Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision der Marktgemeinde K, vertreten durch die E+H Eisenberger + Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Frauengasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 3. November 2021, Zl. LVwG 43.19-28/2021-49, betreffend Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplans nach dem Mineralrohstoffgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Leoben; mitbeteiligte Partei: R GmbH in L, vertreten durch die ONZ Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Bescheid vom 14. Oktober 2020 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Leoben (belangte Behörde) die mineralrohstoffrechtliche Genehmigung für den von der mitbeteiligten Partei am 14. Juli 2015 beantragten Gewinnungsbetriebsplan betreffend die Gewinnung von grundeigenen Materialien in Form von Sand und Kies auf näher bezeichneten Grundstücken nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Einreichunterlagen sowie unter Vorschreibung näher angeführter Auflagen.
2 Die dagegen von der Revisionswerberin als Standortgemeinde erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis mit der Maßgabe näher dargelegter Ergänzungen und Konkretisierungen der Betriebsanlagenbeschreibung und einer Auflage als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision unzulässig sei.
3 Das Verwaltungsgericht begründete die Abweisung der Beschwerde der Revisionswerberin zusammengefasst dahin, die beantragte Sand- und Kiesgewinnung umschließe vollständig ein näher bezeichnetes Grundstück, das nicht Teil der geplanten Rohstoffgewinnung sei. Auf diesem Grundstück befinde sich eine ehemalige Kiesgewinnung mit anschließender Verfüllung mit Haus- und Sperrmüll, Aushub und Bauschutt. Eine weitreichende Ausbreitung der Grundwasserverunreinigung finde nicht statt und sei auch zukünftig nicht zu erwarten. Die gesetzlichen Vorgaben für Feinstaub PM10 würden sowohl hinsichtlich des Jahresmittelwertes als auch hinsichtlich der Anzahl an jährlichen Tagesmittelgrenzwertüberschreitungen im Bereich der Immissionspunkte weiterhin eingehalten werden.
Der Begriff „Personen“ in § 116 Abs. 1 Z 6 MinroG umfasse auch ArbeitnehmerInnen. Der Standortgemeinde stehe jedoch kein subjektives Recht zur Geltendmachung von Arbeitsnehmerschutzinteressen zu. Dies ergebe sich bereits „unmissverständlich aus Art. 118 Abs 2 B VG“. Das der Standortgemeinde im MinroG eingeräumte subjektive Recht könne nur im Rahmen des der Gemeinde von Verfassung wegen eingeräumten Wirkungsbereiches geltend gemacht werden. Die Gemeinde sei zwar gemäß Art. 118 Abs. 2 B VG zur Vertretung der Interessen der „in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft“ berufen. Der Schutz der in einer Gemeinde arbeitenden Personen könne jedoch nicht als subjektives Recht von der Gemeinde geltend gemacht werden. Das Beschwerdevorbringen der Revisionswerberin, es käme zu einer Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der beim Abbau beschäftigten Arbeiter, sei unzulässig.
Eine Beeinträchtigung der im Abstand vom Deponiekörper von 300 m zu näher genannter Siedlung im Gemeindegebiet der Revisionswerberin und 660 m zu näher genannter Siedlung im Gemeindegebiet der Nachbargemeinde ansässigen Bewohner sei wegen der als gering zu erwartenden Schadstoffkonzentration und der hohen Verdünnung der Deponiegase in Bezug auf die Altablagerung im vom Abbaugebiet umschlossenen Grundstück ausgeschlossen. Bei einem zufälligen Öffnen eines nicht bekannten Deponiekörpers könne kurzfristig Deponiegas auftreten. Davon seien jedoch in erster Linie die Arbeitnehmer betroffen, deren Schutz vom Arbeitsinspektorat, nicht aber von der Revisionswerberin wahrzunehmen sei.
