Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann-Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des A A, vertreten durch Dr. Karlheinz Moick, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Lange Gasse 50, dieser vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Oktober 2022, W280 2256569 1/9E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 13. Oktober 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.
2 Mit Bescheid vom 13. Mai 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab. Es erkannte dem Revisionswerber jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter.
3 Die gegen die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Das Bundesverwaltungsgericht erklärte die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Der Revisionswerber verweist zur Begründung der Zulässigkeit auf diverse Ermittlungs- und Begründungsmängel und rügt eine unrichtige Beweiswürdigung in Folge mangelnder Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH).
8 Werden Verfahrensmängel wie hier Ermittlungs- und Begründungsmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 26.9.2022, Ra 2022/20/0150, mwN).
Den Richtlinien des UNHCR ist besondere Beachtung zu schenken („Indizwirkung“). Die Verpflichtung zur Beachtung der von UNHCR und EUAA [vormals: EASO] herausgegebenen Richtlinien ergibt sich aus dem einschlägigen Unionsrecht. Die Asylbehörden sind jedoch nicht an entsprechende Empfehlungen von UNHCR und EUAA [vormals: EASO] gebunden (vgl. VwGH 11.2.2021, Ra 2021/20/0026 bis 0029, mwN).
Der Revisionswerber rügt, dass weitere Länderberichte, insbesondere solche des EUAA und Richtlinien des UNHCR unberücksichtigt geblieben seien. Er legt jedoch nicht dar, welche Feststellungen bei deren Heranziehung zu treffen gewesen wären und inwiefern daraus ein für ihn günstigeres Ergebnis zu erwarten gewesen wäre. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird daher nicht aufgezeigt.
9 Zudem bringt der Revisionswerber vor, das Bundesverwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass ihm als Vater eines Wehrdienstverweigerers im Fall seiner Rückkehr nach Syrien Verfolgung drohe.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Erkenntnis keine Feststellungen getroffen hat, nach denen es sich bei dem Sohn des Revisionswerbers um einen Wehrdienstverweigerer handelte. Entfernt sich das Vorbringen der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, wird schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. VwGH 21.7.2022, Ra 2022/20/0087, mwN).
10 Der Revisionswerber behauptet ferner, ihm drohe auch wegen seines sunnitischen Glaubensbekenntnisses asylrelevante Verfolgung. Auch mit diesem Vorbringen entfernt sich der Revisionswerber von den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses, sodass fallbezogen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird (vgl. erneut VwGH 21.7.2022, Ra 2022/20/0087, mwN).
11 Der Revisionswerber rügt schließlich, der EuGH habe in seinem Urteil vom 19. November 2020, C 238/19, zum Ausdruck gebracht, Menschen, die aus Syrien wegen des verpflichtenden Wehrdienstes flüchten, könne „echter“ Flüchtlingsstatus nur in Ausnahmefällen verweigert werden. Damit habe der EuGH eine Änderung der Verteilung der Beweislast postuliert. Das angefochtene Erkenntnis genüge diesen reduzierten Beweisanforderungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht.
Mit diesem Vorbringen wendet sich der Revisionswerber gegen die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 28.7.2022, Ra 2022/20/0041, mwN).
12 In dem vom Revisionswerber ins Treffen geführten Urteil hält der EuGH fest, dass „die Gründe für die Verweigerung des Militärdienstes und folglich die Strafverfolgung, zu der sie führt, subjektive Gesichtspunkte des Antrags“ darstellen, „für die ein unmittelbarer Beweis besonders schwer erbracht werden kann“ (EuGH 19.11.2020, C 238/19, Rn. 55). Dazu führt der EuGH jedoch auch aus, dass „es Sache der zuständigen nationalen Behörden“ ist, „in Anbetracht sämtlicher von der um internationalen Schutz nachsuchenden Person vorgetragener Anhaltspunkte, die Plausibilität der Verknüpfung zwischen den in Art. 2 Buchst. d und Art. 10 der Richtlinie 2011/95 genannten Gründen und der Strafverfolgung und Bestrafung zu prüfen, mit der sie im Fall der Verweigerung des Militärdienstes unter den in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e dieser Richtlinie genannten Voraussetzungen rechnen muss“ (Rn. 56). Anders als der Revisionswerber meint, ist daher auch danach (weiterhin) eine auf den Einzelfall bezogene Beurteilung unverzichtbar (vgl. etwa VwGH 21.12.2022, Ra 2022/18/0318, wo ebenfalls unter Hinweis auf das erwähnte Urteil des EuGH auf die einzelfallbezogene Prüfung abgestellt wurde).
13 In der Revision wird nicht aufgezeigt, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Beweiswürdigung mit einem im Revisionsverfahren aufzugreifenden Mangel belastet hätte. Zudem verneint das Bundesverwaltungsgericht in seinen Feststellungen, dass der Revisionswerber im Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit überhaupt als Reservist zum Militärdienst eingezogen werden würde oder wegen seiner illegalen Ausreise relevanten Übergriffen ausgesetzt wäre. Dass dies auf einer unvertretbaren Beweiswürdigung beruhte, zeigt die Revision ebenfalls nicht auf.
14 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 31. Jänner 2023