Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed sowie den Hofrat Mag. Straßegger und die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision des E in W, vertreten durch Dr. Dominik Schärmer, Rechtsanwalt in 1230 Wien, Dr. Neumann Gasse 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 22. Februar 2022, E 003/07/2020.070/004, betreffend Übertretungen des KFG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Oberwart),
I. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Ausspruches über die verhängte Strafe zu Spruchpunkt 3. des vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Straferkenntnisses sowie über die damit zusammenhängenden Kosten des Beschwerdeverfahrens und über die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 23. Oktober 2020 wurde dem Revisionswerber als Lenker eines nach den Kennzeichen näher bezeichneten LKW samt Anhänger - sofern für das Revisionsverfahren maßgeblich - vorgeworfen, er habe am 6. Februar 2020 um 09:44 Uhr den Teil I der Zulassungsbescheinigung des Anhängers nicht mitgeführt, wobei als Tatort die oben genannte Bezeichnung des Kraftfahrzeuges angeführt ist (Spruchpunkt 2.) und an einem näher genannten Ort, an dem die Kontrolle stattfand, die für Kraftwagen und Sattelkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3500 kg (ausgenommen Omnibusse) auf Autofahrten zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 13 km/h überschritten, wobei die Geschwindigkeitsübertretung anhand des eingelegten Schaublattes festgestellt und innerhalb von zwei Stunden vor dem Kontrollzeitpunkt begangen worden sei (Spruchpunkt 3.).
Der Revisionswerber habe dadurch zu 2. § 134 Abs. 1 KFG in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Zulassungsstellenverordnung (ZustV) und zu 3. § 98 Abs. 1 KFG in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Z 1 lit. a KDV verletzt, weshalb über ihn zu 2. gemäß § 134 Abs. 1 KFG und zu 3. gemäß § 134 Abs. 3a KFG zwei Geld- sowie zwei Ersatzfreiheitsstrafen verhängt wurden und ihm ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 VStG zur Zahlung vorgeschrieben wurde.
2 Der Revisionswerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit näherer Begründung Beschwerde.
3 Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland (Verwaltungsgericht) wurde mit Spruchpunkt I. die Beschwerde gegen die Spruchpunkte 2. und 3. des bekämpften Straferkenntnisses mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass im Spruchpunkt 2. eine näher genannte Adresse als Tatort und im Spruchpunkt 3. „09:38:41 Uhr“ als Tatzeit anzuführen seien. Im Übrigen wurde das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch die Fundstellen von Rechtsvorschriften eingefügt wurden. Mit Spruchpunkt II. wurde dem Revisionswerber ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 40, zur Zahlung vorgeschrieben. Mit Spruchpunkt III. erklärte das Verwaltungsgericht die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG für unzulässig.
Begründend führte das Verwaltungsgericht betreffend Spruchpunkt 2. des bekämpften Straferkenntnisses aus, es stehe unstrittig fest, dass der Revisionswerber bei seiner Anhaltung und der anschließend erfolgten Verkehrs- und Lenkerkontrolle nicht Teil I der Zulassungsbescheinigung auf seiner Fahrt mitgeführt habe und daher einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes trotz Verlangen nicht zur Überprüfung habe aushändigen können.
Betreffend Spruchpunkt 3. des bekämpften Straferkenntnisses führte das Verwaltungsgericht aus, der dem Revisionswerber gemeinsam mit der Anzeige des Meldungslegers übermittelten Auswertung des digitalen Fahrtschreibers sei zu entnehmen, dass der Revisionswerber am 6. Februar 2020 um 09:38:41 Uhr mit einer Geschwindigkeit von 93 km/h gefahren sei. Als Ort der Begehung der Übertretung gelte gemäß § 134 Abs. 3 lit. a KFG der Ort der Aushändigung des im Fahrtschreiber oder im Kontrollgerät eingelegten Schaublattes. Im vorliegenden Fall sei dies unstrittig der Kontrollplatz an jener Adresse gewesen, die dem Revisionswerber schon zuvor - in der dem Revisionswerber am 13. März 2020 übermittelten Anzeige des Meldungslegers vom 24. Februar 2020, in der Strafverfügung vom 25. Februar 2020 und im erstinstanzlichen Straferkenntnis vom 23. Oktober 2020 - als Tatort der Verwaltungsübertretungen zur Kenntnis gebracht worden sei.