„Das Mitsprachrecht der Gemeinde hinsichtlich des ‚Personenschutzes‘“ nach § 116 Abs. 1 Z 6 MinroG orientiere sich betreffend die Schutzinteressen an § 74 Abs. 2 GewO 1994. Der Beurteilung der Gefährdung des Lebens und der Gesundheit sei die durch das Hinzutreten der durch die beantragte Anlage bewirkten Immissionen zu der aus anderen Quellen stammenden Grundbelastung entstehende Gesamtsituation zugrunde zu legen. Maßgeblich sei die Auswirkung der veränderten Gesamtsituation. Eine Interessenabwägung oder Beurteilung der Zumutbarkeit von Gefährdungen sei nicht vorzunehmen. Es sei daher bei der Beurteilung von Gefährdungen nicht auf den Maßstab eines gesunden normal empfindenden Kindes oder Erwachsenen wie bei der Beurteilung der Belästigung abzustellen, sondern vielmehr von einer dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden, objektiven Gegebenheiten Rechnung tragenden Durchschnittsbetrachtung. Unter Verweis auf näher bezeichnete Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 77 GewO 1994 sei zwischen der Erwartung, dass eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit ausgeschlossen sei, und der Erwartung, dass keine unzumutbaren Belästigungen eintreten, zu unterscheiden. Die anzuwendenden objektiven Beurteilungsmaßstäbe seien jedoch ohne Einschränkung auf einzelne sie bestimmende Kriterien jeweils ihrem gesamten Inhalt nach die Grundlage bei der Prüfung sowohl der Gesundheitsgefährdung, als auch der Belästigung. Dies gelte somit auch in Ansehung der Tatbestandsmerkmale „gesundes normal empfindendes Kind und gesunder normal empfindender Erwachsener“, die als solche, unabhängig von der Person des jeweiligen Nachbarn, in ihrer Gesamtheit die von der Behörde bei der Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit heranzuziehende Richtlinie darstellen. Eine besondere Berücksichtigung von Personen mit allfälligen Vorerkrankungen würde der objektiv gebotenen Durchschnittsbetrachtung widersprechen.
Ausgehend von den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des medizinischen Amtssachverständigen sei bezogen auf die Emissionsart „Lärm“ für die Nachbarn von keiner Gesundheitsgefährdung auszugehen. Das mit maximal mittelgradig bewertete Ausmaß der Belästigung sei für die Nachbarn nicht unzumutbar. Die zum vorbeugenden Schutz der Bevölkerung vor Luftschadstoffen festgelegten Grenzwerte des IG-L würden eingehalten werden. Gesundheitliche Auswirkungen durch Immissionen seien nicht zu erwarten. Bei konsensgemäßem Betrieb würden die Wohnnachbarn auch durch Luftschadstoffemissionen weder unzumutbar belästigt noch in ihrer Gesundheit gefährdet werden.
4 Den Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit dem Nichtvorliegen einer Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B VG.
5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der Revisionswerberin als Standortgemeinde (§ 81 Z 2 MinroG). Die mitbeteiligte Partei beantragte in ihrer nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Revisionsbeantwortung die Zurückweisung in eventu Abweisung der Revision gegen Aufwandersatz.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit verwies die Revision auf ihr Vorbringen in ihrer Beschwerde, wonach das Leben und die Gesundheit der beim Abbau beschäftigten Arbeiter durch den nicht auszuschließenden Austritt von Deponiegas massiv gefährdet seien. Zu der vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis verneinten Rechtsfrage, ob eine Standortgemeinde gemäß § 81 Z 2 iVm § 116 Abs. 1 Z 6 MinroG berechtigt sei, „im mineralstoffrechtlichen Verfahren zur Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes für die obertägige Gewinnung grundeigener mineralischer Rohstoffe Gefährdungen des Lebens und der Gesundheit von den beim betreffenden Aufschluss und/oder Abbau beschäftigten Arbeitern als subjektives Recht geltend zu machen“, fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.
10 Die mitbeteiligte Partei wendete dagegen unter anderem den Verlust der Parteistellung der Revisionswerberin in Bezug auf diese Einwendungen ein, weil diese erstmals im Beschwerdeverfahren und somit nicht rechtzeitig erhoben worden seien.
11 Entgegen den Vorgängerbestimmungen im Berggesetz 1975 über das Verfahren zur Erteilung einer Gewinnungsbewilligung (§ 100 Abs. 3 Berggesetz 1975, BGBl. Nr. 259 idF BGBl. Nr. 216/1996) enthält das MinroG keine Präklusionsbestimmungen. Wesentlich ist daher, ob auch die revisionswerbende Standortgemeinde als Formalpartei im Verfahren über die Bewilligung eines Gewinnungsbetriebsplanes nach dem MinroG der Präklusionsfolge des § 42 Abs. 1 AVG, wonach eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt, unterliegt.
