Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident MMag. Maislinger und die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr. in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., MA, über die Revision des Mag. G, vertreten durch die TRUST Treuhand- und Steuerberatung GmbH in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 2. Dezember 2021, Zl. RV/7103786/2018, betreffend u.a. Einkommensteuer 2010, den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Spruchpunkt II des angefochtenen Erkenntnisses gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 teilweise statt und setzte die Einkommensteuer 2010 fest. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig.
2 In der Begründung führte das Bundesfinanzgericht aus, der Revisionswerber sei bis 28. April 2007 Geschäftsführer der Technik GmbH gewesen, an der er neben seinem Vater (60%) und seinem Bruder (20%) zu 20% beteiligt gewesen sei. Am 4. August 2005 habe der Revisionswerber die Vertriebs GmbH gegründet, an der er 100% der Anteile gehalten habe. Der Wunsch des Vaters nach einer gemeinsamen Fortführung des Unternehmens (beider Gesellschaften) durch seine beiden Söhne habe zu einem Familienstreit geführt, der mit Notariatsakt vom 21. Dezember 2007 beigelegt worden sei. Dieser Notariatsakt sei die Grundlage für den weiteren Verkaufsprozess des Unternehmens und dessen Erwerb durch den Revisionswerber gewesen. Darin sei vereinbart worden, dass anhängige Gerichts- bzw. Schiedsverfahren ruhend gestellt und bei positivem Abschluss des Verkaufsverfahrens durch ewiges Ruhen endgültig beendet seien. In Punkt III des Vertrags seien Rechtsanwälte mit dem Verkauf des gesamten Unternehmens um 35 Mio. € beauftragt worden. In Punkt IV der Vereinbarung sei die Aufteilung des Verkaufserlöses zwischen den Parteien festgehalten worden, wonach der Vater des Revisionswerbers 10 Mio. €, der Revisionswerber und sein Bruder je 12,5 Mio. € erhalten sollten.
3 Am 29. August 2008 habe der Bruder des Revisionswerbers noch gedroht, den Verkauf des gesamten Unternehmens zu blockieren, wenn nicht Punkt 2.4 („Schenkung zur Vorwegnahme der Erbfolge“) des Notariatsakts, mit dem der Verkauf des Unternehmens erfolgen sollte, zu seinen Gunsten und seiner steuerlichen Optimierung geändert würde. Dieser regle: „Von dem Kaufpreis ist ein Betrag von [...] auf das bekanntgegebene Konto zu bezahlen, wodurch der Kaufpreis den Verkäufern [...] entsprechend ihren Beteiligungsquoten als zugeflossen gilt. [...] die Verkäufer halten fest, dass die von der zunächst entsprechend den Beteiligungsquoten vorgenommenen Kaufpreisaufteilung abweichend ausbezahlten Mehrbeträge auf Schenkungen zur Verwirklichung einer vorweggenommenen Erbfolge beruhen.“
4 Nach der internen Vereinbarung vom 21. Dezember 2007, auf welche sich der Notariatsakt vom 4. September 2008 über den Unternehmensverkauf bezogen habe, sei der erzielte Verkaufserlös iHv 35 Mio. € auf den Revisionswerber (12,5 Mio. €), seinen Bruder (12,5 Mio. €) und seinen Vater (10 Mio. €) aufgeteilt worden. Demgegenüber habe die Aufteilung des Veräußerungserlöses nach den Beteiligungsquoten zur Folge gehabt, dass der Vater des Revisionswerbers 15,6 Mio. €, sein Bruder 5,2 Mio. € und der Revisionswerber selbst 5,2 Mio. € erhalten hätten. Die H Privatstiftung, auf die der Revisionswerber seine Anteile an der Vertriebs GmbH übertragen habe, habe 9 Mio. € erhalten. Beiden Notariatsakten hätten alle Gesellschafter zugestimmt.
5 Aus Punkt X des Gesellschaftsvertrags der Technik GmbH vom 24. Mai 2006 gehe hervor, dass die Gesellschafter nach der Höhe der geleisteten Einlagen am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt seien. Eine ausdrückliche Regelung betreffend die Möglichkeit einer alinearen Gewinnverteilung finde sich im Gesellschaftsvertrag nicht.