Somit sei dem Revisionswerber innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist hinsichtlich beider Verwaltungsübertretungen jeweils ein ausreichend bestimmter, auf alle für die Bestrafung wesentlichen Sachverhaltselemente Bezug nehmender Tatvorwurf vorgehalten worden. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Revisionswerber diesbezüglich der Gefahr der Doppelbestrafung ausgesetzt oder in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt gewesen wäre. Das Verwaltungsgericht habe daher eine zulässige Berichtigung des Tatortes und der Tatzeit zu den Spruchpunkten 2. und 3. des bekämpften Straferkenntnisses vorgenommen.
4 Gegen dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, mit der die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 VwGG sowie die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses unter Kostenzuspruch aufgrund von Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt wird.
5 Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
6 Das vom Revisionswerber bekämpfte Straferkenntnis der belangten Behörde enthielt den Vorwurf, drei verschiedene Verwaltungsübertretungen begangen zu haben, mithin drei voneinander unabhängige Spruchpunkte. Mit der Abweisung der Beschwerde des Revisionswerbers übernahm das Verwaltungsgericht den Spruch des mit der Beschwerde bekämpften Straferkenntnisses der belangten Behörde. Durch die Übernahme dieser Spruchpunkte traf auch das Verwaltungsgericht getrennte Absprüche (vgl. etwa VwGH 5.10.2023, Ra 2023/02/0172, mwN).
7 Liegen somit - wie hier - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu prüfen (vgl. erneut VwGH 5.10.2023, Ra 2023/02/0172, mwN).
8 Ein trennbarer Abspruch liegt auch in Bezug auf den Ausspruch von Schuld und Strafe vor; auch insoweit ist die Zulässigkeit einer erhobenen Revision getrennt zu überprüfen (vgl. VwGH 1.9.2020, Ra 2019/02/0153, mwN).
9 Zur teilweisen Zurückweisung der Revision:
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 und 3 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, in jeder Lage des Verfahrens mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision Verstöße gegen das Konkretisierungsgebot des § 44a VStG vor.
14 Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.
15 Nach der ständigen hg. Judikatur zu § 44a Z 1 VStG hat die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist; sie darf keinen Zweifel daran bestehen lassen, wofür der Täter bestraft worden ist. Ungenauigkeiten bei der Konkretisierung der Tat haben nur dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Strafbescheides, wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt werden. Die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat hat sich am jeweils in Betracht kommenden Tatbild zu orientieren. Das an die Tatumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen ein verschiedenes, weil an den dargestellten Rechtsschutzüberlegungen zu messendes, Erfordernis sein (vgl. VwGH 18.3.2022, Ra 2020/02/0268, mwN).
16 Der Revisionswerber macht in diesem Zusammenhang geltend, das Verwaltungsgericht habe gegen das Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG deshalb verstoßen, weil sich aus dem Spruch des angefochtenen Erkenntnisses betreffend Spruchpunkt 3. des bekämpften Straferkenntnisses nicht ergebe, dass das gegenständlich verwendete Fahrzeug ein höchstes zulässiges Gesamtgewicht von über 3500 kg aufweise. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers lässt die Formulierung des Spruchpunktes 3., in welchem ihm die Überschreitung der „für Kraftwagen und Sattelkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3500 kg (ausgenommen Omnibusse) auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit“ angelastet wird, jedoch keinen Zweifel daran bestehen, dass ihm vorgeworfen wird, diese Verwaltungsübertretung als Lenker eines solchen Fahrzeuges begangen zu haben.