12 Gemäß § 81 Z 2 MinroG, BGBl. I Nr. 38/1999 idF BGBl. I Nr. 129/2013, ist die Standortgemeinde im Verfahren zur Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes für die obertägige Gewinnung grundeigener mineralischer Rohstoffe Partei zum Schutz der in § 116 Abs. 1 Z 4 bis 9 sowie §§ 82 und 83 leg. cit. genannten Interessen. Die Standortgemeinde ist berechtigt, den Schutz der genannten Interessen als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen, Rechtsmittel zu ergreifen und Revision an den Verwaltungsgerichtshof bzw. Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Davon wird eine allfällige Parteistellung der Gemeinde als Trägerin von Privatrechten nicht beeinträchtigt.
13 Demnach hat die Standortgemeinde den Schutz der in § 116 Abs. 1 Z 4 bis 9 sowie §§ 82 und 83 MinroG genannten Interessen nicht als bloße öffentliche Interessen, sondern „als subjektives Recht“ geltend zu machen. Diese bereits in der Stammfassung des MinroG enthaltene Formulierung legt nahe, dass der Gesetzgeber auch die in § 81 Z 2 leg. cit. genannten Parteien (Standortgemeinde und Nachbargemeinde) so wie die ihre subjektiven Rechte geltend machenden Parteien zu einer rechtzeitigen Erhebung von Einwendungen verpflichten wollte. Zudem wurden mit dem Inkrafttreten des MinroG die bis zu diesem Zeitpunkt im Berggesetz 1975 für das Verfahren zur Erteilung einer Gewinnungsbewilligung sowie für die Herstellung und den Betrieb einer Bergbauanlage enthaltenen verfahrensrechtlichen Sonderregelungen über die Präklusion von Parteirechten (§ 100 Abs. 3 Berggesetz 1975, BGBl. Nr. 259 idF BGBl. Nr. 219/1996 sowie § 146 Abs. 6 Berggesetz 1975, BGBl. Nr. 259 idF BGBl. Nr. 355/1990) nicht im MinroG übernommen. Wird aber einer Formalpartei vom Gesetzgeber aufgetragen, die Einhaltung bestimmter Vorschriften nicht einfach als bloße öffentliche Interessen, sondern als „subjektive Rechte“ geltend zu machen, und wird die Formalpartei dadurch angehalten, unter Beachtung der für die Geltendmachung subjektiver öffentlicher Rechte maßgeblichen verfahrensrechtlichen Regelungen rechtzeitig Einwendungen zu erheben, unterliegt auch sie den Präklusionsfolgen nach § 42 Abs. 1 AVG (vgl. Hengstschläger/Leeb , AVG [2021], § 42, 9. Lfg., Rz. 30, mit Hinweis auf VwGH 21.10.2014, 2012/03/0112, zu dessen Erwägungen zur Anwendbarkeit der Präklusionsfolgen des § 44b Abs. 1 AVG auf den Umweltanwalt als Formalpartei in einem nach dem UVP G 2000 durchzuführenden Genehmigungsverfahren).
14 Nach § 42 Abs. 1 AVG verliert eine Partei ihre Parteistellung, „soweit“ sie nicht in der näher angeführten Weise rechtzeitig Einwendungen erhebt. Nach dieser Regelung bleibt die Parteistellung nur im Umfang der rechtzeitig erhobenen Einwendungen erhalten, sodass eine teilweise präkludierte Partei nachträglich nicht neue zusätzliche Einwendungen erheben kann (vgl. VwGH 7.7.2022, Ra 2020/07/0025, Rn. 9, mit Hinweis auf VwGH 28.2.2012, 2008/04/0267).
15 Vorliegend hat die belangte Behörde mit Kundmachung vom 19. Oktober 2019 über den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Genehmigung des näher beschriebenen Gewinnungsbetriebsplans eine Verhandlung angeordnet. Diese Kundmachung wurde gemäß § 116 Abs. 7 MinroG durch Anschlag an der Amtstafel der revisionswerbenden Standortgemeinde, im Internet unter näher genannter Web-Adresse der belangten Behörde sowie in der Kleinen Zeitung verlautbart. Die Revisionswerberin hat eine Gefährdung der beim Abbau tätigen Arbeiter durch freigesetztes Deponiegas nicht bereits in ihren schriftlichen Einwendungen sowie in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde eingewendet, sondern erst in ihrer Beschwerde gegen den Bewilligungsbescheid der belangten Behörde vom 14. Oktober 2020.
16 Die Revisionswerberin ist daher mit diesen nicht rechtzeitig erhobenen Einwendungen gemäß § 42 Abs. 1 AVG präkludiert. Ihre Parteistellung blieb daher nur im Umfang der rechtzeitig erhobenen Einwendungen, wie etwa in Bezug auf eine gesundheitliche Gefährdung der im Gemeindegebiet der Revisionswerberin ansässigen Wohnbevölkerung erhalten.