6 Die als Notariatsakt zustande gekommene interne Vereinbarung vom 21. Dezember 2007 regle in Punkt IV, dass der Verkaufserlös zwischen den Parteien derart aufzuteilen sei, dass der Vater des Revisionswerbers 10 Mio. € erhalte und der Rest zwischen dem Revisionswerber und seinem Bruder je zur Hälfte aufgeteilt werde. Mit diesem Notariatsakt sei auch ein Auftrag und eine Vollmacht an die beteiligten Rechtsvertreter der Parteien erteilt worden, einen Notariatsakt für den Verkauf vorzubereiten, der am 4. September 2008 unterzeichnet worden sei.
7 In Punkt VI des Vertrags vom 21. Dezember 2007 sei zudem festgehalten worden, dass in sämtlichen anhängigen Verfahren zwischen den Parteien und zwischen den Parteien und den Gesellschaften der Gruppe mit Unterfertigung der Vereinbarung Ruhen eintrete. Die steuerliche Vertretung des Revisionswerbers habe dazu am 4. Oktober 2021 schriftlich ausgeführt, dass es sich hierbei zivilrechtlich um die vereinbarte Gegenleistung bzw. wirtschaftliche Begründung der alinearen Gewinnverteilung handle. Erst durch diese Einigung habe der zwischen den Gesellschaftern untereinander und den Gesellschaften bestehende Streit beendet und die Gruppe vor weiteren Schäden (Insolvenz) verschont werden können.
8 Vor diesem Hintergrund gelange das Bundesfinanzgericht zur Ansicht, dass der auf Grundlage des Vertrags vom 21. Dezember 2007 errichtete Notariatsakt vom 4. September 2008 für das konkrete Verfahren entscheidungsrelevant sei, insbesondere die darin getroffene Vereinbarung, wonach der erzielte Kaufpreis den Verkäufern entsprechend ihren Beteiligungsquoten als zugeflossen gelte und die von der quotenmäßigen Verteilung abweichende Aufteilung des Veräußerungserlöses auf Schenkungen zur Verwirklichung einer vorweggenommenen Erbfolge beruhe.
9 Daraus folge, dass die Verträge vom 21. Dezember 2007 und vom 4. September 2008 in ihrer Gesamtheit schon wegen der Vereinbarung des Kaufpreiszuflusses entsprechend den Beteiligungsquoten keine geeignete gesellschaftsrechtliche Grundlage für eine von den Beteiligungsquoten abweichende Verteilung des Veräußerungserlöses darstellten. Vielmehr müsse auf deren Grundlage zunächst von einem Zufluss des Kaufpreises nach den Beteiligungsquoten ausgegangen werden. Infolgedessen könne die Zuwendung des Geldbetrags iHv 1,7 Mio. € vom Revisionswerber an dessen Bruder abgabenrechtlich nicht von vornherein als wirtschaftlich begründet beurteilt und wegen außersteuerlicher Gründe dem Bruder des Revisionswerbers zugerechnet werden. Eine steuerliche Anerkennung der alinearen Verteilung des Veräußerungserlöses komme schon deshalb nicht in Betracht, weil im Rahmen der rechtsgeschäftlichen Privatautonomie auch der Zufluss nach den Beteiligungsquoten vereinbart worden sei.
10Nach der tatsächlichen, nach außen in Erscheinung getretenen Gestaltung der Dinge und damit nach den für die Zurechnung der Einkünfte in erster Linie maßgeblichen wirtschaftlichen Gesichtspunkten, sei der nach dem Beteiligungsverhältnis anteilige Veräußerungserlös dem Revisionswerber zuzurechnen. Die Zuwendung der streitgegenständlichen Zahlung an den Bruder des Revisionswerbers sei nicht aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt, sie sei demzufolge auch nicht durch die Einkunftsquelle veranlasst, sondern als Einkünfteverwendung zu beurteilen. Da Einkünfte demjenigen zuzurechnen seien, der den Einkunftstatbestand erfülle, sei dem Revisionswerber der Veräußerungserlös iSd vertraglichen Vereinbarungen nach seinem Beteiligungsausmaß zuzurechnen. Unerheblich sei dabei, ob der tatsächliche liquide Zufluss der Einkünfte beim Revisionswerber, der den Einkünftetatbestand erfülle, selbst erfolgt sei. Die Einkünfte des Revisionswerbers aus der Beteiligungsveräußerung iSd § 31 EStG 1988 seien daher wie in der Beschwerdevorentscheidung anzusetzen.