17 Wenn der Revisionswerber darüber hinaus einen „unrichtigen Tatvorhalt und eine unzureichende Konkretisierung“ darin zu erkennen glaubt, dass im Spruchpunkt 3. des bekämpften Straferkenntnisses festgehalten wird, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung anhand des eingelegten Schaublattes festgestellt worden sei, obwohl das Beweisverfahren ergeben habe, dass der Revisionswerber einen LKW mit einem digitalen Fahrtschreiber gelenkt habe, ist anzumerken, dass das Nennen von Beweisergebnissen im Spruch für eine ausreichend konkrete Tatumschreibung grundsätzlich nicht erforderlich ist (vgl. VwGH 12.5.2022, Ra 2020/02/0251). Dem Revisionswerber gelingt es mit diesem Vorbringen daher nicht darzulegen, dass die Tatumschreibung in Spruchpunkt 3. nicht präzise genug gewesen wäre, um seine Verteidigungsrechte zu wahren oder keiner Gefahr der Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein.
18 Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang das Vorliegen einer Aktenwidrigkeit behauptet, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Feststellung, aus welchem Beweismittel sich die vorgehaltene Geschwindigkeitsüberschreitung ergibt, keine Umstände betrifft, die für den Spruch der Entscheidung ausschlaggebend sind (vgl. zu diesem Erfordernis bei der Aktenwidrigkeit etwa VwGH 29.3.2022, Ro 2020/02/0003 bis 0004, mwN). Zudem ist für die Geltendmachung einer Aktenwidrigkeit als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG darzulegen, inwiefern das Verwaltungsgericht bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen, für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl. etwa VwGH 15.11.2021, Ra 2021/18/0343, mwN). Derartiges aufzuzeigen gelingt dem Revisionswerber jedoch nicht, weil es für die angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung unerheblich ist, ob diese anhand eines analogen Fahrtschreibers oder eines digitalen Kontrollgerätes festgestellt worden ist.
19 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner Revision hinsichtlich der zu den Spruchpunkten 2. und 3. des bekämpften Straferkenntnisses ausgesprochenen Schuldsprüche weiters vor, das Verwaltungsgericht habe, indem es den Tatort in Spruchpunkt 2. und die Tatzeit in Spruchpunkt 3. ersetzt habe, den gegenständlichen Tatvorwurf nach Eintritt der Verfolgungsverjährung und somit auf unzulässige Weise ausgetauscht.
20 Dem ist Folgendes zu entgegnen:
21 Das Verwaltungsgericht ist nicht nur berechtigt, sondern vielmehr verpflichtet, einen allenfalls fehlerhaften Spruch im behördlichen Straferkenntnis richtig zu stellen oder zu ergänzen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist rechtzeitig eine alle der Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente enthaltende Verfolgungshandlung durch die Behörde gesetzt wurde (vgl. VwGH 17.7.2023, Ra 2023/02/0055, mwN).
22 Die oben zu § 44a Z 1 VStG bereits dargestellten Rechtsschutzüberlegungen sind auch bei der Prüfung der Frage anzustellen, ob innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 1 VStG eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinn des § 32 Abs. 2 VStG vorliegt oder nicht. Das bedeutet, dass die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat lediglich insoweit unverwechselbar konkretisiert sein muss, dass dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren, und er nicht der Gefahr einer Doppelverfolgung ausgesetzt wird (vgl. erneut VwGH 17.7.2023, Ra 2023/02/0055, mwN).
23 Im bekämpften Straferkenntnis der belangten Behörde vom 23. Oktober 2020 wurde als Tatort der unter Spruchpunkt 2. angelasteten Verwaltungsübertretung eine eindeutig nicht als Ort zu verstehende Beschreibung des betroffenen Fahrzeuges angeführt. Dieselbe Beschreibung fand sich unter dem Punkt „Betroffenes Fahrzeug“ wieder. Zuvor wurde hingegen sowohl in der dem Revisionswerber mit E Mail vom 13. März 2020 übermittelten Anzeige vom 24. Februar 2020 als auch in der Strafverfügung vom 25. Februar 2020 sowie zuletzt in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10. Juni 2020 als Tatort jene Adresse genannt, die auch das Verwaltungsgericht als Tatort dieser Verwaltungsübertretung anführte. Somit lässt sich aus dem Akteninhalt erkennen, dass es sich bei der Angabe des Tatortes in Spruchpunkt 2. des bekämpften Straferkenntnisses um ein offenbares, für jedermann erkennbares Versehen handelt, wodurch die Identität der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a VStG nicht in Zweifel gesetzt wird (vgl. VwGH 3.2.2020, Ra 2019/02/0212, mwN). Das Verwaltungsgericht nahm daher betreffend die Angabe des Tatortes zu Spruchpunkt 2. eine zulässige Berichtigung eines von einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung umfassten Tatbestandsmerkmales vor.
