Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Funk Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Seiler, über die Revision des M K, vertreten durch Dr. Max Kapferer, Dr. Thomas Lechner und Dr. Martin Dellasega, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. März 2022, W274 2203091 1/30E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 25. Dezember 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er soweit für das Revisionsverfahren maßgeblich vor, er würde im Iran getötet werden, weil er Christ sei.
2 Mit Bescheid vom 12. Juli 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revision wendet sich zur Begründung ihrer Zulässigkeit gegen die Beweiswürdigung des BVwG und bringt vor, dem BVwG stehe die Beurteilung, ob beim Revisionswerber eine Konversion vorliege, nicht zu. Dies sei dem Erkenntnis aufgrund der festgestellten Taufe vielmehr zugrunde zu legen. Das BVwG habe die angeblich fehlende innere Überzeugung und Hinwendung des Revisionswerbers zum Christentum ausschließlich auf dessen mangelndes Wissen und dessen Suchtkonsum gestützt. Die Begründung, der angebliche Alkoholkonsum des Revisionswerbers lasse auf dessen mangelnde christliche Überzeugung schließen, sei falsch. Das BVwG habe sich überdies mit den Angaben des Zeugen und den vorgelegten Schreiben nicht richtig auseinandergesetzt.
8 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 25.3.2021, Ra 2021/19/0025, mwN).
9 Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. VwGH 1.9.2021, Ra 2021/19/0253, mwN).
10 Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel (vgl. VwGH 17.6.2021, Ra 2021/19/0185, mwN).
11 Es entspricht auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass in Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum nicht entscheidend ist, ob der Religionswechsel bereits durch die Taufe erfolgt oder bloß beabsichtigt ist. Wesentlich ist vielmehr, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden (vgl. VwGH 10.3.2021, Ra 2021/19/0042, mwN).
12 Das BVwG führte eine mündliche Verhandlung durch, in welcher es sich einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschaffte und diesem ausführlich Gelegenheit gab, sich zur behaupteten Konversion zu äußern. Es setzte sich in dem angefochtenen Erkenntnis mit allen im Sinn der oben dargestellten Rechtsprechung für die Beurteilung einer Konversion maßgeblichen Aspekten, insbesondere dem Wissen des Revisionswerbers über das Christentum, auseinander und würdigte sowohl die festgestellte Taufe und Teilnahme des Revisionswerbers am kirchlichen Leben, als auch weitere vorgelegte Schreiben und Stellungnahmen. Im Ergebnis verneinte das BVwG einen Glaubenswechsel aus innerer Überzeugung und führte auf das Wesentliche zusammengefasst aus, die Aussagen des Revisionswerbers, warum er zum Christentum konvertiert sei, seien auch unter Berücksichtigung seiner psychischen Beeinträchtigung zusammenhanglos und ohne näheren Begründungswert gewesen. Das BVwG berücksichtigte in diesem Zusammenhang auch die Aussage des einvernommenen Zeugen.
13 Die Revision zeigt nicht auf, dass diese Beweiswürdigung des BVwG an einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit leidet.
14 Soweit die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit des Weiteren vorbringt, die Befragung des Revisionswerbers betreffend sein Wissen zum Christentum sei nicht nachvollziehbar erfolgt, weil die Fragen „nebulös“ und unklar gewesen seien, macht sie einen Verfahrensmangel geltend, ohne dessen Relevanz konkret darzulegen (vgl. zum Erfordernis der Relevanzdarlegung VwGH 25.11.2022, Ra 2022/19/0057, mwN).
15 Mit dem Vorbringen, dem BVwG stehe es nicht zu, zu beurteilen, ob beim Revisionswerber eine Konversion vorliege und der Pfarrer bzw. befragte Zeuge sei zur Beurteilung der Ernsthaftigkeit der Konversion besser in der Lage als der erkennende Richter, verkennt die Revision, dass die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Angaben des Revisionswerbers zu den Gründen seiner Flucht hier: Verfolgung wegen einer aktuell bestehenden Glaubensüberzeugung nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Kernbereich der richterlichen Beweiswürdigung zuzurechnen ist (vgl. VwGH 22.4.2021, Ra 2021/20/0108; 23.3.2020, Ra 2020/14/0084, jeweils mwN).
16 Soweit die Revision vorbringt, das angefochtenen Erkenntnis sei auch inhaltlich rechtswidrig, weil schon aufgrund der Feststellungen zu den kirchlichen Aktivitäten des Revisionswerbers in Zusammenschau mit den Länderberichten zur Verfolgung von Konvertiten im Iran kein Zweifel daran bestehe, dass dem Revisionswerber im Iran asylrelevante Verfolgung drohe, geht sie ins Leere, weil das BVwG aufgrund der Beweiswürdigung zum Ergebnis kam, dass der christliche Glaube nicht zum wesentlichen Identitätsmerkmal des Revisionswerbers geworden sei und die Revision diese Beweiswürdigung nicht erfolgreich bekämpfen kann.
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 26. Jänner 2023
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