Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Mayr sowie Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision des G H, in A, vertreten durch Dr. Christian Ortner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Wilhelm-Greil-Straße 14, gegen das am 18. Mai 2022 mündlich verkündete und am 28. Juni 2022 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol, Zl. LVwG 2022/15/0903-4, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft S), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis vom 15. März 2022 legte die Bezirkshauptmannschaft S (belangte Behörde) dem Revisionswerber als gewerberechtlichen Geschäftsführer der N.N. Betriebs GmbH zur Last, die N.N. Betriebs GmbH habe es als Gewerbeinhaberin des reglementierten Gewerbes „Gastgewerbe mit dem Berechtigungsumfang nach § 111 Abs. 1 Ziffer 1 und 2 Gewerbeordnung 1994 in der Betriebsart Hotel“ am näher genannten Standort zu verantworten, dass die gewerbliche Betriebsanlage jedenfalls am 3. März 2022, um ca. 18.15 Uhr, unter Nichterfüllung des brandschutztechnischen Auflagenpunktes 14 des Bescheides der belangten Behörde vom 16. April 2009 über die gewerbliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Hotels betrieben worden sei, indem der Fluchtweg über die Hauptausgangstüre von Innen und Außen verriegelt und der Fluchtwegradar nicht vorhanden oder zumindest deaktiviert worden sei, obwohl gemäß dem Auflagenpunkt 14 alle Türen im Verlauf von Fluchtwegen in Fluchtrichtung aufschlagend eingerichtet, automatische Schiebetüren auf den ausgewiesenen Fluchtwegen mit einem Fluchtwegradar sowie Automatiktüren auf Fluchtwegen mit einem redundanten Antrieb ausgestattet sein hätten müssen.
Dadurch habe der Revisionswerber § 367 Z 25 GewO 1994 iVm dem beschriebenen Auflagenpunkt verletzt. Über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von € 400, (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage und 14 Stunden) verhängt und der Revisionswerber zum Ersatz der Verfahrenskosten in der Höhe von € 40, verpflichtet.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab (Spruchpunkt 1.), verpflichtete den Revisionswerber zur Bezahlung eines Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 80, (Spruchpunkt 2.) und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei (Spruchpunkt 3.).
3 Das Verwaltungsgericht stellte als wesentlichen Sachverhalt fest, der Revisionswerber sei gewerberechtlicher Geschäftsführer der N.N. Betriebs GmbH. Mit dem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid der belangten Behörde vom 16. April 2009 betreffend das von der N.N. Betriebs GmbH betriebene Hotel sei als Nebenbestimmung unter anderem vorgeschrieben worden, dass alle Türen im Verlauf von Fluchtwegen (ausgenommen Türen, auf die nicht mehr als 15 Personen angewiesen seien) in Fluchtrichtung aufschlagend sein müssen, Automatiktüren auf Fluchtwegen mit einem redundanten Antrieb ausgestattet sein müssen und automatische Schiebetüren auf den ausgewiesenen Fluchtwegen mit einem Fluchtwegradar ausgestattet werden müssen.
Am 3. März 2022, um ca. 18.15 Uhr, habe die belangte Behörde im Hotel der N.N. Betriebs GmbH eine Kontrolle durchgeführt. Dabei sei festgestellt worden, dass der Fluchtweg über die Haupteingangstüre von Innen und Außen verriegelt gewesen sei.
4 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, aus dem Auflagenpunkt 14 ergebe sich, dass die Fluchttüren automatisch öffnend eingerichtet sein müssen. Dem Revisionswerber stünde es demnach nicht frei, Fluchttüren zu verschließen und die automatischen Schiebetüren manuell so zu steuern, dass diese beim Verlassen der Betriebsanlage nicht automatisch öffnen, „sondern von einer Handlung eines Bedienpersonals abhängig“ seien. Der Revisionswerber bestreite nicht, dass die Fluchttüre derart deaktiviert worden sei, dass sie sich beim Verlassen des Hotels durch darin aufhaltende Personen nicht automatisch geöffnet hätten.
Die Auffassung des Revisionswerbers, es sei ausreichend gewesen, dass die Fluchttüre im Bedarfsfall manuell hätte geöffnet werden können, widerspreche der Nebenbestimmung Nr. 14. Diese Nebenbestimmung, wonach automatische Schiebetüren auf den ausgewiesenen Fluchtwegen mit einem Fluchtwegradar ausgestattet sein müssen, könne nur so verstanden werden, dass diese auch dann automatisch öffnen, wenn eine Person die Betriebsanlage verlassen wolle. Durch das absichtliche händische Deaktivieren dieser Schiebetüre als Fluchttüre habe der Revisionswerber sowohl objektiv als auch subjektiv gegen diese Nebenbestimmung verstoßen. Der Umstand, dass er die Fluchttüre jederzeit manuell hätte öffnen können, ändere nichts an der Absichtlichkeit. Aufgrund der Absichtlichkeit, die offensichtlich zur Verhinderung der behördlichen Kontrolle der COVID 19 Maßnahmen erfolgt sei, erweise sich die verhängte Geldstrafe als schuld- und tatangemessen.