24 In der dem Revisionswerber mit E-Mail vom 13. März 2020 übermittelten Anzeige vom 24. Februar 2020 wurden ihm auch die Geschwindigkeitsüberschreitungen der letzten 24 Stunden vor dem Zeitpunkt der Kontrolle um 9:44 Uhr zur Kenntnis gebracht und der Revisionswerber zur Abgabe einer Stellungnahme innerhalb von drei Wochen aufgefordert. Dabei handelt es sich um eine Verfolgungshandlung nach § 32 Abs. 2 VStG (vgl. VwGH 11.5.2021, Ra 2020/02/0024, mwN). Da in dieser Auflistung nur um 9:38:41 Uhr eine Geschwindigkeit von 93 km/h aufscheint, konnte die Formulierung in Spruchpunkt 3. des bekämpften Straferkenntnisses, wonach dem Revisionswerber angelastet wurde, er habe am 6. Februar 2022 die „zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 13 km/h überschritten“, keine Zweifel darüber entstehen lassen, welche konkrete Tat dem Revisionswerber vorgeworfen wurde, zumal diese in dem vom Spruchpunkt 3. des bekämpften Straferkenntnisses umschriebenen Zeitraum von zwei Stunden vor dem Kontrollzeitpunkt (vgl. § 134 Abs. 3a Z 2 KFG) gelegen ist. Auch indem das Verwaltungsgericht die Tatzeit der unter Spruchpunkt 3. angelasteten Verwaltungsübertretung von „09:44 Uhr“ auf „09:38:41“ änderte, wurde daher ein von einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung umfasstes Tatbestandsmerkmal lediglich präzisiert, weshalb das Verwaltungsgericht damit nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist.
25 Betreffend den Strafausspruch der Spruchpunkte 2. und 3. des vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Straferkenntnisses bringt der Revisionswerber vor, das Verwaltungsgericht habe lediglich eine Ergänzung der Fundstellen in Bezug auf die verletzten Rechtsvorschriften, nicht jedoch in Bezug auf die Strafsanktionsnormen vorgenommen. Dadurch sei es von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 2 und Z 3 VStG abgewichen.
26 § 44a Z 2 VStG räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z 2 VStG aufscheint. Gleiches gilt für die Anführung der Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. erneut etwa VwGH 1.9.2020, Ra 2019/02/0153, mwN).
27 Der Verwaltungsgerichtshof ist jedoch von der Rechtsansicht, wonach im Spruch des Straferkenntnisses jedenfalls die Fundstelle jener Novelle anzugeben ist, durch welche die als verletzt betrachtete Norm ihre zum Tatzeitpunkt gültige Fassung erhalten hat, in einem verstärkten Senat gemäß § 13 Abs. 1 Z 1 VwGG abgegangen (vgl. VwGH 27.6.2022, Ra 2021/03/0328).
28 Maßgeblich ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nunmehr, dass die Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z 2 VStG) und der bei der Verhängung der Strafe angewendeten Gesetzesbestimmung (§ 44a Z 3 VStG) in einer Weise erfolgt, die den Beschuldigten in die Lage versetzt, sich gegen den Tatvorwurf verteidigen zu können und nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (im Hinblick auf § 44a Z 2 VStG). Selbst ein Unterbleiben der Angabe der Fundstelle bewirkt demnach keine Verletzung in einem subjektiven Recht der beschuldigten Person, wenn die herangezogenen Rechtsvorschriften für diese aus dem Zusammenhang nicht zweifelhaft sein konnten (vgl. erneut VwGH 17.7.2023, Ra 2023/02/0055).
29 Derartiges legt der Revisionswerber in seinem Zulässigkeitsvorbringen nicht dar, sodass ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch das Verwaltungsgericht nicht ersichtlich ist.
