 11 Abs. 4 Z 2 NAG. In Anbetracht der schwerwiegenden Gefährdung der Interessen Österreichs sei die Erteilung eines Aufenthaltstitels so das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG auch zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK nicht geboten.
7 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 29. November 2021, E 4041/2021, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
8 In der Folge erhob der Revisionswerber die hier gegenständliche Revision, die sich unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B VG als unzulässig erweist.
9 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird. Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. etwa VwGH 22.7.2021, Ra 2020/22/0220, Rn. 7, mwN).
11 In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. erneut VwGH 22.7.2021, Ra 2020/22/0220, Rn. 8, mwN).
12 Der Revisionswerber bringt in der Zulässigkeitsbegründung zunächst vor, es seien mehrere Aktenstücke aus dem Akt „entfernt“ worden, weshalb sein Rechtsvertreter vor der mündlichen Verhandlung wichtige Dokumente nicht im Akt vorgefunden habe. Da der Revisionswerber zur Verhandlung nicht persönlich erschienen sei, wäre es in Anbetracht des Rechts auf wirksames Parteiengehör erforderlich gewesen, die Dokumente seinem Vertreter zu übermitteln und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
13 Nach § 17 Abs. 3 AVG sind von der Akteneinsicht Aktenbestandteile ausgenommen, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.
14 Dabei ist das Interesse der Partei an der Akteneinsicht gegen das der Akteneinsicht entgegenstehende Interesse im Einzelfall abzuwägen bzw. ist im Einzelfall zu beurteilen, inwieweit ein überwiegendes Interesse besteht, einer Partei bestimmte Informationen vorzuenthalten (vgl. - dort im Zusammenhang mit der Verweigerung der Akteneinsicht in einer vergaberechtlichen Angelegenheit - VwGH 29.6.2023, Ra 2020/04/0026, Rn. 12, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits zum Ausdruck gebracht, dass bei einer im Rahmen des § 17 Abs. 3 AVG im Einzelfall vorgenommenen Interessenabwägung vom Revisionswerber aufzuzeigen ist, dass das Ergebnis in unvertretbarer Weise erzielt worden ist (vgl. VwGH 21.11.2022, Ra 2021/04/0008, Rn. 25, mwN).
15 Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof zu § 17 AVG ausgesprochen, dass die den Verfahrensparteien vorenthaltenen Informationen auf das unbedingt notwendige Ausmaß zu beschränken und alle Möglichkeiten auszuschöpfen sind, die Entscheidungsgrundlagen so zu begrenzen, dass vorzuenthaltende Informationen zur Entscheidungsfindung nicht herangezogen werden müssen. Die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht haben dabei für jeden Einzelfall die ihrer Vorgangsweise zugrundeliegende Abwägung zwischen Geheimhaltungsanspruch und Recht auf Akteneinsicht und damit Transparenz der Entscheidungsgrundlage nachvollziehbar zu begründen, sodass die Verfahrensparteien diese zum Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Kontrolle bzw. eines an einen Gerichtshof des öffentlichen Rechts gerichteten Rechtsmittels machen können. Eine Geheimhaltung hat dabei auf das unbedingt Erforderliche beschränkt zu bleiben (vgl. VwGH 22.7.2020, Ra 2019/03/0163, Rn. 25, mHa Rechtsprechung des VfGH und des EuGH).