5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, die Formulierung des Auflagenpunktes 14 sehe lediglich eine Ausrüstungspflicht vor, nicht jedoch eine Verpflichtung, dieses technische Ausstattungsmerkmal permanent in Betrieb zu halten. Es stelle sich die Rechtsfrage, ob ein Verstoß gegen diese Auflage auch dann anzunehmen sei, wenn die Anlage bescheidmäßig ausgerüstet sei, die Funktion des Ausrüstungsmerkmals aber vorübergehend deaktiviert sei, während gleichzeitig dem Zweck der Auflage, im Brandfall den im Haus aufhältigen Personen die Flucht zu ermöglichen, durch andere geeignete Maßnahmen entsprochen werde, wie einerseits die Anwesenheit kompetenter Personen im Nahbereich der Türe, die jederzeit imstande gewesen wären, die Türe manuell zu öffnen oder eine im System implementierte Automatik, die im Brandfall die Öffnung aller Fluchttüren bewirke. Es bestehe keine Vorschrift, dass das vorübergehend deaktivierte der Sicherheit dienende Ausstattungsmerkmal der Betriebsanlage permanent aktiv sein müsse. Während der vorübergehenden Deaktivierung seien in zweifacher Hinsicht Vorkehrungen getroffen worden, mit denen ein gleichwertiges Sicherheitsniveau geboten sei. Die vorübergehende Deaktivierung stelle keinen Verstoß gegen die Auflage dar, zumal andernfalls das Hotel bei einer technischen Störung am Fluchtwegradar geschlossen werden müsste. Dies wäre bei Vorliegen gleichwertiger Sicherheitsvorkehrungen unangemessen und widerspräche den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, wonach eine Abweichung von Sicherheitsvorschriften möglich sei, wenn durch alternative Maßnahmen ein mindestens gleichwertiges Sicherheitsniveau gewährleistet sei.
10 Die Auslegung eines konkreten Bescheides, insbesondere seiner Auflagen konkret der brandschutztechnische Auflagenpunkt 14 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheids vom 16. April 2009 betreffend die Türen im Verlauf von Fluchtwegen ist fallbezogen zu beurteilen (vgl. VwGH 29.7.2021, Ra 2021/05/0082 bis 0093, Rn. 32). Es liegt daher nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Ergebnis erzielt wurde (vgl. zur Bestimmtheit einer Auflage VwGH 28.5.2020, Ra 2019/07/0081 bis 0083, 0130, Rn. 88, mwN).
11 Mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen zeigt die Revision ein solches Ergebnis nicht auf. Die in einer Auflage vorgeschriebene Verpflichtung zur technischen Beschaffenheit einer Fluchttüre kann von ihrem Sinn und Zweck her nur so verstanden werden, dass alle vorgeschriebenen technischen Merkmale von Fluchttüren vorliegend der Fluchtwegradar der automatischen Schiebetüren auf den ausgewiesenen Fluchtwegen während der Betriebszeiten des Hotels nicht nur installiert, sondern auch aktiviert sein müssen und nicht deaktiviert werden dürfen.
12 Das Wesen einer Auflage dabei handelt es sich um eine Nebenbestimmung eines Bescheides, die eine Willensäußerung der Behörde darstellt und dem Hauptinhalt des Bescheidspruches beigefügt wird besteht darin, dass mit einem nach dem Hauptinhalt den Antragsteller begünstigenden rechtsgestaltenden Bescheid auch konkrete belastende Gebote oder Verbote verbunden werden. Durch eine Auflage wird der Träger des im Bescheid eingeräumten Rechtes für den Fall dessen Inanspruchnahme zu einem bestimmten Verhalten, also zu einem Tun, Unterlassen oder Dulden, verpflichtet (vgl. etwa VwGH 29.1.2020, Ro 2019/05/0002, Rn. 80, mwN). Dem Betriebsinhaber steht es dabei nicht zu, von sich aus von den behördlich vorgeschriebenen Auflagen abzuweichen und diese etwa durch alternative Maßnahmen zu ersetzen.
13 Indem der Revisionswerber als gewerberechtlicher Geschäftsführer der N.N. Betriebs GmbH vorsätzlich die auf einem Fluchtweg gelegene Haupteingangstüre deaktiviert hat und diese Türe dadurch von Innen und Außen verriegelt war, hat er objektiv und subjektiv gegen den Auflagenpunkt 14 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheids verstoßen und somit den Straftatbestand des § 367 Z 25 GewO 1994 iVm Auflagenpunkt 14 erfüllt. Dem steht die Behauptung, der Revisionswerber habe durch alternative Maßnahmen ein mindestens gleichwertiges Sicherheitsniveau erreicht, nicht entgegen.
14 Im Übrigen ist der erstmals in der Revision erfolgte Hinweis auf „eine im System implementierte Automatik, die im Brandfall die Öffnung aller Fluchttüren“ bewirke, auch wegen des Verstoßes gegen das Neuerungsverbot (§ 41 erster Satz VwGG) nicht zielführend.
15 Vor diesem Hintergrund werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 7. September 2022
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