30 In der Revision werden somit zu den Schuldsprüchen der Spruchpunkte 2. und 3. sowie zum Strafausspruch des Spruchpunktes 2. des vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Straferkenntnisses keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in diesem Umfang zurückzuweisen.
31 Zur Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit :
32 Soweit sich die Revision hingegen betreffend Spruchpunkt 3. des angefochtenen Erkenntnisses gegen die Heranziehung des § 134 Abs. 3a KFG als Strafnorm im Sinn des § 44a Z 3 VStG wendet, weil sich aus dieser Bestimmung das genaue Strafausmaß, anhand dessen die Bemessung der konkreten Geldstrafe zu erfolgen habe, nicht ergebe, erweist sie sich mit ihrem Vorbringen als zulässig und begründet.
33 § 134 Abs. 1 und 3a KFG, BGBl. Nr. 267/1967 in der Fassung BGBl. I Nr. 9/2017 lautet:
„(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können die Geldstrafe und die Freiheitsstrafe auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.
[...]
(3a) Zur Feststellung einer Überschreitung einer ziffernmäßig festgesetzten Höchstgeschwindigkeit können auch Aufzeichnungen der Schaublätter des Fahrtschreibers oder Kontrollgerätes oder Ausdrucke sowie Aufzeichnungen des digitalen Kontrollgerätes herangezogen werden. Dabei gilt der Ort der Aushändigung des im Fahrtschreiber oder im Kontrollgerät eingelegten Schaublattes gemäß § 102 Abs. 1a oder der Aushändigung des Ausdruckes gemäß § 102a oder der Kontrolle der Aufzeichnungen des digitalen Kontrollgerätes als Ort der Begehung der Übertretung, wenn
1. die Übertretung mit dem Fahrtschreiber oder mit dem Kontrollgerät festgestellt wurde und
2. aus dem Schaublatt oder aus dem Ausdruck oder der Aufzeichnung des digitalen Kontrollgerätes ersichtlich ist, dass sie nicht früher als zwei Stunden vor seiner Aushändigung oder Kontrolle begangen wurde; wurden in dieser Zeit mehrere derartige Übertretungen begangen, so sind sie als eine Übertretung zu ahnden. § 2 Abs. 1 VStG bleibt unberührt.“
34 Unter angewendeter Gesetzesbestimmung im Sinn des § 44a Z 3 VStG ist die Strafsanktionsnorm (Strafnorm) zu verstehen, welche jene Strafdrohung enthält, in der die tatsächlich verhängte Strafe Deckung findet und derart bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. dazu erneut VwGH 1.9.2020, Ra 2019/02/0153, mwN).
35 Im gegenständlichen Fall ist die bei einer Übertretung des § 98 Abs. 1 KFG in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Z 1 lit. a KDV heranzuziehende Strafsanktionsnorm § 134 Abs. 1 KFG.
36 § 134 Abs. 3a KFG hingegen legt fest, wie eine Überschreitung einer ziffernmäßig festgesetzten Höchstgeschwindigkeit festgestellt werden kann und welcher Ort dabei als Ort der Begehung der Übertretung gelten kann. Das genaue Strafausmaß, anhand dessen die Bemessung der konkreten Geldstrafe zu erfolgen hat, ergibt sich aus dieser Bestimmung nicht; sofern lediglich § 134 Abs. 3a KFG als Strafsanktionsnorm angegeben wird, ist der Spruch hinsichtlich der Strafsanktionsnorm nicht vollständig, weil mit § 134 Abs. 3a KFG keine konkrete Strafbemessung erfolgen kann.
37 Das Verwaltungsgericht hätte daher § 134 Abs. 1 KFG als Strafsanktionsnorm heranziehen und den angefochtenen Spruchpunkten zu Grunde legen müssen. Insofern belastete das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis im Umfang des Ausspruches über die hier verhängte Strafe durch einen Verstoß gegen § 44a Z 3 VStG mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
38 Das angefochtene Erkenntnis war daher im Umfang seines Ausspruches über die verhängten Strafen zu Spruchpunkt 3. des vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Straferkenntnisses sowie des damit in untrennbarem Zusammenhang stehenden Ausspruches über die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens und des Beschwerdeverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
39 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 und 4 VwGG abgesehen werden.
40 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 15. März 2024
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