16 Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bedeutet der Umstand, dass einzelne Aktenbestandteile nach § 17 Abs. 3 AVG von der Akteneinsicht ausgenommen werden, noch nicht zwingend, dass damit eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör im Sinn des § 45 Abs. 3 AVG einhergeht, wenn die Behörde die entsprechenden Aktenbestandteile dennoch heranzieht. Zwar stelle es den Grundsatz jedes rechtsstaatlich geordneten behördlichen Verfahrens dar, dass es keine geheimen Beweismittel geben dürfe. In bestimmten, außergewöhnlichen Fällen könne es aber zur Wahrung der Grundrechte eines Dritten bzw. anderer Verfahrensbeteiligter oder zum Schutz wichtiger Interessen der Allgemeinheit erforderlich sein, den Parteien bestimmte Informationen vorzuenthalten, solange sichergestellt sei, dass sowohl die Behörde als auch das im Rechtsmittelweg angerufene Verwaltungsgericht über alle entscheidungserheblichen Unterlagen vollumfänglich verfügen. Die den Verfahrensparteien vorenthaltenen Informationen seien dabei auf das unbedingt notwendige Ausmaß zu beschränken und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die Entscheidungsgrundlagen so zu begrenzen, dass vorzuenthaltende Informationen zur Entscheidungsfindung nicht herangezogen werden müssen (vgl. zu allem das vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VwGH Ra 2019/03/0163 zitierte Erkenntnis VfGH 10.10.2019, E 1025/2018, Rn. 54, mwN).
17 Schließlich hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte dem Grunde nach anerkannt, dass das Recht des Betroffenen, über relevante Sachverhaltselemente (dort: einer Ausweisungsentscheidung) informiert zu werden, bzw. Zugang zum Inhalt der Dokumente und zu den Informationen im Akt zu erhalten, nicht absolut ist, sondern unter bestimmten Voraussetzungen Einschränkungen zulässig sind (vgl. EGMR [Große Kammer] 15.10.2020, Muhammad und Muhammad gg. Rumänien , 80982/12, Z 129 ff).
18 Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht infolge eines entsprechenden Ersuchens des LVT (mit Aktenvermerk vom 12. August 2021) die den Berichten des LVT zugrundeliegenden Ermittlungsergebnisse aus Gründen des öffentlichen Interesses von der Akteneinsicht ausgenommen. Begründend führte es im angefochtenen Erkenntnis zusammengefasst aus, bei diesen Ermittlungsergebnissen handle es sich um rechtmäßig erlangte Erkenntnisse aus polizeilichen Ermittlungen auf Grundlage des Polizeilichen Staatsschutzgesetzes, welche letztlich den Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung und die Verhinderung von Terroranschlägen zum Ziel hätten; eine Offenlegung dieser Ermittlungsergebnisse würde so das Verwaltungsgericht nicht nur die polizeilichen Ermittlungen, sondern auch die ermittelnden Personen selbst gefährden. Weiters hat das Verwaltungsgericht in seiner Begründung darauf hingewiesen, dass es die aus diesen Ermittlungsergebnissen abgeleitete Schlussfolgerung - die Zugehörigkeit des Revisionswerbers zur salafistischen Szene - dem Revisionswerber vorgehalten und ihm mehrfach die Gelegenheit gegeben habe, dazu Stellung zu nehmen und diese Schlussfolgerung zu entkräften. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis dargelegt, dass die Feststellung der Zugehörigkeit des Revisionswerbers zur salafistischen Szene nicht allein auf die von der Akteneinsicht ausgenommenen Ermittlungsergebnisse gestützt wurde, sondern auch auf die Berichte des LVT selbst sowie das (besagte) Lichtbild; diese Beweise seien in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert worden.
19 Diesen Ausführungen setzt der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung mit seinem nicht weiter konkretisierten Vorbringen nichts Substantiiertes entgegen. Er legt weder dar, dass die beschränkte Ausnahme von der Akteneinsicht nicht den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Vorgaben entsprochen hätte, noch zeigt er auf, dass die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Abwägung zwischen dem Interesse an der Geheimhaltung der Ermittlungsergebnisse und dem Recht auf Akteneinsicht unvertretbar erfolgt wäre.
20 Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang darauf verweist, er sei in der Verhandlung nicht persönlich anwesend gewesen, genügt es festzuhalten, dass das Nichterscheinen einer Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung die Durchführung der Verhandlung nicht hindert (vgl. etwa VwGH 14.9.2023, Ra 2021/22/0001, Rn. 11, mwN). Dass die Voraussetzungen für die Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Partei fallbezogen nicht vorgelegen wären, wird von dem (in der Verhandlung im Übrigen ohnehin von seinem Rechtsanwalt vertretenen) Revisionswerber jedoch nicht behauptet und ist auch nicht zu sehen.