11 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, die vom Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wurde. In dem vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahren erstattete die belangte Behörde keine Revisionsbeantwortung.
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
14Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 In der Revision wird zur Zulässigkeit vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die steuerliche Behandlung einer alinearen Aufteilung des Veräußerungserlöses in Analogie zur steuerlichen Behandlung von disquotalen Gewinnausschüttungen zu sehen sei. Auch habe sich der Verwaltungsgerichtshof noch nicht dazu geäußert, ob die Fremdvergleichsgrundsätze bei der alinearen Aufteilung des Veräußerungsgewinns zur Anwendung gelangen.
16Ausgangspunkt für die Prüfung, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich der Revisionswerber bei der Darlegung der Zulässigkeit seiner Revision von diesem Sachverhalt, ohne weitere Gründe iSd § 41 VwGG wiederum als Ausfluss einer unrichtigen Beantwortung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutungzu relevieren, liegt schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. etwa VwGH 9.10.2023, Ra 2023/13/0115; 23.8.2022, Ra 2022/13/0004; jeweils mwN).
17 Das Zulässigkeitsvorbringen des Revisionswerbers geht nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wonach alle Gesellschafter in dem auf Grundlage des Vertrags vom 21. Dezember 2007 errichteten Notariatsakt vom 4. September 2008 einen Kaufpreiszufluss entsprechend ihrer Beteiligungsquoten sowie eine Schenkung der abweichend davon ausbezahlten Mehrbeträge vereinbart haben. Damit fehlt es aber schon an einer gesellschaftsrechtlichen Grundlage für eine alineare Verteilung des Veräußerungserlöses, sodass sich die Frage nach deren steuerlichen Behandlung nicht stellt.
18 Zur Zulässigkeit einer Revision reicht es nicht aus, dass diese eine Rechtsfrage darlegt, sie muss von der Lösung dieser Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B VG auch „abhängen“, weil der Verwaltungsgerichtshof aufgrund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG zur Lösung abstrakter Rechtsfragen nicht berufen ist (vgl. VwGH 12.6.2024, Ra 2022/16/0086).
19 Im Zulässigkeitsvorbringen wird weiters gerügt, das Bundesfinanzgericht habe seine Beweiswürdigung in einer unvertretbaren Weise vorgenommen, weil es die Verträge vom 21. Dezember 2007 und vom 4. September 2008 in ihrer Gesamtheit gewürdigt habe und davon ausgegangen sei, dass die von der quotenmäßigen Verteilung abweichende Aufteilung des Veräußerungserlöses auf Schenkungen zur Verwirklichung einer vorweggenommenen Erbfolge beruhe.
20 Der Revisionswerber tritt den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts, wonach von den Gesellschaftern (einschließlich des Revisionswerbers) im Vertrag vom 4. September 2008 ein Kaufpreiszufluss entsprechend den Beteiligungsquoten vereinbart worden sei und der Bruder des Revisionswerbers dem Verkauf des Unternehmens nur zugestimmt habe, weil dieser Vertragspunkt zu seinen Gunsten und seiner steuerlichen Optimierung geändert worden sei, nicht entgegen. Warum das Bundesfinanzgericht aber ausgehend davon nicht von einem Zufluss des Verkaufspreises entsprechend den Beteiligungsquoten und einer anschließenden unbeachtlichen Einkommensverwendung hätte ausgehen dürfen, vermag die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht aufzuzeigen.
21 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 5. November 2025
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