17 Daher ist die in ihrem Zulässigkeitsvorbringen dargelegte Rechtsfrage, ob eine Standortgemeinde gemäß § 81 Z 2 iVm § 116 Abs. 1 Z 6 MinroG berechtigt sei, im mineralrohstoffrechtlichen Verfahren zur Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes für die obertägige Gewinnung grundeigener mineralischer Rohstoffe Gefährdungen des Lebens und der Gesundheit von den beim betreffenden Aufschluss und/oder Abbau beschäftigten Arbeitern als subjektives Recht geltend zu machen, mangels diesbezüglich rechtzeitig erhobener Einwendungen seitens der Revisionswerberin und im Hinblick auf den damit verbundenen Verlust ihrer Parteistellung vorliegend nicht entscheidungswesentlich. Zur Beantwortung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG jedoch nicht berufen (vgl. etwa VwGH 6.11.2023, Ra 2023/18/0261, Rn. 11).
18 Im Übrigen stützt die Revision ihre Zulässigkeit auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Rechtsfrage, ob bei der Beurteilung von Gefährdungen der Gesundheit und des Lebens gemäß § 116 Abs. 1 Z 6 MinroG Vorerkrankungen der in der Nachbarschaft des Vorhabens ansässigen Wohnbevölkerung zu berücksichtigen seien. Hätte das Verwaltungsgericht bzw. die medizinische Amtssachverständige die Vorerkrankungen der im Bereich des gegenständlichen Vorhabens ansässigen Wohnbevölkerung berücksichtigt, hätte sich gezeigt, dass (zumindest) die bereits vorerkrankten Nachbarn durch das Vorhaben in ihrer Gesundheit gefährdet würden.
19 Gemäß § 116 Abs. 1 Z 6 MinroG in der Stammfassung BGBl. I Nr. 38/1999 sind Gewinnungsbetriebspläne, erforderlichenfalls unter Festsetzung von Bedingungen und Auflagen, wenn nötig nur befristet, zu genehmigen, wenn nach dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit und keine unzumutbare Belästigung von Personen zu erwarten ist.
20 Nach der zu § 74 Abs. 2 GewO 1994 ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Merkmal „Gefährdung der Gesundheit“ ein unbestimmter Gesetzesbegriff. Darunter ist eine Einwirkung auf den menschlichen Organismus zu verstehen, deren Art und Nachhaltigkeit über eine bloße Belästigung hinausgeht (vgl. VwGH 22.11.1994, 93/04/0009). Mangels einer entsprechenden gesetzlichen Anordnung ist die Frage der Gefährdung des Lebens und der Gesundheit nicht (auch) nach dem Maßstab eines gesunden, normal empfindenden Kindes zu beantworten und ebenso wenig auf den Maßstab eines gesunden, normal empfindenden Menschen schlechthin abzustellen (vgl. VwGH 25.2.1993, 92/04/0208 und 0209, mwN).
21 Diese zu § 74 Abs. 2 GewO 1994 ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch in Bezug auf das Merkmal der „Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit“ gemäß § 116 Abs. 1 Z 6 MinroG heranzuziehen. Hinsichtlich des Merkmals „Gefährdung der Gesundheit“ kommt es allein darauf an, ob nach einer dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden, objektiven Gegebenheiten Rechnung tragenden Betrachtung auszuschließen ist, dass die auf die Betriebsweise zurückzuführenden Immissionen dergestalt sind, dass sie zu einer Gesundheitsgefährdung führen können (vgl. VwGH 2.2.2012, 2009/04/0235 und 0236, mwN).
22 Die objektiven Gegebenheiten Rechnung tragende Betrachtung stellt jedoch nicht auf die konkrete gesundheitliche Situation einer Einzelperson ab (vgl. zum MinroG VwGH 12.9.2007, 2005/04/0115 bis 0117).
23 Demnach liegt entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen der Revision sehr wohl Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, ob bei der Beurteilung von Gefährdungen der Gesundheit und des Lebens gemäß § 116 Abs. 1 Z 6 MinroG Vorerkrankungen der in der Nachbarschaft des Vorhabens ansässigen Wohnbevölkerung zu berücksichtigen seien, vor. Dass das angefochtene Erkenntnis von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre, legt die Revision nicht dar.
24 Vor diesem Hintergrund werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
25 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf die §§ 47 ff insbesondere auf § 51 VwGG iVm der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 6. März 2024