21 Dem weiteren Zulässigkeitsvorbringen, wonach das Verwaltungsgericht ein unvertretbares Beweiskalkül angewandt und Zeugenaussagen missachtet habe, ist Folgendes entgegenzuhalten:
22 Soweit sich die Revision damit gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes zur Feststellung wendet, der Revisionswerber sei langjähriges Mitglied der salafistischen Szene, ist auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen, wonach der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist (vgl. zu der mit der hier einschlägigen Regelung des § 11 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 Z 2 NAG vergleichbaren Regelung des § 10 Abs. 2 Z 7 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 [StbG] etwa VwGH 11.1.2023, Ra 2022/01/0355 bis 0358, Rn. 9, mwN). Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof (wiederum iZm dem Verleihungshindernis des § 10 Abs. 2 Z 7 StbG) festgehalten, dass ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung nicht voraussetzt, dass der Betreffende mit einer konkreten extremistischen oder terroristischen Aktivität einer derartigen Gruppierung in Verbindung gebracht werden kann, sondern dass es vielmehr ausreicht, Unterstützer einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung zu sein (vgl. erneut VwGH 11.1.2023, Ra 2022/01/0355 bis 0358, Rn. 12, mwN).
23 Schließlich hat es der Verwaltungsgerichtshof (dort iZm der ebenfalls vergleichbaren Regelung des § 53 Abs. 3 Z 9 Fremdenpolizeigesetz 2005) nicht beanstandet, wenn sich das Verwaltungsgericht für die Frage des Vorliegens eines Naheverhältnisses zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung beweiswürdigend auf Berichte eines LVT gestützt hat (vgl. VwGH 19.11.2020, Ra 2020/21/0125, Rn. 16; weiters dort wiederum zu § 10 Abs. 2 Z 7 StbG VwGH 25.9.2018, Ra 2018/01/0325, Rn. 31, mwN).
24 Ausgehend davon vermag der Revisionswerber mit seinem nicht näher konkretisierten Zulässigkeitsvorbringen keine unvertretbare Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes aufzuzeigen (vgl. zum insoweit eingeschränkten Prüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 19.9.2023, Ra 2021/22/0225, Rn. 16, mwN). Entgegen dem dahingehenden Vorbringen des Revisionswerbers hat das Verwaltungsgericht auch keine Zeugenaussagen „missachtet“, sondern die Aussagen der näher bezeichneten Zeugen im Zusammenhang mit der auf dem Lichtbild abgebildeten Person mit näherer Begründung unter Verweis auf die Ausführungen des Sachverständigen als nicht glaubwürdig erachtet.
25 Wenn der Revisionswerber schließlich geltend macht, das Verwaltungsgericht sei mehrfachen Anträgen, einen informierten Vertreter des LVT zu laden und diesem die Aktenvorlage aufzutragen, nicht nachgekommen, ist darauf zu verweisen, dass Beweisanträgen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich zu entsprechen ist, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint. Dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts beizutragen. Ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, unterliegt der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. zu allem etwa VwGH 15.11.2022, Ra 2021/22/0229, Rn. 11, mwN).
26 Das Verwaltungsgericht begründete die Ablehnung des Beweisantrags damit, das LVT habe mitgeteilt, dass alle Informationen schriftlich vorgelegt worden seien und darüber hinaus keine Entbindung von der Amtsverschwiegenheit bestehe. Im Fall einer Einvernahme eines Vertreters des LVT würden ausschließlich die Inhalte der betreffenden Schreiben wiederholt bzw. darauf verwiesen werden. Dass die darauf gestützte Ablehnung des Beweisantrages durch das Verwaltungsgericht grob fehlerhaft erfolgt wäre, vermag der Revisionswerber mit seinem diesbezüglich nicht weiter konkretisierten Vorbringen nicht darzulegen.
27 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
28 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
29 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 23. Februar 2024
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